Jedes Jahr seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden feiern Menschen das Erntedankfest. Das Jahr über hatten sie auf den Feldern geackert, um die Familie oder Sippe über den Winter bringen zu können. Ob es eine christliche Tradition ist, kann ich nicht sagen und bezweifel ich auch. Spätneolithische Äcker bei Nienburg belegen den frühen Ackerbau und eine lange Tradition Vorräte für den Winter anzulegen. Ich denke, dass es dieses Fest schon länger gibt, als die Kirche. Aus der frühen Epoche der Germanen ist bekannt, dass sie schon ein solches Fest kannten und in ihren heiligen Hainen feierten. Nerthus wurde als Göttin dort verehrt. Zu der Zeit stand sie noch weit vor Thor oder Odin, weil essen wichtiger war als anderen Leuten die Köpfe einzuschlagen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass nicht auch ältere Kulturen das Ende der Erntezeit entsprechend feierten. Ich stelle mir das alte Reich in Ägypten vor. Bei der Bürokratie wusste der Pharao genau, dass die Vorräte reichten. Stonehenge ist ein weiteres Beispiel für eine internationale Kultur, die die Sterne beobachteten und somit genau wussten, ob es für die dunkle Jahreszeit reichte. Die Speisereste, die bei Ausgrabungen gefunden wurden belegeb, dass es im Herbst ein längeres Fest gab. Auch aus der Türkei ist so ein archäologischer Platz bekannt, der den Namen Göbekli Tepe trägt. Erstaunlich ist, dass dieser Platz seit 8800 vor Christi bestand. Somit ist es einer der älteste Festplatz vor der Winterruhe. Ausgibig wurde dort Bier getrunken und Fleisch gefuttert, wie die Funde belegen.
Die Himmelsscheibe von Nebra zeigt uns, dass auch in Mitteldeutschland dieses Wissen seit Jahrtausenden vorhanden war. Noch älter sind die Pfalsetzungen aus dem Neolithikum, die bereits nach entscheidenden Himmelsereignissen ausgerichtet waren. Diese Festplätze sind überall in Mitteleuropa zu finden. Auch ohne diese Pfalsetzungen ist zu erwarten, dass der Himmel und die Sonnenkonstellationen und bestimmte Sternenbilder von den Menschen genau beobachtet wurden. In vielen Höhlen wurden Sterne an die Decken gemalt. Was mag diese wohl bedeuten. Mit Sicherheit gibt es Hinweise, dass die Menschen damals gewisse zusammenhänge Erkannten und sich folgerichtig auf die großen Konstellationen am Himmel verließen.
Halt, ich habe doch die Druiden der Kelten vergessen. Seit wann es diese Kultur gibt liegt in der Dunkelheit der Geschichte. Keltische Anlagen belegen, dass auch diese Kultur die Sonnwendpunkte genau kannten. Dieses Wissen ist seit dem Spätneolithikum nachweisbar, wie die Dolmen und Steinkreise in Mittel- und Westeuropa belegen. Ob sie ihr Fest Erntedank nannten ist unbekannt, aber sie hatten eine gefestigte Kultur mit Ackerbau und Viehwirtschaft.
Drehen wir nun die Geschichte rund um das Erntedankfest um. Im Mittelalter gab es überall in Europa zahllose Kriege und schlimmste Hungersnöte. Die kleine Eiszeit hatte begonnen und die Ernteergebnisse brachen massiv ein, was zu schlimmen Hungersnöten führte. Das Volk darbte und nur die Mächtigen und Pfaffen hatten jederzeit genug zu futtern auf ihren festlichen Tafeln. Ich stelle mir nun eine Messe in einer Kirche vor. Gut genährte Priester beten inbrünstig in der Kirche vor mageren Bauern in zerschlissenen Röcken. Jeder von diesen Bauern realisiert, dass ihnen bohrender Hunger während der kalten Monate droht. Gleichzeitig reden ihnen die Priester ein, dass sie mit ärmeren Leuten teilen sollen und natürlich noch die Abgaben an die Kirche zu entrichten haben. Das reichte den Pfaffen aber noch nicht, sie weiteten die Frohn aus und baten eindringlich um Spenden für den Bau von Kirchen. Was empfindet eine Mutter oder Vater von fünf Kindern dabei? Welche Strategie verfolgten diese Menschen, um mit dieser Last umzugehen. Wohl wissend, dass die Kirche sie stetig mehr schröpfen würde und zu keiner Zeit ein Erbarmen zeigte. Mir wäre in dieser Situation wohl das Herz in die Hose gerutscht. Ich hätte gewusst, dass mindestens eines meiner Kinder verhungern würde. In diesem Moment wäre ich zum alten Glauben konvertiert, wenn es den möglich gewesen wäre. Luther erkannte das Leiden des Volkes und leitete die Gerechtigkeit (Gottes) alleine aus der Gnade und der heiligen Schrift ab. Damit verbunden setzte er sich für die Freiheit der Menschen ein. Er erkannte das der Ablasshandel und die Frohn den gemeinen Menschen extrem zusetzten. Somit war der Zehnt inzwischen zu einem Halb durch die Kirche gesteigert worden. Schließlich mussten die Bischöfe und Kardinäle ja rauschende Feste feiern und Kriege führen. Ohne zu übertreiben kann man sagen, dass der Petersdom im Vatikanstaat ein deutsches Bauwerk ist, denn die Gelder aus Italien, Frankreich und Spanien wurde zur ausschließlich zur maßlosen Selbstbereicherung verwendet.
Erst durch die Reformation machten sich die Menschen Gedanken über Gesetze und den Sinn der Kirche. Somit kann das Erntedankfest nicht mit der alten christlichen Tradition verbunden werden. Nur freie Menschen bekamen durch die Reformation die Chance und die Wahl ehrlich mit hungernden Menschen zu teilen. Somit ist für mich das Erntedankfest ein Fest an dem wir die Wahl haben ärmeren Menschen etwas zu geben. Ich gebe seit Jahren schon der Nutur das zurück, was wir Menschen nehmen.