Tamir schaute ermüdet auf die anrückenden Gegner, die in ihren schweren Rüstungen und mit den massiven Helmen wirklich wie Monster aus fernen Welten wirkten. Noch betroffener machte ihn der Anblick der Blattäxte und der überlangen Schwerter, die allesamt mit einem Haken kurz hinter dem Ort versehen waren. Alle Klingen waren brüniert und als reichte dies noch nicht, so besaßen die Gegner noch Armschienen und Beinschienen. Noch hieß es zu warten und hinter dem Verbau geduckt auszuharren, bis ihnen Befehle zugerufen wurden. Sie sollten erst die Gegner bekämpfen, wenn die Ballisten und Katapulte der Gegner ausgeschaltet waren. Die Geräusche der Spannknebel und der Ratschen an den Katapulten und Armbrüsten drangen genauso brutal in ihre Ohren, wie der kehlige Gesang der Unholde, die vom Strand her auf sie zu marschierten.
Erneut blickten einige von ihnen über den Verbau, weil es an den Nerven zerrte, so viele Gegner zu erblicken, die für einen Angriff bereit standen. Bei dem ersten Angriff waren es an dieser Stelle nur etwas über dreitausend Gegner gewesen. Aber heute schienen es mindestens doppelt so viele Gegner zu sein, die sich als dunkle Wand ihren Linien näherte. Mehr als das Herz rutschte nicht nur ihm in die Hose. Noch hatte sich kaum ein Mann an diesen bedrückenden Anblick gewöhnt. Er gestand sich ein: "Wir sind doch alles nur Frischlinge, die keine Kriegserfahrung besitzen. Ja, die alten Haudegen haben Recht. Wir sind alles nur Rotärsche. Es ist Scheiße, dass wir den Krieg auf so brutale Art kennenlernen."
Einzig Hauptmann Dorsal stand aufrecht hinter ihnen und wies die Geschützbesatzungen ein. Noch sahen die Angreifer nicht die vielen Steinkugeln, die ihre Linien erschüttern sollten, wenn sie rasant den steilen Anstieg herunter rollten. "Auch ich sollte fünf dieser schweren Kugeln auf Befehl in die Reihen der Gegner entlassen, aber bis dahin sollte ich die Gegner mit meinem Bogen bekämpfen." Gedanken schossen durch meinen Kopf. "Reichen die Pfeile für alle Gegner?" Bis dahin würde es noch dauern, weil die Katapulte zunächst Steine in die Reihen schleudern sollten, damit das Chaos und der Tod bei den Gegnern Einzug hielt. Noch waren die Gegner zu weit entfernt, um sie wirksam bekämpfen zu können. Noch blieb Zeit, um an dem Brot zu nagen und einen Schluck Heldenwasser zu trinken. Jeder Mann wusste, dass es kein klares Wasser war, sondern mit Minze und Schnaps versetzt war, um die Nerven der Krieger vor der Schlacht zu beruhigen.
Jetzt passierte der erste Akt. Körbe mit Steinen wurden an die Rutschen gehoben, um die zweite Welle der Gegner auszudünnen. Schon bald würden hunderte Steine auf die zweite Welle einprasseln. Aber sie alle wussten, dass das erst der Fall sein würde, wenn die erste Welle die Spanischen Reiter erreichte und versuchte das Hindernis zu beseitigen. Geduld war das Credo der Verteidiger und Mut das der Angreifer.
Der Hauptmann hatte ihnen jedes Detail der Schlacht am Morgen erklärt, damit jeder Junker eine Vorstellung von dem Kampfgeschehen bekam. Das war eigentlich kaum mehr als eine vage Idee, aber mehr als üblich. Jedem waren somit alle wesentlichen Abschnitte für den ersten Kampf bekannt. Die Sergeanten und Korporale hockten neben ihren Männern, um jederzeit die entsprechenden Befehle schmettern zu können. Landris ihr Sergeant war eine alte Pflaume und kotze inzwischen täglich Blut. Offenbar rebellierte sein Magen mehr, als es der alte Haudegen, zugeben mochte. Aber jeder Mann sah den physischen und psychischen Verfall und die übersteigerte Trunksucht des Mannes. An guten Tagen konnte der Kerl noch aufrecht stehen und an schlechten Tagen sah man das laufende Elend zum Glück nicht. Gedanken purzelten stetig durch Tamirs Kopf, so wie bei vermutlich allen anderen Kameraden. Mit Blicken suchte Tamir Kontakt zu den Mitstreitern, um das Gefühl der Einsamkeit abstreifen zu können. Allen Männern pochte das Herz inzwischen bis zum Hals und blasse Minen waren überall zu sehen. Mache erleichterten sich noch und kotzten sich das Frühstück aus dem Leib, um halbwegs wacker den nachfolgenden Kampf überstehen zu können.
Die Zeit schlich wie eine müde Raupe dahin, die sich schon bald in ein ausgehungertes Raubtier verwandeln würde. Die Anspannung in den Seelen hatte längst den Siedepunkt erreicht und die Nerven begannen stetig mehr auszusetzen. Dennoch, sie sollten ständig an den einen und alles entscheidenden Satz des Hauptmannes denken. "Spart eure Energie auf - bis ihr wirklich kämpfen müsst. Kraftlos werdet ihr sterben. Denkt daran ihr Holzköpfe: Krieg bedeutet immer das Aufsparen von Energie - bis ihr sie brutal einsetzen könnt." Der Gedanke half nicht die Nerven zu beruhigen, denn der Anblick der Gegner und die resultierende Furcht wurde in diesem Leitsatz nicht beschrieben.
Die Geräuschkulisse veränderte sich. Laute schreie der Angreifer waren erstmals intensiv zu hören. Ein Steinhagel zertrümmerte Knochen und Köpfe von Angreifern. Bogner schossen jetzt permanent Gegner aus der ersten Linie nieder und die lauten Befehle der Angreifer dröhnten boshaft zu ihnen herüber. Die Katapulte entließen jetzt die ersten Ladungen an Steinen, die selbst die Schilde der Gegner zertrümmerten. Jetzt und genau in diesem Moment sollten sie sich erheben und die Gegner frontal mit Pfeilen spicken, wenn sich eine Chance auf einen Treffer bot. Tamir erhob sich und fand Gegner, die ungedeckt vor den Spanischen Reitern standen und versuchten einen Weg zu finden, um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Rasch war der erste Pfeil verschossen und ein zweiter und dritter Pfeil folgten. Jeder Pfeil traf und ein Gegner fiel sterbend um.
"Das war bisher eine gute Quote." Mit seinen Augen suchte er weitere Ziele und sah noch einen Gegner mit einer Armbrust, der gerade in seine Richtung zielte. "Rasch ducken!" , war sein Gedanke. Das Geschoss fegte knapp über seinen Kopf. "Das ist der Moment um diesen Feind mit einem feinen Schuss auszuschalten." Der Pfeil war eingelegt. Nach dem Aufstehen zielte er und entließ das Geschoss binnen eines Herzschlages. Brutal fraß sich der Pfeil nach dem Flug in den Kopf des düster wirkenden Angreifers. Ein boshafter Schrei folgte und danach acht Armbrustbolzen aus den gegnerischen Reihen, die in Tamirs Richtung entlassen wurden.
In Deckung hockend hörte er nur, wie mehrere Bolzen über seinen Helm sausten und in die Sandsäcke hinter ihm einschlugen. Nur einen Wimpernschlag später flogen Bolzen in die andere Richtung. Die gegnerischen Armbrustschützen wurden von den schweren Spitzen der eigenen Schützen regelrecht aufgebrochen, wie Wildbret, in den sich blanker Stahl fraß. Eine gewaltige Feuerlohe hinter der dritten Welle am Vordringen. Die Hitze des Feuers beendete diesen ersten Angriff, der wohl kaum mehr als ein erstes Abtasten war. Bogner schossen die restlichen Gegner nieder, um die Zeit zu nützen und um Beute zu machen. In diesem Moment sprangen sie auf und liefen zu den Spanischen Reitern. Rasch schnappte er sich eine Armbrust, zwei Beutel mit Bolzen und ein schweren Kriegsschild der Gegner. Nach einem weiteren Blick fand er noch vier schwere Kriegsdolche der finsteren Krieger, die bei den hiesigen Kämpfern hoch im Kurs standen. Gleichwertige Waffen gab es hier kaum. Auch ein Beutel mit Münzen wanderte in seinen Beutel. Rasch hastete er zur eigenen Linie zurück, um sich dort vorerst in Sicherheit zu bringen. Der Hauptmann hatte den Ausfall beobachtet und klatschte laut. Zehn Armbrüste hatten sie erbeutet und über zwanzig Schilde samt zwanzig schweren Speeren und ein Sammelsurium verschiedener Waffen.
In der Stellung eingetroffen sah Tamir erst, dass der Sergeant Landris bei den Kämpfen gefallen war. Ein Bolzen steckte in seinem Schädel des alten Kerls. Der Hauptmann eilte zu ihnen und machte die übliche Geste, wenn ein Mitstreiter gefallen war. "Tamir, du übernimmst den Haufen. Ich ernenne dich hiermit zum Korporal. Schnapp dir die Schärpe und das Schwert von dem alten Kerl, damit alle sehen, dass du nun diese Gruppe führst. Nebenher reichte der Offizier Tamir noch einen Dolch, der mit einer silbernen Kordel verziert war. Die Kordel bezeugte für alle gut sichtbar, dass er nun ein Unterführer war.
Stunde um Stunde wogte der Kampf hin und her. Bis zum Mittag lagen über zweitausend Gegner auf dem engen Anstieg zu ihrer eigenen Linie. Erst jetzt unterbrachen die Gegner die verlustreichen Angriffe. Erschöpft und ausgehungert setzte sich Tamir in die Stellung, um die Lungen mit Sauerstoff zu füllen. Erinnerungsfetzen tanzten wie böse Schatten durch seinen Kopf. Immer wieder waren Mitstreiter getroffen worden und starben. Aus dem Brotbeutel klaubte er das Heldenwasser und Brot. Äpfel ergänzten das karge Mahl. Erneut erschien der Hauptmann und überreichte Tamir die silberne Fangschnur, die ihn als Sergeant auszeichnete. "Feiner Kampf, Tamir, bisher. Gleich schicke ich euch zwanzig frische Männer. Zwei Wagen holen die verwundeten Kameraden in Kürze ab." Kurz darauf meldeten sich, zehn frische Bogner bei ihm, die von einem Junker zu ihnen geführt wurden. Erschöpft nickte er nur, denn er wusste noch nicht, was der Nachmittag bringen würde. Die Furcht vor den Kämpfen hatte sich verflüchtigt, aber die Sorgen blieben, trotz der fetten Beute.
Teil ZWEI:
Die Pause reichte nur um den ausgehungerten Körper zu stärken und seinen schwindenden Mut zu sammeln. Es war mehr als notwendig die Verteidigungslinie zu verstärken, davon musste er den Hauptmann Dorsal überzeugen. Willig schritt er zu dem Offizier. Mit einer angemessenen Verbeugung verneigte er sich vor dem lokalen Gottvater. "Herr, ich möchte euch nicht unnötig stören, aber unsere Linie hat gravierende Lücken. Mit den Schilden der Gegner könnten wir die gravierendsten Lücken schließen. Wenn ihr bitte zuhören möchtet." Still wartete er die Antwort von Hauptmann Dursal ab. "Tragt vor, was euch nicht behagt und ich werde entscheiden, ob ich meine Befehle dahingehend ändern werde." Erneut sammelte sich der ehemalige Soldat. "Herr, unsere Flanken weise gravierende Lücken auf. Bekämen wir die Chance vierhundert oder fünfhundert Schilde und die Armbrüste der Angreifer einzusammeln, dann könnten wir unsere Lücken rasch schließen. Die Gegner werden über Kurz oder Lang mit größeren Kontingenten angreifen. Mehr als dreihundert Angreifer gleichzeitig können wir derzeit nicht abweisen. Unsere hohen Verlustzahlen zeigen es wohl überdeutlich. Daher schlage ich vor, dass wir noch einhundert Armbrüste einsammeln und unsere Wälle mir deren Schilden verstärken, damit mehr eigene Männer bei den Kämpfen überleben und wir gleichzeitig mehr Gegner töten können. Bekomme ich nicht diese Möglichkeit, dann wird unsere Linie, also der Wall nicht mehr lange den Angriffen stand halten."
Der Hauptmann nickte und antwortete direkt. "Macht, wie es euch behagt, aber mehr als fünfzig Männer kann ich euch vorerst nicht geben. Ich bringe sie sofort auf den Weg und gebe euch noch zehn Veteranen mit. Öl und Handwerker werden folgen." Rasch zog sich Tamir aus dem Offizierszelt zurück. In der Stellung angekommen rief er sofort alle Order. Die Freunde und Kameraden halfen sofort und sprangen zu ihm. Binnen Minuten rannten die Junker zu den Spanischen Reitern und bargen die Schilde und Armbrüste. Alles was sie schleppen konnten wurde zu den eigenen Linien getragen. Zügig wurden die größten Lücken mir den Schilden notdürftig gestopft, um die Linie deutlich zu verstärken. Mit Sandsäcken erhöhten sie den Schutz zusätzlich. Insbesondere das Holztor wurde verstärkt, denn es würde nicht mehr lange dauern, bis die Angreifer schwere Waffen einsetzen würden, um diesen Schwachpunkt in ihrer Linie aufzubrechen.
Noch einmal stärkten sie sich mit dem Heldenwasser und Wurst. Mehr erlaubte die knappe Zeit nicht. Mit lauter stimme rief Tamir. "Ausruhren und sorgt für einen stetigen Nachschub. Wir brauchen dringend Pfeile, sonst reißen uns die Viecher schon bald den Arsch auf. Denkt immer, dass wir es für unsere Familien tun. Keiner muss zu einem Held werden, denn die sterben leider immer viel zu früh." Einige nickten und begaben sich zu den Wagen, die in der Nähe des Offizierszeltes standen. Frische Kräfte rückten zwischenzeitlich an und er verteilte die Männer nach seinen Vorstellungen. Mit klaren Worten erklärte er der Verstärkung die wichtigsten Aufgaben in dem bevorstehenden Kampf.
Schon kurze Zeit später griffen die Gegner zielstrebig an. Mit Einheiten von geschätzt fünfhundert Männern pro Welle begannen die Gegner ihren ersten Sturmlauf. Obwohl dieses nicht vollkommen richtig ist. Dieses Mal hielten die Angriffe eine feste Formation ein und schützten sich bedeutend besser gegen Geschosse jeglicher Art. Mit Schilden, die sie über ihre Köpfe hielten wehrten sie manchen Stein ab. Der Schutz gegen Pfeile und Steine hatte sie offenbar zu dieser Maßnahme gezwungen. Aber auch für diesen Fall war man gerüstet. Ballisten und Katapulte sollten diese Schildwälle mit schweren Geschossen sprengen. Noch konnten sich die Bogner die Muskeln massieren, damit die Muskeln nicht zu schnell ermüdeten. Noch dominierte die trügerische Hoffnung, dass die eigenen Geschütze die Reihen der Angreifer deutlich ausdünnten und sie den Abend erleben durften. Aufmerksam beobachteten sie die Gegner, um das geschehen im Auge zu behalten. Tamir verfügte jetzt über fünfzig schwere Armbrüste und dreißig leichtere Modelle. Gefangen in diesen Gedanken surrten die Geschosse der Ballisten über ihre Köpfe und zerschlugen die ersten Schilde der Gegner. Noch reagierten die Angreifer konzentriert und schlossen die Lücken sofort. Erst bei den Spanischen Reitern entschied sich, wie sie beabsichtigten das Hindernis anzugehen. Am Torhaus wurden immer noch Schilde der Gegner angebracht, damit die Männer, die dort kämpfen sollten einen besseren Schutz vor Geschossen erhielten.
Erstmals verschossen die Katapulte Feuerbälle aus Stroh, Zweigen und Ölkrügen, die fauchend in die Reihen der Gegner einschlugen. Rasch breiteten sich die Brände in den Reihen der Angreifer aus, die die Ordnung der Angreifer in Unordnung versetzte. Einzelne Bogner griffen nun ein, um die Lücken zu vergrößern. Viele Gegner starben und das war das Beste, was sie derzeit leisten konnten. Tamirs Männer konnten sich ausruhen und stärken. Sie waren erst gefordert, wenn die Gefahr bestand, dass die Gegner die Spanischen Reiter überwanden. Steine, von den Klippen geworfen dünnten die Linien der Angreifer zusätzlich aus. Noch herrschte die Ruhe vor dem Sturm. Mit milden Worten beruhigte Tamir die jüngeren Männer. Oft waren es nur flapsige Sprüche, aber die Männer brauchten diesen Zuspruch, um die Hoffnung nicht zu verlieren. Die Untätigkeit nagte mehr an der Konstitution, als ein erbitterter Kampf. Junker verteilten Krüge mit Bier unter den Männern, damit sie eine kleine Aufmunterung erhielten. Zimmermänner bauten immer noch ein Geschütz, mit dem sie die schweren Speere der Gegner verschießen wollten. Zumindest diese Männer waren beschäftigt und wussten, was sie taten. Das Hämmern und die Sägegeräusche übertünchten zumindest die latenten Ängste.
Diese Anspannung änderte sich, als die Gegner die Spanischen Reiter erreichten. Gegner sprangen aus dem Schutz der Schilde hervor, um mit Äxten auf das Hindernis einzuprügeln. Erste Bogner griffen ihre Bögen und schossen die mutigen Krieger stetig nieder. Jeder Treffer wurde mit Rufen und Beifall honoriert. Dennoch für Tamir änderte es nichts an der drückenden Überlegenheit der Gegner. Erst jetzt fragte er sich, was Hauptmann Dursal unternehmen wollte. Mit einem Blick erfasste er, dass der Offizier derzeit nicht zu entdecken war. Selbst das Banner des Offiziers fehlte.
Erbost machte er sich auf den Weg, zu dem Zelt des Kommandeurs, um sich zu erkundigen. Dort angekommen erklärte ihm eine Ordonanz, dass der Hauptmann zur Bastion geritten sei, um Verstärkung anzufordern. Diese Aussage reichte Tamir nicht. "Seit wann ist der Hauptmann unterwegs?" Der Junker druckste nur rum. "Vor einer Stunde oder mehr." Mit einem Blick erfasste Tamir, dass auch die Kiste des Offiziers nicht mehr an ihrem Ort stand. Drohend ging er den Junker jetzt an. "Schickt einen Meldereiter, der uns Klarheit verschafft. Zudem! Schickt Melder zu allen Einheiten, ich möchte mich mit allen Einheitsführern hinter dem Torhaus absprechen. Aber dalli, sonst setzt es Prügel. Ich bin nicht geneigt - mir das gefallen zu lassen." Hastig geriet die Ordonanz in Wallung und entsandte die Melder. Acht Junker rannten zu den Bannern der Einheiten, damit sie Gewissheit erhielten. Zufrieden sah Tamir zu der Ordonanz. "Pell dir hier kein Ei Junker, tu was, sonst endest du noch heute als Monsterfutter. Krieg führen - heißt - zu handeln. Hier eine ruhige Kugel zu schieben sehe ich als fatalen Fehler an." Erbost drehte sich Tamir ab und stapfte zornig zum Torhaus. Unterwegs legte er sich den Kurs der Besprechung fest. "Täuschung ist ein leichtes Mittel. Mit ein paar bunten Bannern können wir die Gegner sicherlich leicht über unsere wahre Stärke im unklaren lassen. Und dann müssen wir wissen, wie stark unsere Reserven sind. Ferner muss bekannt sein, wie viele Köpfe jede Einheit hat, damit wir die Truppen bestmöglich verteilen können. Das sollte erst einmal reichen."
Nach und nach trudelten die Führer der Einheiten ein. Einige Gesichter kannte ich noch von der Ausbildung. Andere waren mir fremd und ich stellte mich knapp vor. "Meine Freunde, mein Name ist Tamir. Ich wurde heute zum Sergeanten gemacht, weil unser bisheriger Anführer sich einen Bolzen gefangen hat. Der Grund für die Besprechung ist simpel. Hauptmann Dursal ist nicht auf seinem Posten. Vor längerer Zeit ritt er zur Bastion. Dabei nahm er seine gesamte Ausrüstung mit. Für die bevorstehende Schlacht bedarf es jedoch einer fein abgestimmten Führung. Es wäre freundlich, wenn ein erfahrener Krieger aus unserem Kreis die Führung übernehmen würde, bis der Hauptmann möglicherweise wieder von der Bastion zurückkehrt. Wenn sich einer hier auskennt und mir erklärt, wie stark unsere Truppe ist und wo die Reserven stehen, dann wäre es fein, dieses zu erfahren. Schließlich greifen die Gegner ja jetzt mit wesentlich mehr Masse an." Nach und nach stellten sich die Sergeanten vor und nannten die Zahl der einsatzbereiten Männer. Zuletzt erschien ein Rittmeister der Garde, der offenbar keine Neigung hatte hier das Kommando zu übernehmen. Frotzelnd warf er in die Runde. "Ich werde nicht so blöd sein, mich in die erste Reihe zu stellen. Meine Aufgabe ist es nur, euch den Arsch zu retten, wenn die Gegner drohen unsere Linien zu sprengen. Mehr nicht."
Ich fasste rasch alle Informationen zusammen: "Wir sind derzeit eintausendvierhundert Nasen. Mit unseren Waffen und der Ausrüstung können wir mit Glück noch zwei- bis dreitausend Gegner abwehren. Da wir keine wirkliche Reserve besitzen werden wir keine Lücken mehr stopfen können. Wir werden jedoch irgendwann ermüden und uns werden die Pfeile binnen der nächsten zwei Stunden ausgehen. Mit dem Öl können wir nur noch zwei Angriffe der Gegner abwehren. Meine Idee ist es, die Gegner zu täuschen. Wir sollten nach einer gewissen Zeit neue Banner aufstellen, damit die Angreifer glauben, dass wir Verstärkung bekommen hätten. Leider kann ich weder frische Männer noch Pfeile herbeizaubern. So sollten wir zumindest ein Signal vereinbaren, um den Zeitpunkt zu verkünden, wenn der Kampf aussichtslos wird. Es macht keinen Sinn hier zu verrecken, damit der Hauptmann oder der Graf auf uns stolz sein kann. Zudem, eine kleine Spitze. Erschlagen können wir nicht mehr weiter kämpfen." Alle nickten ihm beklommen zu. Ein Anführer war zwar nicht gefunden worden, aber es bestand einvernehmen, dass sie gemeinsam diesen Posten aufgeben würden, wenn die Gefahr bestand überrannt zu werden. Der Rittmeister entsandte immerhin Reiter zu den Nebenwegen, die ungleich leichter zu verteidigen waren. Bis zu der Rückkehr der Reiter mussten sie überleben. Sollten sie Verstärkung erhalten, dann könnten sie mit Glück den Abend erleben.