Ein paar Anrufe, abgelegte Papierstapel und vereinbarte Termine später, klingelte das Telefon wieder.
Bevor Puck seine mittlerweile eingeübte Begrüßung loswerden konnte, hörte er schon die tiefe Stimme von Herrn Centauri.
"In mein Büro." Aufgelegt. Shit!
Hatte er etwas gemacht? Etwas vergessen?
Er stand auf und strich seinen Anzug glatt. Nur um auf der sicheren Seite zu sein, nahm er das iPad sowie den Stift mit. Er traute seinem Gedächtnis heute nicht. Generell vergaß er in den Tagen vor seiner Hitze, das ein oder andere.
Puck atmete noch einmal tief durch, bevor er mit gesenktem Kopf und Blick das CEO-Büro betrat.
Dann fiel ihm siedend heiß ein, dass er die ganzen Papiere auch gleich hätte mitnehmen können. Verdammt.
"Haben Sie vor, weiter auf den Teppich zu starren?"
"Nein... ähm." Puck lenkte seinen Blick mit Mühe nach oben und weiter nach oben in das Gesicht seinen neuen Chefs.
"Keine Termine vor 9 Uhr." Scheiße. "Ich sehe, Sie haben für Donnerstag einen vereinbart. Ändern Sie das."
"Natürlich, Chef."
Wieder diese dunklen Augen, die sich in ihn bohrten. Eine unendlich lange Minute wurde Puck angeschaut und alles in ihm wollte anfangen, wild zu zappeln.
Statt Außenwänden besaß das Büro nur eine riesige Fensterfront und Herr Centauri stand direkt zwischen den Fenstern und seinem Schreibtisch. Es ließ ihn noch größer wirken. Sein Gesicht war glatt rasiert, hatte markante Züge und wirkte hart.
Selbst unter allen Alphas, die er bis jetzt gesehen hatte, wirkte sein Chef mehr. Einfach besser. Ihm fielen die leicht längeren und spritzigeren Eckzähne auf, als er wieder zu reden begann. Zähne, um einen Omega zu markieren. Wieder bekam er eine Gänsehaut.
"Keine Papiere?"
Er schreckte auf. "Natürlich. Ich hole sie soeben."
Schnell wandte sich Puck zum Gehen. "Legen Sie sich eine Umhängetasche zu, ab morgen werden Sie mich auch auf Außentermine begleiten."
Scheiße, das hieß, dass er sich in einem Auto mit seinem Chef aufhalten würde. Sein Körper kribbelte vor Unbehagen.
Puck trat durch die Türe und griff nach dem Papierstapel, in dem sich auch einige Mappen befanden.
Bloß nicht fallen lassen. Bloß nicht auf den Boden schmeißen.
Wieder betrat er mit gesenktem Kopf das Büro und stoppte vor dem Schreibtisch. Er ratterte die unterschiedlichen Bezeichnungen und Abteilungen herunter, von denen die Berichte, Mappen und Papiere kamen.
Es wurde mit einem Seufzen quittiert.
"Sie sind ja doch nicht gänzlich unfähig. Ich hoffe, das ist nur ein Effekt des ersten Tages. Warum kann das Personalbüro nicht einmal geeignete Leute für diese Stelle hier besetzen." Eine kurze Pause.
Autsch. Ihm war nicht ganz bewusst, was er derart vermasselt haben konnte. Das war immerhin sein erster Tag.
Nicht heulen. Gottverdammt nicht heulen.
"Immerhin sind Sie keine Frau."
Puck schluckte hoffentlich den Kloß in seinem Hals hinunter. Scheiß Hitze, jedes Mal war er nah am Wasser gebaut und empfindlicher und unsicherer als sonst. Kurzum, das Klischee eines Omegas.
"Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Chef?"
"Reservieren Sie mir einen Tisch für die Mittagspause. Mein Stammrestaurant."
Puck sah auf und musste ein fragendes Gesicht gemacht haben. Er kassierte noch ein Seufzen. Angst kroch in ihm hoch.
"La Vie Magnifique. 12:30 Uhr. Nicht früher, nicht später."
Er versuchte gar nicht erst, den Namen aufzuschreiben. In Französisch war er ohnehin grauenhaft. Er nickte als Bestätigung und blieb unschlüssig stehen.
"Sie können gehen." Der Ton war mehr als scharf und genervt.
Nicht heulen.
Wahrscheinlich würde jeder andere Omega, der nicht gerade in dieser Scheißsituation steckte und diesen Alpha in einem Club oder sonst wo traf, vor Unterwerfung und Erregung sabbern. Und nicht nur sabbern.
Er holte tief Luft, warum erwischte er immer die beschissensten Situationen.
Puck setzte sich langsam auf seinen Stuhl und fing an, nach dem Restaurant zu googeln. Er notierte sich die Terminänderung auf einem Post-it, das würde er danach erledigen.
Nach der erneuten und ein bisschen peinlichen Terminänderung, die er zwar so professionell wie ihm möglich, mit einer plausiblen Ausrede abgewickelt hatte, scrollte er durch das Telefonbuch seiner Software. Offensichtlich war sie an die Angestelltenposition angepasst und so fand er auch Telefonnummern von Restaurants und anderen Sachen.
Als Erstes war dort auch "La Vie Magnifique" aufgeführt. Mit der Anmerkung: "Herrn Centauris Stammrestaurant."
Verdammt.