Die höchste Kore steht an der Balustrade und blickt in die Ferne. Es ist eine warme Sommernacht, dennoch zieht sie ihren mitternachtsblauen Umhang immer wieder enger um sich, als ob sie eine tiefgreifende Kälte spürt. Vor dem Hintergrund des samtenen, glitzernden Nachthimmels sieht man sie fast nicht. Ihr ebenholzfarbenes Haar ist kunstvoll aufgesteckt, Diamanten funkeln wie Sterne darin. Sie scheint unruhig und mühsam beherrscht zu sein. Ihr Fingernägel trommeln auf das marmorne Geländer, als ob sie auf etwas zu warten scheint.
Ein Diener tritt heran und verneigt sich.
Diener
Herrin, eure Gefährten sehnen sich nach eurer Anwesenheit und erfragen hiermit untertänig, wann ihr in eure Gemächer zurückkehrt.
Ihr Rücken bleibt ihm zugedreht. Ihre dunkle, sonst von Lachen reiche Stimme wirkt etwas gezwungen und ungeduldig, als sie antwortet.
YorindeC
Richtet meinen Dank aus. Mir steht heute nicht der Sinn nach Zerstreuung.
Der Diener zögert etwas, dann kniet er vor ihr nieder und ringt sich dazu durch, weiter zu sprechen.
Diener
Herrin.. mit Verlaub. Wir, die wir euch schon lange dienen, wissen, was euch dieser Tag gekostet hat. Wir sorgen uns um euch!! Wir würden alles für euch tun, damit ihr wieder glücklich seid!
Sie dreht den Kopf leicht zu ihm um und wischt eine einsame Träne weg.
YorindeC
Vorsicht, Timotheus! Überschreite nicht deine Kompetenzen und die Protokolle!
Sie hält kurz inne und schenkt ihm ein leises Lächeln
Dennoch. Danke für deine Sorge. Ich.. manchmal ist es - ..ach, vergiss, was ich sagte. Bereite für den morgigen Nachmittag eine Übersicht der geeigneten Anwärter vor.
Diener
Ja, meine Herrin!
Demütig beugt er sich vor und küsst den Saum ihres Gewandes. Kurz legt sie ihm ihre Hand auf den Kopf, es ist fast wie ein Segen, den er von ihr, seiner Kaiserin, empfängt. Glück durchströmt ihn, für sie da sein zu können - zu dürfen.
Als er sich zum Gehen wendet, eilt eine verschwitzt aussehende Wächterin herbei und spricht leise mit der Kaiserin.
Wächterin
Herrin, verzeiht mir!! Wir können ihn nicht auffinden. Wir hatten alles vorbereitet - einen Unterschlupf, eine vertrauenswürdige Heilerin, Gold und eine gebuchte Passage auf einem der großen Segler in den nächsten Tagen, wie ihr es befohlen hattet - aber er ist wie vom Erdboden verschluckt... Ich.. es tut mir leid. Ich habe versagt. Wahrscheinlich hat jemand schon Rache an ihm genommen und wir waren zu spät!
Kurz scheinen die Knie der Gebieterin nachzugeben, dann fängt sie sich, nickt ergeben und legt eine Hand auf den Arm der Wächterin.
Danke für deine Verschwiegenheit. Es liegt nicht mehr in meiner Hand. Auch ich muss mich dem Willen der Göttinnen, meiner himmlischen Mütter beugen...