Rating: P12
Nach dem Prompt „Rindenspringspinne“ der Gruppe „Crikey!“
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Saweru lächelte erleichtert, als er sein Zuhause sah. Wie immer war es ein weiter Weg über die endlosen Sandhügel. Die salzige Brise blies ihnen scharf entgegen, und die sinkende Sonne blendete ihn, während sie rote Linien auf die rollenden Wogen malte.
Davor, auf einem sandigen Hügel, standen drei hölzerne Latten, vom Großen Volk über dicke Seile verbunden, obwohl es weit und breit nichts gab, das die Großen einzäunen könnten. Den Ozean konnte man nicht zähmen und die Palmen würden nicht weglaufen.
So nahmen sich die drei schiefen Holzpfeiler ziemlich seltsam aus, als sich die Libelle ihnen mit sirrenden Flügeln näherte. Einst waren sie Teil der Planken eines Schiffs gewesen, auf dem sich auch Saweru mit ein paar anderen Kundschaftern, seiner treuen Reitlibelle und mehreren Rudeln treuen Springspinnen versteckt hatte.
Dann hatte ein Sturm das Schiff getroffen. Ihr Teil der Reling war ausgebrochen worden. Die anderen Kundschafter hatten sich anderswo im Schiff versteckt gehalten, was aus ihnen geworden war, wusste Saweru nicht.
Seine Libelle landete auf dem mittleren Pfahl und er stieg ab. Die kleinen, braungemusterten Springspinnen in der Nähe begrüßten ihn mit fröhlichem Zirpen und wackelnden Vorderbeinen. Beide Holzlatten und die Seile waren dichtbewohnt. Das Rudel wuselte um Saweru herum, bettelnde Facettenaugen leuchteten auf, als er einige Krümel aus den Taschen zog und verteilte.
Dabei konnten sich die Spinnen problemlos selbst versorgen!
"Heute habe ich leider auch keinen Weg nach Hause gefunden", vermeldete er, ehe er einen kleinen Strich neben hunderte andere in das Holz kratzte. Er war nämlich mit einem wichtigen Auftrag unterwegs, er musste die neuen Gesetze der Königin verkünden. Und dafür musste er andere Feen finden!
Heute hatte er aber wieder nur ein wenig Tauwasser getrunken und die Palmen untersucht. In irgendeinem dieser merkwürdigen Bäume musste doch jemand wohnen ...
Die Spinnen dagegen hatten sich gut an diesen Ort gewöhnt. Sie hatten sich tiefgehend verändert. Statt eifriger Helfer, die liebend gerne apportierten und herumliefen, hingen sie jetzt meist in ihren Höhlen im Holz herum oder starrten auf das Meer hinaus. Sie kuschelten sich zusammen, schliefen viel und jagten sogar nur noch, wenn sie auch Lust darauf hatten. Oder eben Hunger.
So ... faul hatte er Springspinnen noch nie gesehen. Es hieß ja, dass ihre Kolonien sich an das Leben an fernen Orten anpassten.
Saweru ging in sein Zimmerchen in einer Astgabel, wo eine Hängematte aus nichtklebriger Spinnenseide hing, die er nach dem Vorbild der ansässigen Großen Leute gemacht hatte. Während er sich hineinsinken ließ, den Blick auf das Meer und ein Flöckchen Kokos im Mund, auf dem er herumkaute, fand er, dass das Leben hier gar nicht so übel war. Irgendwann würde er bestimmt andere Feen finden und seinen Auftrag ausführen können.
Aber das musste ja nicht heute sein. Entspannt kreuzte er die Arme im Nacken und schloss die Augen, während er dem Lied der Wellen lauschte.