Am nächsten Morgen wachte ich auf, weil sich irgendetwas unter mir wegzog. „Mhm?" etwas verwirrt lugte ich unter der Bettdecke hervor und sah Ethan, wie er nur in Boxershorts vor mir saß und mich verschmitzt angrinste. „Guten Morgen Dennis!" wünschte er und ich verkroch mich schnell wieder unter der Decke. Scheiße war das peinlich!
„Ach Kleiner! Jeder bekommt Mal einen Ständer wenn er schläft, das ist doch nichts, wofür man sich schämen müsste!" Ethan lachte, aber nur solange, bis er von mir einen heftigen Schlag gegen den Oberschenkel kassierte. „Ist ja schon gut!" besänftigte er mich und zog dann eine Augenbraue hoch, was ich nur sehen konnte, weil ich mich wieder ein Stückchen unter der Bettdecke hervorgewagt hatte.
Auf was wartete er denn mit dem Aufstehen? Man, ich wollte hier raus, die Situation war mir verdammt unangenehm! „Willst du nicht aufstehen Dennis?" forderte er mich heraus und bekam wieder einen Schlag, aber diesmal auf die Schulter. „Nein! Du stehst gefälligst vor mir auf!" schimpfte ich und er schüttelte den Kopf.
„Die Tür hinter dir führt zu meinem Bad, komm, dass sind zwei Meter, wenn überhaupt und er ist doch sicher nicht so klein, dass du dich dafür schämen musst, oder?" fragte er und zwinkerte mir zu. „Fick dich!".
Zum Glück ging es schnell wieder weg und ich konnte wieder zu Ethan stoßen, welcher in seinem Zimmer auf mich wartete. „Ok, ist es weg." gab ich ihm bescheid. „Ich sehe es, du musst es mir nicht extra noch sagen!" lachte er und stand ebenfalls vom Bett auf. „Ich geh in mein Zimmer, ich muss mir was anziehen das nicht stinkt, als hätte ich eine Nacht darin geschlafen!" erklärte ich und er nickte nur, bevor er sich auf den Weg in sein Bad machte.
Vielleicht wäre noch einmal richtig duschen auch für mich eine gute Alternative gewesen, aber ich hatte keine Zeit mehr, nachdem ich mich umgezogen und meine Zähne geputzt hatte. „Guten Morgen auch dir, Dennis, wir waren gerade dabei, einen Plan für unsere Woche zu erstellen, aber jetzt müssen wir wohl von vorne anfangen!" begrüßte mich meine Mutter vorwurfsvoll.
„Wir wollen am Mittwoch oder am Donnerstag an den Strand, das kommt ganz auf das Wetter an. Und dann am nächsten Tag an den See. Am Wochenende wollen wir in eine Stadt fahren und uns ein paar interessante Sachen anschauen. Bist du einverstanden oder gibt es an unserem Plan noch was auszusetzen?" provozierte meine Schwester und ich schüttelte den Kopf. „Nein, alles ok.".
Mehr wollte ich nicht sagen, immerhin gab es nichts wichtiges hinzuzufügen. „Ich hoffe ihr habt alle richtig Hunger! Heute gibt es Rührei und Speck!" freute sich Sam und Ethan schüttelte den Kopf. „Pass auf das du nicht fett wirst, kleiner Bruder!" neckte er ihn. „Halt deinen Mund, du hast auch zugelegt, in der Zeit in der du nicht hier warst!" gab der zurück und wurde nur noch böse angeschaut.
Gott, war ich jetzt vollgefressen! Wie viel Speck und Eier konnte ein Mensch denn in sich hineinstopfen? Gab es da einen Weltrekord, wenn ja, dann hatte ich ihn sicher gebrochen! Sogar mein Bauch tat schon weh! Und alle hatten mich nur schräg von der Seite angesehen, weil ich so viel gegessen hatte.
„Bist du eigentlich immer so ein Vielfraß?" Ethan lachte und klopfte mir auf den Bauch. „Bitte lass das, mir ist eh schon schlecht, wenn du nochmal in die Nähe meines Bauches kommst, kotze ich auf dich!" drohte ich. „Hättest du nicht so viel gegessen, wäre dir jetzt nicht schlecht!" belehrte er mich und ich stieß ihm gegen die Schulter. „Hör auf dich aufzuführen als wärst du mein Vater!".
Wir gingen zusammen auf den Pferdestall zu, in welchem ich schon gestern kurz mit Rufus gewesen war. Aber heute wollte Ethan von mir, dass ich mit ihm zusammen das Pferd aus der Box holte und putzte. Zwar war ich nicht unbedingt begeistert davon gewesen, aber ausrichten konnte ich nichts gegen seine Befehle.
Und er würde ganz sicher keinen Widerspruch dulden! „Ok, hier hast du ein Halfter, jetzt kannst du sie aus der Box holen. Falls es dir hilft, sie heißt Daisy." er klopfte mir auf den Rücken und ich schlug seine Hand weg. „Eigentlich mag ich nicht so nahe an ihr dran sein!" sagte ich zu ihm.
„Stell dich nicht so an Dennis! Sie ist das bravste Pferd, das wir haben!" versuchte er mich zu beruhigen und ich hörte meine Mutter aus einer der anderen Boxen lachen. „Alle euere Pferde sind doch lieb! Und so süß!" sie schlang ihre Hände um den Hals des Pferdes in dessen Box sie gerade stand.
Wieso war sie so? Oh man, sie konnte doch zu mir halten, oder etwa nicht? „Na gut! Ich versuche es!" versprach ich und schob den Riegel zur Box auf, sodass ich sie betreten konnte und tat das auch gleich als nächstes. Daisy kam auch fast sofort vom Auslauf aus in ihre Box getrottet und ich wäre am liebsten sofort wieder aus der Box verschwunden.
„Und jetzt legst du ihr das Halfter an, du weißt wie das geht, Rufus hat es euch gestern erst gezeigt!" wies Ethan mich an und ich nickte. Eigentlich nur, um mich selbst davon zu überzeugen, dass ich jetzt endlich anfangen musste, etwas zu tun. Also hielt ich das Halfter so weit es ging von mir weg und legte es Daisy um den Kopf. „Ok, jetzt muss ich auf die andere Seite und es zumachen, oder?" wollte ich wissen, auch wenn ich die Antwort wusste.
Als ich endlich den Karabiner mit einem klicken schloss und Daisy am Halfter aus der Box führen konnte, war ich ziemlich stolz auf mich selbst! „Ok, wir binden sie draußen an unserem Putzpfosten an, schaffst du es, sie so weit zu führen?" fragte Ethan und ich nickte selbstsicher und ging mit Daisy voran auf den Hof. „Oh! Dennis! Wusste nicht, dass du Pferde neuerdings leiden kannst!" Selina kam uns entgegen und ich streckte ihr für ihren Kommentar die Zunge heraus.
Natürlich traute ich mich! Ich war ein großer, starker Mann und ich musste keine Angst vor dem riesigen, gefährlichen, tretenden Biest mit den großen Zähnen! Oh Gott, jetzt wurde mir wieder bewusst, wie gefährlich so ein Pferd war! „Ethan? Kannst du sie nehmen?" es waren zwar nur noch ungefähr zehn Meter, aber ich wollte nicht mehr so nahe bei Daisy sein!
„Dennis, alles ist gut! Wenn sie dir hätte wehtun wollen, hätte sie es schon lange getan! Komm schon, die letzten paar Meter schaffst du auch noch!" bekräftigte er mich und ich nickte. „Du hast recht. Ich kann das." ganz langsam ging ich mit dem Pferd am Halfter die letzten Schritte und war unendlich erleichtert, als Ethan sie mir abnahm und anband.
Als ich endlich nicht mehr gezwungen war in ihrer Nähe zu bleiben, ging ich sofort auf Sicherheitsabstand, aber nur so lange, bis Ethan mit einem Putzkoffer zurückkam und mir eine Bürste in die Hand drückte. „Hier, du darfst sie bürsten!" verkündete er mir freudenstrahlend und nahm mich dann am Arm, damit er mich mitziehen konnte.
„Immer in Wuchsrichtung bürsten, ok?" er zeigte es mir ein paar Mal, und es stellte sich als gar nicht Mal so schwer heraus. „Ich wollte dich noch fragen, ob du heute Abend mit mir an den See willst? Er ist ein bisschen Fahrt entfernt, aber dort treffen sich heute ziemlich viele Leute in unserem Alter, das könnte dir auch Spaß machen! Und keine Sorge, ich bin Antialkoholiker." e lachte und lehnte sich an den Pfosten, an welchem Daisy festgebunden war.
Wollte ich auf eine Party mit Ethan? Ja, ich wollte auf eine Party mit Ethan! Obwohl ich nie der Mensch für Partys und saufen gewesen war, hatte ich immer das Gefühl gehabt, ich hätte etwas verpasst. Andererseits wusste ich ja, wo es hinführte, also fand ich es nicht allzu schlimm.
„Ok, aber nur wenn du mir versprichst, bei mir zu bleiben!" forderte ich und er zeigte mir beide Daumen hoch. „Kein Problem Kleiner, ich würde dich doch niemals unter diesen ganzen Spinnern allein lassen!" versprach er mir mit einer Hand auf der Brust und der anderen in die Höhe.
Es gefiel mir das Tier zu streicheln. Auch wenn ich schon seit einer gefühlten Ewigkeit von Selina und Sam beobachtet wurde. „Schau Mal, die SS beobachtet uns!" sagte ich an Ethan gewandt, welcher mich mit aufgerissenen Augen anstarrte. „Du kannst doch sowas nicht sagen!" schimpfte er dann los und ich zuckte mit den Schultern „Doch. Kann ich. Nennt man schwarzen Humor." gab ich frech zurück und legte die Bürste zurück in den Koffer.
„Was hat dir eigentlich so viel Selbstvertrauen gegeben?" fragte Ethan, während er Daisy auf den Platz führte, auf welchem ich schon wartete. Ich war schon vor ihm gegangen, da er sich noch mit Rufus über die Fütterung am Abend unterhalten wollte. „Ein absolut riesiger Selbstzerstörungswillen!" ich lachte und er schüttelte nur den Kopf. „Du bist ein komischer Mensch!" gab er dann von sich.
Während er mich auf das Pferd warf, musste auch ich lachen. „Und du nicht? Wir kennen uns keine drei Tage, aber du bist zu mir, als würden wir uns seit Jahren kennen! Das macht doch auch kein normaler Mensch! So nett muss und darf keiner sein!" warf ich ihm vor. „Ach was! Du bist süß und ich will nett sein, weil ich vielleicht eine Chance habe, mit dir im Bett zu landen!" verteidigte er sich.
„Kein sehr gutes Argument, ich bin nicht überzeugt!" ich klopfte leicht meine Schenkel gegen Daisys Bauch, damit sie sich endlich vom Fleck bewegte. Heute, so hatte ich es Ethan versprochen, probierten wir eine neue Gangart aus, die sich Trab nannte und anscheinend ziemlich ungemütlich war, also musste ich in irgendeinem Rhythmus auf und ab.
Zumindest hatte Ethan mir das so gesagt, auch wenn ich es nicht verstand. „So, und jetzt klopf nochmal die Beine zusammen und dann mit ihrem Rhythmus aufstehen und hinsetzen!" wies er mich an. Ich hatte zwar keine Ahnung, was er mit ihrem Rhythmus meinte, aber ich versuchte die Anweisungen so gut ich konnte zu befolgen.
„Gut, dann bring sie wieder in den Schritt." Ethan lächelte mir stolz zu und ich konnte nur den Kopf schütteln. Oder ich versuchte eben das zu tun, mit dem letzten Rest meiner Kräfte. „Willst du aufhören? Jetzt schon?" warf er mir vor und ich nickte. „Ich habe ein Problem mit dem Erstickungstod. Meine Vorfahren haben damit gar keine guten Erfahrungen gemacht." erklärte ich außer Atem.
Wieder nur ein Kopfschütteln von Ethan. „Waren es jetzt genug Naziwitze?" erkundigte er sich und ich schüttelte den Kopf. „Nö. Es gibt nie zu viele Witze über solche Themen! Also lass mich! Außerdem war meine Oma wirklich Jüdin!" erklärte ich ihm und er schüttelte nur wieder den Kopf.
„Gut, du weißt ja jetzt, wo der Sattel hingehört, oder?" Ethan wartete nicht einmal mehr auf meine Antwort und ging einfach mit Daisy in ihre Box. Oh man, war er jetzt böse auf mich? „Jaja, Dennis weiß wo die Sättel hängen, Dennis ist ja nicht blöd!" redete ich mir selbst zu und stieß mit dem Fuß die Tür zur Sattelkammer auf.
Gerade noch hatte ich irgendetwas gehört, aber bis auf das Quietschen irgendeiner Tür war es absolut still im Raum. Aber woher kam dieses Quietschen? Von der Schwungtür zur Futterkammer! Das war die einzige logische Erklärung!
Ich hing den Sattel an seinen Platz, direkt zum Zaumzeug und ging dann zur Tür, um sie zu öffnen und zu schließen, aber im Raum zu bleiben. Kurz darauf hörte ich irgendjemanden flüstern und kichern und dann wurde das Quietschen schlimmer. Ganz leise ging ich zu der Tür, über die man in die Futterkammer sehen konnte.