Das Jahr 2069 neigte sich dem Ende zu. Sehr vieles war nicht mehr wie früher, als meine Eltern in meinem Alter waren. Viele Dinge, die früher selbstverständlich waren, kannte ich gar nicht. Vieles hatte sich als selbstverständlich eingegliedert. Die Höflichkeiten waren noch da. Aber immer redeten die Leute von vier Jahreszeiten. Was war die vierte?
Ich kannte nur: Herbst, Frühling und Sommer. So wurde es mir in der Schule beigebracht. So erzählten es meine Freunde. Aber da gab es noch mehrere Kleinigkeiten, die mir ein Rätsel waren.
Warum hatte meine Mom so eine dicke Felljacke im Kleiderschrank hängen wo es doch nie kalt war?
Was waren das für Dinger mit vier Rädern und einem Blechgestell oben drauf? Warum waren auf den Wegen so seltsame Zeichen?
Das waren nicht einmal alle Fragen, die so in meinem Kopf herumschwirrten. Ich hatte noch so viele Fragen. Aber alle schienen so aussichtlos. Wahrscheinlich werde ich ohnehin keine Antworten darauf bekommen.
„Hey, Cassie“, murmelte mein bester Freund. „Hm?“ Ich hob meinen Kopf.
„Du hängst schon wieder deinen Gedanken nach, oder?“, fragte er.
Ich schwieg und starrte in den blauen Himmel. Es war so warm heute, daher hatte ich auch keine Jacke mit. Ich war im T-Shirt unterwegs, wie viele es waren.
„Komm heute ist >Am Ende des Winters< Tag!“ Logan war ein wenig hibbelig und er wollte unbedingt weitergehen. Dieser Tag war Logans Lieblingstag des ganzen Jahres. Ich hasste diesen Tag.
„Müssen wir da heute hin?“, nörgelte ich. Ich hatte überhaupt keine Lust auf die Menschenmassen und das künstliche Weiße etwas. Aber Logan ließ sich überhaupt nicht davon beeindrucken. „Ja, wir müssen. Mit dieser Nacht ist es zwanzig Jahre her. Heute soll es besonders sein.“
Natürlich… besonders…. Nerviges Gelächter, Gedrängel und das Weiße Zeugs. So besonders…
Aber ich wollte Logan nicht hängen lassen, ich werde mit ihm dort hingehen.
Wir gingen an ein paar Menschen vorbei direkt in die Innenstadt.
Nach fünf Minuten, in denen wir schweigend nebeneinander hergingen kamen wir endlich an und befanden und in einem Haufen von Menschen.
Der Platz war wieder mit einer Bühne ausgestattet und mit Lautsprechern, ganz zu schweigen von den vielen Dingen, von denen ich den Namen nicht kannte. Mit Luftballons wurde der Festplatz dekoriert.
„Entspann dich…“, murmelte Logan.
Das Laute Stimmgemurmel von den ganzen Menschen, machten es mir schwer Logan zu verstehen. Nur mit Mühe schaffte ich.
Dann trat ein älterer Herr auf die Bühne. Die wenigen Haare, die er noch auf dem Kopf trug waren ergraut. Ein schwarzer Anzug schmückte seinen Körper.
„Herzlich Willkommen zu dem zwanzigsten >Am Ende des Winters< Tag! Heute haben wir ein ganz besonderes Programm. Zu allererst wird ein Blick in die Geschichte des heutigen Feiertages geworfen. Anschließend folgen ein Überlebenstraining und ein paar Spiele für die Kleinsten. Und unsere Rasen Schlittschuhbahn.“
Die Rasenschuhbahn war die beliebteste Attraktion an diesem Tag und wird am meisten genutzt. Jetzt war ich tatsächlich doch ein klein wenig gespannt. Vielleicht erfuhr ich ein paar Antworten.
„Also…“, fuhr der ältere Mann auf der Bühne fort.
„Viele unserer ältesten Gäste kennen den heutigen Tag, den einunddreißigsten Dezember auch als Silvester. Der Tag an dem der Jahreswechsel stattfand und Raketen in den Himmel geschossen wurden. Aber, das ist nur ein kleiner Aspekt, eigentlich begann es viel, viel früher. Noch im neunzehnten Jahrhundert, als das Auto erfunden wurde. Die Jüngsten unter uns wissen wahrscheinlich gar nicht, was ein Auto ist. Ein Auto ist eines der Mobilitäten, die man noch heute am Straßenrand stehen sieht. Das Auto war ein weltweit verkauftes Produkt, welches durch das Abgas unsere Welt verschmutzt hat. Weitere Aspekte waren Sprüh-Deo, Zigaretten. Die Dinge häuften sich immer weiter. Schon bald war beinahe nichts mehr dagegen zu tun. Ein Ozonloch hatte sich in die Erde gebrannt. Als Folge daraus veränderte sich das Wetter minimal. Es wurde sehr heiß im Sommer und im Winter kam kein Schnee. Jahr für Jahr wurde es extremer. Die Politiker, vor allem die die eigene Kinder hatten, hatten sich zusammengesetzt und über das Ende des Winters gesprochen. Sobald es zehn Jahre hintereinander nicht schneit, wird dies das Ende des Ende des Winters bedeuten. An Silvester genau vor zehn Jahren kam dieser Tag. Seit zehn Jahren existieren nur noch drei Jahreszeiten, keine Kälte und keine Autos. Und Schnee ohnehin nicht.“
Ich war geschockte, als ich die Kurzfassung der Geschichte hörte. So wie ich es verstand, waren wir Menschen selber für das Ende des Winters verantwortlich. Vielleicht nicht alle, aber doch einige.