Als das Flugzeug zur Landung ansetzte und alle Leute die am Fenster saßen, die Verdunkelungen nach unten zogen, wurde mir ganz flau im Magen. Ich hatte kein Problem mit dem Fliegen, bis auf die Landung! Dabei wurde mir immer unheimlich schlecht.
„Ist schon gut Dennis, du hast es überlebt!" beruhigend strich mein Vater immer wieder über meinen Rücken, damit ich mich wieder entspannte. Es half tatsächlich, sodass ich mich gerade noch so nicht übergeben musste.
„Passen sie ja auf, dass ihr Sohn nicht auf mein Kleid reiert!" die Frau, welche gerade an mir vorbeiging, rümpfte angeekelt die Nase.
„Wenn sie weitergehen, ist mir bald nicht mehr schlecht, weil ihr Gesicht dann nicht mehr sehen muss!" gab ich zurück und sie stöckelte entrüstet ihrem Mann hinterher, welcher schon weitergegangen war. „Dennis, du kannst nicht immer so frech zu allen sein!" ermahnte mich mein Vater und ich grinste ihn an. „Von wem hab ich es denn gelernt?".
Als alle anderen schon ausgestiegen waren, standen ich und mein Vater erst auf. Wir waren keine Menschen, die es ständig eilig hatten. Vor allem in solchen Momenten musste man sich nicht beeilen. Es gab ja nichts zu versäumen!
„Weißt du Selina, manchmal wünsche ich mir, ich hätte deinen Trottel von Vater nie kennengelernt. Ich hätte so viel Zeit meines Lebens sparen können!" erzählte meine Mutter gerade meiner Schwester, als Vater und ich zu ihnen kamen. Ich wollte schon etwas böses erwidern, aber kaum das ich den Mund geöffnet hatte, gab mir mein Vater einen Stoß in die Seite.
Alle zusammen gingen wir zum Fließband, von welchem man seine Koffer zurückbekam. Mich würde Mal interessieren, welcher Mensch dafür zuständig war, dass die Koffer vom Flugzeug hierher kamen! „Dennis! Dennis dein Koffer!" während ich mir noch ausmalte, wie der Mann hinter diesem System wohl aussah, schnippte Selina mit ihren Fingern vor meinem Gesicht herum.
„Hier, dein Koffer!" sie schaute mich genervt an und ich nahm mein Zeug entgegen. Warum war sie denn schon wieder genervt? Hatte ich was falsch gemacht und es gar nicht beabsichtigt? „Wir müssen langsam los! Unsere Gastgeberin holt uns in fünf Minuten am Eingang ab!" hetzte meine Mutter und ich konnte nur mit den Augen rollen. Als könnte diese Frau nicht warten!
„Hallo, mein Name ist Hillary, dass ist mein Sohn Samuel!" stellte sich die Frau vor und ich war erstaunt, wie gut sie Deutsch konnte! „Hi." war das einzige, dass der Junge neben ihr von sich gab. „Wir sind Rosa, Josef, Selina und Dennis!" stellte meine Mutter uns alle vor. „Freut mich euch zu sehen, wir können auf der Fahrt reden, sie wird ziemlich lange dauern!" warnte uns Hillary.
„Ich werde in diesem beschissenen Land verrecken!" rief ich verzweifelt, als ich das Auto sah, in welchem wir gleich fahren würden. Es war eine Art Pick-Up bei dem zwei Leute beim Fahrer sitzen konnten und die anderen drei dahinter saßen. „Sei nicht so unhöflich Dennis!" ermahnte meine Mutter mich und ich warf ihr den vernichtendsten Blick zu, den ich konnte.
Warum tat sie so, als würde sie nicht wissen, wie sehr ich es hasste, mit anderen Leuten eingequetscht zu sein. Das Flugzeug war eine emotionale Achterbahnfahrt gewesen, aber dieses Monstrum von Auto war zu viel! „Du kannst ja zwischen deinem Vater und mir sitzen!" schlug sie vor und meine Schnappatmung setzte ein. Wie jedes Mal, wenn ich tödlich genervt war.
„Ist Ok Dennis. Er würde gerne vorne sitzen, wenn das Ok wäre?" fragte mein Vater bei Hillary nach und diese schaute fragend zu ihrem Sohn, welcher mir zuzwinkerte und nickte. „Find ich eine gute Idee!"
„Und? Freuen sie sich auf ihren Urlaub?" fing Hillary ein Gespräch an, während sie den Wagen auf eine einsame Landstraße lenkte. Die ersten paar Meilen hatten wir kaum geredet, aber ich versuchte, mich so weit wie nur irgendwie möglich von Samuel wegzudrücken.
„Naja, jeder von uns freut sich, bis auf unseren Sohn, der ist noch nicht ganz überzeugt!" meine Mutter lachte und Hillary stimmte mit ein.
„Keine Sorge Dennis! Ich und mein Bruder werden deinen Urlaub schon angenehm gestalten!" flüsterte Samuel in mein Ohr und zwinkerte mir zu. Ich wollte hier raus!
„Ach! Das wird bestimmt noch! Wir finden immer etwas, was den Kindern gefällt!" auch Hillary lächelte mir zu.
„Sollten sie nicht lieber auf die Straße achten?" riet ich.
„Ach was, ich fahre hier zum zehntausendsten Mal, ich weiß was ich tue!" gab sie zurück.
„Warum können sie beide eigentlich so gut Deutsch?" lenkte meine Mutter das Gespräch in eine andere Richtung.
„Mein Exmann ist Deutscher, Samuel ist Bilingual erzogen worden. Wie alle meine anderen Kinder." Hillary lachte. „Wenn er nicht so viel getrunken hätte, dann wären wir heute noch verheiratet!"
Als die unendlich langweilige Fahrt endlich vorbei war und wir aus dem Auto ausstiegen und die Koffer von der Ladefläche holten, konnte ich endlich wieder richtig durchatmen. Es war so befreiend endlich nicht mehr an diesen Junge gequetscht zu sein!
Die Ranch an sich sah nicht so schlecht aus! Das Wohnhaus hatte viele Fenster und war ziemlich groß, darin konnten sicher viele Menschen leben! Daneben waren zwei große Scheunen oder Ställe und dann war da noch ein paar überdachte Parkplätze, auf welchen insgesamt vier Autos standen.
„Ethan ist noch nicht da! Schade, sonst hätten er uns wieder helfen können!" Samuel wirkte enttäuscht darüber, dass dieser Ethan nicht da war. Ziemlich enttäuscht! „Ist schon gut Sam! Er kommt bestimmt bis morgen noch! Du weißt doch wie lange er fahren muss!" tröstete seine Mutter ihn.
Während ich mit meinem Koffer schon in Richtung des Wohnhauses marschierte, blieben meine Eltern und Selina bei Hillary. „Hey! Warte, ich zeige dir gleich dein Zimmer!" Samuel kam mir hinterhergerannt und nahm mir den Koffer ab. „Danke." nuschelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart und folgte ihm in das Haus.
„Hier, das ist es! Schön, nicht? Direkt gegenüber ist das Zimmer meines großen Bruders, also wirst du ihn bald kennenlernen, er ist toll!" er stellte meinen Koffer in dem Zimmer ab und ich kam nach ihm hinein. „Stimmt, das Bett sieht bequem und schön aus!" antwortete ich ihm. „Glaub mir, es wird dir hier gefallen! Ethan und ich werden dir alles zeigen!" er setzte sich auf den Schreibtischstuhl und grinste mich an.
Etwas verunsichert setzte ich mich ebenfalls, allerdings auf das Bett und fragte zögerlich nach: „Wie meinst du das genau?". „Naja, er und ich haben es bis jetzt bei jedem geschafft, ihm einen schönen Urlaub zu bereiten! Irgendwas ist eben für jeden dabei! Du kannst mich übrigens Sam nennen!" schlug er vor und ich nahm die Hand, welcher er mir hingestreckt hatte. „Nen mich bitte Dennis. Ich mag keine Spitznamen!" erklärte ich und er lachte. „Ok Dennis!"
Sam war endlich gegangen, und ich traute mich, aufzustehen. Es war beängstigend in diesem Haus, weil ich noch nichts kannte. Alles war neu, und es roch sehr gut, aber eben anders als zu Hause. Schlechte Idee, dass mit dem Urlaub. Ganz schlechte Idee.
Während ich meinen Koffer ausräumte und die vielen Notizbücher nach Größe sortiert auf den Schreibtisch legte, hörte ich, wie der Rest meiner Familie vor meiner Zimmertüre vorbeilief. „Hey, warum geht ihr weiter nach oben als ich?" neugierig wie ich war, hatte ich die Tür aufgemacht und gesehen, wie sie die Treppe nach oben gegangen warne. Und natürlich war ich ihnen gefolgt!
„Wir haben leider nur ein Gästezimmer im unteren Stockwerk, also müssen wir den Rest deiner Familie eins weiter oben unterbringen. Wenn du willst, können du und deine Schwester auch tauschen?" schlug mir unsere Gastgeberin vor, aber ich lehnte kopfschüttelnd ab. „Nein Danke, ich mag es da unten!"