Die Überlebenden der ersten Schlacht an der Küste strömten gezeichnet zur Bastion zurück. Sie stützten leicht verwundete Kameraden und schleiften die schwerer angeschlagenen Junker hinter sich her. Sie hatten nicht gewusst, was auf sie an diesem Morgen zu kam und noch weniger wussten sie, was Sterben und blutige Gefechte bedeutete. Es wurden nicht nur Spielereien mit Holzschwertern gemacht, sondern scharfe Klingen bissen tief in das Fleisch und töteten Freunde und auch sehr viele Feinde. Kriegsäxte der Gegner hackten brutal in Rümpfe und Schädel, um Leben zu nehmen. Im Frühjahr bei der Ausbildung hatten sie noch gelacht, als sie mit Holzschwertern übten und gelegentlich einen blauen Fleck kassierten. Aber jetzt säte diese Erfahrung der blutigen Realität und Unsicherheit in die Köpfe der Männer. Mehr als ein Drittel der Kameraden lag erschlagen auf den Klippen oder waren bei dem heftigen Kampf verwundet worden. Davor, also auf dem Weg vom Strand zu den Klippen lagen tausende Gegner, die von Pfeilen oder anderen Geschossen getötet worden waren. Andere Gegner schafften es bis vor die eigene Linie und die mussten sie mit allem Können niedermetzeln. Mit Glück, nein mit immensen Glück und unter Opfern hatten sie diesen brutalen Angriff abgewiesen, aber um welchen Preis?
Hauptmann Dorsal trieb die Männer forsch an, denn nur so konnten sie noch manche Leben retten. "Jungs, mit solchen Angriffen wollen sie uns primär verunsichern und Zwietracht in unsere Reihen streuen. Lasst die Köpfe nicht hängen sondern schaut nach vorne. Ich weiß, es war eine bittere Lektion für euch, aber so ist es in jedem Soldatenleben. Mal hat man Glück, so wie heute und trotz allem fließen bittere Tränen. An anderen Tagen hat man Pech und man verreckt, weil man einem Moment nicht achtsam war. So kann es auch ganzen Armeen ergehen. Aber heute mussten wir nur bitteres Blutgeld zahlen. Dennoch, wir leben! Also kneift die Ärsche noch einen Moment zusammen und begleitet eure verwundeten Kameraden zur Bastion. Nur dort kann ihnen von den Heilern geholfen werden."
Tränen rannen vielen Frischlingen immer noch über die erschöpften und verschmierten Gesichter, aber der Hauptmann ignorierte hartnäckig diese unnötigen Gefühlsregungen der Rotärsche und Junker. In seinen Gedanken rekapitulierte er die zurückliegende Schlacht. "Die Berittenen und starken Verstärkungstruppen sicherten derzeit die Zugänge. Im Endeffekt haben uns die Bogner den Arsch gerettet. Sie verschafften uns die Zeit, um alle Geschütze in Stellung zu bringen. Damit äscherten wir alle Katapulte und Ballisten der Gegner ein, bevor sie zur Gefahr für uns wurden. Nicht zu denken, wenn die uns mit zwanzig Ballisten bepflastert hätten. Vorerst gibt er keine weiteren Kämpfe am Strand. Die Junker unter Hauptmann Senna haben nur vier Männer verloren. Die Steintreppe war ja auch leicht zu verteidigen. Gleiches gilt für den Westweg, der schmal, steinig und steil ist. Wenn sie auf dem Weg vor den Waffen auftauchen, dann sind selbst diese Monster platt. Mit Leichtigkeit hatten sie mit ihren Bögen und dem Öl die Gegner abgewiesen." Grimmig lächelte der Hauptmann, der wieder zu seinen Männern schaute, um deren Stimmung einzufangen. In den Gesichtern sah er Verzweiflung, Müdigkeit und verkrustetes Blut.
Das war der Moment, um die die Junker aufzumuntern, bevor sie den Mut verloren und in die tiefe Agonie stürzten. "Jungs, habt ihr gesehen, wie wir die Ballisten die Gegner niedermähten? Echt klasse! Und erinnert euch, wie wir mit den Katapulten, deren großen Katapulte abfackelten? Alle haben wir mit unseren Waffen zerschlagen und dabei noch über einhundert Teufel in die Hölle geschickt. Hey, das war echt ein geiler Anblick, als wir deren Ölvorrat nach einem Volltreffer abfackelten. Unzählige Gegner wurden dabei zu Grillfleisch. So was sieht man nicht alle Tage. Bedenkt, dass sie uns vorerst nicht mehr mit schweren Waffen angreifen können."
In sich hinein lächelte der Offizier. "Flammen die über vierzig Meter in die Höhe schießen und ne ganze Kompanie einäscherten. Mit einem Schlag hatten wir über neunzig Gegner weniger. Und dann erst die großen Steine, damit haben wir immer wieder ihren Schildwall durchbrochen und Gegnern die Knochen zertrümmert. Der Strand leerte sich und zurück blieben nur hunderte Verwundete und Kadaver." Erste Junker, begannen ihre Erlebnisse zu erzählen. Somit war die erste Krise abgewendet. Die Junker erzählten sich ihre Erlebnisse. Genau das war es, was die Junker primär brauchten, sie mussten sich ihren Frust von der Seele reden, damit sie die Ereignisse verarbeiten konnten.
Auf dem Weg vor ihnen tauchten die Veteranen mit den Wagen auf, um die Verwundeten zu bergen. Munter rief der Hauptmann den Junkern zu: "Hey, ihr Milchbubis, da kommt genau das Angetrabt, was wir brauchen. Ich will hoffen, dass die müden Kerle auch ein Fass Bier für uns mitbringen, denn ich habe nach dem Kampf einen mächtigen Durst. Passt aber auf, dass ich nicht das ganze Fass leer saufe. Immerhin war das kein leichter Tag. In der Bastion geht ihr zum Feldscher und lasst euch versorgen, danach schlagt ihr euch den Wanst voll und legt euch zum pennen hin. Ich kenne solche Tage, zuerst ist man noch aufgekratzt und wenn man nichts trinkt und nichts futtert, dann haut einen so ein Tag aus den Latschen."
Insgeheim wusste der erfahrene Offizier, dass dies nur ein zaghafter Auftakt war und weitere Angriffe folgen würden. An jedem Ort, an dem die Gegner landen wollten, da landeten sie auch. Jedes Mal mit einer größeren Truppe, um den Sieg doch noch zu erringen. Zugleich wusste der Offizier, dass erst noch der schlimmste Gang für die Junker folgen würde. Sie mussten an den Strand zurückkehren und die verbliebenen Gegner in zähen Einzelgefechten ausschalten, um die Waffen und die Ausrüstung der Gegner zu bergen. Und danach würde der Aufbau einer festen Verteidigungslinie folgen. Es würde die Junker erschöpfen, aber nur so war dieser Abschnitt dauerhaft zu halten. Erfahrene Kameraden müssen noch den verwundeten Gegnern aus dem Körper stechen. Zudem mussten noch die unzähligen Gegner eingeäschert werden, um der Seuchengefahr vorzubeugen. Erst in dem Moment würden sie den boshaften Gestank des Krieges kennen lernen, der aus Blut und versengten Fleisch bestand. Mit einem Blick zum Himmel vergewisserte sich der Offizier, ob die Götter ihm zugehört hatten.
In der Garnison wurden sie empfangen. Zuerst erfolgte die Behandlung der Verwundeten, dann eine gründliche Wäsche und erst danach schlugen sie sich die Wänste voll. Im Nachgang wurden die Gefallenen beerdigt. Ein Kuttenträger sprach Gebete und sofort wurden die Gräber geschlossen und mit schlichten Grabstelen versehen, auf denen der Name und das Alter stand.
(Rotärsche sind junge Soldaten, die noch wenig Erfahrung besitzen. Dieser Begriff wurde im Jahr 1981 von unserem damaligen Verteidigungsminister verboten. Nach über achthundert Jahren!)
Die Psychologie wurde durch die Kriegserfahrungen und die scharfsinnigen Beobachtungen von Offizieren und Priestern begründet. Carl von Clausewitz schrieb diese Erfahrungen als erster Offizier nieder und Sigmund Freud profitierte von diesem Text. In seiner Kindheit lebte die Familie Freud neben einer Kadettenanstalt, in der dieser Text täglich den Kadetten vorgebetet wurde.