„Monsieur Albert, ihr seid ja schon zurück“, begann Francine aufgeregt zu stottern, als sie den Hausherrn bemerkte, der hinter sie getreten war. Krampfhaft versuchte sie sich vom Boden aufzurappeln. Jean hatte sie einfach umgestoßen, als sie ihm in Notwehr fast sein bestes Stück abgebissen hatte. Nun stand er da wie ein begossener Pudel und versuchte, seine malträtierte Männlichkeit zu bedecken.
„Verschwinde endlich, du Arsch“, schrie Monsieur Albert seinen Diener erneut an. Erst jetzt erwachte Jean aus seiner Erstarrung und floh so schnell er konnte aus dem Raum. „Wir sprechen uns noch. Dann gnade dir Gott“, rief Albert ihm nochmals hinterher.
„Herr, ich wollte das wirklich nicht. Euer Diener hat mich überwältigt und dazu gezwungen“, versuchte Francine sich zu rechtfertigen. Dass Jean sie in dieser Situation nun auch noch allein lassen musste, passte ihr gar nicht. Nun war sie alleine vor ihrem Herrn und musste ausbaden, was wirklich nicht ihre Schuld war.
„Ich weiß, meine Liebe“, erwiderte Monsieur Albert mit sanfter Stimme. „Ich habe einiges mitbekommen, was mein Diener mit dir getan hat. Du musst also nichts befürchten.“ Er griff nach ihrem Arm, um ihr aufzuhelfen.
„Danke sehr, Herr“, sagte Francine daraufhin und senkte den Kopf. Sie schämte sich und würde am liebsten in ein Mauseloch kriechen oder besser noch, auf Nimmerwiedersehen im Boden versinken. Doch weder ein Mauseloch war vorhanden, noch tat sich der Boden unter ihr auf, um sie zu verschlingen. „Euer Diener ist wirklich ein sehr fieses Schwein“, musste sie trotz allem noch loswerden.
„Diesen leisen Verdacht hatte ich schon lange Zeit. Doch bisher hatte ich noch keine Handhabe gegen ihn. Mach dir jedoch keine Sorgen, dir wird nichts geschehen. Du trägst keine Schuld an dem, was ich hier mit eigenen Augen sehen musste“, beteuerte Albert nochmals und strich seiner Sklavin wie zum Trost über die Wange. „Aber nun erzähle mal, was während meiner Abwesenheit genau passiert ist.“ Aufmunternd sah er Francine ins Gesicht und forderte sie zu Sprechen auf.
Die Frau nahm all ihren Mut zusammen und erzählte haargenau den Hergang von Jeans Tat.
„Wusste ich es doch“, sagte Albert nachdem Francine geendet hatte. „Ich hatte ihn schon längst im Verdacht, dir Böses tun zu wollen, wenn ich nicht in der Nähe bin. Dem muss ich unbedingt ein Ende setzen, bevor es erst richtig beginnt. Es war wohl ein Fehler, ihn letztens mit tätig werden zu lassen, als ich dem Marquise erlaubte, dich zu benutzen. Normalerweise verleihe ich meine Sklavinnen nicht. Alexandre bat mich aber so inbrünstig drum, mal eine Ausnahme zu machen. Nun nahm Jean wohl an, er könne nun weiterhin mit dir umspringen und dich nach seinem Ermessen benutzen.“
„Was wollt ihr nun mit Eurem Diener tun?“, wagte sich Francine zu fragen, obwohl sie keine Erlaubnis zum Sprechen erhalten hatte.
Obwohl es Albert nicht mochte, dass seine Sklavin ohne Erlaubnis sprach, sah er über diesen Regelverstoß hinweg. „Ich weiß es noch nicht“, erwiderte er, „aber Jean wird sich auf ewig daran erinnern, dass er sich nicht an meinem Eigentum zu vergreifen hat.“ Dabei lächelte er ganz verschmitzt und grinste Francine an, die ihn immer noch fragend ansah. „Komm“, sagte Albert dann, „geh nun in dein Zimmer, ziehe dir etwas an und ruhe dich ein wenig aus. Ich komme später zu dir.“
„Danke Herr“, hauchte Francine und verließ den Raum, um Alberts Befehl nachzugehen.
Mit wehenden Haaren lief Monsieur Albert den Gang zum Zimmer seines Dieners. Als beinahe einziger Angestellter hatte er das Privileg, auf der Etage des Herrn seine Unterkunft zu haben. Immerhin musste er innerhalb kürzester Zeit vor Ort sein, wenn sein Herr nach ihm rief, zuweilen auch nachts. Albert konnte es sich in seinem großen Haus leisten, jedem seiner Untergebenen einen eigenen Raum zur Verfügung zu stellen. Jean und natürlich Francine wohnten auf seiner Etage, während die anderen Angestellten in den Räumen im Tiefparterre wohnten.
„Jean!“, schrie er aufgebracht durch den Korridor, an dessen Ende sich das Zimmer seines Dieners befand. „Jean, du arschgesichtiger Hundsfott. Komm raus aus deinem Kabuff! Sofort! Zeig, dass du einen Schwanz in der Hose hast und nicht nur einen nutzlosen Strick, der sogar zum Pinkeln zu kurz ist!“
Alberts Geschrei wurde bis in die nächste Etage gehört, wo die Köchin und ihre Gehilfin in der Küche des Hauses dabei waren, die nächste Mahlzeit vorzubereiten.
„Was ist denn da los?“, fragte die Gehilfin neugierig, als sie die erbosten Schreie ihres Herrn hörte.
„Ach, der Monsieur hat nur mal wieder Wut auf seinen Diener“, erwiderte die Köchin grinsend. „Er hat wohl abermals über die Stränge geschlagen und muss nun mit harter Strafe rechnen.“ Kopfschüttelnd arbeitete sie weiter, ohne sich an dem Getöse eine Etage höher zu stören. „Jean nimmt sich oft mehr heraus, als ihm zusteht. Ich habe mitbekommen, dass er sich an Monsieurs Sklavin vergriffen haben soll“, flüsterte sie der Gehilfin noch zu.
Wieder ertönte das wutentbrannte Geschrei ihres Herrn. Daraufhin wurde die Küchentür geöffnet und das neu eingestellte Mädchen, das für die Zimmer verantwortlich war, schlüpfte bleich wie eine weißgestrichene Wand herein. „Der Herr hat aber arge Wut“, lispelte sie, dabei wie Espenlaub zitternd.
„Ach, das sind wir schon gewohnt“, sagte die Köchin daraufhin und grinste. „Das wird heute wohl noch eine Vorstellung geben, so aufgebracht wie Monsieur ist.“ Ihr Gesicht zeigte ein noch breiteres Grinsen, als ihr bewusst wurde, dass diesmal wohl der von allen gehasste Diener eine Abreibung bekommen würde.
„Du Arschgesicht! Komm raus und zeig dich!“, schrie Monsieur Albert erneut, als sich nach seinen vorherigen Rufen nichts tat und Jean wie vom Erdboden verschluckt blieb. Nun war er an der Zimmertür seines Dieners angekommen und wollte diese aufreißen. Doch nichts tat sich, die Tür war versperrt. „Komm raus! Feige bist du auch noch!“, schrie Albert erneut und hämmerte mit seinen Fäusten gegen das Holz. „Bei Francine hast du auch den großen Macker raushängen lassen.“ Wieder flogen seine Fäuste gegen das Türblatt, dass es nur so schallte und schepperte.
Neugierig geworden steckte nun Francine, die am anderen Ende des Flurs ihr Zimmer hatte, den Kopf aus ihrem Zimmer. „Geh rein!“, fuhr Albert sie an. Flugs verschwand die Frau wieder und schlug die Tür hinter sich zu.
Albert gab nicht auf. „Wer ist hier der Herr im Haus? Ich! Hörst du! Du hast zu gehorchen!“, schrie er erneut und riss an der Klinke. Er schüttelte und rüttelte, doch es hatte keinen Zweck, die Tür blieb verschlossen. „Na warte“, dachte er sich dann und entfernte sich leise. „Dich krieg ich schon.“ Albert stellte sich so in eine Nische, dass Jean ihn nicht gleich entdecken konnte, wenn er sein Zimmer verließ. Irgendwann musste er ja mal rauskommen. Er wusste, sein Diener war ein Feigling und würde ihm so lange wie möglich aus dem Wege gehen.
Monsieur Albert musste nicht lange warten. Wie er es bereits vorausgesehen hatte, verließ Jean auf leisen Sohlen seinen Raum. Sich ständig umschauend lief er den langen Gang entlang zur Treppe. Unter seinem Arm trug er ein Bündel, das in eine Decke eingewickelt war. So wie er sich bewegte, schien ihn das schlechte Gewissen zu plagen. Was hatte er nur vor?
Der Diener wollte eben die Treppe hinunter schleichen, als sein Herr aus seinem Versteck sprang und ihn am Kragen packte. „Wen haben wir denn hier?“, zischte er ihm ins Ohr.
Bleich geworden, wagte es der zu Tode erschrockene Jean nicht, etwas zu antworten. Er kannte seinen Herrn gut genug, um zu wissen, dass es jetzt keinen Sinn hatte, ihn zu beschwichtigen. Erst musste seine Wut auf ihn verraucht sein, dann fraß er ihm wieder aus der Hand. So war es bisher immer gewesen, wenn er wieder einmal über die Stränge geschlagen und in Abwesenheit seines Herrn die Untergebenen gestriezt hatte.
„Wohin wollten wir denn?“, fragte Monsieur Albert, dabei süffisant lächelnd.
„Herr, ähm, ja…“, begann Jean zu stottern. Er schlotterte am ganzen Körper, dass seine Zähne aufeinander schlugen und er keinen richtigen Satz herausbrachte.
„Du Hundsfott elendiger!“, entgegnete Albert, immer noch wütend und empört. Sein Gesicht hatte sich inzwischen gerötet, dass es leuchtete wie eine Laterne. „Ein erbärmlicher Feigling bist du. Ziehst den Schwanz ein, wenn es ans Eingemachte geht. Aber sich an wehrlosen Frauen vergreifen. Solche wie dich liebe ich! Am liebsten würde ich dir höchstpersönlich den Hals umdrehen.“ Alberts Stimme klang gefährlich. Er schüttelte den Diener abermals am Kragen.
„Herr, ich wollte… ich konnte… Francine hat…“, versuchte Jean immer wieder, seinen Herrn zu unterbrechen, um sich zu rechtfertigen.
„Kein Wort mehr! Sei still, ehe ich dir doch noch deine Fresse einschlage!“, knurrte Albert ihm entgegen. Er zerrte ihn am Kragen die Treppe hinunter, an der Küche vorbei und dann weiter in den Keller. Dort riss er eine Tür auf und stieß Jean in den dunklen, fensterlosen Raum dahinter. „Hier bleibst du, bis ich dich herausholen lasse!“, kündigte er an. „Vielleicht werde ich dich gleich der Obrigkeit melden. Deren Schergen treiben garantiert noch schönere Späßchen mit dir, ehe sie dich an den Galgen bringen“, drohte er noch, ehe er die Tür hinter sich zuwarf und den Riegel vorlegte.