Die Straße auf der sie ging war abgelegen. Noch vor ein paar Monaten hätte das nie jemand über diese Straße zu wagen gewagt. Sie führte den Hauptverkehrsstrom, all die Pendler am Morgen von der einen Stadt zur Anderen, auf das diese Ihr Tageswerk erledigen und dieselbe Strecke acht Stunden später zurückfahren. Sie langweilte die einen mit ihrer Monotonie, während die Fahrschüler der nahegelegenen Fahrschulen dort die Zeit ihres Lebens hatten.
Noch vor einigen Monaten war sie selbst hier gefahren. Konnte im Vorbeirauschen die Hunde durch die Kofferraumscheiben sehen, die nörgelnden Kinder der dauergestressten Eltern auf der Hinterbank oder das Beste von allem, die Vielfalt der Beifahrer. Kurzum war es unmöglich dort nichts zu erleben.
Trotzdem ging sie nun hier lang, ihr Auto stand in der Garage. Die Ermittlungen waren schon seit einer Weile eingestellt und von den Absperrungen war keine Spur mehr. In den Nachrichten gab es wieder aktuellere Themen zu berichten. Es wäre ein leichtes gewesen die Straße wieder zu befahren, nur tat es keiner.
Ab und an verirrte sich jemand wie sie hier her, ging eine Weile auf und ab und verließ die Straße ohne die erhoffte Erkenntnis wieder. Obwohl hunderte von Menschen einem so erschütternden Ereignis beigewohnt hatten, erinnerte sich keiner von ihnen. Die Bilder in den Nachrichten kurz nach der Tat wirkten völlig surreal. Die Behandlungen und Tests im Krankenhaus und die Gespräche mit den Psychologen ebenfalls.
Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Anfangs war sie, wie die meisten der anderen Beteiligten dankbar für diesen wundersamen Blackout. Dankbar dafür sich nicht erinnern zu können. Doch bei allen die sich damals nicht auf der Straße befanden, siegte die Sensationsgeilheit, das Unverständnis und die wissenschaftliche Neugierde. Sie konnten nicht die Finger davonlassen.
Die Straße auf der sie ging war abgelegen. Sie wäre optimal als Hautverkehrsstraße geeignet und doch wählen alle einen anderen Weg.