Der Flug nach Deutschland war die Hölle. Jedes Mal schiss ich mir vor Angst in die Hose, obwohl ich es langsam gewohnt sein sollte. Mr. Kastner und seine dämlichen Meetings außerhalb. Ich könnte manchmal wirklich schreien.
Als ich auf die Koffer wartete, - ich fühlte mich wie der persönliche Diener der ehrenwerten Herrschaften ›Kastner‹, dankte ich Gott, dass ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Ich hatte es niemanden erzählt, aber ich hatte tierische Flugangst.
Als ich endlich sämtliche Koffer zusammengesammelt hatte, welche natürlich nicht nur meine beinhalteten, sondern die von den ehrenwerten Herrschaften auch noch, hievte ich sie in den Mietwagen und stieg ein.
Die Hitze hier in Deutschland schlug schon nach der Landung förmlich zu, aber in diesem schwarzen mit getönten Scheiben behafteten Auto, war dies kaum auszuhalten. Anscheinend war die Klimaanlage kaputt. Ich stellte den Wagen vor dem Terminal ab, stieg aus und suchte mir ein schattiges Plätzchen. Vergebens. Jeder Schatten spendende Fleck war von Menschen bereits belagert worden und so blieb mir nichts anderes übrig, als mich wieder ins Auto zu setzen und zu warten.
Meine Güte! Machten die auf der Toilette noch ne’ schnelle Nummer oder was? Solange wie die brauchten ... Dennoch freute ich mich noch immer für die beiden. Kyel Kastner hatte sich, seitdem er Sascha kannte, um mehr als 180 °C gedreht. Seine Sexausschweifungen waren mit einem Schlag vorbei. Viele Male hatte ich den Kopf geschüttelt und mich gefragt, wie man so leben konnte. Aber es war auch schon ein paar Jahre her.
›Wie die Zeit rennt!‹
Während ich so in meinen Erinnerungen schwelgte, stiegen sie endlich ein. Ich hatte in der Zwischenzeit das Navi programmiert und fädelte mich vom Parkplatz in den Verkehr ein.
Die Fahrt zum ›Schwanenteich‹ würde eine gute halbe Stunde dauern und ich hoffte, dass die Klimaanlage doch noch anspringen würde. Sonst wären wir alle Pfützen, bevor wir auch nur einen Fuß ins Hotel setzen würden.
Gott machte mir die Hitze zu schaffen. Noch mehr als die Hochzeit, die ziemlich flüssig war und der Jetlag.
»Das Erste, was ich machen werde, wenn ich mein Zimmer zugewiesen bekomme, ich schlafe eine Runde«, dachte ich, doch ich wusste, dass Kyel mir diese Ruhe nicht gönnen würde. Ihm fiel immer was ein, mit dem er mich beschäftigen konnte. Und doch, die Hoffnung kam zurück, als ich Sascha gähnen sah. Ich glaubte kaum, dass er den Pegel von 0,00 Promille schon wieder erreicht hatte. Ein leichtes Schmunzeln huschte über meine Mundwinkel. »Wie gerne wäre ich ein Mäuschen gewesen und hätte die Hochzeitsnacht beobachtet. So wie Sascha ausgesehen hatte, glaube ich kaum, dass da viel gelaufen ist.«
Nach zehn Minuten war Sascha eingeschlafen und selbst Kyel kämpfte gegen die Müdigkeit. Er verlor.
»Tja meine Lieben ich muss euch gleich wieder wecken, denn das Navi zeigte nur noch drei Kilometer an«, murmelte ich und kämpfte ebenfalls gegen die Müdigkeit.
***
Mein Handy vibrierte und ich öffnete es. Ich las die SMS und mein Herz pochte. Nicht nur das, mein Schwanz regte sich auch. Endlich hatte ich Nachricht von ihm bekommen. Von Ihm. Viele Männer in der gehobenen Gesellschaft sprachen über ihn. Jeder kannte ihn, doch keiner wusste auch nur das kleinste Detail mehr. Und wenn, dann wurde es totgeschwiegen. Ein bekannter Unbekannter. Eine Prominenz in der Szene und jeder lobte ihn in den höchsten Tönen.
»Okay um 23 Uhr im Hotel Anita«, las ich.
Ich stieß die Luft aus und blickte auf die Uhr. Gott die Vorfreude pochte und ich versuchte, ihn mir vorzustellen. Gut frisierte Haare. Markantes Gesicht. Augen, die vor Lust glühen. Ausgeprägtes Kinn. Muskulöser Oberkörper, in etwa so wie bei Kyel. Oh, ja. Kyels Brust. Immer wenn ich sie sah, wurde es mir anders, aber er hatte nie Augen für mich gehabt. Nun ja warum auch? Ich hatte meine Neigung auch vor Kyel lange geheim gehalten. Außerdem war er überhaupt nicht mein Typ. Er war mir zu dominant. Was Kyel zu dominant war, waren meine letzten Lover zu soft. Ich brauchte jemand, der wusste, wie es ging. Der versatil war und schon, während des Aktes, mir geben konnte, was ich brauchte. Der auch mich vollständig ausfüllen konnte.
Meine Gedanken schweiften weiter ab, bis mich das Navi rausriss. »Die nächste Kreuzung rechts abbiegen. - in 100 Meter haben Sie das Ziel erreicht!«
Die Straße führte durch ein Stückchen Wald und links sah ich, so etwas wie einen Teich. Auf einer Wiese erblickte ich Enten, Schwäne und anderes Vogeltier und ich konnte mir vorstellen, warum das Hotel ›Zum Schwanenteich‹ hieß. Eine Idylle der Natur.
Vor dem Eingang hielt ich das Auto an und drehte mich nach hinten. Auch wenn die beiden wirklich süß aussahen, musste ich sie wecken.
Sascha nörgelte, doch Kyel, der schon bei der kleinsten Regung von mir wach wurde, weckte ihn liebevoll. Küsste seine Nasenspitze und streifte mit seiner Zunge über seine Lippen. Lange dauerte es nicht, bis Sascha darauf reagierte und seinen Mund für ihn öffnete.
Scheiße! Meine Jeans war definitiv zu eng und ich stieg aus. Ich wartete nicht, bis die Herrschaften sich bequemten auszusteigen und ging ins Hotel. Nahm den direkten Weg zur Anmeldung und, ... dunkle Augen, nein schwarz. Sie musterten mich. Durchdringend. Ich sah, wie sie mich abschätzten. Unauffällig.
»Good day, my name is Tom Selter, ...!«, meldete ich uns an. Er nickte und seine schon so schwarzen Augen, wurden noch dunkler. Ich versank in ihnen, selbst die Sterne würden von dieser Dunkelheit eingezogen werden. »Gott was für ein Kerl!«, dachte ich.
***
»Kil!«, hörte ich hinter mir und starrte Sascha an. Er war erwacht, wie immer energiegeladen und ich erschrak. Die beiden kannten sich, denn sie umarmten sich herzlich und ich spürte einen Druck in meinem Herzen. Sascha zog ihn zu Kyel und stellte ihn vor. Übersetzte etwas, obwohl Kyel Deutsch inzwischen gut beherrschte. Aber Kyel ließ seinen Sascha gewähren und sie versanken in ihre eigene Unterhaltung.
Ich überreichte die Zimmerschlüssel an Kyel und ein Page wartete bereits, der mich zu meinem Reich führen wollte. Endlich. Ich brauchte eine Mütze Schlaf.
Er sperrte auf und ich sah nur noch das Bett. Er schien es verstanden zu haben, denn er ging, ohne sein Trinkgeld zu fordern. Ungewöhnlich. Aber dies verdrängte ich. Ich zog mich nur noch aus und fiel buchstäblich ins Bett. Lange dauerte es nicht und ich schlief ein.
›Dunkle Augen, die den Abgrund sehen. Die in dem Nichts verschwinden und alles in sich aufsaugen ...‹
Ein Klopfen weckte mich und ich erhob mich aus dem Bett.
»Tom es wird Zeit!« Kam Kyel ins Zimmer gestürzt und blickte sich kurz um. »Langsam frage ich mich wirklich, warum ich dir das Handy bezahle, wenn es ständig ausgeschaltet ist.« Ich blickte ihn nur an und schüttelte den Kopf.
»Um vielleicht etwas länger wie fünf Minuten schlafen zu können«, entgegnete ich ihm und er schmunzelte. Das war überhaupt kein Urlaub. Das war noch stressiger, als wenn ich für ihn seine Termine machen musste, seinen Kaffee ins Büro bringen oder sonst einen Unsinn. Nein definitiv kein Urlaub ... Ich schaute auf meine Armbanduhr und zählte die Stunden. Oh ja, ich musste mich abreagieren.
»Na los, Saschas Familie ist bereits da!« Trieb er mich an und verschwand aus meinem Zimmer. Wenigstens musste ich mit ihm nicht mehr das Zimmer teilen, wie es früher immer der Fall war. Meine Güte, ich hatte es immer gehasst. Als letzter ins Bett zu kommen und dann die ermahnenden Augen, wenn er der Meinung war, ich sei zu lang wach geblieben. Und dann noch als erster aufstehen, damit seine Unterlagen, Akten oder was er sonst so brauchte, für ihn bereits fertig waren. Privatsekretär oder Butler. Das konnte man nehmen, wie man wollte. Es war das Gleiche.
Na gut, ich ging unter die Dusche und machte mich für die deutsche Hochzeitsgesellschaft fertig. Was für ein Affentheater. Aber hatte ich ein Mitspracherecht? Nein! Mr. Kastner erfüllte Sascha jeden Wunsch selbst dann, wenn der noch so unmöglich war.
Ha! Flitterwochen. Von Wegen. Es war nur Stress. Wer durfte wieder nüchtern bleiben? Ich! Wer musste sich um die Termine kümmern? Ich! Wer musste die ganzen Telefonate, die in den nächsten Wochen kamen entgegennehmen? Ich! Wer musste die Herrschaften herumkutschieren? Ich! Wer musste dafür sorgen, dass alles passt? Ich! ... Ahhh! Ich brauchte einen Fick und wieder blickte ich auf die Uhr. Keine fünfzehn Minuten waren vergangen, seit ich das letzte Mal auf das blöde Ding geblickt hatte.
Seit ich das Okay vom Zeth dem Callboy bekommen hatte, saß ich auf heißen Kohlen. Zählte jede Stunde und malte mir aus, wie er aussehen könnte.
Vielleicht wie dieser Mann hier am Empfang, wie hatte Sascha ihn genannt? Kil? Diese dunklen braunen Augen, die schon ins Schwarze gingen. Aufmerksam. Seine Haltung, freundlich und offen für jedermann. Das musste er auch sein, wenn er in so einem Hotel arbeitete. Da konnte man keinen verklemmten oder mürrischen Angestellten gebrauchen.
Im Umgang mit Kunden sei es im Hotel, beim Friseur oder wie in Kyels Branche musste man einfach den Charakter dazu haben. Es war nicht jedermanns Sache und ich war selbst von mir überrascht, dass ich es in Kyels Firma so weit geschafft hatte, obwohl ich eher menschenfeindlich war. Okay, das war vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt, aber fünf Menschen auf einer Stelle, waren definitiv sechs zu viel.
Und nun begab ich mich in unbekannte Hände. Bezahlte sogar dafür. Ich könnte schon wieder die Wand raufgehen. Für eine Nummer, für einen anonymen Fick, für eine knappe halbe Stunde Spaß, schmiss ich ein halbes Vermögen raus. Ein Fick, ein schneller Quickie, den ich mir auch in irgendeiner Toilette umsonst hätte verschaffen können.
Lange hatte ich überlegt, ob ich den Preis, den er verlangt hatte, bezahlen sollte. Sprang am Ende doch über meinen Schatten und überwies ihm den Betrag. Ich fragte mich, warum ich diesen Weg ging? Dabei war es doch klar. Es hatte sich eingebürgert, dass ich sämtliche Tanzkneipen mit Darkrooms mied. Ich wollte meinem Chef nicht plötzlich gegenüberstehen. Es reichte schon, wenn er mich mitten in der Nacht anrief, dass ich ihn heimfahren sollte. So fing ich an, mich immer wieder in irgendwelchen Beziehungen zu stürzen. Die am Ende als totales Desaster endeten.
Nun war ich pleite und schnaufte resigniert ein. Hob eine Krawatte hoch und schmiss sie wieder aufs Bett. Es war nur eine kleine, private Nachhochzeitsfeier, da brauchte ich dieses einengende Ding nicht, und doch zog ich sie an. Ich fühlte mich sonst nackig.
Als ich endlich fertig war um im Rahmen des Möglichen, ›laut Kyel‹, dem Blick der Außenwelt entgegenzutreten, machte ich mich auf den Weg zum Gastraum.
Alle waren bereits anwesend. Das Ehepaar und einige von Saschas Familie, die ich heute das erste Mal sah. Eine ältere Dame, die den Mann von der Anmeldung mehr als liebevoll tätschelte der es, seinerseits, sehr sanft wiedergab. Er hatte definitiv ein Gespür dafür, sich in jede Situation hineinversetzen zu können.
Ich konnte meinen Blick fast nicht mehr von ihm wenden und musste mich dazu zwingen. Er hatte was. Aber was? Und als ich ihn wieder in der Menge suchte, war er verschwunden.
Die Party fing an und ich verzog mich in eine Ecke außerhalb des Geschehens und nahm das eingehende Gespräch entgegen. Verflucht noch eins. »Warum habe ich nicht einmal in ›meinem Urlaub‹ Ruhe vor der Firma?« Ich steckte mein Handy wieder in die Hosentasche und erfühlte dabei diese Karte. Die Karte, die ich von einem Freund bekommen hatte.
Oh ja, er hatte auch einschlägige Erfahrung mit ihm gemacht und lobte ihn in den Himmel.
»Buche ihn und du kommst total auf deine Kosten. Er ist zwar teuer, aber du wirst es nicht bereuen. Das Einzige, an das du dich halten musst, sind seine aufgestellten Regeln. Achte sie, halte sie ein ...!«
»Regeln. Was soll’s.«
Ich hatte sowieso nicht noch einmal vor ihn zu buchen. Dies war eine einmalige Gelegenheit. Er würde seine Klappe halten und ich ebenfalls. Mehr war es nicht. Nur ein überteuerter One-Night-Stand.
***
Das Essen war vorbei und ich sah, wie Saschas Augen aufleuchteten. Auch wenn der Alkohol daraus sprach, so waren sie doch sehr fröhlich. Abrupt stand er auf und zog den Mann von der Anmeldung in einem Schwitzkasten. Sascha hatte wirklich schon über den Durst getrunken. Sprach irgendetwas von einem ›Sandkastenfreund‹ und die beiden versanken in ihrer Vergangenheit.
Im Laufe des Abends stellte sich heraus, dass er der Chef dieses Hotels war und er, jetzt verstand ich auch ›Sandkastenfreund‹, ein ehemaliger Schulkamerad von Sascha war, als er noch in Deutschland gelebt hatte.
Immer wieder sah ich, wie er mich anblickte. Ein leichtes Schmunzeln sein Gesicht zierte. Und vor allem bewunderte ich seine Englischkenntnisse. Nun ja auch dies erklärte sich, er war als Kind auf einem englischen Internat, welches er aber wegen, dem Schlaganfall seines Vaters verlassen musste.
Seine Augen, sein Blick, durchbohrte mich. Immer und immer wieder. Ich blickte auf meine Armbanduhr. Eine Stunde hatte ich noch bis zu meinem Treffen. »Sollte ich hier und jetzt absagen?«
Dieser Mann, der mir gegenübersaß. Ich musste ihn haben und folgte plötzlich einen innerlichen Impuls. Mit meinen Fußspitzen suchte ich seine Wade. Er zuckte zusammen. Sein Blick verdunkelte sich. Ich hatte schon damit gerechnet, dass er sein Bein wegzog, aber dem war es nicht so. Im Gegenteil er schob es mir entgegen, damit ich besser rankam.
Sascha lachte über irgendetwas, ich bekam nicht mit über was. Mein Gegenüber hatte mich in seinen Bann gezogen. Ich musste ihn haben und zückte mein Handy. Schrieb eine kurze SMS und sagte den heutigen Termin ab. Ohne Grund versteht sich.
Mein Gegenüber, dessen Namen mir stetig durch meinen Kopf huschte, stöhnte kurz auf, weil Sascha ihn wieder in den Schwitzkasten nahm. Die beiden müssten wirklich mal sehr gute Freunde gewesen sein.
Ich freute mich für Sascha, denn seine letzten Jahre, waren nicht gerade leicht gewesen. Schnell verdrängte ich die Erinnerung, wie er ausgesehen hatte, als er nach seiner Entführung ins Krankenhaus eingeliefert worden war.
Es war ein erwärmender Anblick. Sascha und Kilrian. Auch wenn Kyel sich für seinen Kleinen freute, so huschten dennoch immer wieder dunkle Wolken über sein Gesicht. Ich ignorierte es und tat es als unterdrückte Eifersucht ab.
Was soll’s. Ich hatte jetzt nur noch Augen für mein Gegenüber und er schien nicht gerade abgeneigt zu sein.
Hoffentlich verabschieden sich die Herren bald, denn ich hatte es nötig. Mehr als das. Ich würde platzen, wenn ich nicht endlich zum Zug kam. Mein Flehen wurde erhört. Kyel nahm Sascha an sich und verabschiedete sich von der jetzt nur noch kleinen Runde.
Tief atmete ich ein und stand selbst auf. Ich hoffte nur, dass er meine Avancen erhört hatte, denn sonst hätte ich heute wirklich die Arschkarte gezogen. Zumal ich Zeth absagte, der mir bestimmt eine unvergessliche Nacht beschert hätte.
***
Ich ging in Richtung des Fahrstuhls und ehe ich mich versah, wurde ich brutal an die Wand gedrückt. Eine freche Zunge leckte mir über den Hals und als sich unsere Blicke trafen, konnte ich nicht anders und ließ mich fallen.
Wir brauchten keine Worte und ich wurde durch eine Tür gezogen. Kilrian hatte die Führung übernommen. Ich spürte ihn überall und nirgends. Sein Hauch von Nichts machte mich wahnsinnig und doch spürte ich es. Intensiv.
Gott der Typ wusste, was er machte. Seine Zunge war überall und nirgends. Sein Verlangen übertraf alles, was ich bis jetzt bei anderen wahrgenommen habe.
Ein Knurren entrann meiner Kehle, als er rein biss und meine Nippel zwirbelte. Er war frech, fordernd und gab mir, wonach es mich verlangte. Seine Zunge trieb mich an und ich wollte sie in meinem Mund spüren. Ich packte ihn im Nacken, zog ihn zu mir. Unsere Lippen trafen sich. Er zuckte zurück. So etwas wie Unsicherheit schlich sich in seine dunklen Augen, er schien nicht zu wollen. Mein Herz setzte aus, aber ich musste ihn küssen. Seine Lippen waren viel zu einladend und sein warmer Atem, den er ausstieß. Ich gab nicht nach. Leckte über seinen Mund, gab ihm einen leichten Hauch auf seine Nase und endlich gab er nach.
Er war so weich. Zaghaft und sanft. Wie schon zuvor spielte er mit seine Zunge, aber jetzt mit meiner. Ich könnte es nicht anders beschreiben. Er war ein Meister.
Sein Atem ging nur noch stoßweise und ich zog ihn aus. Minimale Brustbehaarung. Sein Oberkörper eines Models gleich. Mein Blick wanderte weiter nach unten. Nackt. Er war nackt. Keine Schambehaarung bedeckte seinen erigierten Schwanz. Ein Gott. Seine Beine lang und muskulös. Er trieb Sport. War aber nicht athletisch genug, um ihn als Sportler zu bezeichnen. Vielleicht betreibt er es nur in der Freizeit? Meine Musterung ging weiter. Er war keiner, der immer unten lag. Das sah man ihm an. Und doch. Ich wusste instinktiv, dass er mich haben wollte. Dass ich ihn ausfüllen sollte.
Unsere Münder trafen sich wieder. Die Küsse waren langsam nicht mehr sanft. Nein! Sie wurden härter. Unsere Zungen kämpften um die Vorherrschaft und ich umgriff ihn. Er keuchte. Unterdrückt durch meinen Kuss. Er war wie ausgehungert und ich gab ihm alles, was er von mir verlangte. Er brauchte nicht mehr lange. Seine Eier wurden schon fest und ich ging auf die Knie. Sanft nahm ich seinen Schwanz in meinen Mund und knabberte. Er stöhnte. Tief.
Einen Finger schob ich in seinem After rein. Sein Körper fing an, unkontrolliert zu zucken. Er war sehr empfindlich und dies bestätigte er mir mit seinem lustvollen Stöhnen. Er biss sich auf die Lippen und je mehr ich ihn bearbeitete, umso lauter wurde er.
Es war der Himmel auf Erden. Noch nie hatte ich jemanden so vor Lust zergehen sehen. Er war die Definition von Sex und ich bereute es nicht, dass ich dem Callboy abgesagt hatte.
Und ich war jetzt doch froh, mit nach Deutschland gereist zu sein, obwohl ich mich anfänglich dagegen gesträubt hatte. Diese Woche Urlaub scheint vollkommen zu werden.
Ich drückte ihn aufs Bett und mit einem Ruck legte ich seine Beine auf meine Schultern. Kurz trafen sich unsere Blicke und ich sah sein freches Schmunzeln. Ich konnte nicht anders und musste ihn beißen. Als ich ihn biss, drang ich gleichzeitig in ihn ein. Ich war sehr behutsam, doch instinktiv wusste ich, dass ich das nicht brauchte. Mit einem Stoß war ich in ihm und er krallte seine Finger ins Laken.
Er war herrlich eng und er deutete mir an, mich schneller zu bewegen. Sein Stöhnen und das Klatschen unserer nackten Haut, machten diesen Moment perfekt.
Er riss seine Augen auf. Schrie, stöhnte und flüsterte meinen Namen, gleichzeitig.
Scheiße! So wie er sich gehen ließ, brauchte ich nicht lange. Ich umgriff ihn. Rieb ihn und mein Herz schlug schneller. Suchte nach seiner Haut. Seine Zunge. Frech stupste er seine Zunge in meinen Mund. Er machte mich wahnsinnig, ...
Ich sank auf seine Brust, küsste ihn noch einmal, lag bei ihm und versuchte Luft zu kommen, bevor ich aufstand.
***
Sicherlich war das nicht der gute Abgang, aber ich musste von ihm weg. Auch, wenn ich es nicht wollte.
Ich suchte sein Badezimmer. Wow, solch eine Einfachheit, war mir schon lange nicht mehr untergekommen. Nicht nur das Bad, auch seine gesamte Wohnung schrie ›Normal‹.
Das Einzige, was etwas an Luxus erinnerte, war dieses Ölgemälde. Allein die Farben. Die Farbtuben müssten ein kleines Vermögen gekostet haben. Moment! Was hatte er gesagt, als ich einen kleinen Blick darauf geworfen hatte, nachdem wir in sein Zimmer betreten hatten? Sein Cousin hatte dies gemalt. Wer war sein Cousin? Er müsste ein berühmter Maler sein, denn diese Struktur und die Farbgebungen, zeugten von viel Erfahrung. Selbst die Vorarbeit mit dem Kohlestift, alles zusammen ... Kyel würde dafür ein halbes Vermögen ausgeben, wenn er dies zu Gesicht bekam. Dies war ein Unikat. Ein Unikat mit solch einer Perfektion. Nicht einmal Paul Sinners könnte damit mithalten und seine Bilder standen im Moment sehr hoch im Kurs.
Ich stand unter der Dusche, aber sehr weit kam ich mit meinen Gedanken nicht. Kilrian stand vor mir und nahm mir das Duschgel ab. Seine Augen ... Scheiße seine Augen. Ich versank in ihnen und es war mir peinlich, denn ich wusste, dass ich nicht mehr konnte. Der Orgasmus steckte mir noch zu stark in den Gliedmaßen. Und wie sollte ich es ihm erklären?
Gott seine Hände waren so sanft. Er blickte mich nicht an, er wusch mich. Er seifte meinen Körper ein und ich konnte nicht mehr, ...
»Was hat der Typ nur, was die anderen nicht haben. Ist er unersättlich? Oder wie soll ich es verstehen?«
Mein Gehirn setzte aus und gegen alle Vernunft war ich wieder erregt. Alles schrie in mir, aufhören, aber ich konnte nicht. Meine lange Enthaltsamkeit machte sich bemerkbar und forderte ihren Tribut.
Er seifte mich ein und wusch mich. Er streichelte nur über meinen Körper und es fühlte sich gut an. Mehr als gut. Ich schloss meine Augen und ließ ihn gewähren. Nur verstand ich es nicht. Er streichelte mich nur und ich reagierte auf ihn. Mein Körper gehörte nicht mehr mir. Er spielte seinen eigenen Takt. Nur von weitem nahm ich wahr, was Kilrian mit mir machte. Es war nicht nur Sex. Es war Leidenschaft. Dunkle und verzweifelte Leidenschaft. Kilrian besaß viel davon und er gab sie mir. Er gab es mir wirklich und ich gab mich auf.
Ich fühlte nur noch. Versank darin und am Ende schrie ich nur noch.
Keine Ahnung, wie viele Orgasmen er mir beschert hatte, aber ich war froh, endlich im Bett zu liegen und meine Augen zu schließen.
Noch bevor ich einschlief, fragte ich mich, welches Spiel er mit mir spielte. Er gab mir alles. Alles, wonach es mich seit Jahren dürstete. Und bei ihm war es wahr geworden.
***
Etwas Nerviges drang an mein Ohr und ich spürte, wie sich etwas neben mir regte. Ich vernahm ein leises Fluchen und ein Klicken. Keine Sekunde später hüllte mich wieder wohlige Wärme ein.
Es kam mir vor, als wären nur Sekunden vergangen, als mein Handy klingelte. Wie sollte es auch anders sein.
Kyel rief an und fragte, wo ich sei.
»In meinem Zimmer, wo sollte ich sonst sein?« Kam barsch aus mir heraus.
»Nein glaube ich nicht, denn dein Zimmer ist leer ...!« Warte. Moment. Zimmer leer? Wo war ich? Ich setzte mich auf und blickte in ein fremdes schlafendes Gesicht. Herr Gott, wer war der denn? Doch dann erinnerte ich mich und ich schmunzelte, als alles von der letzten Nacht zurückkam.
»Ja!«
»Und wo bist du?«, hörte ich Kyel fragen und schnaufte.
»Sorry Chef, werde gleich da sein. Gib mir ne’ halbe Stunde.«
»Ich habe nicht gesagt, dass du zu mir kommen musst. Ich habe gefragt, wo du bist?« Kurz musste ich überlegen.
»Ich glaube, ich bin bei Kilrian ...!«
»FUCK!«, hörte ich und mein Chef legte auf.
»Shit! Was habe ich nun wieder falsch gemacht? Ich mein, wenn ich Sex habe, dann geht es meinem Boss überhaupt nichts an!«
Den Grund erfuhr ich später. Ich würde nicht einmal lügen, wenn ich sage, dass in diesem Moment meine Welt zerbrach.
Natürlich zu diesem Zeitpunkt wusste ich es noch nicht und ich zog mich an. Meine Wut kochte und ich nahm mir vor, es meinem Chef ins Gesicht zu schleudern. Ihn hatte es nun wirklich nicht zu interessieren, mit wem ich schlief. Denn Schlafen war es. Es war kein Fick, keine Vögelei. Es war wirklich ein miteinander Schlafen.
Kilrian gab mir, was ich brauchte und ich schaute ihn an. Betrachtete sein friedliches Gesicht und küsste ihn auf die Stirn. In Gedanken war ich bei der nächsten Nacht, denn ich wollte ihn. Den ganzen Urlaub und vielleicht wurde daraus sogar etwas mehr.
»Kyel würde bestimmt die Flüge auf Geschäftskonten buchen lassen? Ach ich schweife ab. Meinen Schwarm werde ich nicht wieder hergeben. Er ist mehr, als nur ein Fick. Und vielleicht ...«
Mein Handy klingelte wieder und wieder war Kyel dran. Er verlangte, dass ich sofort zu ihm kam.
»Nun ja, das ist also mein Urlaub. Von wegen Urlaub!!«
Ich zog mich an und ging mit schleppenden Schritten zu meinem Chef. Mehr als grummelig klopfte ich an seine Zimmertür und er machte mir auf. Deutete im gleichen Atemzug, dass ich mich leise verhalten sollte, weil Sascha noch schlief.
Er führte mich auf den Balkon und blickte mich mehr als durchdringend an.
»Herr Gott! Rücke schon mit der Sprache raus! Was habe ich falsch gemacht. Obwohl ich mir eigentlich sicher war, dass ich nichts Falsches gemacht habe«, dachte ich.
»Tom. Ich mische mich eigentlich nicht in das private Leben anderer Leute ein.«
»Nun ja und warum machst du es dennoch?«, dachte ich weiter.
»Was mich allerdings beschäftigt ...« Gott er fing schon wieder an, um den heißen Brei zu reden, und dennoch wurde ich hellhörig. Dies passte so gar nicht zu Kyel Kastner, dem Guru. »Ist ... Kilrian Ford.« Was hatte er gegen ihn? »Ich möchte nicht herumdrucksen!«
»Hmm das machst du aber!«, dachte ich und ich hörte ihn mehr oder weniger zu.
»Kilrian Ford ist nicht das, was er vorgibt zu sein!« Hää!
»Bitte was? Ich verstehe gerade nicht ganz!« Er schmunzelte und blickte mich an, als ob ich ein Kleinkind wäre.
»Nun ich wünsche dir nichts Schlechtes, wie du deine Nächte ...!« Innerlich verdrehte ich meine Augen. »Aber ich habe gesehen, wie er, Kilrian Ford dich mehr oder weniger ...!« Okay, das ist ja nun mal nun wirklich meine Sache.
»Mr. Kastner. Mit allem Respekt, aber was ich privat mache, geht Sie nun wirklich nichts an.« Er lächelte und dennoch dieser Blick.
»Sicher, und du hast recht. Ich habe wirklich nicht das Recht, mich da einzumischen. Ich möchte dich nur warnen. Wie ich schon gesagt habe, ist Kilrian Ford nicht das, was er vorgibt zu sein.«
»Und was soll er sein, wenn er nicht der Chef dieses Hotel ist. Ich mein, es ist unsere Sache ...!«
»Ich sagte bereits, dass ich mich normalerweise nicht einmische, aber dieses ist nun mal eine Sache, die mit ... nun ja.«
»Ich kenne Sie jetzt schon mehr als 8 Jahre und seitdem ist mir so eine gequirlte Scheiße noch nicht untergekommen. Sagen Sie endlich, was Sie sagen wollen, oder lassen Sie es bleiben!«, sagte ich forsch.
»Kilrian Ford ist Zeth der Callboy. Selbst ich hatte ihn gebucht gehabt ...!«
Bitte WAS? Ich glaubte, sämtliche Farbe war aus meinem Gesicht gewichen.
Ich wusste wirklich nicht, wie es um mich geschah. Ich dachte, ich hätte etwas gefunden und dann so ein Schlag in die Eingeweide. Ich konnte es nicht glauben, geschweige denn fassen.
»Mein Schwarm ist der Callboy Zeth!«
Ich durfte gar nicht daran denken. Mir wurde schlecht. Kilrian - Zeth. Zeth - Kilrian.
Fuck, wie viele Schwänze hatte er schon in seinem Arsch gehabt? Wie viele Schwänze hatte er schon gelutscht und deren widerlichen Saft geschluckt? Wie viele Männer verhalf er zum ultimativen Orgasmus?
Nein. Ich durfte mich wirklich nicht rein denken.
Ich stürzte zur Toilette und übergab mich.
Nein das war nicht wahr. Und doch. Kyel würde kaum solche derben Scherze mit mir treiben.
Es war das Ende und ich hoffte inständig, dass der Urlaub bald vorbei war. Ich vernahm nur noch, wie Kyel »Es tut mir leid!«, murmelte. Scheiße hätte er doch nichts gesagt und doch war ich ihm dankbar.
***
Die nächsten Tage waren die Hölle. Mein Körper sehnte sich nach einer Wiederholung. Öfters war ich gewillt, einfach zu ihm zu gehen und es mir zu nehmen und doch ... ich konnte nicht. Es war ein Schock.
Sicherlich wollte ich auch eine unvergessliche Nacht mit Zeth haben und hatte ihn dafür gebucht. Aber wäre es so toll geworden? »Halte dich an die Regeln und du kommst voll auf deine Kosten.« Wer´s glaubt, bitteschön. Ich glaubte auf jedenfalls nicht, dass die Nacht mit Zeth besser geworden wäre als die mit Kilrian. Kilrian hatte keine Regeln aufgestellt. Es war Leidenschaft und pures Verlangen. Es hatte so ehrlich gewirkt. Scheiße schon allein der Gedanke an ihn, und in meiner Lende pochte es wieder.
Und Scheiße ja, ich wollte ihn. Wollte ihn wieder stöhnen hören. Seinen Körper unter mir, auf mir oder neben mir fühlen. Ich wollte in seine dunklen Augen blicken und mich darin versinken. In dieses Nichts.
***
Sascha hatte einen für mich dämlichen Vorschlag gemacht. Er wollte Kyel und mir die Stadt zeigen. Den Kindergarten und die Schule, in die er gegangen war. Seine Spielplätze und Sportvereine uns zeigen und Kilrian sollte mit dabei sein.
Auch wenn ich Andeutungen wie »Ich habe dazu keine rechte Lust«, von mir gab, reichte Kyels Blick schon aus und ich schnaufte resigniert. Das musste ja wohl sein? Musste ich jetzt wirklich einen halben Tag lang in seiner Nähe bleiben? Seinen Duft einatmen und seine tiefe Stimme hören? Nein das hielt ich im Leben nie aus!
»Oh es tut mir leid. Ich habe noch sehr viel zu erledigen«, hörte ich und kurz streiften sich unsere Blicke. Seine Augen waren starr und abweisend und Kälte spie aus ihnen, vermehrt noch, als er Kyel schmunzeln sah.
»Ein anderes Mal!«, sagte er und umarmte Sascha kurz. Hob seine Hand und ging wieder ins Hotel. Gott schaute er verrucht geil aus.
»Schade ich dachte, er würde mitgehen!«, murmelte Sascha und so schnell, wie er es gesagt hatte, so schnell war es auch wieder vergessen und die beiden Turteltauben fingen an, mir jetzt schon auf die Nerven zu gehen.
Der Tag zog sich ellenlang hin und ich war froh, als hunderte Telefonate eingingen. So konnte ich mich auf andere Sachen konzentrieren und sah nicht überall dunkle Augen.
***
Die Flitterwochen gingen noch ungelogen drei Monate und in dieser Zeit starb ich tausend Tode. Zumal ich ständig in irgendeinem Flugzeug war und ich immer und überall diese schwarzen Augen sah. Sie verfolgten mich genauso wie seine letzte Aussage. Sie schrie aus lauter Verachtung. »Schade, ich hätte nicht gedacht, dass gerade du dich mit schmierigen Bonzen auf die gleiche Ebene stellst, Tom. Oder sollte ich Jerry sagen?«
Scheiße, das hatte ich verdient durch meine harten Worte die ich, so verletzend, wie ich war, voll Verachtung ihm ins Gesicht geschleudert hatte, und Kilrian ging in die Offensive. Wie es seinem Ruf entsprach.
Ich hätte es nicht tun sollen. Es war ein Regelbruch. Aber ich konnte nicht anders.