Die Blüte auf dem weißen Kleid, getragen von unglaublichen Kurven.
Das war alles, woran sie sich erinnern konnte, als sie aufwachte.
Ihr Kopf dröhnte, als sie versuchte aufzustehen.
Vorsichtshalber ließ sie sich zurück sinken. Plüschig weich umfing sie ein überdimensioniertes Kissen, während sie versuchte, in ihrem Gedächtnis zu kramen. Wie kam sie in diesen Raum mit all den Bronze-Statuen und den üppigen Brokatstoffen?
Gab es einen Zusammenhang zwischen diesem Zimmer und dem Kleid?
Außer Pochen brachte ihr Schädel nichts hervor. "Merde", murmelte die Brünette und fasste sich an den Kopf. Das hätte sie bleiben lassen sollen: Ihr ehemals üppiges Haupthaar war weg! Nicht mehr als ein paar Stoppeln an ihrer Stelle ... "Das darf nicht wahr sein, das ist ein Alptraum, ich bin in irgendeinem Alptraum gefangen. Gleich wache ich auf, gleich wache ich auf ..." Sie schloss die Augen und versuchte, sich mit weiteren Beschwörungsformeln zu beruhigen. Dabei wusste sie ganz genau, dass sie nicht träumte. Ganz genau!
Sonst hätte sie nicht diesen seifigsäuerlichen Geschmack im Mund und das Polstermöbel, auf dem sie lag, wäre nicht so weich. Vermutlich würde sie auch nicht zittern und frieren.
Moment mal, was? Wieso fror sie? Es war mitten im August!
Ah, eine Erinnerung.
Als sie versuchte, mehr davon zu erhaschen, dröhnte wieder der Presslufthammer in ihrem Kopf.
Also schön langsam. Sie wartete ab, bis der Schmerz weniger wurde. Dann wandte sie sich der Tatsache zu, dass sie unbekleidet in einem fremden Raum lag und keinerlei Ahnung hatte, wie sie hierher gekommen war.
Keine gute Kombination.
Sie ließ die Blicke wieder herumschweifen. Dabei bemerkte sie, dass eine der Skulpturen ihr Höschen trug - als Mütze. Eine andere hatte ihre Strumpfhose als Turban ums Haupt gewunden. ... Je weiter sie schaute, desto mehr entdeckte sie.
Mein Gott. Habe ich das etwa gemacht?
Oder jemand anderes?
Nur wer?
Eine Tür, die hinter einem Vorhang verborgen war, schwang auf. Eine junge Stimme flötete etwas in einer fremden Sprache. Vorhänge wurden aufgezogen.
"Autsch", schimpfte die Frau, als sie von Sonne geblendet wurde.
"Pode seguir-me, por favor? Espera-se de si... Um chá ou um café?"
"Kaffee!" Das einzige Wort, das sie verstand, war ein kleiner Lichtblick. Gegen die Sonne konnte sie nur eine Silhouette erkennen. Ziemlich klein und schmal.
"Muito bem." Er oder sie verneigte sich und ließ sie allein.
Offenbar ließ man ihr Zeit genug, sich anzuziehen. Mit einem Dröhnschädel, der Schwindel bei jeder Bewegung verursacht, keine einfache Aufgabe. Aber machbar. Nacheinander nestelte sie ihre absurd drappierten Kleidungsstücke von den Objekten und platzierte sie an den passenden Stellen ihres Körpers. Gerade wollte sie in ihr Kleid schlüpfen, als die Tür wieder geöffnet wurde.
Der Kaffee wurde von einer wesentlich reiferen, wohl klingenden Frauenstimme serviert. "Darling, oh, what a pity, it was so - so artistic, in a way. Didn't you think so?"
Hastig rückte sie ihr Kleid zurück. Das war sie! Die Dame mit den Kurven und der Blume! Ihre Kinnlade fiel herab. "Wie, ich meine wer - was ist hier los?" Röte schoss ihr in den Kopf.
"Oh, what a pity, aber Liebling, heißt das, du erinnert dich nicht? Nicht einmal ein bisschen? Ein ganz ganz winziges bisschen?" Die Lady nahm auf dem Plüschsofa Platz, stellte den Kaffee auf ein kleines Tischchen daneben und klopfte mit der anderen Hand neben sich. "Chérie, komm schon. Du willst mich auf den Arm nehmen, pas vrai?"
Benommen gehorchte die Brünette. Es tat ihr leid, diese wunderschöne Lady zu enttäuschen. Aber sie musste bekennen, dass sie wirklich keine Ahnung hatte.
"Mon dieu. Dabei dachte ich, dass es wirklich Liebe ist!" Die Lady schien schockiert. "Du musst dich doch erinnern? Wir haben geheiratet. Und dann - die Party. Weißt du nicht mehr?"
Nein. Nichts. "Wir haben geheiratet? Aber das ist unmöglich!"
"Nicht doch, Chérie, du machst mich wirklich unglücklich. Das kann nicht sein. Alle meine Freunde sind Zeugen ..."
"Aber ich kann nicht geheiratet haben! Ich bin verheiratet!" Sie sprang auf und schrie ihre Antwort förmlich heraus. Seid 13 Jahren war sie mit ihm verheiratet und lag ihm in den Ohren, es solle die Experimente mit dunklen Geschäften sein lassen. Diese Pflanzen - sie gehören nicht in eine Stadtwohung! Wie oft hatte sie es ihm gesagt?
Ihre Erinnerung kehrte mit einem Schlag zurück, als sie aufwachte und sich auf einem ziemlich abgerissen aussehenden Teppich wiederfand. Überall standen und lagen leere oder halb volle Flaschen und Gläser. Ihr Gatte schnarchte.
"Merde! Wäre ich doch bloß nicht aufgewacht!" Sie erhob sich und begann aufzuräumen.