»You can never be overdressed or overeducated.«
- Oscar Wilde
Mein Name ist Fra Glich und ich spreche heute mit der nebenberuflichen Autorin @Eisteufel. Herzlich Willkommen, schön, dass du da bist! ;)
Stell dich doch bitte mal vor.
Mein Name ist Selina Schuster, hier auf Belle (und generell auf Schreibplattformen) eher als Eisteufel bekannt. Im wahren Leben bin ich Realschullehrerin für die Fächer Englisch, Deutsch und Geschichte und wohne zusammen mit meinem Mann und zwei verfressenen Katzen am Rande des Ruhrgebiets. Zudem bin ich veröffentlichte Autorin. Mein „Hausverlag“ ist mittlerweile der Dryas Verlag, bei dem ich sowohl meinen Roman „Absinthe“ veröffentlicht habe als auch meinen zweiten Roman „Das Gemälde“, sowie einen Kurzgeschichtenzyklus zu Mystery-/Gruselgeschichten veröffentlichen werde.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich glaube mein Weg ist der von sehr vielen Autoren: ich war immer schon ein fantasievolles Kind, das gerne Geschichten erzählt hat. So „richtig“ mit dem Schreiben ging es 2002 los, als meine Familie einen PC samt Internetanschluss bekam und ich in die Welt der Fanfictions eintauchte. In der Anime- und Mangasparte bin ich auch tatsächlich eine ganze Weile geblieben. Zusammen mit einer guten Freundin habe ich auch einen Manga veröffentlicht. Sie ging danach in Richtung Kinderbuchillustrationen und ich habe meine Vorliebe für alles Düstere und Mysteriöse, die sich zu der Zeit entwickelte, in den darauffolgenden Geschichten so richtig ausleben können. Mein Studium der englischen Literaturwissenschaften hat mich zudem zu Poe und Wilde gebracht, die ich sehr verehre. Die Vorliebe für historische Romane um die Jahrhundertwende kommt defintiv durch meinen Studienschwerpunkt im Fach Geschichte.
Womit haderst du am Meisten, wenn es ums Schreiben geht, und was hilft dir dabei, wieder Motivation zu schöpfen?
Ich schreibe leider sehr unregelmäßig und sehr, sehr langsam. Wenn ich mir die Wordcounts ansehe, die andere in derselben Zeit schaffen, wird mir immer ganz schwindelig. Allerdings kann ich mir glaube ich zu Gute halten, dass ich beim Schreiben auch immer schon halb im Bearbeitungsmodus bin. Ich schreibe nie einfach „nur“ runter, sondern wenn ich schreibe, dann so, dass ich mit den ein bis zwei Seiten, die dann hinterher dabei herumgekommen sind, insofern zufrieden bin, als dass sie nicht mehr großartig überarbeitet werden müssen. Die Motivation ist leider bei mir auch so eine Sache… gefühlt, bin ich immer dann motiviert, wenn ich keine Zeit habe, oder ich bin motiviert etwas anderes zu schreiben als das, was nun eigentlich geschrieben werden müsste. Was mir tatsächlich hilft ist externer Druck. Je näher die Deadline kommt, desto produktiver werde ich.
Gibt es Werke, an denen du derzeit arbeitest?
Ich schreibe derzeit an meinem Roman „Das Gemälde“, welcher im Herbst 2022 beim Dryas Verlag erscheinen wird. Wie sein Vorgänger „Absinthe“ ist es auch wieder ein Gothic Novel, also wohliges Gruseln. Nebenbei schreibe ich immer mal wieder an meiner Wohlfühl-Fluff-Gay-Romance Geschichte „The Servitóros“, die ich als kleines Nebenprojekt betreibe und bei der ich meinen Perfektionismus auch mal ausschalten kann.
Worauf legst du besonders Wert, wenn du ein Werk bei Verlagen veröffentlichen möchtest?
Ich bin sehr perfektionistisch und pingelig. Wahrscheinlich brauche ich daher auch so endlos zum Schreiben, eben weil ich mich an einzelnen Sätzen sehr lange aufhalten kann. Natürlich ist nichts je perfekt und meine Lektorin hat auch ebenfalls mehr als genug zu tun, aber ich versuche bei meinem Verlag das Manuskript so gut abzugeben, wie ich es erbringen kann. Und nach einem Lektorat ist es dann noch besser.
Du veröffentlichst mittlerweile erfolgreich beim Dyras Verlag, doch wie bist du überhaupt auf ihn aufmerksam geworden?
Ich hatte mich 2018 auf den Webseiten Autorenwelt.de und Deutsches Schriftstellerforum nach Verlagen umgesehen, welche vornehmlich historische Romane verlegen, da ich meinen Roman „Absinthe“ gut untergebracht wissen wollte. Und da bin ich beim Dryas Verlag gelandet. Historische Romane und vornehmlich England als Schauplatz. Was will ich mehr?
Was gibt es bei einem Verlagsvertrag alles zu beachten?
Ich denke mir, dass die beiden wichtigsten Punkte das Honorar und die Laufzeiten der Rechtevergaben sind. Sind die Honorare fair? Normal sind 20% vom Print und 25% vom ebook. Laufzeiten können variieren, daher sollte man sich schon genau informieren, wie lange der Verlag Ansprüche erheben kann und welche Rechte man dem Verlag wofür überträgt. Bei Kleinverlagen/Nischenverlagen wäre auch der Punkt Marketing/Werbung wichtig. Die großen Verlage stellen i.d.R. sogenannte Standardverträge aus, mit z.B. oben genannten Honorarkonditionen. Solch einen Standardvertrag habe ich ebenfalls bei Dryas unterschrieben.
Gibt es bestimmte Werte, die du durch deine Geschichten vermitteln möchtest, oder steht für dich der Lesespaß an oberster Stelle?
Meine Geschichten sind größtenteils sehr düster, z.T. driftet es sogar leicht in den Horrorbereich ab. Da von Werten zu sprechen ist definitiv schwierig. Also ich gehe mit keiner Agenda an das Schreiben. Ich will der Menschheit nicht mein Weltbild, meine Moral, oder sonst etwas näherbringen. Ich möchte einfach nur gut unterhalten.
Womit arbeitest du so, wenn es ums Schreiben oder Marketing geht?
Ich bin was das Schreiben anbelangt ziemlich oldschool und genügsam unterwegs. Ich schreibe ausschließlich mit Word. Persönlich empfinde ich die ganzen Schreibprogramme als unnötig. Wenn die Geschichte schlecht ist, hilft für meine Begriffe auch kein noch so gutes Schreibprogramm. Aber da gehen die Geschmäcker auseinander. Meine Normseite auf Word und ich führen jedenfalls seit Jahren eine sehr glückliche Beziehung zueinander.
Was das Marketing anbelangt habe ich das große Glück, dass Dryas Teil eines großen Mediendachverbandes ist. Sprich: sie haben Reichweite, zahlen für Marketing und Werbung, geben Rezensionsexemplare aus, sorgen für Auftritte auf Messen und die Bücher sind überall gelistet. Ich habe einen Instagram-Account, über den ich in unregelmäßigen Abständen – neben sehr, sehr vielen Katzenfotos – über meine Schreiberein berichte und ein wenig werbe. So bin ich an einige sehr nette Buchblogger und wirklich schöne Rezensionen gekommen. Aber mehr Marketing betreibe ich tatsächlich nicht.
Katzen - tolle Marketingstrategie! :P Nein, im Ernst, würde bei mir sofort funktionieren!! :D
Welche Tipps würdest du anderen Autor*innen weitergeben, die ihr Buch vermarkten wollen?
Ui, ich glaube da bin ich die falsche Adresse, da ich zwar schon für meine Bücher werbe, aber die Hauptlast eben nicht an mir hängen bleibt. Aber generell denke ich mir, dass Social Media schon wichtig ist. Ich habe mich lange gegen Instagram u.ä. gesträubt und wurde von dem Kleinverlag, bei dem ich eine kurze Horror-Novelle veröffentlicht habe, quasi dazu gegängelt, es mir zuzulegen. Nach anfänglicher Skepsis macht es mir tatsächlich Spaß, aber ich betreibe den Account nicht als reine Werbeplattform. Wie gesagt… Katzen, in allen Lebenslagen. Sichtbarkeit und Events z.B. auf Messen oder auch Lesungen sind großartig. Nach meinem Auftritt auf der online Version der Buchmesse Saar gingen die Verkaufszahlen merklich in die Höhe.
Würdest du uns eine besondere Anekdote aus deinem Schreiballtag oder den Umgang mit Verlagen erzählen?
Ich schreibe ausschließlich mit meinem guten alten Laptop auf der Couch. Der hat schon viiiel mitgemacht – er staubt vor Ascheflocken (es ist eine Gabe mit Zigarette zwischen den Fingern tippen zu können und hat auch schon eine ganze Tasse Kaffee mit Milch und Zucker verschlungen. Aber er bleibt mir nach wie vor treu. Und ich habe es ausprobiert an schönen Orten zu schreiben, wegen der Inspiration, aber irgendwie schlägt nichts meine Couch. 😉
Schön kuschlig hat man's nunmal immer gerne ^^
Bzgl. des Umgangs mit Verlagen ist glaube ich die Geschichte, wie ich zu Dryas kam ganz interessant bzw. für den ein oder anderen ermutigend, es einfach mal zu versuchen:
Ich hatte das große Glück, dass ich zur rechten Zeit am rechten Ort war. Auf der Webseite des Verlags stand seinerzeit, dass sie keine unverlangt eingesandten Manuskripte annehmen und ich habe einfach mal nett per Mail nachgefragt, ab wann das denn wohl wieder möglich sei. Durch Glück bin ich direkt bei der Verlagschefin rausgekommen, die neugierig wurde und dreisterweise habe ich ihr dann einfach mal mein Exposé geschickt. Der Dryas Verlag hatte zu diesem Zeitpunkt bereits vor, die Gothic-Schiene neu aufzubauen, dies jedoch noch nicht öffentlich kommuniziert. Da passte mein Werk genau rein. Wohlgemerkt war „Absinthe“ zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal ansatzweise fertig. Die Geschichte war komplett geplant, geschrieben allerdings nur zur Hälfte. Ich habe ein Jahr Zeit bekommen, um die andere Hälfte zu schreiben, was auch auf den Tag genau geklappt hat (der Druck und so). Im Endeffekt habe ich für die ersten sieben Kapitel sieben Jahre gebraucht und für die letzten sieben Kapitel ein Jahr.^^ Und nein, es ist kein K.O.-Kriterium, wenn die Geschichte noch nicht fertig ist. Manchmal muss man einfach Glück haben.
Auf welche Erfahrung hättest du gerne verzichtet und gibt es eine Erkenntnis, die du im Nachhinein daraus ziehen kannst?
Ich habe mein erstes eigenes Werk, welches nicht in Anthologien oder in Co-Autorenschaft veröffentlicht wurde, 2012 bei einem Kleinstverlag herausgebracht. Das Buch wurde wunderschön – Hardcover mit Farbfotographien illustriert. Leider ging der Verlag nur kurze Zeit später insolvent. Also das Buch hat nie Werbung, Marketing oder sonst etwas erfahren und ist leider sang- und klanglos in der Versenkung verschwunden. Das fand ich wahnsinnig schade, da eben doch sehr viel Arbeit darin steckte – ich bin u.a. mit einem Fotografen nach Berlin zu den Beelitz Heilstätten gefahren, um dort Fotos für die Novelle zu schießen. Das war toll und ich hätte mir für das Endergebnis mehr Aufmerksamkeit gewünscht. Ich fürchte mittlerweile sind die Printexemplare makuliert. Aber ich besitze noch ein paar Exemplare daheim.
Das ist traurig, aber wenigstens hast du auch hier die Möglichkeit genutzt, Erfahrungen zu sammeln! <3
Welche Pläne hast du für die Zukunft? Hast du vor, weiterhin Gothic Novels zu schreiben?
Wenn man einen Fuß in der Tür hat und so 😉 Da sich „Absinthe“ gut verkauft und Dryas die Gothic Schiene weiter bedienen will, werde ich erst einmal weiter in diese Richtung schreiben. Sie liegt mir einfach auch, ich mag es schaurig und übersinnlich. Neben „Das Gemälde“ werden im Herbst diesen Jahres – passend zu Halloween – auch ein paar düstere Kurzgeschichten als ebook bei Dryas erscheinen. Aber ich will mich nicht darauf festlegen lassen, dass ich nur die Gruseltante bin. Da Dryas Teil eines Dachverbandes von vielen Verlagen ist, habe ich meine Fühler mal ausgestreckt und liebäugele nach der Veröffentlichung von „Das Gemälde“ mit dem Schwesterverlag von Dryas, welcher sich u.a. auf LGBTQ Literatur spezialisiert hat. Da könnte ggf. „The Servitóros“ ganz gut reinpassen. Aber erstmal „Das Gemälde“ zuende schreiben. Ende März ist die Deadline… ^^
Ich wünsche dir ganz viel Glück und Motivation dafür - viel Erfolg!!
Möchtest du sonst noch etwas sagen?
Ich freue mich sehr, dass du mich zu diesem Interview eingeladen hast. Es hat mir viel Freude bereitet und ich hoffe, dass meine Erfahrung dem ein oder anderen vielleicht helfen, die Angst vor Verlagen nehmen oder ggf. auch ein wenig Motivation geben können. Oftmals muss man es einfach nur mal probieren. 😊
Mir hat es auch sehr viel Spaß gemacht, vielen lieben Dank für deine ausführlichen Antworten!