Stichwort: Herberge
Ich schluckte unbehaglich und spürte wie mir das Mitgefühl die Kehle hinauf kroch.
Hastig leerte ich mein Glas und stand auf, "ich werde dich nicht weiter stören."
Meine Stimme klang erschreckend dünn, holprig, wie eine Straße voller Schlaglöcher.
Ich kramte nach meiner Brieftasche, "lass etwas hier, mein Freund."
Fragend stierte ich ihn an und hielt in meinem Tun inne.
Ich hatte nichts, zum hierlassen, außer Geld.
"Wie viel kostet mich der Tequila?"
Ein stockendes Seufzen neben mir, "du hast es nicht verstanden," sie blickte mich an und ich erkannte einen Funken Menschlichkeit. Einen Hauch von früher.
"Er will etwas von dir," ich rückte etwas näher an sie heran, um alles verstehen zu können.
Ich verstand immer noch nicht, "was meinst du?"
"Etwas persönliches, menschliches," zischte sie und das wilde Flackern in ihren Augen nahm zu.
Ich öffnete meinen Mund, schloss ihn wieder, starrte nur in die weißen Wirbel.
"Deine Hose, deine Schuhe, eine Haarsträhne, Blut, für jedes Glas etwas anderes."
Verdammt, wie viel hatte ich getrunken?
"Das funktioniert nicht, meine Kleidung brauch ich noch."
Sie schenkte mir ein dünnes Papierlächeln und legte ihren Kopf schief.
"Mit Blut oder Haaren geht es schneller," sie wickelte sich eine ihrer Strähnen um den Finger.
"Deine Entscheidung."
"Ich verschwinde einfach."
Sie lächelte erneut, dieses mal jedoch amüsiert, dass wird nicht funktionieren.
Du wirst zurückkehren, solange bis du nichts mehr zu geben hast."
Ich hatte doch schon jetzt nichts mehr zu geben.
"Man hat immer was," schien sie meine Gedanken zu lesen.
"Hast du dir die Leute angesehen?"
Ich nickte wage.
"Ich meine wirklich angesehen?"
"Sie kam auf mich zu, also ja natürlich habe ich das!"
"Dann weißt du, dass man immer was zu geben hat."
Die Erkenntnis sickerte in meinen Verstand und die Gedanken kreisten in Panik durcheinander.
Sie musterte mich wissend und nahm sich das Glas vom Tresen.
"Kann ich nicht einfach was von hier nehmen?"
Sie schüttelte mit dem Kopf, "du kannst jedoch von Anderen stehlen."
Ich ließ die Antwort sacken und nickte dann leicht, "verstehe."
Sie wirkte nicht überzeugt, beließ es jedoch dabei und trank einen Schluck.
"Was passiert, wenn du den Schlüssel hier lässt?"
"Ich zerfetze dir die Kehle, reiße deine Leber heraus und verschlinge sie."
Meine Welt schien sich etwas zu drehen, doch so ganz schien ich ihre Worte nicht begriffen zu haben, denn ich starrte sie lediglich an. Ein weiterer Schluck, eine weitere Sekunde.
"Ich beliebe zu Scherzen,"
Die weißen Wirbel tanzten amüsiert, beinahe hypnotisch.
Zittrig ließ ich mich wieder auf meinem Stuhl nieder, "wirst du meine Frage beantworten?"
Sie strich nachdenklich über den Glasrand, "ich weiß nicht, was er "wert" ist."
"Hmm", machte ich schließlich und stützte meine Ellenbogen auf dem Tresen ab.
"Es gibt hier angeblich eine Herberge, voller Reisender, die nicht merken würden, wenn ihnen das ein oder andere abhanden kommt." Das klang doch ganz simpel.
"Warum bringst du dann einen Schlüssel mit?"
"Weil bis jetzt niemand die Herberge gefunden hat."