Mein Weg führte über eine sandige Straße, deren Wegrand eine moderne Westernstadt des 21. Jahrhunderts zierte. Holzelemente, wie man es von früher kannte, vermischt mit futuristischem Stahl. Schon seit geraumer Zeit wohnte ich dort, dennoch mieden mich die restlichen Bürger. Ob es mein Zuzug oder der verstorbene Ehemann (ein Einheimischer) zu verantworten hatte, war mir nicht klar. Geld verdiente ich als Aushilfe im ansässigen Saloon, was die meisten Leute wohl als eine Beleidigung ihrer Stadt ansahen.
Mein Weg führt mich zum Bürgersaal, in dem zu diesem Zeitpunkt eine Versammlung stattfand. Ich stellte mich in eine Ecke des vollen Saals, dort wo der einzige Mann stand, dem ich vertraute. Wir nickten uns zu, als ich neben ihm zum stehen kam. Er war größer als ich. Die längeren schwarzen Haare unter einem dunkelbraunen Cowboy-Hut harmonierten mit dem ebenfalls dunklen Schnurrbart, sowie einem Bart. In der Stadt ist er eine angesehene Person und niemand wusste, dass wir zusammen sind. Manche Geheimnisse mussten eben bewahrt werden.
Während der Hetzrede des Bürgermeisters suchte er ständig meine Nähe. Doch ich wies ihn ab. Niemand sollte von uns beiden erfahren. Eine Witwe musste in dieser Stadt immer eine Witwe bleiben. Doch schien ihm diese Tatsache egal zu sein. Hartnäckig wie er nun einmal war, versuchte er mich in den Arm zu nehmen. Geschickt wandte ich mich ab, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Allerdings waren die Leute ohnehin gebannt von den grausamen Worten des Stadtoberhauptes.
Er nahm meine Hand und führte mich aus dem vollen Saal, einen Gang entlang. Die dicke Staubschicht auf den Regalen zeugte von einer jahrzehntelangen Nichtnutzung. Nur die Fußabdrücke im Staub deuteten auf Menschenverkehr. Diesen Teil des Gebäudes schien selbst der Bürgermeister vergessen zu haben.
Leise Musik drang an meine Ohren. Als wir um eine Ecke bogen, tauchte eine Tür auf, hinter der wohl die Quelle lag. Der Raum dahinter hatte die gleiche Größe wie der Saal, in welchem sie vor kurzem noch gestanden hatten. Kartons stapelten sich an den Wänden. Gegenüber der Eingangstür befand sich eine alte Bar, die aus dem vergangenen Jahrtausend stammte. Auf dessen Theke gab ein Radio, welches bessere Zeiten gesehen hatte, ebensolche Musik zum Besten. Mitten im Raum tanzten viele junge Leute, die meisten Männer, die ich nur flüchtig aus der Stadt kannte. Schlagartig wurde mir bewusst, dass mein Freund ein Teil des „Widerstandes“ sein musste, der sich in den letzten Monaten gebildet hatte.
Er nahm meine Hand, um mich auf die Tanzfläche zu führen und erklärte mir, dass sie etwas zu feiern hätten. Ihnen war der nächste Schritt gelungen, welcher die Stadt aus der Steinzeit befördern sollte.
Meine Taille umfassend begannen wir langsam zu de Musik zu tanzen. Ich lächelte ihn aufrichtig an und er mich. Die restlichen Tanzpaare verschwammen, bewegten sich in Zeitlupe, denn es gab nur uns beide. Ich wusste, bei ihm war ich sicher. Jetzt konnte es nur noch besser werden in dieser erbärmlichen Stadt, die niemanden lebendig davon kommen ließ.