Was das wieder für ein Mist war.
Ich rüttelte wie von Sinnen an der vergitterten Eingangstür des Schwimmbads, aber so sehr ich es versuchte, Stahl und ein Sicherheitsschloss erwiesen sich als stärker als mein Wille.
Ich seufzte genervt und wusste nicht, was zu tun war, bis ich die Tasche mit meinen Badeutensilien neben einer der drei Stufen zum Eingang abstellte, mich daneben setzte, und mir erst einmal eine Zigarette anzündete.
Das ist in Situationen wie diesen immer eine Idee, um eine überraschende Gesamtsituation zu resümieren.
Aber zuerst betrachtete ich nur versonnen meine lackierten, in extravaganten Zehentretern steckenden Zehen.
Die Sonne brannte gnadenlos auf mich hinab.
Wie ich mich auf das kühle Nass und das Schwimmen gefreut hatte. Mit jedem Zug im Wasser den Ärger hinter mir lassen, der allein durch das enervierende Familientreffen zuvor stetig gewachsen war.
Kein Mitglied meiner Familie kam damit zurecht, dass ich eine Beziehung mit Davide eingegangen war. Der, wie sein Bruder Leandro, die Hexengilde verlassen hatte, und selbständig lebte.
So wie ich es, mit ihnen gemeinsam, nun auch tat.
Ja, wir hatten uns Verpflichtungen entzogen.
Ja, es mochte egozentrisch sein.
Aber neben allem anderen lasteten sie mir an, mit beiden Männern eine sexuelle Beziehung zu führen.
Was Unsinn war.
Die Nähe zu Davide, der das schönste Geschöpf unter der Sonne war, rief in mir täglich ein verwirrendes, aus Lüsternheit und romantischer Erwartung gemischtes Gefühl wach.
Und doch war es Leandro, von dem ich mit Gewissheit wusste, dass ich ihn auf bodenständige Art liebte. Und dem ich dauernd half, seinen Bruder aus den kompliziertes Situationen zu retten, und...
Ich merkte, dass meine Gedanken davon segelten.
Ich riss mich zusammen und linste hinüber zum Eingang.
Zwei Dinge fielen mir auf:
Dass es kein Hinweisschild gab, das einen Grund dafür benannte, warum die Tür, und somit der Zugang versperrt war,
und dass es keine anderen potentiellen Besucher gab, die vergeblich an der Tür rüttelten.
Ich nahm einen letzten Zug der Zigarette, löschte sie in meinem Taschenaschenbecher, den ich in der Badetasche verstaute, stemmte mich ächzend hoch und fing an, das Freibad umschließende Gitter abzuschreiten.
Ich sah nichts außer Leere und verlassene Handtücher, die auf Besucher hindeuteten, die aus unbekannten Gründen verschwunden waren.
Ich guckte auf eine halb verdorrte Wiese, unter der Trockenheit ächzende Bäume, und einen kleinen Teil des türkis schimmernden Wassers des größten Beckens, an dem die Sprungtürme standen.
Um das Becken in voller Größe sehen zu können, müsste ich auf das Mäuerchen steigen, das den Zaun ablöste.
Wieder stellte ich die Tasche ab, und zog mich an der Mauer hoch.
Spähte vorsichtig darüber und sog vor Überraschung zischend Luft ein.
Im Pool schwamm eine Frau.
Bahn um Bahn machte sie ihre Züge, glitt wie ein Delfin durchs Wasser und selbst von hier aus, im Schatten der Esche, die über das Mäuerchen wuchs, konnte ich ihr Lächeln erkennen, das glückselig sein sollte, aber grenzdebil wirkte.
Aber was wesentlich auffälliger war; vor dem Pool stand ein Mann, vor dem, in Abwehrhaltung zwei Kerle in Bademeisterkleidung zurückwichen.
Der Kerl war gedrungen und kahlköpfig. Nicht mehr ganz jung, und in seiner knielangen Short unter geblümtem Hemd nicht eben eine Augenweide. Wie ein selbsternannter Hüter des Wassers hielt er in einer Hand einen langstieligen Poolrechen wie eine bizarre Waffe, und in der anderen Hand tatsächlich eine......
Eine Waffe.
Eine Schusswaffe irgendeines Kalibers, das ich nicht erkannte, aber ich war ja auch nicht die Polizei.
Im Hintergrund, am Gebäude direkt neben dem Kiosk machte ich erst jetzt die teils erstarrte, teils hysterische Menge Menschen in Badehosen und Bikinis aus. Einer der Bademeister schien beruhigend auf sie einzureden, insbesondere auf einen Muskelprotz, der Anstalten machte, dem seltsamen Ereignis ein Ende setzen zu wollen.
Ich kannte diese Art testosteronbesoffener Typen, die zu viele Hollywoodfilme gesehen hatten, und dachten, ihre durch und durch männliche Aura würde jeden Amokläufer oder anders motivierten Gewalttäter zur Strecke bringen. In der Regel waren sie es, die im Zinksarg endeten.
Eine der weiblichen Gäste, eine starkknochige Frau jenseits der Sechszig, steigerte sich gerade in Hysterie.
Der Kerl am Beckenrand brüllte eine Drohung und fuchtelte mit der Waffe. Die Menge am Gebäude rollte wie eine Welle zurück, schnatterte beruhigend auf die dürre Person ein, das Gerede dämmte sich zu einem vagen Summen.
Ich sprang von der Mauer.