Üben und Trainieren
Diese Wochen des Trainings hatten angefangen Wirkung zu zeigen. Meine Kondition und Fitness hatten sich exorbitant erhöht. Die Runden im Park schaffte ich jetzt, ohne wie aus dem letzten Loch pfeifen zu müssen und auch mein Körper begann sich zu verändern. Des Öfteren hatte ich gedacht, mein Körper würde diese Belastung nicht mehr aushalten, aber der Geist war willig und stark, wo der Körper schwach war und so hatte ich mir öfters den Luxus von regenerativen Bädern gegönnt, denen ich viele magische Pflanzen und Öle zugefügt hatte. So hatte ich es geschafft meinen Körper auf ein gutes Level zu bringen.
Durch den Unterricht des Sensei entwickelte ich Muskeln an Stellen, die ich davor nicht mal im Ansatz gekannt hatte. Mein Körper veränderte sich sichtlich. Dort wo vorher eine weibliche Weichheit geherrscht hatte, stählte sich jetzt mein Körper in der Vorbereitung auf schwere Zeiten. Der Sensei zeigte sich über meinen Eifer und Ehrgeiz erfreut, aber auch überrascht. So hatte er mir in der letzten Stunde mitgeteilt was für unglaubliche Fortschritte ich in den letzten Wochen gemacht hatte. Ich bedankte mich sehr für das Kompliment, bat ihn aber auch immer weniger Rücksicht im Kampf auf mich zu nehmen und erst recht nicht darauf, dass ich eine Frau war. Mittlerweile würde ich sagen, dass er meine Spleenigkeit akzeptiert hatte und aufgrund meiner Opferbereitschaft sich in seiner Ehre gepackt sah, mir wirklich das Kämpfen beizubringen, ohne Wenn und Aber. Wenn man den Sensei um etwas bat und er der Bitte nachkam, tat er dies ohne Mitleid. Man hatte sich ja vorher mit der Bitte beschäftigt und wusste somit was auf einen zukam.
So steigerte er die peu à peu die Aggressivität in seinen Angriffen. In den folgenden Tagen wurde das Training mörderisch grausam. Als das erste Mal Blut floss, zeigte er sich besorgt, was ich ihm sofort ausreden konnte mit dem Hinweis, dass dies ja nur meine Nase war. Dass Blut floss, konnte schon mal bei so einer Sportart passieren und genau das war was ich wollte, die Realität. Jetzt schaute er mich genauso an wie Rita Skeeter, so, als hätte ich den Verstand verloren und als würde er an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln. Ich konnte ihn dann aber doch davon überzeugen, dass andere Gegner auch keine Rücksicht auf eine blutende Nase nehmen würden und sagte ihm, dass ich im Spind genügend Mittelchen hatte, um die Nase schnell wieder zu heilen.
Was ich dann auch später in der Umkleide mit meinem Zauberstab tat, mit einem einfachen Episkey. Das Knirschen der Knorpel, als sie sich wieder richtig ausrichteten, tat nicht nur in den Ohren weh, aber der Schmerz war auszuhalten, wenngleich er mir die Tränen in die Augen trieb und ich tief Luft holen musste. Wie gesagt, ich erlangte eine gewisse Schmerzresistenz, was Besseres konnte mir doch gar nicht passieren, wenigstens versuchte ich mir dies immerwährend einzureden. Ein wenig Make-up gegen die blutunterlaufenen Stellen im Gesicht, denn die wollte ich meinen Eltern echt nicht erklären und ich war wieder vorzeigbar. Der Sensei blickte am nächsten Tag mehr als nur verwundert auf meine geheilte Nase. Ich schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln, das er vorsichtig
erwiderte. Da wir uns schon darauf geeinigt hatten, dass es einige Dinge gab, die bei mir merkwürdig ablaufen würden, ich sie ihm aber nicht würde erklären können, fragte er nicht, denn der Sensei hatte dies akzeptiert. Doch ich konnte mir vorstellen, dass ihn seine Neugier fast umbrachte, aber er war ein sehr beherrschter Mann.
Danach nahm er sich nicht mehr zurück. Es wurde schmutziger, gefährlicher und er schien seine Skrupel zu verlieren, nachdem er erkannte, dass er mich nicht dauerhaft verletzte, so kam es mir sogar vor, als würde er diesen Umstand genießen. Ich erhielt nicht mehr nur blaue Flecken, sondern richtige Verletzungen und Wunden im nun gnadenlosen Training. Mein Verstand durfte ab hier wirklich angezweifelt werden. Ich wurde langsam aber sicher zäh! Schmerzen durch die täglichen Schläge bereiteten mir immer weniger Probleme, wenngleich ich sie nicht mochte. Ich lernte einen permanenten, pochenden Schmerzpegel zu ignorieren und zu ertragen und trotzdem einwandfrei zu funktionieren. Die Stunden zwischen den Trainingseinheiten, bevor mir wieder neue Verletzungen zu gefügt werden konnten, war zur vollständigen Regeneration einfach zu kurz und somit war ich um meine Tränke und Salben doppelt so dankbar. Nur versuchte ich, sie nicht zu häufig oder exzessiv zu nehmen, da ich weder ihre Wirkung durch zu häufiges nehmen schwächen, noch von ihnen abhängig werden wollte.
So lernte ich mit dem täglichen Schmerz zu leben.
Es ist wohl klar, dass ich selbst manchmal an mir und dem was ich tat, zweifelte, aber trotzdem würde ich den einmal eingeschlagenen Weg gehen. Ob es mir gefiel, oder nicht. Es war zumindest besser, als gar nichts zu tun und zu großes Selbstmitleid verbot ich mir vehement. Es war eine gute Übung. Wie immer war ich gewillt, alle mir zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen aber es war auch sehr anstrengend, da mir die Zauber nicht so ohne weiteres von der Hand gingen, aber es wurde immer besser, obwohl ich sehr klar erkannte, dass ich keine geborene Heiler-Hexe war.
Dabei musste ich aber auch einsehen, dass mir die schwarzmagischen Flüche um Rita, sehr viel weniger Probleme bereitet hatten, als die zum Teil sehr komplizierten Heilzauber. Natürlich schaffte ich es wie gewohnt, diese Zauber zu sprechen, aber es lag mir nicht wirklich und es machte mir keinen Spaß! Alles in allem war es eine hervorragende Vorbereitung auf die doch sehr ungewisse und immer dunkler erscheinende Zukunft. Die Berichte im Propheten meldeten in den letzten Wochen immer wieder das Verschwinden von Zauberern, die Wenigsten tauchten wieder auf. Auch die
Muggelzeitungen schrieben über ungewöhnliche Geschehnisse, die für sie nicht zu erklären waren, mir aber durchaus Hinweise auf umtriebige Death Eater lieferten. All dies bestätigte mich in meinem Tun. Ich hatte keine Sekunde zu früh mit den Vorbereitungen begonnen. Gerade in solchen Situationen musste ich oft an Harry oder Ron denken und daran, dass sie sich mit Sicherheit nicht vorbereiteten und ihre Ferien in Rons Fall genossen und Harry, tja, er würde von seinen Verwandten auf die ein oder andere Wiese geärgert werden.
Ich hatte sowohl Ron als auch Harry Briefe geschrieben. Harry hatte ich zusammen mit Ron Schokolade als Geschenk für seinen fünfzehnten Geburtstag geschickt. In meinen Briefen versuchte ich Harry über den Horror, Cedrics Tod live miterlebt zu haben, zu trösten, aber dass dies half glaubte ich nicht wirklich, denn ich selbst war untröstlich. Ich war mir nicht sicher, wie ich die beiden motiviert bekommen sollte mehr zu machen, nicht nur zu lernen, mehr zu sehen, mehr zu hören. Ach, ich weiß nicht, das Ganze viel, viel ernster zu nehmen, denn alles konnte ich auch nicht tun. Mein Wunsch war, dass sie erwachsen wurden und zwar schnell! Ich wusste, Harry hatte es nicht einfach und er klammerte sich an eine scheinheilige Jugend, unter Anbetracht, dass er nie eine unbeschwerte Kindheit gehabt hatte. Ich hoffte nur, dass er nicht zu schlimme Albträume hatte und es schaffte sich davon zu distanzieren. Obwohl ich wusste, dass er sich noch immer die Schuld gab, dass Pettigrew damals im dritten Jahr entkommen war und somit die Möglichkeit gehabt hatte Cedric zu ermorden, als sie beide an dem Friedhof angekommen waren, aber das war nun mal Schicksal und leider kannte ich Harry nur zu gut. Er versank gerade sicher im Selbstmitleid.
Ich hoffte für Harry einfach mal das Beste und versuchte mich auf meine vor mir liegenden Aufgaben zu konzentrieren. Seit der dritten Woche der Ferien beschäftigte ich mich intensiv mit dem Thema der Okklumentik und Legilimentik. Dies war ein Thema, was mich schon früh interessiert hatte, aber als ich bemerkte was für ein Aufwand dahinter stand, hatte ich es erst mal von mir geschoben, aber nun erschien es mir elementar wichtig. Wenn ich bedachte, dass es ein Death Eater geschafft hatte, sich fast ein Jahr lang unerkannt in Hogwarts einzuschleichen, wurde mir übel!
Was hätte dieser alles für Informationen erschleichen können, wenn er dieser Magie fähig gewesen wäre, somit wollte ich mich nicht nur schützen, sondern auch für den eigenen Angriff rüsten. Ich besorgte alle Informationen, um dann die Okklumentik in Angriff nehmen zu können, da ich die Verteidigung hier erstmal in den Vordergrund stellte, was sich letztlich dann doch als sehr zeitaufwändig erwies. In meinem Buch stand dies:
Okklumentik (lat. occultare = verstecken und mens = Gedanke, Geist) ist die magische Kunst, mit deren Hilfe es einer Person möglich ist sich gegen Gedanken und Gefühle von anderen abzuschirmen. Wer diese Kunst beherrscht, kann seine wahren Einstellungen und Empfindungen selbst vor denen geheim halten, die ihn mit mächtigen, magischen Mitteln zu durchschauen und zu beeinflussen versuchen. Wie bei der Abwehr des Imperiusfluchs erfordert dies viel Willenskraft: Nur der eigene Wille kann verhindern, dass der andere die eigenen Empfindungen, die traurigen, glücklichen oder verletzenden Erfahrungen zu sehen bekommt. Okklumentik ist leicht aufzubrechen, wenn ein Möchte-gern-Okklumentiker sich nicht voll auf die Geheimhaltung seiner Gedanken und Gefühle konzentrieren kann. Er ist verletzlicher, wenn er wütend ist oder andere starke Emotionen ihn ablenken. Wenn er müde ist, hat sein Gegner leichtes Spiel, weil seinem Vordringen wenig Widerstand entgegengebracht wird. Um seine Gedankenwelt im Schlaf vor fremden Eindringlingen zu schützen, kann keine aktive Okklumentik betrieben werden. Es ist deshalb hilfreich, vor dem Einschlafen immer bewusst den eigenen Kopf leer zu machen.
Nun gut, der nötige Wille sollte vorhanden sein und ich glaubte auch genug Willenskraft zu besitzen, sonst würde ich schon längst meinen irren Tagesablauf aufgegeben haben. Ich war mir sicher, dass Snape und Dumbledore diese Kunst beherrschten und es würde mich auch nicht wundern wenn sie diese des Öfteren benutzten. Ich musste mich dagegen wappnen, denn es würde mir gar nicht in den Kram passen, sollten sie so einfach in meinen geheimsten Gedanken herum schnüffeln. Das könnte Konsequenzen mit sich bringen, die ich noch nicht bereit war zu tragen. Eine der wichtigsten Dinge, um diese Kunst seinen Geist zu verschließen zu erlangen, war das Meditieren zu erlernen. Für einen so unruhigen Geist wie meinen nicht die leichteste Übung, aber ich nahm auch diese
Herausforderung wieder an und nahm mir vor jeden Tag zu meditieren und dabei zu üben, wie es in dem Buch beschrieben wurde, den Geist zu leeren kurz vor dem Schlafen.