Nachdenklich betrachtete sie die unterschiedlichen Hafengebäude beim George’s Dock. In zwei Tagen legte das Schiff Richtung Neue Welt ab. Die Begegnung mit einem Adligen aus dem Hause Essex hatte ihre Reise verzögert. Sie verfluchte den Tag, an dem sie von Bremerhaven kommend in Southend-on-Sea an Land und ihm in die Arme gelaufen war. Fünf bis sechs Wochen, dann war sie den Mann los. Sie lächelte zufrieden und spazierte weiter an den Segelschiffen entlang. Leises Knurren hinter ihr brachte sie aus dem Tritt.
„Wo willst du hin, Liebste? Ich habe dir bereits gesagt, dass du mir nicht entkommst. Es bringt dir nichts, dich auf einem dieser Schiffe zu verstecken. Keines wird abfahren, wenn du nicht an meiner Seite bist“, raunte er ihr ins Ohr. Oh, wie verachtete sie diesen Mann! Er nahm ihr das, was sie am meisten benötigte – ihre Freiheit.
„Entschuldige bitte, ich freue mich unbändig auf die neue Heimat.“ Dann war die Flucht in greifbarer Nähe. Sie ballte die Hände zu Fäusten.
„Auch dort wirst du bei mir bleiben.“ Er packte sie grob am Arm. „Was mir einmal gehört, gebe ich nicht wieder her.“ Der Mann zog die junge Frau hinter sich her, weg vom Hafen, weg von den Schiffen, die Freiheit verhießen. Die Sonne näherte sich dem Horizont. Fern im Westen, über dem weiten Meer, tauchte sie den Himmel in ein warmes Orange. Eine kühle Brise kam auf, ließ sie scheinbar frösteln. Weniger das Wetter, mehr die Gesellschaft war für die Kälte in ihrem Innern verantwortlich. Nur noch einige Wochen, sprach sie sich in Gedanken Mut zu.
„Wir sind da“, knurrte ihr Begleiter herrisch, gewöhnt seinen Willen durchzusetzen. Die Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf. Sie kämpfte mit ihrem anderen Wesen, das an die Oberfläche drängte, um die Vorherrschaft. Es war zu gefährlich, Aufmerksamkeit zu erregen.
„Hier werden wir übernachten, bis unser Schiff ablegt.“ Er zerrte sie durch den Eingang in eine Art Schankraum mit schweren Holztischen, die im Gegensatz zu den üblen Spelunken in Hafennähe sauber waren. Dies war eine Unterkunft für Reisende, eine Herberge, wie sie gelernt hatte. Doch all die Sauberkeit machte nicht die Gesellschaft erträglicher, dachte sie wehmütig.