Ich habe mich noch immer nicht um einen Verhaltenstherapeutin gekümmert, dafür arbeite ich seit September an einer neuen Arbeitsstelle. Ob das jetzt das Gelbe vom Ei war… Ich wage es zu bezweifeln. Aber mein Arbeitsweg ist geringer, ich habe am Ende des Monats mehr Geld über, weil ich mir die scheißteure BahnCard kneifen kann. Allein schon dadurch bin ich da bei weitem entspannter. Dafür habe ich jetzt seit Februar so gut wie gar nicht gearbeitet. Einfach weil ich ständig krank bin und/oder Wegeunfälle fabriziere. Was mir mein Körper, alternativ das Universum, sagen will, weiß ich auch noch nicht. Also gut, ich weiß es schon, will es aber nicht wahrhaben. Dafür bin ich wieder sehr kreativ unterwegs. Ich will mich sogar an ein Großprojekt wagen. Ich habe mir sogar selbst ein Geburtstagsgeschenk vorzeitig gekauft, um auch endlich auf dem Sofa schreiben zu können. So ein Gaming-PC ist halt schon was Feines. Aber wenn du eben krank rum liegst, ist so ein Chromebook viel praktischer, weil man sich das Ding einfach auf den Bauch stellen und los schreibseln kann. Und das verbraucht auch weniger Energie, als wenn ich mich ins Arbeitszimmer begebe und auf dem Bürostuhl sitzen müsste. Für den Hinweis, bzw. die Beschwerde, danke ich E. Bei der war ich nämlich auch Anfang Februar. Ich habe mich getraut und bin für vier Tage nach Salzgitter. Ohne Mann und ohne Kind. Das erste Mal so eine weite Strecke allein mit dem Auto, in einer Stadt, in der ich noch nie war.Es war eine wilde und schöne Zeit. Na gut, wild wars nicht, weil wir zwei Weiber sind mittlerweile ja auch in einem gewissen Alter. Aber auf unsere Art war es wild. Wildes Kochen beispielsweise. Und auch, wenn O erschwerte Bedingungen hatte, hat er das verdammt gut gemacht. Und das Winterkind auch. Und zwar so gut, dass ich im Oktober mich schon wieder abmelden werde. Es ist verrückt.
Das Winterkind ist jetzt auch drei geworden. Wie die Zeit verfliegt. Da ich für jedes Lebensjahr ein Fotobuch anfertige, schaue ich regelmäßig in die alten Fotos rein und zwischendrin habe ich dann schon Pipi im Auge. Das Kind war doch gerade noch so klein?! Und dann ist sie wieder so groß, dass sie gestern erst ihr erstes Metal-Konzert erlebt hat. Und im Februar habe ich sie mit dem Papa ganze vier Tage allein gelassen. Als Reaktion wurde das Winterkind erst einmal krank. So oft wie das Kind mich nicht will (und mir das auch sagt), habe ich mit so einer Reaktion nicht gerechnet. Man lernt mit Kindern ja auch nie aus…
Und O… O. ist jetzt seit fast drei Jahren anfallsfrei. O. hat jetzt auch einen neuen Job. Ich weiß nicht, ob ich damit save bin, oder ob ich immer noch verdränge, dass er beim neuen Betrieb jetzt Schichten arbeitet. Von dreien muss er aber “nur” zwei gehen. Ab April geht er zweimal Früh- und einmal Spätschicht im Wechsel. Der März ist momentan die Eingewöhnung, da fährt er nur Frühschichten. In der Spätschicht werde ich ihn so gut wie kaum zu Gesicht bekommen, denn wenn er noch schläft, mache ich los auf Arbeit. Und wenn er arbeiten geht, hole ich gerade einmal das Winterkind ab. Seine Schicht endet um 22:30 Uhr, sodass er dann gegen 23:00 Uhr hier sein wird. Ich werde da schon längst im Land der Träume sein. Heißt auch für mich, dass in den Wochen die Abendgestaltung gänzlich auf mir lasten wird. Schaffe ich. Weiß ich. Es wird trotzdem nur wieder für alle eine Umstellung und das wird mich das Winterkind besonders spüren lassen, denn das will momentan abends nur den Papa haben. Das geht schon seit Monaten so. Die Frühschicht finde ich persönlich schlimmer. Ich weiß nicht wieso, aber der Mann steht dann 04:30 Uhr auf und macht sich fertig, sodass er dann 06:00 Uhr mit seiner Frühschicht anfängt. Da kommt meine Angst wieder durch.
Ich sage mir immer wieder, dass dieses Schichtsystem ja irgendwo in Ordnung sein muss, da sein Neurologe das ja abgesegnet hat. Nur die Nachtschicht hat er ihm gestrichen. Zu Recht, will ich meinen.
Vielleicht habe ich jetzt auch einfach wieder mehr Vertrauen in seinen Körper. In sein Siebgehirn nicht, aber in seinen Körper. Aber das ist ein Anfang. Auch wenn sein Siebgehirn mich letztes Jahr in unserem Jahresurlaub in eine Panikattacke geschmissen hat und ich ernsthaft darüber nachgedacht habe, den Mann zu verlassen. Habe ich nicht, sonst würde das Update jetzt anders aussehen. Dann könnte es mir ja egal sein. Wäre es mir aber wahrscheinlich nicht, weil wir ja dann das Wechselmodell fahren würden und ich viel zu viel Schiss hätte, dass das Winterkind so einen Anfall miterlebt und niemanden hat, der ihr dabei helfen kann, bzw. ihr die Angst nimmt. Das muss ich, by the way, auch endlich einmal umsetzen. Ich werde das Kind, auf kurz oder lang, nicht vor dieser Krankheit schützen können. Entweder wird das Winterkind es irgendwann kriegen, oder es wird den Vater - aus Gründen - einmal krampfen sehen. Und dann sollte das Winterkind zumindest wissen, was das ist. Ich höre auch schon wieder E. schnaufen und wie sie mir sagt, dass das nicht meine Aufgabe ist, sondern die von O. und das ich ihm so nur seine Aufgaben abnehme. Weiß ich. Ich machs trotzdem, weil es schließlich auch mein Kind ist und ich versuchen möchte, dass sie nicht die gleiche Angst und Hilflosigkeit verspüren muss, wie ich es tue. Auch wenn ich weiß, dass ich nicht hilflos bin. Ich weiß was ich zu tun habe und kann handeln. Aber es fühlt sich natürlich nicht so an. Ab und an kommt aber das Gefühl an, dass ich doch sicher bin, eben weil ich einen Fahrplan habe. Dass dieser generalisierte Anfall halt unglaublich brutal aussieht, er es aber - in dem Sinne - nicht ist. Vielleicht werde ich mich ja wirklich irgendwann daran gewöhnen. So wie ich mich an den Tremor in Os Händen gewöhnt habe, der durch seine Medikamente hervorgerufen wurde und wohl nie mehr verschwinden wird.