Im Zeichen der Winteroffensive ein Text, der zu den Erlebnissen des letzten Jahres passt. Mal sehen.
Die Alarmglocken schrillten, aus dem Schlaf geschreckt, erhoben sich die jungen Männer schlaftrunken aus ihren Schlaflagern. Dreißig Sekunden bleiben um in die Klamotten zu springen und die Waffen aufzunehmen. Noch im Laufen wurden die Gurte festgezurrt, um voll ausgerüstet vor den Ausbildern und Offizieren zu erscheinen. Die Junker gaben sich größte Mühe um den strengen Anforderungen der Offiziere gerecht zu werden, denn Fehler wurden mit unangenehmen Diensten getadelt. Schließlich war ihnen zur Genüge bekannt, dass augenblicklich arge Aufmunterungen mit dem Stock folgten, wenn nicht jedes Detail den Vorstellungen der rüden Sergeanten entsprach. Trotz der Störung mitten in der Nacht rannten die jungen Kerle so schnell sie konnten zum zentralen Platz. Vor der Baracke sammeln sich die Krieger auf dem großen Platz, der von den Baracken umgeben war. Überall schienen die jungen Männer aus dem Schlaf geschreckt worden zu sein. Auch in den anderen Schlafstätten spielten sich offenbar ähnliche Übungen ab. Im Schein einiger Laternen und gleißender Fackeln erscheinen auch die Unterführer und Offiziere aus der Richtung des Stabsgebäudes. Noch raste bei allen Kriegern der Puls in den Adern und sie ahnten bereits, was auf sie zukommen würde. Nein, dieses war kein Probealarm, sondern es musste mehr dahinter stecken. Üblicherweise wurde nur eine Einheit in der Nacht aus dem Schlaf geschreckt, um die Einsatzbereitschaft zu testen. Aber in diesem Fall hasteten auch Bogner, Veteranen und die Reiter aus ihren Unterkünften. Diese finstere Ahnungen lasteten schwer auf den jungen Männern, die noch keinerlei Vorstellung vom Krieg besaßen.
Brecko, der ergraute Quartiermeister trat vor die fünf Hundertschaften, die sich inzwischen eingefunden hatten. "Ruhe ihr Banausen, dieses Jahr sind wohl wir an der Reihe. Einhundert Segler vom Feind sind vor unserer Küste aufgetaucht. Wir rechnen damit, dass die Gegner etwa fünftausend Krieger ans Land werfen werden. Was sie wollen ist ja wohl klar! Sie wollen uns binnen Stunden erschlagen und unser Land ausrauben und verwüsten. Wir verteidigen alle drei Wege, die sich die Klippen von der Küste her zum Plateau hinaufwinden. Zugleich wird in etwa vier Stunden Verstärkung eintreffen. Wir erwarten die drei Bataillone aus dem Hinterland. Wie sie sehen brennen bereits sämtliche Signalfeuer auf den Feuertürmen. Die zwei berittenen Einheiten brechen sofort auf, um den Westweg und die Steintreppe zu sichern. Die Postenführer vor Ort werden sie umgehend einweisen, sobald sie dort eintreffen. Die Bogenschützen aus der Küstengarnison sind bereits auf dem Weg zu ihren Stellungen. Es sind sicherlich fünfhundert Männer und über einhundert mit schweren Armbrüsten."
So gut es ging versuchte der altgediente Mann Zuversicht unter die Junker zu streuen. Nebenher hörten sie die bellenden Befehle aus den anderen Teilen der Bastion. Danach gerieten die gesamte Mannschaft in Bewegung. Die Ruhe der Nacht hatte ein Ende gefunden, dieser Gedanke stach jedem Junker ins Herz. Mit der Unruhe in der Bastion drängte sich die bittere Realität in die Herzen der Junker. "Heute Abend würden Kameraden fehlen. War man vielleicht selbst ein Opfer?"
Brecko schaute sich entschlossen um und sah, dass endlich Oberst Karless eingetroffen war, um die bittersten Entscheidungen zu verkünden. Mit einem Fingerzeit rief der Quartiermeister, im Rang eines Majors, die Krieger noch einmal zur Ruhe. Der Oberst zwirbelte noch kurz seinen Bart bevor er sich gesammelt hatte. "Ich entscheide, wie die Truppen verteilt werden. Egal was sie denken, die Entscheidungen sind auf Basis taktischer Erwägungen getroffen worden. Die Hundertschaft unter dem grünen Banner wird von Hauptmann Senna geführt. Sie marschieren zur Steintreppe und erhalten zwei Wagenladungen Öl und Erdpech und dazu noch vier Ballisten. Den Hauptweg decken die drei Hundertschaften mit den roten Schärpen unter Führung von Hauptmann Dorsal. Zur Verstärkung erhalten sie fünfzig Bogenschützen und sechs Ballisten und zwei Katapulte. Sie holen die sechs Trosswagen unten am Tor ab, auf denen das Öl verladen wurde. Und den Rest der Truppe führt Fähnrich Torres. Er verteidigt zusammen mit der Landwehr den Westweg. Das Öl und die vier Ballisten stehen unten im Vorhof. Für jeden Mann gibt es eine Rüstung, die sie alle aus ihren Zeughäusern holen. Sobald die Reiter eintreffen werde ich sie gerecht auf die drei Abschnitte verteilen. Die Ritter werden später folgen, weil sich die Blechköpfe noch ihre Klamotten anziehen müssen. Und die Pferde müssen auch noch gesattelt werden. Sei es drum, sie sollten jetzt abmarschieren, ansonsten klopfen schon bald die Angreifer an unser Tor. Ihnen allen wünsche ich den bestmöglichen Erfolg und passt auf eure Ärsche auf." Mit einem Gruß verabschiedete der Oberst seine Hundertschaften, die erst jetzt gefasst abmarschierten.
Nach einer Drehung rief der Oberst Major Zack zu sich. "Zack, Sie sorgen dafür, dass die Bastion in einer Stunde kampfbereit ist. Baut alle schweren Waffen auf den Türmen auf und scheucht auch die Kadetten und Veteranen auf die Wehrgänge, damit alle Türme und Wälle vollständig bemannt sind. Die Bogner hab ich schon aufgescheucht. Die Veteranen und Kriegsknechte sind schon vor dem Tor und verstärken das Vorfeld mit Hindernissen und Fußangeln. Das ist echt ein elender Mist. Ich dachte immer der Krieg würde nie in unsere Gegend kommen. Aber da scheine ich mich wohl geirrt zu haben."
Der Major überlegte kurz. "Wir alle stehen unter gewaltigem Zeitdruck. Wenn alle Einheiten rechtzeitig eintreffen, dann haben wir hoffentlich eine Chance, selbst wenn sie gering ist. Aber wir alle wissen doch, dass es nur mit Glück klappen könnte. Andererseits kann auch alles gegen uns laufen und wir gehen nur noch als heroisch sterbende Krieger in die Verlustlisten des Königreiches ein. Hoffnung ist, keine feuchten Hosen zu bekommen, sondern morgen noch den Sonnenaufgang begrüßen zu dürfen. Die Melder sind unterwegs und verlasst euch drauf, wir kämpfen so lange bis wir alle blutbesudelt im Dreck liegen. Verzeiht mir diesen Spruch, aber eine reelle Chance besitzen wir selbst mit fünf Bataillonen nicht. Die Gegner sind uns in allen Belangen überlegen. Fünftausend Angreifer gegen unseren lächerlichen Haufen, dass ist ein böser Streich der Ironie. Verzeiht, aber unter diesem Zeitdruck lässt sich nicht mehr machen. Somit sollten wir schon jetzt damit beginnen und auf das unvermeidliche vorzubereiten."
Der Major zuckte nur noch schwach mit den Schultern. "Ich lasse gleich noch die Zivilisten und Frauen evakuieren. Hier wird es in den nächsten Stunden oder mit Glück - in den nächsten Tagen blutig zugehen. Denkt an die Frauen der Offiziere und eure Tochter. Bereitet sie darauf vor, binnen einer Stunde aufzubrechen." Die Gefühle der Offiziere standen ihnen ins Gesicht geschrieben. Kurz ergänzte der Obrist. "Major, denkt auch an den alternativen Plan. Es gilt möglichst viele Leben zu retten. Scheucht alle Bauern und Händler zur nächsten Burg."