»Ihr habt mich rufen lassen, Burchan-Amrag. Ich höre eure Worte und gehorche.«
Es schien ungewöhnlich warm im Saal der Göttlichkeit und der Patron konnte sich einen heimlichen Seitenblick zum Brunnen des Lebens nicht verhehlen. Den Kopf hielt er dabei ehrerbietend gesenkt.
Arikima, die Herrscherin Thules lag, wie sie es liebte ohne Bekleidung, auf ihrer Fellstatt und suhlte sich mit zufriedenen Atemzügen. Ihrem obersten Vertrauten und Wachhabenden des stehenden Heeres des Palastes war der Anblick nicht fremd und so wusste sein Verstand bereits, was seinen Augen verborgen blieb. Immer wieder zur selben Zeit des Tages wurden Feuerschalen rundherum des Feldlagers aufgestellt und zur ebenfalls selbigen hinfort geschafft. Diese Warmblüter, wie sie die Thulenen minderschätzend beschrieben, konnten mit der vorherrschenden Kälte nicht umgehen, geschweige denn mit dieser lange leben. Sie bedurften Wärme.
»Hmmahhh«, hauchte seine Göttlichkeit versonnen und seine Gedanken suggerierten ihm Bilder, wie ihre Zunge über ihre Lippen glitt. Sie war Alt, auch für eine Thulenin. Niemand vermochte zu erklären, wie ihr okkultes Erbe ihr solch ein langes Leben bescheren konnte.
Auch wenn sie ihr gesamtes Gefolge ein weiteres Mal überleben würde, ihr Körper glich dem einer frisch gereiften Frau. Fürwahr, sie gebar selbst vor ungezählten Jahrzehnten Nachwuchs, doch blieb ihre Figur sich der straffen Schönheit treu.
Tief sog sie Luft in ihre Lungen und atmete diese lang gezogen wieder aus.
Ihre Stimme klang trotz Ermangelung ihrer augenblicklichen Befriedigung klar und fordernd. »Das habe ich, mein Patron.«
Angesprochener spürte ihren Blick auf sich ruhen und verharrte in Erwartung. Früher, als in Chokval noch nicht so viele Warmblüter ihr Dasein fristeten, rief die Burchan-Amrag zu Anlässen dieser Art stets Auserwählte, zu meist jedoch einen oder zwei der Wachhabenden zu sich. Es war ihnen eine Ehre und galt zum guten Ton ihr auch körperlich zu Diensten zu sein.
»Berichte. Wie kommen die Arbeiten der ›Nordkunft‹ voran?«
Des Patrons Wangen zuckten auffällig, habe er sich noch soeben vorgestellt, wie es wäre, dem Ruf längst vergangener Zeiten Folge leisten zu dürfen. Er hob den Blick und hegte ein weiteres Mal Abschaum für diese zierlichen, zu klein geratenen Weibsbilder der rot blutenden Warmblüter. In seinen Augen galten deren Wert über mindere Arbeiten und Gestandenen seiner Art den Druck zu nehmen, nicht hinaus. Was diese widerwärtigen Kreaturen hier taten und die göttliche Herrscherin augenscheinlich genoss, blieb für seinen Geschmack Lästerung am eigenen Volk. Trotz der vorherrschenden Umstände, er würde für seine Gebieterin bereitwillig in den Tod gehen, sollte sie es befehlen oder einst nötig sein.
»Burchan-Amrag, es kommen stetig neue Kolonnen aus den südlichen Gefilden an. Sie führen Arbeitsgerät und Nahrung mit sich. Jene Bereiche, welche für die kälteempfindlichen Häute befeuert werden können, kommen bemessen voran.«
»Ist das Abkommen stabil?«
Der Patron mahnte sich zur Ruhe und atmete bewusst tief und langsam, bevor er sprach. Es entzog sich seinem Vorstellungsvermögen, aus welchem Grund seine Herrscherin sich mit den unzivilisierten Sippen des Nordens einließ. Für wahr, sie oder viel mehr deren Vorfahren waren ebenso die ihren, dennoch blieb es unbestritten. Diese zurückgebliebenen Kreaturen blieben unberechenbar.
»Die Sippen benehmen sich wie wilde Tiere, sind übermütig und selbstgefällig. Ihre Wortführer versuchen zu vermitteln, wo sie können. Sie lernen viel und schnell, demnach sollte leichter werden.«
»Die Wilden, wie du sie nennst Patron, sind unsere Urahnen. Sie sind, was wir einst waren. Wahre Thulenen, Inbrunst unverfälschter Schöpfung.« Der Klang ihrer Stimme verschwamm, dennoch vermochte man herauszuhören, was ihre Lippen formten. »Sie sind, was wir sein werden, ohne als wild zu gelten.«
Sein Blick hob sich, als Arikima ihren Oberkörper reckte, den Kopf in den Nacken warf und lüstern stöhnte. Ihre rechte Hand ballte sich zur Faust und öffnete sich sodann wieder. Ihre Linke warf ein über ihren Schoss gelegenes Fell zu Seite.
Ein bisweilen unentdecktes Weib lag zwischen ihren Beinen, den Kopf voran und vergrub das Gesicht in ihre Scham.
Mit wissenden Augen beobachtete sie ihren Wachhabenden. Sie spürte dessen Verlangen wie auch die Abneigung gegenüber den Warmblütern.
»Patron.« Angesprochener erwachte aus seiner schwelgenden Haltung und suchte standhaft Blickkontakt. Offensichtlich Versuchte dieser Mann den lästernden Anblick aus seinen Gedanken zu verbannen. Die Tradition seiner Stellung schien ihr nicht vergessen. »Sorge dafür, dass der ›Palast der Nordkunft‹ wie befohlen bezugsbereit ist und du statt derer wirst hier liegen.«
Ein lüsterner Glanz stahl sich in seinen Augen, dessen Züge sich sichtlich erhellten. Er nickte und fiel auf sein rechtes Knie. »Die Nordkunft wird wie gewünscht fertiggestellt. Ihr werdet eure Befriedigung an mir haben. Das schwöre ich, so wahr ich vor euch Knie.«