(Mias Sicht)
Es gab vier verschiedene Typen von Dämonen. Zum einen die freundlichen, diese waren gut gelaunt und nach ihrer Art nett. Dann die unfreundlichen, das genaue Gegenteil, immer mies gelaunt und unhöflich. Der dritte Typ waren die Kavaliere, immer charmant und darauf aus, jede Frau ins Bett zu bekommen.
Der vierte und letzte Typ waren die schlimmsten, diese sind stets wütend und gewalttätig, von denen kam ich nie ohne blaue Flecke oder Schrammen weg.
Zu meinem Glück gab es diese Art weniger. Allerdings konnte ich die verschiedenen Typen nie sofort bestimmen. Oft kam es vor, dass ich dachte, einen freundlichen vor mir zu haben und musste dann doch einen Faustschlag einstecken.
Auch heute waren einige mehr von den gewalttätigen Dämonen dabei, natürlich war es sicher Absicht gewesen von Tyron, aber was sollte ich dagegen tun? So ging ich also mit mehr als nur einem blauen Fleck um drei Uhr morgens zum nächsten und somit letzten Dämon. Mehr als hoffen, dass dieser anders drauf war, konnte ich nicht. Noch mehr Schläge würde ich heute nicht vertragen.
Ich stand an meinem Wagen und wartete da auf ihn. Direkt darauf sah ich einen jungen, gut aussehenden Mann auf mich zu kommen. Er nahm meine Hand und hauchte einen Kuss auf meine Fingerknöchel.
Unwillkürlich musste ich lächeln, es war schon länger her, dass jemand so freundlich zu mir war.
„Hallo.“, begrüßte er mich freundlich.
„Hallo.“, erwiderte ich unsicher lächelte aber noch immer.
Auch er zeigte sein charmantes Lächeln.
„Es wundervolles Lächeln!“
Wenn ich mich jetzt darauf einließ, würde das hier sicher anders ausgehen als gewollt.
„Ohne unhöflich sein zu wollen.“, begann ich und entzog ihm meine Hand, welche noch immer in seiner lag, „aber lassen Sie uns zur Sache kommen, werden Sie zu Tyron gehen?“
Der Dämon nahm einen überlegenden Ausdruck an, wenn er die Wahl hätte, würde er sofort nein sagen.
„Was, wenn ich nein sage?“, fragte er und klang eher amüsiert als neugierig.
„Dann lauten meine Anweisungen, Sie zu töten:“
Sein lachen klang wundervoll in meinen Ohren, leicht schüttelte ich den Kopf und verfolgte seine Worte.
„Wie willst du das schaffen?“
Lässig zuckte ich die Schultern und ich war es wirklich, ich hatte weder Angst vor ihm noch davor, was nun kam.
„Irgendwie schaff ich das schon!“
Noch immer lächelnd antwortete er: „Ich bewundere deinen Mut, muss aber dazu sagen, dass du auch ziemlich dumm bist.“
Das wusste ich schon lange, aber mir blieb ja nichts anderes übrig, immerhin hatte ich zwei Dämonen im Nacken.
„Wie ist Ihre Entscheidung?“
Ich wollte nicht auf dieses Spiel eingehen, es war drei Uhr morgens und ich musste um zehn schon wieder bei Tyron sein.
„Wenn ich ja sage, sehe ich dich dann wieder?“
Das Lächeln, welches sich auf meinen Lippen bildete, konnte ich nicht unterdrücken.
„Weiß ich nicht!“
Ich wusste es wirklich nicht, alle Dämonen, welche ich zu Tyron geschickt hatte, habe ich bis jetzt nie wieder gesehen.
„Ich lass es auf einen Versuch ankommen!“
Er ließ sich Tyrons Adresse geben, hauchte erneut einen Kuss auf meine Fingerknöchel und verschwand in die Nacht.
Ich gähnte ausgiebig, während ich meinen Wagen die verlassene Straße entlang steuerte. Eine gute Stunde brauchte ich sicherlich noch bis nach Hause. Also stellte ich einfach das Radio an und hörte Musik, welche nun aus den Boxen drang.
Gerade bog ich um die nächste Ecke, als jemand mitten auf der Straße stand und keine Anstalten machte, zur Seite zu gehen. Mit quietschenden Reifen blieb ich mitten auf der Straße stehen. Die Person auf der Straße wurde von meinen Scheinwerfern angeleuchtet. Jetzt erkannte ich auch die Person und meine Augen weiteten sich. Vassago.
Wie immer konnte ich nicht erkennen, wie seine Laune war.
Langsam stieg ich aus und sah ihn an.
„Was?“, fragte ich und blieb hinter der Tür stehen, als würde sie mir Schutz bieten.
„Ich weiß, dass du etwas mit Sams verschwinden zu tun hast!“, sagte er monoton.
Meine Brauen zogen sich zusammen. Woher?
„Wie sollte ich das denn gemacht haben?“
Vassago zuckte mit seinen Schultern.
„Noch weiß ich das nicht, aber du wirst es mir sagen, egal, wie lange das dauert!“
Ich getraute mir, zu Lächeln.
„Ach, du willst wohl Tyron erklären, warum ich schon wieder weg bin?“
Vassagos Augen wurden schmal. Vermutlich wusste er, dass er mich nicht noch einmal verschwinden lassen konnte. Diesmal gab es kein Sam, welcher die ganze Wut abbekommen könnte.
Ich erschrak, als die Mülltonne, welche noch eben auf dem Gehweg stand, plötzlich explodierte und die Einzelteile, samt dem Müll, auf dem Boden verteilte.
Sofort blickte er zurück auf Vassago. Sein Poker-Face war verschwunden. Jetzt waren seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst und seine Augen ebenfalls schmaler als sonst.
Ich hörte das leise Knistern der Elektrizität, welche in der Luft lag.
„Soll er doch Wütend werden, aber dich wird es nicht mehr lange geben!“
Ich ließ die Wagentür offen und rannte los, warum ich nicht einfach mit dem Wagen los fuhr, konnte ich mir selbst nicht beantworten.
So rannte ich durch die dunkle Straße, mitten in der Nacht und hoffte, dass mich irgendwo verstecken konnte. Erst rannte ich um die nächste Ecke und direkt in die nächste Seitenstraße. Sackgasse. Fluchend sah ich mich um, hörte aber schon den Müllcontainer neben mir laut krachen.
Schnell drehte ich mich um und stand Vassago gegenüber. Es erinnerte mich etwas an die Situation mit Sam, wie er plötzlich vor mir gestanden hatte.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass du entkommen kannst!“
Ich zuckte mit den Schultern versuchte, lässig zu wirken, was mir nicht so richtig gelingen wollte. Was vermutlich an meinem angespannten Körper lag.
„Versuchen kann ich es doch!“
„Es bringt doch nichts!“
Meine Chancen standen mehr als schlecht, dass Baal mich hier fand. Noch einmal sah ich mich um, zu spät war mir aufgefallen, dass ich meine Waffe im Wagen gelassen hatte. Die zweite dumme Aktion und der Tag war noch nicht mal vier Stunden lang.
Aller guten Dinge waren doch bekanntlich drei. Wie ich mich kannte, würde das auch nicht mehr lange auf sich warten lassen.
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(Baals Sicht)
Schon drei Uhr morgens und Mia war noch immer nicht da. Seit sie wieder bei Tyron war und arbeiten musste, war sie sonst gegen ein oder zwei Uhr da.
Ich lief auf und ab und wartete weitere zehn Minuten, vergeblich.
Erst heute Mittag, hatte ich die Nachricht bekommen, dass Andrew verschwunden war. Eigentlich konnte ich meine Helfer immer aufspüren. Durch Opfer, welche die Familien schon vor hunderten von Jahren zu meinen Ehren getan hatten. Aber diesmal war es anders, ich konnte ihn nicht aufspüren. Was wiederum nichts Gutes bedeuten konnte.
Bei Mia war es anders, weder sie noch ihre Familie hatten sich irgendwie freiwillig an mich gebunden. Sie tat es nicht aus freien Stücken, es war eigentlich nicht meine Art, Menschen dazu zu zwingen, für mich zu arbeiten. Bei Mia hatte ich aber keine andere Wahl. Sie war der nächst Beste Kontakt zu Tyron.
Ich wusste, dass Mia schon einiges hinter sich hatte, aber mindestens noch genau soviel vor sich. Ich hoffte natürlich, sie da raus lassen zu können, wenn es zum Gegenüber mit Tyron kam, aber ausschließen, dass es passierte, konnte ich nicht.
Viertel nach drei und Mia war noch immer nicht da. Selbst ihre Gedanken konnte ich noch nicht hören. Fluchend lief ich in ihr Schlafzimmer und packte mir ihre Schmuckschachtel. Ich wühlte darin rum und fand ein Medaillon. Darin befand sich ein Bild einer Frau. Ich vermutete, von Mias Mutter. Diese Frau sah ihr wirklich ähnlich.
Mit dieser Kette in der Hand, ging ich zurück ins Wohnzimmer und durchsuchte die Schränke nach einem Stadtplan.
Es dauerte eine Weile, bis ich endlich einen fand. Ich warf alles, was sich auf dem Tisch befand, zu Boden und breitete die Karte aus. Ich hielt die Kette ungefähr über die Mitte der Karte, auf voller Länge.
Das Medaillon berührte die Karte nicht. Nachdem ich noch einmal durchgeatmet hatte, starrte ich auf den Anhänger und konzentrierte mich voll und ganz auf Mia. Mit einem Ruck bewegte sich die Kette, riss sich aus meiner Hand und knallte auf einen Bezirk.
Ich sah mir den Straßennamen an.
Das war gerade mal dreißig Minuten entfernt von ihrem Apartment. Nun stellte ich mir aber die Frage, sollte ich noch warten oder mich gleich auf den Weg zu ihr machen?