Angespannte Stille lag über der kleinen Kammer, unterbrochen vom gelegentlichen Knistern und Flackern der Öllampen und dem Atem der anwesenden Personen. In der Mitte des Raumes trat der alte, weißbärtige Mann vom Podest mit dem Buch zurück. „Wenigstens haben wir eine Lösung und eine Erklärung gefunden.“ Das Zittern in seiner Stimme verriet, dass auch ihn die Informationen schockierten. Es war weit schlimmer als alles, an das sie gedacht hatten. Dies war nicht das erste Mal, dass sich die Pseudonyme seltsam verhielten. Vermutlich war es damals auch nach der Winterinvasion oder mittendrin geschehen. Die verdammten Winterdämonen! Da hatte man sie gerade zurückgeschlagen und dann kam sowas. Prismin versuchte, sich nicht von ihrem Ärger überwältigen zu lassen und sich auf die Situation zu konzentrieren.
Der große Hühne von einem Krieger reckte den Kopf. „Wir werden die Zutaten finden, alle acht! Wir werden sie hierherbringen und der Lava übergeben und damit das Gift neutralisieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir das schaffen werden! Belletristica ist unsere Heimat und die verteidigen wir, koste es, was es wolle. Wenn es braucht, dass wir diese Zutaten finden, dann finden wir sie – und wenn es drei Monate dauert. Wir neutralisieren dieses verfluchte Gift!“
Von der Gruppe kam zustimmendes Gemurmel. Sie würden ihre Weihnachtspseudonyme zurückholen und verhindern, dass noch mehr Pseudonyme vergiftet wurden. Sie würden den Fluch nicht bestehen lassen!
Von außen drangen Fußgetrappel und Rufe zu ihnen. Es hörte sich an, als würde eine Gruppe von Leuten nach etwas suchen. Nach etwas oder nach jemandem. Wie es schien, hatten die Weihnachtspseudonyme die Lebensfunkenkammer verlassen und suchten nach ihnen.
Die Blicke der Anwesenden gingen zur Decke. Nachdem sie den Bericht in dem Buch gelesen hatten, war ihnen mulmig zumute. Wollten ihre Pseudonyme auch sie töten?
„Denkt ihr, sie werden uns finden?“, fragte das kleine Mädchen.
„Nein, ich denke nicht“, meinte Prismin nach kurzem Zögern, „wir selbst haben diese Kammer fast übersehen. Sie scheint seit langer Zeit nicht mehr betreten worden zu sein.“
Nach einer Weile verklangen die Schritte und Rufe, es wurde wieder still im Lebensfunkentempel.
Der Krieger trat auf den Ausgang der Kammer zu. „Es wird Zeit, dass wir aufbrechen. In dem Buch steht, dass die Zutaten am stärksten wirken, wenn jeder sie einzeln sucht.“
„Moment!“, rief der weißbärtige Alte, „in zehn Tagen ist der große Pseudonym-Feiertag. Da werden hier viele Belletristicans auftauchen und Pseudonyme erstellen. Vorher sollten wir zurück sein und das Gift neutralisiert haben, sonst haben wir keine Chance gegen die Pseudonyme. Wir haben nicht viel Zeit!“
Der Krieger hielt inne, besorgte Blicke wurden getauscht.
„Wir müssen die Leute warnen“, sagte das kleine Mädchen, „sie dürfen keine Pseudonyme erstellen. Sie dürfen den blauäugigen Pseudonymen nicht vertrauen. Ich werde nach Masquera gehen und Warnungen in alle Winkel Belletristicas verschicken.“
Der Vampir schnaufte belustigt. „Eine gute Idee, aber du glaubst doch wohl nicht, dass wir alle Leute davon abhalten können, Pseudonyme zu erstellen! Nicht alle werden uns glauben. Sie werden trotzdem hierherkommen und ihre Pseudonyme kreieren.“
Betretenes Schweigen.
„Eine Warnung ist besser als nichts“, sagte der weißbärtige Mann.
Die Schattenfrau erklärte sich ebenfalls bereit, vor ihrer Suche nach den Zutaten die Leute zu warnen. Sie meinte, dass zwei Leute besser seien als eine, sollte etwas schief gehen.
Damit trat die Gruppe aus der Kammer heraus, der Krieger zuerst. Er sah sich um, von den Pseudonymen war nichts zu sehen oder zu hören.
Gemeinsam trat die Gruppe durch das Eingangsportal des Lebensfunkentempels, welches offen stand. Die Sonne stand hoch am Himmel und die Suchenden wünschten sich gegenseitig viel Glück.