Wie eine Marionette, steif und Ausdruckslos die Mine, zögernd der Schritt, so betritt er das Podium, unschlüssig zieht er den Zettel mit der vorgefertigten Rede aus der Innentasche seines Jacketts und ich denke mir, „wieder nur leere Versprechungen“ die von der Regierungsspitze unter die Menschenmenge geworfen werden. Das Mikrofon knurrt wie ein aufgekratzter Hund, denn als er die Brille aufsetzten will versetzt er diesem dabei einen heftigen Schlag. Er wird rot und stammelt eine Entschuldigung, dabei läuft sein Gesicht rot an. „Null Selbstbewusstsein“, denke ich mir und höre hinter mir leises Gelächter, ich drehe mich kurz um, „natürlich Schadenfreude“.
„Liebe Wähler und Wählerinnen“, die Worte schweben über die Menschenmenge hinweg und ich schalte auf Durchzug, wie man so schön sagt, doch ich beobachte die Anwesenden, manche schütteln den Kopf und zur gleichen Zeit nicken welche, das nenne ich „geteilte Meinungen“. Die Dame vor mir flüstert ihrem Begleiter etwas ins Ohr und beide lachen laut, der Herr hinter mir bekommt einen Schreikrampf, er brüllt wie von Sinnen, ich kann die Schimpfworte gar nicht wiederholen, Idiot ist noch das harmloseste, jetzt schüttle ich den Kopf, „das ist wahrscheinlich ein Fan der gegnerischen Partei“, geht es mir durch den Kopf und ich lasse meine Augen und Ohren wieder über die Menge gleiten. Weiter hinten in der Menschenmenge kann ich Sympathiefahnen erkennen, knallrot mit weißer Schrift „FEUERMANN der NATION“, was kann hier gemeint sein? Ich rate, vielleicht wollen sie Österreich an einen Billigbieter verheizen? Da erregt ein Vorfall ganz in meiner Nähe meine Aufmerksamkeit, zwei Frauen liegen sich in den Haaren, ich glaube es geht um die Gleichberechtigung im Beruf, gleiche Arbeit – gleicher Lohn – gleiches Pensionsantrittsalter. Das Gekreische der beiden Damen weckt sogar die Aufmerksamkeit des Redners, er blickt von seinem Zettel auf und …. er zeigt eine Regung, die Marionette erwacht für einige Sekundenbruchteile zum Leben, ich denke nur „erstaunlich, was Frauen alles bewirken können“, jetzt liegen die beiden Damen am Boden, die Menschenmenge verdeckt die Sicht. Ich wende mich wieder ab, das Publikum klatscht, ich überlege, „die Menschen sind leicht zu unterhalten“. Der Politiker nimmt ein Wasserglas zur Hand und blickt dabei ins Publikum, will er die Reaktionen der Menschen prüfen? Ich glaube, er ist zufrieden, er nickt ganz leicht, stellt das Wasserglas wieder ab und nimmt wieder den Zettel in die Hand. „Wir, die Partei der arbeitenden Bevölkerung“ , ich lasse die Worte wieder vorbeiziehen, da schreit ein Mann ganz laut seinen Unmut Richtung Rednerpult, er hat ein Megafon in der rechten Hand und einen Hammer in der Linken, den er bedrohlich in der Luft im Kreis schwingt, „arbeitende Bevölkerung, das ich nicht lache“, weiter kommt er allerdings nicht, da er von zwei Wachmännern von der Veranstaltung ausgeschlossen wurde. Ich überlege „wenigstens einer der nicht Willenlos und Beeinflussbar ist“. Endlich…..
Tosender Applaus und grelle Pfiffe beendeten die Wahlveranstaltung, die leeren Versprechungen verhallen in der Ferne, die Marionette verbeugt sich artig und verschwinden in der Dunkelheit. Ich gehe nach Hause und denke mir, „es bleibt sicher wieder alles so, wie es bis jetzt schon war“.