Nachdem sie keine Wasserleitung in der Hütte hatten und der Weg zum Brunnen eingeschneit war, überlegte sie, wie sie zu Wasser für den morgendlichen Kaffeekick kommen könnte. Ohne Kaffee am Morgen war es undenkbar für sie einen klaren Kopf zu bekommen.
Fluchend öffnete sie die Tür und füllte ein wenig Schnee in den Topf.
Den Topf auf den Tischherd gestellt, wärmte sie sich die kalten Finger über dem Herd und sah dem Schnee beim Schmelzen zu.
Sie wollte etwas Zeit gewinnen, um diese Spannung, die in der Luft lag, leichter zu verarbeiten
und klare Gedanken zu fassen. Es war ihr gerade nicht möglich ihm in die Augen zu sehen.
Nervös starrte er auf seine Füße und kratzte sich.
"Es tut mir leid. Ich war einfach noch so schlaftrunken und habe nicht nachgedacht. Ich wollte dich nicht verletzten."
Er griff nach seinem Glas und nahm einen kräftigen Schluck Wasser und schaute dann wieder beschämt auf seine Füße.
Sie hatte gerade behutsam Kaffeepulver und Wasser in die Tassen geschüttet, wie seine Worte an ihr Ohr drangen.
Überrascht drehte sie sich zu ihm um. "Warum denkst du, dass du mich verletzt hast?"
Ohne seine Worte abzuwarten, nahm sie beide Kaffeetassen und setzte sich zu ihm. "Trink mal ein wenig braunes Gold, das belebt die Sinne und macht einen klaren Kopf!" Grinsend schob sie seine Tasse näher zu ihm hin.
Er nahm einen Schluck und stotterte dann los: " Nu... nun ich hab."
Sie unterbrach ihn: "Was hast du?", worauf es aus ihm herausplatzte.
"Ich habe dich geküsst und berührt. Das gehört sich nicht. Wir kennen uns doch kaum." "Aber...."
Sie schaute ihn fragend an. "Was aber?"
Er blickte ihr kurz in die Augen, dann wieder verlegen auf seine Tasse und murmelte leise vor sich hin. "Es war schön. Nein, du bist schön!" Dann wurde er wieder lauter und griff fest nach seiner Tasse. "Ach ich bin doch ein Idiot, was mach ich mir vor. Es tut mir leid." Bedrückt ließ er die Schultern hängen.
Überrascht von diesen ehrlichen Worten sah sie in sein Gesicht! Er hatte sichtlich ein schlechtes Gewissen und Angst einen Schritt zu weit gegangen zu sein. Eine Weile saß sie nur da und sah ihn an, bis ihr die Stille zwischen ihnen peinlich wurde. Nach einem Schluck Kaffee rutschte sie etwas näher und stieß ihn ein wenig mit der Schulter an!
"Hey, hallo, du hast mich nicht verletzt! Du bist auch kein Idiot! Ich war überrascht! Du hast mich einfach überrumpelt und ich wusste nicht was ich tun sollte. Weißt du, es ist schon ziemlich lange her, dass mich jemand so zärtlich berührt hat! Ja, ich bin keine 16 Jahre mehr, aber auch später ist es irgendwie ungewohnt. Es ist wie ein erstes Mal und das hat mich aus der Fassung gebracht."
"Ich habe einfach nicht damit gerechnet! Alles wieder gut?"
Schüchtern blickte sie zur Seite. "Es war auch sehr schön! Ich wollte es auch nicht so abrupt beenden, aber wo soll das hinführen?
Nach diesen gemeinsamen Tagen gehen wir doch wieder getrennte Wege und dann......dann verliere ich wieder eine Person, die ich vielleicht lieb gewonnen habe! Ich habe Angst, was das mit mir machen könnte."
Vorsichtig blickte er auf, suchte mit seinen Augen den Blickkontakt zu ihr und fasste dann seinen ganzen Mut zusammen.
Er streckte die Arme nach ihren Schultern aus, zog sie an sich und umarmte sie kräftig.
Sie wehrte sich nicht, sondern gab sich seiner Umarmung hin. Zu lange war es her, dass sie einfach so umarmt wurde. Die Gefühle, die ihr entgegengebracht wurden waren so rein und ungezwungen. Sie genoß einfach die Wärme und Nähe und schwieg mit geschlossenen Augen.
Wie sie so in der Umarmung verharrten, wurde es immer später, aber keiner wollte die Atmosphäre zerstören.
Schließlich war der Hunger die treibende Kraft diese Situation zu beenden.
Der restliche Tag verlief ohne weiteren Körperkontakt und ohne tiefgründige Gespräche. Viel mehr versuchten sie sich mit Späßen abzulenken und das Thema vom Morgen nicht mehr aufzugreifen.