Sirius Black tigerte nervös vor dem Kamin in der Küche des Grimmauldplatzes Nummer Zwölf auf und ab. Heute war der Tag seiner Anhörung im Gericht des Ministeriums. Dumbledore hatte sich bereit erklärt ihn anwaltlich zu vertreten. Der hatte ihn in den letzten Tagen immer wieder beschworen einfach bei der Wahrheit zu bleiben und einen guten Eindruck vor den Geschworenen zu machen. Dennoch, fühlte Sirius wie ihn Flashbacks aus seiner Zeit in Askaban heimsuchten. Und natürlich erinnerte er sich an seinen eigenen Prozess vor zwölf Jahren. Damals war es nicht gut für ihn gelaufen, egal wie oft er seine Unschuld beteuerte. Heute hätte er zwar Dumbledore an seiner Seite, doch es machte ihm Sorgen wie sie mit ihm oder Pettigrew umgehen würden. Klar, um den Wurmschwanz machte er sich keine Gedanken. Sollten sie ihn nach Askaban verfrachten würde Sirius nur ein riesiger Stein vom Herzen fallen.
Die Flammen im Kamin wirbelten in einem hellen Grün herum und Dumbledore trat aus dem Feuer.
„Bereit?“, fragte er Sirius und musterte ihn kritisch.
Natürlich war er nicht mehr in seine alten Gefängnislumpen gehüllt, sondern hatte sich ein paar Sachen von Remus geborgt. Hose, Hemd und ein altes, aber immerhin ungeflicktes Jackett. Die Haare gewaschen und gekämmt. Rein äußerlich sah er also deutlich besser aus als noch vor einer Woche.
„Bereit.“, sagte Sirius und versuchte sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen, doch Dumbledore sah es ihm natürlich an.
„Bleiben Sie einfach bei dem, was wir besprochen haben.“, sagte der alte Magier und klopfte ihm auf die Schulter. Sirius nickte eifrig. Anschließend reichte Dumbledore ihm die Hand. Sirius ergriff sie und wurde in einem Strom aus grünem Feuer hinfort gezogen. Er hatte ja völlig vergessen wie sich das anfühlte. Mit zittrigen Knien landeten sie in der Vorhalle des Ministeriums. Einige Leute drehten sich verwundert um als sie inmitten der beschäftigten Menge apparierten. Schweigend folgte Sirius Dumbledore in Richtung der Gerichtsräume. Er spürte wie er immer nervöser wurde je näher sie ihnen kamen. Es weckte alte Erinnerungen. Und der Ort hatte sich in den letzten zwölf Jahren kaum verändert. Noch immer die gleichen kalten, mit schwarzen Marmor verkleideten Räume. Vor dem Gerichtssaal drängten sich Schaulustige und die Presse. Das öffentliche Interesse war groß, vielleicht sogar größer als bei seinem ersten Prozess vor zwölf Jahren. Vor und im Gericht waren Auroren als Wachen aufgestellt. Als fürchtete man es käme zu einem Tumult bei der Urteilsverkündung. Drinnen waren die Geschworenenbänke gefüllt mit allem was im Ministerium Rang und Namen hatte. Am Pult des Vorstehers stand, wie zu erwarten, Barthemius Crouch in einer schwarzen Robe. Sirius versuchte ruhig zu bleiben, doch alles erinnerte ihn an früher. Er fühlte sich unwohl und angespannt. Sirius atmete tief durch und ließ sich auf dem Stuhl neben Dumbledore nieder.
„Alles wird gut. Behalten Sie nur die Nerven.“, sagte der zu ihm.
„Ruhe! RUHE!“, rief Crouch die aufgeregte Menge im Gericht zur Ordnung. „Wir wollen Beginnen!“
Die Presse, die Geschworenen, ja sogar die Schaulustigen verstummten jäh.
„Heute wird vor dem hohen Gericht und dem Zaubermagot des Zaubereiministeriums der Fall Sirius Black neu verhandelt. Wie die hier Anwesenden wissen dürften haben sich gewisse Ereignisse entwickelt, die zu einer Neubewertung des Falles führen könnten.“ Crouch räusperte sich. „Also dann, Sirius Black, erheben Sie sich!“
Sirius erhob sich.
„Ihnen wird Geheimnisverrat und der Mord an Peter Pettigrew vorgeworfen im Jahre 1981 vorgeworfen. Außerdem sind Sie aus dem Gefängnis von Askaban ausgebrochen, wo Sie ihre lebenslange Strafe absaßen. Ist das korrekt?“, fragte Crouch.
„Nur Teilweise. Ich gestehe ausgebrochen zu sein, doch was Peter Pettigrew betrifft konnten wir Beweise vorlegen. Nicht zuletzt Pettigrew selbst in Gewahrsam nehmen.“
„Sie bleiben also bei Ihrer unglaublichen Geschichte, dass Sie Peter Pettigrew in eine Ratte verwandelt auf einem Foto wiedererkannten, daraufhin ausbrachen und nach Hogwarts gingen, um ihn zu fassen?“, fragte Crouch.
„Ja.“, antwortete Sirius.
„Und wie genau konnten Sie entkommen?“, wollte Crouch wissen.
„Zufall? Glück? Nennen Sie es wie sie wollen.“, entgegnete Sirius. Er würde sicher nicht vor dem gesamten Ministerium zugeben, dass er ein unregistrierter Animagus war.
„Ach ja?“, knurrte Crouch. „Trotzdem müssen Sie sich die Frage gefallen lassen wie Sie aus dem am besten gesicherten Gefängnis der Zaubererschaften einfach so fliehen konnten!?“
„Ich habe dieser Frage nichts hinzuzufügen.“, antwortete Sirius.
Crouch wollte bereits wieder ansetzen, doch Dumbledore unterbrach ihn.
„Die Flucht meines Mandaten aus Askaban ist nicht Teil dieser Verhandlung. Er hat sie gestanden. Mehr muss Mister Black vor dem Gericht nicht sagen.“
„Also schön.“, sagte Crouch. „Dann springen wir gleich zu den weiteren Anklagepunkten: Mord und Geheimnisverrat.“
„Wie schon vor zwölf Jahren plädiere ich auf unschuldig!“, erwiderte Sirius. „Wir haben Ihnen die Beweise erbracht, oder? Holen Sie Pettigrew herein, so dass es alle sehen können!“
Crouch war sichtlich sauer, dass er Sirius nicht noch mehr ankreiden konnte, dennoch erbarmte er sich und ließ Pettigrew in den Saal holen. Dieser trug die üblichen Gefängnislumpen und seine Hände waren von zwei großen Eisenschellen gefesselt. Er sah deutlich abgemagert aus. Außerdem hatte ihm irgendjemand den Kopf geschoren. Die Standartprozedur in Askaban. Als die Auroren ihn hereinbrachten konnte er hören wie der gesamte Saal den Atem anhielt.
„Peter Pettigrew lebt. Das heißt, ich bin unschuldig. So einfach ist das.“, sagte Sirius.
„Ist es nicht!“, entgegnete Crouch. „Es bleibt nach wie vor die Frage wer der Träger des Fideliuszaubers war. Laut den Aussagen von Albus Dumbledore waren Sie das!“
„Das stimmt. Allerdings habe ich kurz vor dem Mord an den Potters meine Stelle getauscht. Wir wussten damals, dass wir einen Verräter unter uns hatten, deshalb tauschte ich meine Position als Geheimniswahrer mit Mister Pettigrew. Mein einziger Fehler war, dass ich mich geirrt habe. Sowohl was den möglichen Verräter betrifft als auch in der Loyalität einer meiner Freunde. Aber das kann er Ihnen, denke ich, selbst erzählen.“
Sirius setzte sich wieder.
„Mister Pettigrew, was sagen Sie zu den Anschuldigungen, die gegen Sie vorgebracht wurden?“, fragte Crouch, doch Pettigrew schwieg. „Natürlich haben Sie das Recht zu schweigen, allerdings wäre das Gericht Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Ihre Version der Geschichte erzählen würden.“
Sirius konnte sehen wie Peter mit sich rang. Er warf Sirius einen flehenden Blick zu, den er jedoch nur kalt erwiderte.
„Mister Pettigrew?“, fragte Crouch erneut.
Mit einem Mal sank Peter auf die Knie und begann bitterlich weinen.
„Ja, ich war es!“, schniefte er. „Ich habe die Potters verraten! Und ja, ich war Teil des Zirkels des Dunklen Lords! Ich wurde damit beauftragt den Orden auszuspionieren. Ich bin geflohen, weil ich wusste, dass Sirius hinter mir her sein würde. Und ja, ich habe all diese Menschen in der Gasse umgebracht, um es Sirius anzuhängen. Ich hatte Angst, verstehen Sie? Angst, vor dem Dunklen Lord! Wie hätte ich wissen sollen wo das alles endet?“
„Lügner!“, rief Sirius ihm entgegen. „Du hast genau gewusst, was du getan hast! Und es war dir gleich wer dafür alles stirbt oder für immer im Gefängnis verschwindet!“
„Bitte, Euer Ehren“, wandte sich Peter nun direkt an Crouch. „Ich tue alles, um mich von dieser Sünde rein zu waschen! Wirklich alles! Aber bitte, tut mir das nicht an! Nicht das!“
Jeder im Saal wusste, was er meinte, ohne es auszusprechen. Für Peters Vergehen gab es nur eine vom Ministerium vorgesehene Strafe: den Kuss. Sirius war damals nur verschont worden, weil Dumbledore sich beim Ministerium für ihn stark machte. Ebenso wie einige der Todesser ihre Hinrichtung in lebenslänglich umwandelten indem sie Geheimnisse verrieten oder zumindest gute Anwälte hatten. Peter hatte nichts von dem. Stattdessen wimmerte er vor dem gesamten Zaubermagot um Gnade.
Crouch sah auf ihn herab und verzog angewidert das Gesicht.
„Ein so umfassendes Geständnis hätte ich gar nicht erwartet.“, sagte er schließlich. „Peter Pettigrew, ich verurteile Sie zum Kuss des Dementors, da Ihre ungeheuerlichen Taten, einzig nur diesen einen Schluss zulassen: Ihr seid ein Todesser gewesen, der im Auftrag des Dunklen Lords Geheimnisse preisgab, die zum Mord an den Potters und weiteren Unschuldigen führten. Und ich will Euer feiges Gewinsel nicht länger hören! Abführen!“
„Nein! Neein! Bitte nicht!“, schrie Peter als die Auroren ihn an den Armen packten und aus dem Saal schleppten.
„Und nun zu Ihnen, Mister Black!“, sagte Crouch und machte eine lange Pause. „So ungern wie ich es auch sage, aber ich fürchte Ihr seid in allen Anklagepunkten frei gesprochen und verlasst dieses Gericht als freier Mann.“
Unvermittelt brach ein regelrechter Tumult im Saal aus. Freudige Schreie. Klatschen. Einige feuerten Sirius an wie bei einem Quidditschspiel. Er selbst konnte es kaum fassen. All die Jahre, die er sinnlos in Askaban gesessen hatte. Crouch hatte ihn damals verurteilt und nun war es ausgerechnet Crouch, der ihn frei sprach. Sirius schlug die Hände vors Gesicht. Er wollte nicht, dass die gesamte, breite Öffentlichkeit sah wie er vor Erleichterung weinte, aber natürlich taten sie es trotzdem. Er spürte wie Dumbledore ihm ermunternd und die Schulter klopfte. Der jahrelange Schmerz. Die Folter. Endlich vorbei. Er war frei! Frei!
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Nach der Urteilsverkündung kehrte Sirius zusammen mit Dumbledore nach Hogwarts zurück. Er wollte Harry die Botschaft selbst überbringen. Im Büro des Schulleiters wartete der Junge bereits. Allerdings in Begleitung von Snape. Anders als erwartet griff der ihn allerdings nicht mit irgendeiner Gehässigkeit an, sondern stand nur an den Kamin gelehnt da und beobachtete die ganze Situation.
„Sirius!“, rief Harry freudig aus.
„Ich bin frei!“, sagte Sirius und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Was nicht anders zu erwarten war.“, fügte Dumbledore hinzu. „Ich glaube, das ist ein guter Grund für einen Portwein.“
Er schwang seinen Zauberstab und auf seinem Schreibtisch erschienen drei gefüllte Weingläser. Sirius und Dumbleodre nahmen sich je eins. Der alte Magier blickte auffordernd in Richtung Snape.
„Nein, danke. Ich glaube, ich werde Antialkoholiker.“, sagte der jedoch nur und blickte verbissen in die Flammen des Kamins.
„Also schön, Sie ewiges Stimmungsmuffel, dann eben ohne Sie.“, entgegnete Dumbledore und hob mit Sirius sein Glas. „Trinken wir auf die Freiheit und dass Sie uns noch lange erhalten bleibe.“
„Auf die Freiheit!“, rief Sirius aus und trank von seinem Wein. Er konnte nicht sagen, wann er das letzte Mal einen guten Wein hatte.
„Professor Dumbledore, ich möchte Sie etwas fragen.“, begann Harry. „Ich hoffe, das es okay ist, aber muss ich jetzt noch weiter bei meinen Verwandten bleiben? Jetzt da Sirius zurück ist?“
„Ich wurde ja gewarnt, dass du das fragen könntest.“, antwortete Dumbledore. „Von mir aus gibt es da keine Einwände, aber vielleicht solltest du das zuerst mit Sirius besprechen.“
„Na schön. Sirius, macht es dir etwas aus, wenn ich bei dir wohnen würde?“, fragte Harry diesen nun. Sirius lachte zunächst hohl, setzte dann aber ein Grinsen auf.
„Ganz und gar nicht! Es würde mich sogar freuen.“, antwortete er.
„Großartig!“, sagte Harry und musste nun auch grinsen.
„Ja, total großartig.“, murmelte Severus gut hörbar.
„Was hast du jetzt schon wieder für ein Problem?“, wandte Sirius sich an seinen einstigen Klassenkameraden.
„Ich? Gar keins. Nein, was sollte ich auch für ein Problem haben?“
Harry atmete tief und nahm Sirius' Hand. Er führte ihn hinüber zum Kamin und nahm mit der anderen Hand die von Severus.
„Jetzt hört auf euch zu streiten! Vielleicht können wir uns ja zu einem Tee treffen und dort miteinander reden. So tun als wärt ihr Erwachsene, die ihre Differenzen beiseite legen. Ehrlich!“, sagte Harry.
Sirius und Severus sahen ihn an als sei er komplett verrückt geworden.
„Das ist eine ausgezeichnete Idee.“, pflichtete Dumbledore Harry bei.
Sirius und Severus warfen dem Schulleiter nun einen vernichtenden Blick zu.
„Jetzt hört auf, euch so kindisch zu benehmen! Ich muss es ja wissen, ich bin erst Dreizehn.“, sagte Harry und ließ die Hände der beiden Männer los.
Sirius taxierte Severus und dieser erwiderte dessen Blick. Statt jedoch wieder in ein Wortgefecht zu starten schwiegen und ignorierten sie einander. Harry zuliebe.