In diesem Jahr brach der Winter bereits früh herein und Schnee bedeckte Hogwarts. Die kühle Atmosphäre und die scheinbar leeren Flure konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich in Hogwarts etwas zusammenbraute. Der letzte Angriff Ende Oktober hatte die Stimmung unter den Schülern endgültig ins bodenlose stürzen lassen. Auch Severus fühlte sich als ob etwas über ihn hereinbrechen würde seitdem Harry ihm von seinem Anfall erzählt hatte. Er versuchte den Jungen jetzt noch schärfer im Auge zu behalten, doch Harry tat nichts, was nicht jeder andere Zwölfjährige auch getan hätte. Hausaufgaben machen, mit Freunden herumflaxen oder eben Quidditsch spielen. Nichts deutete von außen darauf hin, dass er Stimmen hörte und dann ausgeknockt neben einem versteinerten Mitschüler aufwachen konnte.
Severus saß wie jeden Morgen am Tisch der Lehrer und aß Rührei mit Schinken als Albus ihm im Vorbeigehen eine Ausgabe des Tagespropheten auf den Teller knallte. Er deutete auf einen Artikel und setzte sich.
Albus Dumbledore nicht mehr Herr der Lage?
Es ist kein Geheimnis, dass Albus Dumbledore, der Schulleiter von Hogwarts, dieser Tage als angeschlagen gilt. Immer wieder gibt es mysteriöse Angriffe auf Schüler und die Leitung der Schule scheint unfähig oder Willens etwas dagegen zu unternehmen. Der Elternbeirat unter Führung von Lucius Malfoy griff nun öffentlich das Vorgehen Dumbledores an. Darin meinte Mister Malfoy so wörtlich: „Wenn Professor Dumbledore mit dieser Sache überfordert ist, so ist es womöglich nötig, jemanden an seine Stelle treten zu lassen, der besser mit den Ereignissen zurecht kommt!“
„Ihr alter Freund Lucius ist in letzter Zeit ziemlich umtriebig gewesen.“, sagte Albus.
Severus verstand. Lucius wollte die Angriffe dazu nutzen, um die Position des Schulleiters zu schwächen. An seinem Stuhl sägen, wie er sich ausgedrückt hatte. Wohl in der Hoffnung das Ministerium würde Dumbledores Stellung nicht mehr mittragen.
„Ich konnte bisher den Ball flach halten. In der Öffentlichkeit weiß niemand etwas über die Kammer des Schreckens oder meine anderen Vermutungen. Wie lange das so bleibt ist jedoch fraglich.“, führte Albus weiter aus. „Sollte es bekannt werden, dann droht uns allen eine ziemliche Tortur.“
„Und was soll ich dabei tun?“, fragte Severus und fischte die Zeitung aus seinem Frühstück.
„Gar nichts. Sie überlassen das mir, aber sollte Lucius deshalb auf sie zu kommen …“
„Werde ich Sie natürlich informieren.“, beendete Severus den Satz.
„Ich hoffe, die Wogen werden sich glätten, wenn wir den Schuldigen finden.“, sagte Albus.
„Das ist aber ein ziemlich großes Wenn!“, bemerkte Severus.
„Früher oder später wird unser Angreifer einen Fehler begehen.“, antwortete Albus.
„Hmm.“, machte Severus. Ihm gefiel die Art und Weise dieser ganzen Mutmaßungen nicht. Im Grunde tapsten sie wie ein blindes Huhn auf der Stelle, ohne eine Ahnung darüber wer oder was sie hier angriff. Der Fuchs konnte ihnen die Kehle durch beißen und sie würden es nicht kommen sehen.
„Und wenn Sie sich irren?“, fragte Severus. „Wenn wir den Täter nicht finden? Wenn die Kammer offen bleibt?“
„Dann fürchte ich, wird Hogwarts um eine Schließung nicht herum kommen. Das Ministerium wird mir die Hölle heiß machen. Genau das will auch Lucius. Er sähe mich zu gern durch jemanden ersetzt, der ihm dienlicher ist.“, entgegnete Albus.
Severus sagte nichts dazu. Er hatte Albus ausführlich von dem Treffen zu Beginn des Schuljahres berichtet. Die Todesser hatten nur auf eine Gelegenheit wie diese gewartet. Ihm war das völlig bewusst, trotzdem würde er seine ganze Aufmerksamkeit Harry widmen. Die politischen Winkelzüge sollte Albus allein erledigen.
Der Junge besuchte ihn dieser Tage öfter. Er fühlte sich unter den Augen seiner Klassenkameraden nicht wohl. Severus verstand das vollkommen. Wenn einem jeder für den Erben Slytherins hielt und man dann mit einem Blackout neben einem der Opfer erwachte, dann fragte man sich zwangsläufig, ob nicht doch etwas dran war an all den hinter dem Rücken geflüsterten Behauptungen.
Severus war an diesem Abend auf seinem üblichen Patrouillengang als er plötzlich einen durchdringenden Schrei hörte. Er rannte los. Um die nächste Ecke gebogen fand er den Halbkopflosen Nick vor. Schwarzer Rauch füllte das Innere des Geistes und er schwebte mit herabgefallenen Haupt vor sich hin. Erst auf den zweiten Blick erkannte Severus den am Boden liegenden Jungen dahinter. Versteinert. In der nächtlichen Dunkelheit erblickte er jedoch noch jemanden. Es war Harry. Er saß an die Wand gekauert und umklammerte die Beine.
„Ich war es nicht! Ich war es nicht!“, hörte er ihn immer wieder wimmern. Dann blickte er auf. „ICH WAR ES NICHT!“
Severus beugte sich zu ihm herunter und nahm ihn in die Arme.
„Alles wird gut.“, sagte er dem Jungen, doch der fing nur an hysterisch zu schreien. „ICH WAR ES NICHT! ICH WAR ES NICHT!“
Severus hielt ihn fest, doch Harry kämpfte verbissen gegen seinen Griff.
„Lass mich los! Ich war es nicht!“, rief er wild geworden.
Severus' Griff um seinen Körper wurde nur stärker. Er drückte den Jungen gegen die Wand, in der Hoffnung er würde seinen Kampf aufgeben. Doch das Gegenteil trat ein.
„Beruhige dich!“, sagte Severus scharf. „Ich tu dir doch nichts!“
Harry wimmerte. Tränen liefen über seine Wangen. Schließlich war er zu erschöpft um weiter gegen ihn zu kämpfen.
„So ist es gut.“ Severus lockerte seinen Griff und drückte den Jungen an sich. Harry vergrub sein Gesicht in seiner Schulter und weinte. Er wollte es ihm ersparen so von seinen Klassenkameraden gesehen zu werden also nahm Severus die Abkürzungen durch einige Portraits in die Kerker. Dort bugsierte er Harry auf seiner Couch.
„Was ist wenn es stimmt?“, fragte Harry mit schwacher Stimme. „Was wenn ich das Monster bin, dass alle angreift?“
„Harry ...“, begann Severus, doch der Junge redete weiter.
„Ich höre immer wieder diese Stimme und dann der Schmerz. Der Blackout. Ich kann nicht sagen, wo ich in den letzten Stunden war. Vielleicht bin ich an allem schuld!?“
Wieder nahm Severus ihn in die Arme. Er wusste nicht, was er tun konnte, um Harrys Schmerz zu lindern. Der Junge klammerte sich an ihn und weinte bitterlich. Severus strich ihm über den Kopf. Da fiel ihm ein, was seine Mutter immer tat, wenn er als Kind so weinte, weil sein Vater ihn wieder grün und blau geschlagen hatte.
Severus nahm Harry und trug ihn hinüber in sein Schlafzimmer. Dort legte er sich mit ihm auf das Bett. Er hielt den Jungen fest umklammert und drückte ihn an sich. Sanft strich er ihm über den Kopf. Severus wusste nicht wieso, aber das alles nahm ihn mit. Wer auch immer Harry das antat würde dafür bezahlen. Das schwor sich Severus. Ob er nun besessen war oder nicht spielte für ihn keine Rolle. Harry war fast so etwas wie sein Sohn. Er fühlte sich für ihn verantwortlich und wer es wagen würde ihm weh zu tun, den würde er schlicht und ergreifend umbringen.
Severus wusste nicht wie lange er mit Harry auf dem Bett lag. Irgendwann jedoch schlief der Junge an seiner Brust ein. Severus würde bei ihm bleiben. Zur Not die ganze Nacht.
Es klopfte schließlich an der Tür. Sicher hatte man die neusten Opfer bereits gefunden. Severus erhob sich vorsichtig, um Harry nicht zu wecken. Anschließend ging er zur Tür. Es war Minerva.
„Es gab einen weiteren Angriff.“, sagte sie hitzig.
„Ich weiß.“, antwortete Severus. „Kommen Sie rein.“
Er wollte über das Folgende nicht mit Dumbledore reden. Das hätte alles nur verschlimmert.
„Harry ist bei mir.“, entgegnete Severus und setzte sich auf die Couch vor dem Kamin. „Ich habe ihn völlig aufgelöst neben den Opfern gefunden. Er hatte wieder einen Blackout. Ich weiß, was Albus zu dieser Sache denkt. Ich werde aber nicht glauben, dass der Junge der Angreifer ist. Etwas oder jemand benutzt ihn, um von sich abzulenken und ich schwöre Ihnen, Minerva, wenn ich denjenigen in die Finger bekomme wird er dafür büßen!“
Minerva atmete schwer und ließ sich neben ihm nieder.
„Wie geht es ihm?“, wollte sie wissen.
„Er ist drüben und schläft.“, antwortete Severus.
„Hören Sie, das tut mir alles unglaublich leid. Wirklich. Ich ahne wie Sie sich fühlen, Severus.“
„Ach ja?“, entgegnete er.
„Ich hatte auch einmal Kinder.“
Severus horchte auf. Minerva erzählte nur selten etwas über sich und schon gar nicht über ein so schmerzliches Thema..
„Ich weiß wie es ist helfen zu wollen, es aber nicht zu können.“, sagte Minerva.
„Wenn Albus recht hat und es wirklich eine Art Besessenheit ist, dann muss der Auslöser dafür irgendwo in der Schule liegen. So wie beim letzten Mal, nur das es dieses Mal kein Schatten ist, der sich in einem Menschen verbirgt. Vielleicht etwas anderes. Etwas woran keiner von uns denkt.“, wechselte Severus das Thema.
„Blocken Sie es nicht ab.“, nahm Minerva ihren Faden wieder auf. „Seien Sie für Harry da, egal wie schwierig es wird – und das wird es unter diesen Umständen ganz sicher. Auch wenn Albus es nur selten durchblicken lässt, ihm ist bewusst, dass der Junge wie ein Sohn für Sie ist.“
„Weiß er das wirklich? Ich habe da so meine Zweifel.“, erwiderte Severus.
„Er war ehrlich zu Ihnen, auch wenn Sie nichts davon hören wollten. Harry ist eine Gefahr solange das was ihn quält nicht gebannt ist.“, entgegnete Minerva.
„Und was soll ich tun? Ihn für den Rest des Jahres in den Schrank sperren?“, fragte Severus.
„Sie hören mir nicht richtig zu!“, sagte Minerva ärgerlich.
„Oh doch, ich höre jedes Wort, was Sie sagen, aber ich glaube nicht daran. Das ist es! Harry ist so schön völlig fertig mit den Nerven, da braucht er nicht noch Leute, die ihm erzählen er wäre das Monster von Slytherin!“, antwortete Severus aufgebracht. „Er glaubt so schon, dass er derjenige ist, der die Schüler angreift. Wenn Albus oder Sie ihm das jetzt noch bestätigen, dann kann niemand sagen, was geschehen wird! Ich will ihn nicht verlieren, nur weil sie beide unbedingt recht haben wollen!“
Minerva nickte. Sie erhob sich und ging zur Tür. Dort wandte sie sich jedoch noch einmal um.
„Tun Sie das für ihn oder tun Sie das für sich?“
Severus wollte auf diese Frage nicht antworten.
„Denn Lily hätte bestimmt nicht gewollt, dass ihr Sohn …“
„Woher wollen Sie wissen, was Lily Potter gewollt hätte?“, unterbrach Severus sie.
„Und Sie? Wissen Sie es?“, fragte Minerva.
„Gute Nacht, Minerva.“, sagte er nur.
Minerva schüttelte den Kopf und verließ den Raum. Severus ärgerten ihre Worte. Zu versuchen ihn auf diese Weise doch noch klein zu kriegen. Unverschämt! Er zog sich seine Sachen aus. Nachts trug er meist eh nur sein Unterhemd und eine lange Pyjamahose. Er ging wieder ins Schlafzimmer und legte sich zu Harry, der noch immer auf seinem Bett schlief. Severus würde ihn gewiss nicht wecken. Er nahm die Decke und legte sie über sich und den Jungen. Anschließend tat er den Arm um ihn und schloss die Augen. Es hatte auch etwas Gutes. So waren sie das erste Mal wirklich wie Vater und Sohn.
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Als Harry am nächsten Morgen erwachte spürte er wie Severus noch immer bei ihm war und den Arm um ihn gelegt hatte. Er grummelte im Schlaf vor sich hin und gab einen lauten Schnarcher von sich. Harry erinnerte sich wie er die letzte Nacht geweint hatte. Etwas schrecklich Schweres war von ihm abgefallen als er sich in Severus' Armen ausgeheult hatte wie ein kleines Mädchen. Zu seiner eigenen Überraschung war es ihm jedoch nicht unangenehm. Ganz im Gegenteil. In seinem kurzen Leben hatte ihn bisher nie jemand in den Arm genommen. Nie war jemand für ihn da, bei dem er seine Sorgen lassen konnte. Severus allerdings war für ihn da, ob gewollt oder nicht. Er war der einzige Mensch, den Harry kannte, der ihn nicht wie einen Aussätzigen behandelte. Selbst jetzt nicht, wo er doch scheinbar derjenige war, der für all das verantwortlich war.
Harry vergrub sein Gesicht in dem Bettlaken. Etwas in ihm hätte Severus vermutlich gern Dad genannt, wenn sich das nicht so seltsam angefühlt hätte. Er war nicht sein Vater. Diese Rolle war ihm im Laufe des letzten Jahres einfach zugefallen. Nach dem, was sie gemeinsam in diesem Verlies erlebt hatten. Severus hatte ihn vor Voldemort gerettet und nichts hätte er sich mehr gewünscht als jemanden, der ihn wie einen Sohn behandelte.
Harry legte vorsichtig Severus' Arm beiseite und setzte sich auf. Ein lauter, erstickter Schnarcher entfuhr seinem Lehrer und er schlug die Augen auf.
„Harry“, sagte er müde. Severus drehte sich auf den Rücken und rieb sich die Augen. Er setzte sich auf und rutschte zur Bettkante. „Wie geht es dir?“
Harry zuckte mit den Schultern.
„Danke, dass du da warst.“, antwortete er jedoch nach einigen Augenblicken. Severus legte ihm den Arm um die Schulter.
„Ich werde immer für dich da sein, verstehst du?“
„Ja.“, entgegnete Harry und nickte. Er hätte gern mehr gesagt, doch er fürchtete es würde falsch rüber kommen.
„Was sollen wir jetzt tun?“, fragte Harry nach einer Weile. „Ich kann nicht zurück zu den anderen! Nicht, wenn ich jederzeit einen von Ihnen in Stein verwandeln kann!“
„Hör mir gut zu, was immer hier im Gange ist, es ist nicht deine Schuld, Harry. Irgendjemand oder Etwas tut dir das an. Du bist kein Monster, kein Erbe von Slytherin oder derartiges.“, antwortete Severus.
„Aber wieso?“, wollte Harry wissen. „Was habe ich denn damit zu schaffen?“
„Das ist die Frage. Wenn du nicht zu den anderen gehen willst, dann kannst du mir helfen.“, erwiderte Severus.
„Wobei?“, fragte Harry.
„Bei einigen Recherchen.“, sagte Severus. „Geh dich waschen und frühstücke. Wir treffen uns dann in der Bibliothek.“
„Gut.“ Harry erhob sich und ging aus dem Zimmer. Er fand das besser als am Unterricht teilzunehmen, wo ihn jeder nur anstarren würde. Also machte er sich frisch, zog sich neue Klamotten an – denn er hatte die ganze Nacht in denen von gestern Abend geschlafen – und frühstückte in der Großen Halle. Es saßen nur noch wenige Schüler an den Haustischen. Gut so, dann musste er wenigstens keine lästigen Fragen beantworten.
Während er aß sah er Severus in die Große Halle kommen. Er setzte sich an den Lehrertisch und sah hin und wieder zu ihm herüber. Harry verputzte sein Frühstück so schnell wie möglich und wartete dann im Flur vor der Halle. Als Severus heraus kam bedeutete er ihn mit einer Handbewegung ihm zu folgen. Sie gingen hoch in die Bibliothek. Dort ging Severus zielgerichtet zu einigen Regalen und sammelte sich einen großen Packen Bücher zusammen. Anschließend setzte er sich mit Harry an einen der Tische.
Harry sah sich die Titel der Bücher an: Leben und Schaffen des Salazar Slytherin, Geschichte der Gründer, Mythen und Legenden der Zaubererschaften und einige dicke Folianten über Tierwesenheiten.
„Warum Tiere?“, fragte Harry.
„Wir Menschen neigen dazu alles, was wir nicht kennen oder was uns komisch vorkommt als Monster zu bezeichnen. Ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass das Monster, dass wir suchen gar keins ist.“, antwortete Severus. „Sieh dir die anderen Bücher an. Vielleicht steht da irgendetwas Nützliches über die Kammer des Schreckens. Ein Hinweis darauf wo man sie finden könnte.“
Während Harry sich die Bücher vornahm blätterte Severus die seinigen Seite für Seite durch auf der Suche nach einem Tier, das Leute in Stein verwandelte. Harry wusste nicht, ob ihr Monster tatsächlich ein Wesen von dieser Welt sein konnte.
Sie verbrachten den ganzen Vormittag damit zu lesen. Severus war ganz offensichtlich ein geduldigerer Leser als Harry, der es mühselig fand die dicken Wälzer nach Hinweisen abzusuchen.
Im Laufe des Tages tauchte allerdings Draco in der Bibliothek auf. Er entdeckte Harry und Severus an dem Tisch und kam auf sie zu gestiefelt.
„He, was macht ihr denn hier? Harry, ich hab dich den ganzen Tag gesucht!“, sagte Draco.
„Harry ging es nicht gut. Ich habe ihn vom Unterricht frei gestellt.“, antwortete Severus.
„Um dann in der Bibliothek zu sitzen?“, fragte Draco.
„Wir recherchieren etwas.“, sagte Severus.
Draco las mit schief gestellten Kopf die Buchtitel.
„Oh, ihr seid doch nicht auf der Suche nach etwas über die Kammer des Schreckens?“
„Gut geraten.“, entgegnete Severus. „Hier, nimm dir ein Buch und hilf uns!“
„Nah, ich bin nicht so für's lesen. Außerdem haben wir einen riesigen Haufen Hausaufgaben von Professor Flitwick bekommen!“
„Faule Ausrede!“, erwiderte Severus. „Das Gehirn ist keine Seife, Draco. Es wird nicht weniger, wenn man es benutzt. Und vom Lesen wird man nicht dümmer.“
Widerwillig ließ sich Draco neben Harry nieder. Er griff sich das Dünnste; eine Ausgabe von Newt Scamanders Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind. Severus indes ging kurz fort und kam dann mit zwei neuen, großen Folianten zurück, die sich offenbar nur um das Thema Reptilien drehten.
„Irgendwas gefunden?“, wollte Harry wissen.
„Ich will mir nur über etwas Klarheit verschaffen.“, antwortete Severus.
Harry konnte derweil keinen echten Hinweis darauf finden, wo sich die Kammer des Schreckens befinden könnte. Die Schule war wohl schon öfters danach durchsucht worden, doch niemanden war es gelungen ihren genauen Standort festzulegen.
„Ha! Hab ich mir doch gedacht!“, sagte Severus irgendwann.
„Was?“, fragten Harry und Draco.
„Slytherins Monster ist passender Weise eine Schlange. Da hätten wir aber auch gleich drauf kommen können.“, sagte er und drehte das große Buch zu ihnen um.
Darin fand sich eine detaillierte Beschreibung der Biologie und Physiologie des Basilisken. Einer gewaltigen Monsterschlange, die ohne Probleme über tausend Jahre alt werden konnte. Und das Wichtigste; ihr Blick versteinerte Menschen.
„Oh Mann!“, machte Draco. „Aber, eine Schlange von der Größe muss doch mal irgendwann jemand gesehen haben!“
„Ja.“, pflichtete Harry ihm bei. „Aber wir finden immer nur versteinerte Menschen!“
„Aber nicht tagsüber.“, sagte Severus. „Wahrscheinlich kommt sie nur nachts aus dem Versteck.“
„Gut, aber warum lande ich dann immer in der Nähe der Opfer? Hat sie einen Hypnose-Blick, oder so?“, fragte Harry.
„Das ist eine andere Frage.“, antwortete Severus. „Vielleicht gibt es eine Verbindung zwischen dir, der Kammer und dem Basilisken. Vielleicht auch eine, die keinem von uns bisher klar ist. Erinnerst du dich an irgendetwas, was uns weiterhelfen könnte?“
Harry überlegte. Etwas, dass ihn mit einer Riesenschlange verband? Er war ein Slytherin. Das Haus Slytherin hatte eine Schlange als Wappentier. Vielleicht irgendetwas mit Schlangen? Ein bestimmtes Erlebnis, dass ihn mit den Reptilien verband? Da fiel ihm plötzlich eine uralte Erinnerung ein. Etwas, dass er völlig verdrängt hatte.
„Nun, ich weiß nicht, aber vor meinem ersten Schuljahr, da habe ich aus Versehen eine Schlange auf meinen Cousin losgelassen.“, sagte Harry.
„Wie losgelassen?“, wollte Severus wissen.
„Wir waren im Zoo. Und ich habe mit einer Python gesprochen. Also nicht so richtig, vielleicht war es auch nur in meinem Kopf. Auf jeden Fall hat Dudley mich weg geschubst und ich habe irgendwie die Scheibe verschwinden lassen. Da ist er ins Gehege gefallen. Die Schlange ist raus und hat sich bei mir bedankt. Onkel Vernon hat mich danach eine Woche lang in den Schrank gesperrt.“, erzählte Harry.
Severus und Draco sahen sich an.
„Was ist?“, fragte Harry, der ihre verblüfften Gesichter sah.
„Weißt du, was ein Parselmund ist?“, entgegnete Severus.
Harry schüttelte den Kopf.
„Ein Magier mit der Fähigkeit mit Schlangen zu sprechen.“, erklärte Severus.
„Ähm, und können das viele Leute?“, wollte Harry wissen.
„Nein.“, antwortete Severus. „Vielleicht einer von einer Million. Und der letzte Parselmund, der es in gewisser Weise zu etwas gebracht hatte, war Du-Weißt-schon-wer.“
Harry ging plötzlich ein Licht auf. Seine Verbindung zu alldem hier ging über Voldemort! Über die Schlangen! Deshalb tat auch seine Narbe so weh! Warum hatte er nicht früher daran gedacht!?
„Oh nein.“, machte er unbewusst. „Deshalb dieses dumme Gerede vom Erben Slytherins! Warum habt ihr mir das nicht schon früher gesagt?!“
„Dazu hätten wir es sicher wissen müssen.“, entgegnete Severus. „Jetzt jedoch ergibt alles langsam einen Sinn.“
„Heißt das dann nicht auch, dass wer auch immer die Kammer geöffnet hat, auch das über mich weiß? Und das, obwohl ich es nicht einmal selbst tue?!“, fragte Harry und spürte wie ihn einmal mehr die Panik übermannte.
„Aber wer könnte das denn wissen?“, sagte Draco. Sie sahen beide Severus an.
„Gute Frage, nächste Frage.“, entgegnete der nachdenklich. „Ich will, dass ihr beide aufeinander acht gebt. Bei dem kleinsten Anzeichen, dass es dir nicht gut geht, kommst du zu mir, Harry! Ich muss anderweitig herausfinden, was hier nicht stimmt.“
Harry und Draco nickten.