3.
Wenn ich chronologisch vorgehen würde, müsste ich mit dem letzten Wochenende weiter machen und der Woche davor. Aber ich will nicht. Oder ich kann nicht. Eins von beidem, oder vielleicht beides zusammen.
Vielleicht werde ich nie darüber schreiben, vielleicht erst Wochen später. Worüber ich aber schreiben möchte, ist das jetzige Wochenende. Ich weiß, dass wir jetzt erst Sonntag haben und der Tag noch nicht einmal ansatzweise rum ist, aber es ist mir ein Bedürfnis. Es sind auch noch nicht die acht Tage vorbei, die zwischen meinem ersten und seinen zwei weiteren Anfällen vergangen waren. In den acht Tagen in denen ich mich in Sicherheit gewogen habe. In denen ich dachte, wir könnten schnell zum Alltag zurückkehren, weil man ja die Dosis seiner Medikamente erhöht hat.
Wir haben momentan keinen wirklichen Alltag. Mittlerweile sehe ich seit ner guten Woche einer meiner Pflanzen beim Sterben zu und sie ist bei weitem nicht die Einzige. Ich weiß, dass ich sie gießen müsste, vielleicht auch ein wenig düngen nach dem Stress der letzten Wochen, aber ich kann mich einfach nicht aufraffen. Die Wohnung sieht auch aus wie Scheiße, das Bad müsste geputzt und der Boden gesaugt und gewischt werden. Außerdem muss ich noch den einen BEEG-Antrag für das Kind fertig machen. Wir schaffen es einfach nicht. Ich schaffe es einfach nicht mich aufzuraffen und den Boden frei zu räumen. In der Woche jetzt sind viele einzelne Lieferungen angekommen, auch viele Dinge fürs Kind, die gewaschen werden müssten. Die weggelegt werden müssten, oder zumindest einen Platz finden müssten, bis die Möbel geliefert werden. Voraussichtlicher Termin ist da der 16.11, aber auch das scheint in so weiter Ferne zu sein. Es fliegt einfach alles rum und es sieht aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
Seit Mittwoch schlafen mein Mann und ich getrennt. Ich schlafe auf dem Sofa, er im Bett.
Wir waren am Montag ja bei der Ärztin gewesen, die ich bis dato ja auch in guter Erinnerung hatte, die mir Dinge erklärt hat, die mir Ruhe und Zuversicht geschenkt hat. Dieses Mal war sie das absolute Gegenteil. Null empathisch (immerhin hatte ich einen Tag vorher meinem Mann zwei Mal bei einem epileptischen Anfall zusehen müssen), blubberte sie mich zuerst nur voll, dass ich meinen Mann erklären und beschreiben lassen soll und dann kam nur – auf die Frage hin, wie wir das machen sollen wenn das Kind da ist, weil da ja ein richtiger Schlaf-Wach-Rhythmus ja gar nicht gegeben sein kann: „Dann müssen sie halt getrennt schlafen, wenn Ihre Wohnung das hergibt“. Danke für fucking Nichts, du dumme Schachtel! Gestern erst, am Samstag, ist meine Wut über ihre Teilnahmslosigkeit hochgekommen. Meine Freundin E. ist schon am Montag explodiert und zwar richtig. Ich hingegen war einfach vor den Kopf gestoßen, hatte keine Ahnung was ich machen, noch wie ich mich verhalten soll und die nagende Angst hatte mich am Nacken gepackt und nicht mehr losgelassen. Irgendwas von Notfallmedikament war die Rede, sollten sich seine Anfälle plötzlich rapide erhöhen, oder er müsste dann halt zusätzlich in die Epilepsie-Sprechstunde der Uniklinik, um die anderen Triggerpunkte seiner Epilepsie genau herauszufinden. Außerdem müsse er eben durchschlafen. Der Nachtschlaf wäre essentiell. Aber am Wichtigsten wäre natürlich, dass er jetzt richtig mit den Medikamenten eingestellt werde. Da die Erhöhung vom Lamotrigin ja offenbar nichts gebracht hätte, würde sie halt schauen, welches zusätzliche Medikament er einnehmen würde. Erst einmal würde er ein Kombipräparat bekommen. Würde das gut laufen würde man schrittweise das Lamotrigin gegen das Valprorat chrono ersetzen, denn eine Kombination von mehreren Medikamenten würde der Körper weniger gut vertragen. Auf die Frage hin, wie das denn mit CBD aussieht, weil es ja Studien dazu gibt, dass CBD bei Epilepsie vorbeugend helfen kann, war sie nur der Meinung, sie kenne sich nicht aus und wir sollten keine Experimente durchführen. Als wenn das Herumgespiele mit den Medikamenten denn kein Experiment ist, da ja jeder Betroffene anders darauf reagiert … Aber wer bin ich schon? Ich bin ja nur die Doofe, die die Anfälle ertragen muss. Im schwangeren Zustand.
Jedenfalls gab es eben keinen Fahrplan für mich, eine Stichpunktliste an der ich mich hätte festhalten können. Oder O, denn der war ja genauso überfordert und hilflos wie ich und hatte keine Ahnung, wie er sich selbst und mich beruhigt bekommt. Für ihn an erster Stelle stand und steht immer das Kind. Wir würden alles dafür tun, dass er ihm gut geht. Einer der Gründe, warum ich diesen Mann so liebe.
Wie vielleicht schon aufgefallen sein sollte, legt sich Stress bei mir instant auf den Magen. Egal ob es Prüfungsstress war, Angst vor Bewerbungsgesprächen, mein siebter Sinn, oder eben emotionaler Stress. Alles legt sich bei mir auf den Magen und ich kann nichts essen, bzw. nur kleine Mengen und mir ist vor, während und nach dem Essen einfach schlecht. Ich habe quasi heute zum Mittag erst meinen Hunger wiedergefunden, ohne das mir schlecht wird. Ich bin gespannt darauf wie es heute Abend sein wird. Wenn du obendrein noch schwanger bist, setzt du dich dahingehend auch noch unter Druck, weil du ja auch fürs Kind essen musst. Irgendwie gesund essen musst, damit es alle Nährstoffe bekommt, die es zum wachsen und gedeihen braucht. Das du genug schlafen musst. Das du genug trinken musst. Das du wenig Stress hast, weil auch das ja frühzeitige Wehen auslösen kann und, und, und. In dieser Woche war unser Kind in meinem Bauch auch sehr ruhig. Hin und wieder, hat es sich zwar gemeldet, als wolle es mir sagen „Schau mal, Mama. Um mich musst du dir nicht auch noch sorgen machen. Mir geht’s gut. Alles ist Tutti und ich mache mich auch nicht eher als unbedingt nötig auf die Reise.“
Trotzdem war ich froh, dass am Donnerstag dann mein Frauenarzttermin war. Einfach zum Nachsehen, ob sich der Muttermund nicht verkürzt hat und auch mit ihm alles in Ordnung ist. Das ich beschissen schlafe ist mir mittlerweile auch anzusehen. Mein Körper brauch lange, bis sich bei mir Augenringe zeigen. Vorher werde ich einfach nur faltig unter den Augen. Ich bin mittlerweile bei dem Stadium der Faltigkeit angekommen. Fehlt nicht mehr viel, dann werden es Augenringe. Dabei mache ich mir aber nicht um mich selbst Sorgen, sondern eher um meinen Mann. Er schlief ja bis Dienstag noch neben mir. Und ich hatte einfach unfassbare Angst vor der Nacht. Sobald es dunkel wurde, krabbelte die Beklommenheit an mir hoch und mir war klar, wenn ich dann in vier Stunden schlafen gehe, ist dann bald der nächste Morgen und die Wahrscheinlichkeit eines Anfalls seinerseits hoch. Zudem kam ja auch noch, dass wir seit Sonntagabend mit Licht an im Flur geschlafen haben. Um meine Psyche in dem Sinne zu beruhigen, dass ich nicht mit ihm alleine bin. Das ich das nicht alleine durchstehen muss, wenn es noch einmal passiert. Das ist natürlich Bullshit, aber es hat geholfen. Mir. O. nicht. Denn der wollte mit mir im Bett kuscheln, aber da war ja die Tür einen Spalt offen und das Licht konnte hineinscheinen. Denn in den Nächten hatten wir ja schon die Seiten getauscht. Jetzt schlief er hinten und ich vorne, damit ich nicht so viel Unruhe veranstalte, wenn ich aufs Klo muss. Außerdem schlief er jetzt auch unter der großen zwei mal zwei Meter Decke allein, während ich mir eine kleine Standardbettdecke genommen hatte. Auch dadurch hofften wir, dass er weniger wach wird, weil sich ja seine Decke nicht mit bewegen würde. Hat nicht viel geholfen. Das Licht machte ihn auch irgendwie immer wach, wenn er sich zu mir drehte und ungelenk bewegt habe ich mich ja doch noch im Bett. Einziger Vorteil war, dass jeder seine eigene Matratze hatte. Wäre das auch noch dazu gekommen, wäre ich schneller im Wohnzimmer verschwunden. Wir sind zeitiger als sonst ins Bett. Neun Uhr abends nimmt er seine Medikamente und ich muss mich spritzen. Danach geht’s ins Bett. Das hat an sich gut geklappt, nur er muss ja eben durchschlafen, damit er auf gute sieben, bis acht Stunden Schlaf kommt. War natürlich nicht mit einer Frau gegeben, die bei jedem Zucken, bei jedem Mucks gefühlt senkrecht im Bett sitzt und einen Puls von hundert hat.
Immer wieder hatte ich mit dem Gedanken gespielt, und ihn auch ausgesprochen, dass wir doch lieber getrennt schlafen sollten. Getraut hab ich mich dann aber erst Mittwoch, ich wollte nun einmal nicht ohne ihn schlafen. Seine Nähe fühlen, ihn spüren. O. und ich sind sehr körperliche Menschen. Seitdem wir zusammen wohnen gab es nicht eine Nacht in der wir nicht irgendwie den andere berührt haben. Am Sonntag und Montag wollte ich mich so sehr in n seine Arme schmiegen und nie wieder loslassen, aber ich habe mich einfach nicht getraut. Es war immer noch der Samstag bei meiner Mutter und der Sonntagmorgen in meinen Kopf, wie er mich in den Arm nimmt, mit zuckenden Armen. Wäre das wieder passiert, würde ich das jetzt nicht schreiben. Ich hätte mich wahrscheinlich einweisen lassen, oder so. Keine Ahnung. Ich habe auch schon zu ihm gesagt, dass ich wohl nicht mehr in diesem Bett schlafen kann, wenn er in de nächsten Zeit da noch einmal einen Anfall drin hat, während ich in seinen Armen liege. Und wenn ich ehrlich bin, es sieht eben jedes Mal aufs Neue so aus, als würde er sterben. Wenn so der Tod aussieht, hab ich davon jetzt schon mehr als genug.
Die erste Nacht war hart. Ich hatte ja schon damit zu tun gehabt, dass er unter der großen Decke allein liegt und ich seine Körperwärme nicht fühlen kann. Jetzt trennte uns ein Flur und zwei Türen, aber ich musste mir beweisen, dass es geht. Das ich nicht immer dabei sein kann und werde, sollte ein Anfall passieren. Außerdem könnte er mich ja immer noch rufen, sollte sich was anbahnen. Oder mich anrufen. Handy hatte ich ja mit am Bett. Es wäre dann aber nicht meine Schuld. Immerhin wollten und wollen wir immer noch, alles tun, damit er durchschlafen kann. Erst im Laufe der Woche (ich habe sehr viele Epilepsie-Zentren-Webseiten besucht), durfte ich erfahren, dass Epileptiker viel öfter unter Schlafstörungen leiden, als jemand ohne diese Krankheit. Noch ein Grund mehr für mich, auf die Ärztin pissed zu sein. Denn mehr als „Oh, na dann müssen wir an den Medikamenten arbeiten, damit sie besser schlafen“, kam nämlich auch von ihr nicht. Dabei sind Schlafstörungen doch so viel komplexer!
Jedes noch so kleine Geräusch hat mich aufschrecken lassen und dann habe ich ewig gebraucht, bis ich nicht mehr nach jedem verfluchten Geräusch ewig lange gehorcht habe, bevor ich unter Anspannung wieder eingeschlafen bin. Ich habe viel geschwitzt, schlecht geträumt. Und jedes Mal war ich vor halb sechs, oder spätestens um sechs wach. Die erste Nacht war auch für ihn doof. Das einschlafen war für ihn nicht das Problem, sondern das durchschlafen. Denn wenn er mal wach wurde, fühlte er sich einsam. Die einzige Nacht, in der ich traumlos durchgeschlafen habe – und das als Besserung gesehen habe – war die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag.
Wir hatten uns irgendwie eingegroovt, hatten so etwas wie eine Abendroutine notdürftig zusammen gezimmert, mit der wir uns beide wohlfühlten. Eben nicht bis zum bitteren Ende am Rechner sitzen (also er) und dann mit einem Gute-Nacht-Kuss im Schlafzimmer verschwinden. Ich machte ihm sein Bett, legte ihm mein getragenes Shirt auf mein Kissen und zwei meiner ältesten Kuscheltiere (Ja ich bin dreißig und schlafe noch mit Kuscheltieren im Bett. Ihr werft eure ältesten Freunde ja auch nicht einfach so weg) dazu die Decke auf. Er gab mir sein getragenes Shirt und dann ging es auf die Couch. Das war die erste Nacht, in der ich wirklich von abends bis morgens um halb sieben durchgeschlafen habe.
Der Besuch bei der Frauenärztin hat mich aber auch geheilt. Innerhalb von zwei Wochen hatte ich 3 Kilo abgenommen und mein Blutdruck war viel zu hoch. Auf die Frage, ob ich Stress hätte, konnte ich nur müde unter der Maske lächeln und ein Schnaufen rausbringen. Doch da habe ich wenigstens so etwas wie Verständnis erfahren. Die Schwester, die meine Werte genommen hatte, tätschelte mir den Arm, meinte sie wüsste wie ich mich fühle. Wir Frauen würden uns das eben alles sehr zu Herzen nehmen. Irgendwie müsste ich mich aber entspannen und ich müsste eben viel trinken. Das hatte ich Sonntag und Montag beispielsweise völlig vernachlässigt. Wenn ich da auf anderthalb Liter gekommen bin, war ich gut. Ich musste es also irgendwie hinbekommen, meinen Blutdruck runter zu bekommen. Ich durfte nicht im dauerhaften Stress sein.
Das hat aber nur eine Nacht gut funktioniert. Denn dann kam ja der Freitag. Das Wochenende nahte und damit meine Angst um einen weiteren Anfall. Denn seine Anfälle kommen ja immer nur am Wochenende, zumindest bis jetzt. Denn wie steht es u.a, im Buch „Oje, ich wachse“? Raubbau am erwachsenen Körper, was den Nachtschlaf angeht, bemerkt man nicht sehr schnell. Denn der erwachsene Körper nimmt viel hin. Obendrein ist man ja zum Wochenende hin ja auch – naturgemäß – eins zwei Stunden länger wach. Dafür schläft man dann ja aber am nächsten Tag, eins zwei Stunden länger, so dass das ja dann wieder ausgeglichen ist. Nun ja. Ich hatte ja aber noch vorher gelesen, dass so was ja zu vermeiden ist. Vor allem während der Umstellung von Medikamenten. O. wollte aber eben so etwas wie Alltag, versprach aber spätestens halb elf im Bett zu liegen und zu schlafen. Also legten wir uns aufs Sofa und versuchten zu kuscheln. Dreimal dürft ihr raten, wer sich nicht entspannen konnte, und der schon wieder einen Puls von gefühlt hundert hatte. Genau. Ich.
Mir zog es die Augen, aber ich wollte nicht einschlafen, bevor O. nicht ins Bett ist. Das würde ich nicht übers Herz bringen. In dieser Nacht schlief ich wieder schlecht, da die Uhrzeiten so extrem auseinander gedriftet waren. Außerdem war er nach den drei Anfälle innerhalb von acht Tagen immer noch ziemlich fertig. Sein Arm tut heute immer noch weh und dabei habe ich ihn ja gar nicht angefasst. Ich habe mich zwar über ihn gebeugt, aber da ja sein Gesicht gestreichelt, den blutigen Speichel aufgefangen. Allein, wenn ich darüber schreibe, wird mir schon wieder elend.
Als O. am Samstag das Wohnzimmer betrat, war es dreiviertel acht. Ich hatte gedacht, dass das ausreichen würde. Er war ja anderthalb Stunden später ins Bett, dafür anderthalb Stunden später aufgestanden. Ein Blick in seine Augen zeigte mir aber, dass der Mann doch noch müde war. Und schon war die Anspannung, die Angst, die Panik wieder da. Wieder achtete ich penibel darauf, wann die Stunde nach dem Aufstehen rum war, so wie ich es die ganz letzten sechs Tage auch gemacht hatte. Jedes Gähnen seinerseits machte mich zusätzlich fahrig, machte das die Angst in meinem Bauch zu einem übergroßen Block wurde, der mich zu zerquetschen drohte. Wie ich E. schon mehrmals in der Woche gesagt hatte, war ich wieder das kopflose Eichhörnchen, dass im Kreis rannte. Zumindest in meinem Kopf. Ständig hatte ich Angst, dass der nächste Anfall bevorsteht. Ich konnte nicht mal mehr positiv denken, dass ja gar nichts passieren muss. Meine Gedanken drehten sich nur darum, wann es passiert. Für mich war das keine Frage mehr des ob. Also bin ich wieder einmal dazu übergegangen und habe gegoogelt. Ich weiß, dass soll man eigentlich vermeiden, weil einem das nur noch mehr Unsicherheit beschert, aber in meinem Fall hat es mir geholfen. Es hat mir einen Fahrplan gegeben. Oder besser gesagt, der Flyer der schweizerischen Epilepsie-Liga1 hat mir einen Plan gegeben, an den ich mich halten kann. Mit dem ich arbeiten kann. Der mir Zuversicht gibt. Der mich und auch O. entspannt. Die Punkte, wie man Schlaf positiv beeinflussen kann, habe ich O. vorgelesen und auch wenn es bis jetzt nun ein Tag ist, so hat das bis jetzt gut funktioniert. Bei mir fiel auch die Anspannung ab, als wir nochmals spazieren waren (wie sollen uns regelmäßig körperlich betätigen vor 18 Uhr) und in einen Netto einkehrten, aus dem wir mit einem Gute-Nacht-Tee und Baldrian-Dragees hinausgingen. O. probiert jetzt die Dragees und er meinte gerade zu mir, als wir unseren Spaziergang getätigt haben, dass in dieser Nacht etwas anders am Schlaf war. Ob es jetzt an den Dragees gelegen hat, wird sich zeigen. Auch wenn diese Nacht auch nicht optimal für ihn war, denn nach der Einschlaf Meditation, die er probiert und die ihm auch stellenweise geholfen hat, ging noch einmal ein Wecker los, den wir ursprünglich angestellt haben, bei dem er am Wochenende spätestens in Bett gehen soll. Das hatten wir ja aber nach Freitagabend und dem gestrigen Tag dann ja wieder verworfen. Ich hoffe, dass diese Nacht nun wirklich so etwas wie Normalität hat, denn meine Angst will schon wieder hochkommen. Denn Morgen wären dann wieder die acht Tage rum. Acht Tage nach seinen letzten zwei Anfällen. Die, die hintereinander waren. Die mir mehr Angst gemacht haben, als alles andere auf der Welt und bisher in meinem Leben. Weswegen ich ein nervliches Wrack bin.
E. hat mir schon Anfang der Woche gepredigt, dass ich mich mit autogenem Training oder Meditaion ablenken, fokussieren, entspannen soll. Ich hab nicht gehört, hab es immer wieder verschoben, weil es ja so irgendwie ging. Ich musste mich halt nur irgendwie abgelenkt, beruhigt bekommen, bis es ins Bett geht. Dann war ich wieder mit meiner Angst alleine. Seit gestern schreibe ich wieder einmal sehr intensiv mit einem Freund. Schon bei so manchen Sinnkrisen hat er mir mit seinem Rat eine neue Perspektive aufgezeigt und ich hätte mich schon viele eher an ihn wenden sollen. Er gab mit die Ratschläge es mit Meditation und/oder Atemübungen zu probieren. Das würde ihm auch ganz gut weiterhelfen, wenn es ihm dreckig ginge. An manchen Tagen würde er sogar von der Mediation seiner Wahl drei hintereinander machen. Da wir ungefähr denselben Geschmack haben, habe ich es dann mit der Meditation probiert, nachdem ich mich auch bei ihm in meinen Gedanken wieder verfangen hatte und sinnlos panisch im Kreis gerannt bin – metaphorisch gesprochen. Mindlook-Geführte Meditationen2 hat mir den Arsch gerettet. Anders kann und will ich es nicht beschreiben. Die Meditation „Ängste loslassen“ hat bei mir so viel gebracht. Allein bei dem ersten durch die Nase ein- und durch den Mund ausatmen liefen bei mir schon die Tränen und danach habe ich mich wirklich befreiter gefühlt. Kein Scheiß. Als im Dunklen dann auch noch die innere Unruhe kam, hab ich noch die dafür vorgesehene Anleitung durchgezogen. Und was soll ich sagen? Mein Mindset heute ist um einiges positiver. Natürlich habe ich immer noch Angst, bestimmte kleine Dinge an O. versetzen mich noch immer in Habachtstellung, aber ich darf auch nicht zu viel von mir selbst verlangen. Das beten mir meine Freunde, mit denen ich in Kontakt stehe, auch immer wieder runter. Sie versuchen mir Tipps und Tricks mitzugeben, die ihnen selbst helfen oder geholfen haben. Die sich nicht nur nach O. erkundigen, sondern auch nach mir. Nicht so wie seine Sippschaft, die offenbar noch immer angefressen ist, dass sie bei der Hochzeit nicht dabei sein durften, weil Corona uns allen einen strich durch die Rechnung gemacht hat und wo es noch anderweitige Dinge gibt, die erst einmal gerade gerückt werden müssen. Nicht wie ein Teil seiner Sippschaft, die mit einer „Gute Besserung“-Floskel und „Ich hoffe, du hast dich nicht verletzt.“ sich in den letzten Tagen nicht ein weiteres Mal gerührt hat. Die sich für uns, für mich interessieren. Für mich ist klar, wie ich diesen Teil der angeheirateten Vierwandschaft nun zu betrachten habe, aber das gehört hier gar nicht her.
Irgendwo hab ich Angst vor morgen früh, vor allem weil nun auch langsam wieder die Sonne unter geht und einige Zeit vergangen ist, seitdem ich den Eintrag hier begonnen habe. Dennoch habe ich jetzt mehr Zuversicht, dass nichts passieren kann. Der Funke der Hoffnung wurde wieder entfacht, wenn ich mal so pathetisch sein will. Ich hoffe, diese Hoffnung wird nicht gleich wieder im Keim erstickt.
Dennoch geiere ich nach Mittwoch. Denn jeden zweiten Mittwoch im Monat, kann ich bei der Selbsthilfegruppe-Epilepsie-Leipzig3 anrufen und mein Anliegen vortragen. Vielleicht haben die ja nen Fahrplan, oder zumindest den Austausch, was unsere Sorgen wegen unserem Kind und der Anfangszeit angeht. Das, was mir bis jetzt kein Arzt, oder Flyer oder Website geben konnte.
1 Schweizerische Epilepsie-Liga – Flyer Epilepsie und Schlaf: https://www.epi.ch/epilepsie-und-schlaf/?hilite=%27schlaf%27%2C%27epilepsie%27
2 Mindlook-Geführte Meditationen: https://open.spotify.com/show/2ZHpUCfUF1ll4h5eRpLDdm?si=psKi0jfyRpS_JjsH-lofGQ
3 SHG-Epilepsie-Leipzig: http://www.shg-epilepsie-leipzig.de/