Nach der erfolgreichen Flucht von Sirius Black brodelte es in den Gängen des Gefängnisses von Askaban. Wenn es ihm gelungen war, dann konnten es andere auch schaffen! In den Trakten herrschte eine Atmosphäre der Anspannung. Ganz besonders im Hochsicherheitsbereich in dem viele Todesser einsaßen.
Askaban war eine alte Festung auf einer Insel im Norden. Diese wurde ergänzt durch einen Industriebau aus dem 19. Jahrhundert, der vor allem die Verwaltung beinhaltete. Die restlichen Gefangenen waren in die Blocke in der mittelalterlichen Festungsanlage verteilt, wobei die Todesser im unterirdischen Teil saßen. Man gönnte ihnen weder Licht noch die Geräusche des Meeres. Begraben und vergessen sollten sie werden. Dennoch, die Lunte für den Aufstand brannte. Irgendjemand würde irgendwann etwas Dummes machen. Dann wäre ihre Zeit gekommen.
Barty Crouch Jr. wartete genau auf diesen Augenblick. Er konnte nicht wirklich mit seinen Mitgefangenen kommunizieren, da die Zellen magisch abgeschottet waren. Wie jeden Tag tigerte er durch seine nur wenige Quadratmeter große Zelle. Er dachte daran, wie er die Wachen überwältigen und seine Mitstreiter befreien würde. Sie würden diesem Felsen entkommen. All die Jahre, die er hier verbracht hatte. Ohne Hoffnung. Vermutlich hatte Black es nicht beabsichtigt, doch seine erfolgreiche Flucht zeigte ihnen allen das Licht am Ende des Tunnels. Es war möglich. Askaban war keine unbezwungene Festung mehr.
Eines Morgens wurde Barty von den grölenden Schreien seiner Mithäftlinge geweckt. Sie schrien und schlugen mit den Fäusten gegen die Eisentüren. Zwar sollte die magische Abschottung den Kontakt zwischen ihnen beschränken, doch dieses Gewitter aus Stimmen konnte sie nicht verbergen. Barty begann aufgeregt zu lachen und schlug mit den Fäusten gegen die massive Stahltür. Er stimmte in die Melodie der Gefangenen von Askaban mit ein.
Irgendwann wurde seine Zeller aufgerissen. Ein schwarz uniformierter Wachmann mit einem Schlagstock stand vor ihm und verpasste ihn eins genau ins Gesicht. Bartys Nase knackte und ein Schwall von Blut floss aus ihr. Er lachte jedoch nur. Ja, sollten sie kommen und versuchen ihn zum Schweigen zu bringen! Der Wachmann packte ihn und wollte ihn aus der Zelle zerren. Barty jedoch zog ihn an sich heran und verpasste ihm eine Kopfnuss. Sein Wärter ging zu Boden. Wie im Wahn fiel Barty über ihn her. Er schlug mit seinen Fäusten auf das Gesicht des Mannes ein. Wieder und immer wieder bis dieses nur noch ein blutiger Haufen war. Barty fühlte den Rausch, den es in ihm verursachte. Der Wachmann war tot und das Gefühl nach all der Zeit wieder mit seinen Händen zu töten überwältige ihn. Barty schnappte sich den Schlagstock und den Schlüsselbund vom Gürtel des Mannes. Die Wärter in Askaban waren nicht mit Zauberstäben bewaffnet. Zu groß war die Angst des Ministeriums ein Häftling könnte sich einen davon schnappen. Also befreite Barty seine Mitgefangenen auf die altmodische Art. Er trat in den Flur. Draußen standen noch zwei Wachen, die in dem ganzen Tumult gar nicht mitbekamen, dass er ihren Kollegen zu Brei geschlagen hatte. Erschrocken zogen sie ihre Schlagstöcke und gingen auf ihn los. Barty fühlte das Adrenalin. Er schlug einen seiner Widersacher mit dem Stock ins Gesicht. Dieser ging zu Boden. Der andere wehrte seinen Schlagstock ab und versuchte Barty seinen Stock abzunehmen, doch er packte stattdessen die Hand des Wächters und drückte ihn gegen die alte, gemauerte Wand.
„Bitte! Bitte nicht!“, winselte der Wächter, doch Barty tat ihm diesen Gefallen nicht. Beflügelt von seinem Rausch biss er der Wache ins Ohr. Dieser schrie wie am Spieß. Blut floss über seinen Nacken und Barty riss ihm mit seinen Zähnen den unteren Teil des Ohres ab. Anschließend schlug er dem Wärter mit dem Schlagstock auf den Kopf. Ein blutiger Abdruck blieb auf seiner Stirn zurück. Der Mann sank zu Boden. Barty wischte sich mit dem Handrücken das Blut vom Mund und machte sich daran die Zellen seiner Mithäftlinge aufzuschließen. Johlend ließen die das Verlies hinter sich. Auf ihrem Weg nach oben überwältigten sie weitere Wachen. Das jaulende Kreischen einer Sirene sagte ihnen, dass im übrigen Gefängnis Alarm geschlagen wurde. Endich in den oberen Gängen angekommen bemerkte Barty, dass die Revolte hier schon im vollen Gange war. Gefangene waren aus ihren Zellen ausgebrochen und prügelten sich wie die Tiere mit den Wachen. Blut in den Fluren. Erschlagene Wachen und Häftlinge. Barty spürte wie sich die Haare auf seinen Armen aufstellten und er eine bittere Kälte heran rauschen spürte. Die Dementoren. Barty trat auf den Gefängnishof. Hunderte dieser Kreaturen kreisten über ihren Köpfen. Er ließ sich davon jedoch nicht einschüchtern. Barty saß lange genug in Askaban ein, um damit umgehen zu können. Die Dementoren jagten ihm schon lange keine Angst mehr ein. Ihre Versuche in seine Erinnerungen einzudringen und ihn zu quälen blockte er ab. Barty hatte in seiner Zeit bei den Todessern die Okklumentik erlernt. Damit konnte man nicht nur einen Legilimentor davon abhalten in sein Bewusstsein einzudringen, sondern auch die Dementoren. Einen Luxus, den nur die Wenigsten Gefangenen hatten.
Zielgerichtet ging Barty auf das Ausgangstor zu. Einer der Dementoren stellte sich ihm in den Weg. Röchelnd zog er die Luft ein, doch Barty lachte nur.
„Deine Tricks funktionieren bei mir nicht.“, sagte er.
Der Dementor gab einen seltsamen, tief grollenden Laut von sich. Ein Mensch hätte es womöglich einen Wutschrei genannt. Barty nahm seinen Schlagstock und hieb damit auf den Kopf der Kreatur. Der Dementor flog röchelnd davon. Sie waren es nicht gewöhnt tätlichen Angriffen ausgesetzt zu sein. Die einzige Art sie zu erschrecken. Anders als viele glaubten waren sie nicht unsterblich. Die Meisten kamen nur nicht nah genug an sie heran, um ihnen ernsthafte Wunden zuzufügen.
Auf dem Hof ging es drunter und drüber. Wachen, Dementoren und Häftlinge lieferten sich einen regelrechten Krieg. Genug Ablenkung damit Barty das Haupttor mit dem erbeuteten Schlüsselbund öffnen konnte. Er schob das große Eisentor auf und sofort begann ein Wettrennen mit den anderen Gefangenen wer es als Erster raus schaffte. Barty würde nicht höflich warten. Er wusste, dass es ein paar Schiffe am Hafen der Insel gab. Bei weitem nicht genug für alle. Also rannte er los. Durch das Tor, die steile Straße hinunter bis zu den Stegen. Im vorbeilaufen verpasste er dem Hafenwächter eins mit dem Schlagstock. Anschließend löste er die Seile am Ufer und sprang auf das erste Schiff. Ein kleines Motorboot, welches ihn sicher aufs Festland bringen würde. Um zu schwimmen waren die Strömungen zu mörderisch und die Felsen messerscharf. Man kam nur mit dem Schiff hier rüber oder ließ sich Flügel wachsen. Aus der Ferne betrachtete Barty die Schlacht, die um die Boote entbrannte. Einige Gefangene waren irre genug, um ins Wasser zu springen. Als Barty am anderen Ufer ankam sprang er aus dem Motorboot und ging zu Fuß weiter. Die erste, große Hürde auf dem Weg zur Freiheit war getan!
Barty machte sich auf den Weg in das Landesinnere. Dabei stolperte er über einen entlegenen Hof. Dort schnappte er sich ein Hemd und seine Hose von der Wäschestange und versenkte seine grauen Gefängnislumpen in der Jauchegrube. In der Scheune fand er eine Handaxt. Irgendwann wurden die Bewohner auf ihn Aufmerksam. Ein alter Bauer und seine Frau, die ihn mit einer Heugabel bewaffnet stellen wollten. Barty versenkte die Axt im Hals des Mannes. Die Bäuerin begann zu kreischen und so schnitt er ihr mit einem gezielten Hieb die Kehle durch. Anschließend nahm er alles, was er brauchte. Ein gutes Jagdmesser und Essen in der Küche. Barty wusste nicht, wann er das letzte Mal Obst und Gemüse gegessen hatte. Er schlug sich den Magen voll und schnappte sich einen schwarzen Wollmantel vom Haken. Die Bewohner würden ihn ja eh nicht mehr brauchen. Anschließend brach er einen alten Schuppen auf und fand dort ein altes Auto vor. Zum Glück hatte der Bauer den Schlüssel dazu in seiner Manteltasche gelassen.
Barty machte sich auf den Weg. Er wusste nicht genau wohin er wollte. Nur weit genug von Askaban weg. Tagelang irrte er durch die kargen Hügel des schottisches Nordens. Er überfiel den einen oder anderen Muggel, um an Essen und Geld zu kommen. Irgendwann machte Barty jedoch einen Stopp in einer kleinen Ortschaft namens Little Hangleton. Das einzig bemerkenswerte hier war das Anwesen, welches auf einem Hügel über dem Dorf thronte. Barty machte sich auf den Weg dorthin, da es leer zu stehen schien. Drinnen hatten sich Generationen an Vandalen gütig getan. Graffitis an den Wänden. Zerschlagenes Mobiliar und zerstörte Fenster. Immerhin, das Dach schien noch dicht zu sein. Barty sah sich in den vielen Räumen um und fand schließlich ein noch recht intaktes Wohnzimmer mit einem verstaubten Kamin und von Ratten zerfressenen Sesseln. Glücklich fand Barty sogar ein Schlafzimmer mit einem Bett. Er beschloss fürs Erste hier zu bleiben. In der Nacht wurde er vom Lärm mehrerer Stimmen geweckt. Barty erhob sich und bewaffnete sich mit Axt und Jagdmesser. So leise wie es die knarzenden Dielen zuließen nährte er sich der Lärmquelle. Im Schatten der Tür zum Wohnzimmer blieb er stehen. Jemand hatte Feuer im Kamin gemacht.
„Alter Verwalter, was es hier alles gibt!“, sagte eine noch ziemlich jung klingende Stimme.
„Hab doch gesagt, dass die Bude geil ist!“, antwortete ein anderer.
„Hauptsache hier spukt es nicht.“, entgegnete die Stimme eines Mädchens.
„Klar, kennst du die Geschichte über die Familie, die sie hier ermordet haben?“
„Sparky, nicht schon wieder eine deiner Gruselgeschichten!“, antwortete das Mädchen.
„He, komm, die hier ist echt wahr!“, sagte der Junge. „Vor vielen, vielen Jahren ...“
„Erspare uns bitte den Vorspann.“, meinte der andere Junge.
„Boah, ihr seid solche Spaßbremsen! Also gut, irgendwann in den Vierzigern lebte hier die Familie Riddle und eines Tages wurden sie tot aufgefunden, nur das überhaupt nichts mit ihnen passiert war. Sie waren eigentlich kerngesund, doch alle zur selben Zeit in der Nacht gestorben.Als hätten ihre Herzen einfach aufgehört zu schlagen.“
„Ja ja, voll spooky. Was soll das bitte für ein Geist sein? Der Geist der kollektiven Herzinfarkte?“, fragte das Mädchen.
„Macht euch nur lustig, aber genau so war's!“
Barty musste grinsen. Er würde diesen Gören einen wirklichen Grund für schlaflose Nächte liefern. Er stieß die Tür auf, brüllte mit erhobener Axt und kam auf sie zu. Die Kinder, die hier vor dem Kamin saßen kreischten los. Sie sprangen auf die Beine und rannten hysterisch die Treppe hinunter und aus dem Haus. Vom Fenster aus konnte Barty sehen wie sie den Weg hinunter ins Dorf nahmen. Leise begann er zu lachen. Geschah ihnen völlig recht. Barty löschte das Feuer im Kamin und ging wieder ins Bett.
Am nächsten Morgen ging Barty in den nahegelegenen Wald. Sein Magen knurrte und er wollte nicht weitere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Er baute eine Kaninchenfalle aus einem alten Seil und ein paar Stöcken. Barty hatte in seiner Jugend viel Zeit auf der Jagd verbracht. Zugegeben, mit einem Zauberstab war es deutlich einfacher. Gegen Mittag ging ihm dann tatsächlich ein Tier in die Falle. Als ihm den Kopf abschneiden wollte fiel Barty auf wie die Augen des Kaninchens rot glühten. Er zögerte und genau in diesem Augenblick sprang es ihn an und versenkte seine Nagezähne in Bartys Hals. Er schrie auf und Blut quoll aus der Wunde. Das Kaninchen ließ schließlich von ihm ab. Es sprang zurück auf den Waldboden und blickte ihn direkt an.
„Idiot!“, hallte eine Stimme in Bartys Kopf wieder.
„Was?“, fragte er unbewusst und drückte seine Hand auf die Wunde am Hals.
„Genau du, Idiot!“
Sprach das Kaninchen etwa mit ihm?
„Was?“, wiederholte Barty.
„Was? Was? Was? Jetzt hör auf zu reden wie ein Minderbemittelter. Ich weiß immerhin wer du bist und dass du keine Zeit zu verlieren hast. Früher oder später werden sie dich finden und dann geht es auf nimmer Wiedersehen zurück nach Askaban!“
„Was bist du?“, fragte Barty.
„Die Frage ist nicht was, sondern wer.“, sagte das Kaninchen in seinem Kopf. „Knie nieder vor deinem Herr und Meister!“
Barty blickte das Kaninchen nur verdattert an.
„Ich weiß, in diesem Körper wirkt das nicht ansatzweise so beeindruckend!“, sagte das Kaninchen. „Dachtest du wie all die anderen Trottel ich sei tot? Nein, nicht Bartemius Crouch Jr., der noch nach meinem Fall an mich geglaubt hat und die Wahrheit aus den Longbottoms herauszukitzeln suchte. Nur leider hatten die nicht die geringste Ahnung!“
Mit einem Schlag wurde Barty bewusst, dass dieses Kaninchen nur die körperliche Form war in der der Geist seines alten Meisters ruhte. Er fiel auf die Knie und reckte die Arme gen Himmel.
„Oh Gebieter, nach all Zeit! Endlich! Ja, ich war euch treu, selbst nach all der Zeit!“, rief Barty.
„Ja ja, ist schon gut.“, sagte das Kaninchen. „Du siehst vermutlich, was mein aktuelles Problem ist. Mir fehlt ein Körper und zwar einer, den ich ganz und gar selbst besitze.“
„Was soll ich tun? Was verlangt ihr?“, fragte Barty.
„Folge mir und verliere den Anschluss nicht!“, sagte das Kaninchen und raste los. Barty rannte ihm hinterher über Stock und Stein. Nach einer Weile kamen sie bei einer Höhle an. Barty folgte dem Kaninchen hinein. Dort fand er eine Art Altar vor. Zwei Kerzen neben einem dicken Folianten. Auf einer dicken Wurzel daneben lag eine gigantische Schlange, die in seine Richtung zichelte. Barty blieb abrupt stehen.
„Keine Sorge, Nagini, ist mir voll und ganz ergeben.“, sagte das Kaninchen und hopste vor das Buch. „Nagini, bitte!“
Die Schlange nahm ihren Schwanz und blätterte damit das Buch auf.
„Das hier, meine Liebe. Genau! Also hör zu, Crouch, das Ritual der Auferstehung. Ziemlich kompliziert und langwierig. Bist du bereit deine Loyalität unter Beweis zu stellen?“
„Ja, mein Herr!“, sagte Barty unterwürfig.
„Gut, es wird wesentlich einfacher mit einem Untergebenen, der Arme und Beine hat. Zunächst einmal benötige ich einen Fötus. Nicht irgendeinen. Am besten den eines Magiers. Er wird meine anfängliche Hülle sein. Danach wird es schwieriger. Ich benötige das Blut meines Feindes. Weißt du zufällig, wer das ist?“, sagte das Kaninchen..
Barty überlegte kurz.
„Albus Dumbledore.“, antwortete er schließlich.
„Nein, nein, nicht Dumbledore, auch wenn der eine nicht zu verachtende Nervensäge ist! Nein, ich brauche das Blut des Jungen, der überlebt hat! Des Jungen, der mich in die tiefen Abgründe geschickt hat! Wegen dem ich in dieser unwirklichen Existenz festhänge! Ich brauche das Blut von Harry Potter!“
„Harry Potter?“, fragte Barty. „Aber wie soll ich ihn zu euch bringen?“
„Tja, das ist Phase zwei meines Plans. Aber überstürzen wir nichts. Bring mir zuerst den Fötus. Ohne ihn brauche ich gar nicht erst loszulegen. Also dann, Barty, auf auf! Und lass mich nicht ewig warten! Wir haben viel zu tun!“
Barty verneigte sein Haupt und machte sich auf den Weg. Er würde seinen Meister stolz machen.