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KAPITEL 21
Sein größter Cheerleader Teil I
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Mit meinen Freundinnen zu brunchen war mehr als überfällig. Ich kann kaum genug von den köstlichen Lachsbrötchen bekommen. Auch der Kaffee ist ausgezeichnet. Und natürlich dürfen auch Mimosas nicht fehlen. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich Brooke und Amber noch nie vollkommen nüchtern gesehen. Bei den erfrischenden Cocktails kann ich es ihnen allerdings nicht verübeln.
Brooke hebt ihr Sektglas an und nimmt einen Schluck. An ihr neues Gesicht muss ich mich noch gewöhnen. Ihre frisch aufgepolsterten Lippen gefallen mir. Sie sind nun deutlich voller, wirken jedoch nicht so unnatürlich, wie ich es sonst schon oft an meinen Mitmenschen bemerkt habe. Sie war in derselben Praxis, in der ich auch meine Brustimplantate machen lassen habe. Amber streicht durch ihr blondes Haar, dabei sieht sie mich an.
„Du bist heute so still“, stellt sie fest. Sie spießt ein Stück Gurke auf ihre Gabel und steckt es dann in den Mund. Kauend hält sie Augenkontakt mit mir.
„Naja, dass die Colts das erste Spiel verloren haben, hängt Matt ziemlich nach.“ Ich seufze und hebe dann ebenfalls mein Glas. Im Gegensatz zu Brooke trinke ich so lange, bis es leer ist. „Die Stimmung ist aktuell sehr eisig.“ Ich stelle das Glas etwas zu schwungvoll wieder auf den Tisch. „Ups.“
Brooke winkt ab. „Tief durchatmen, Süße. So ist das eben mit dem Sport. Mal gewinnt man und mal verliert man. Das, was du jetzt tun musst, ist ganz einfach. Lass dir die Haare machen, wirf dich in ein süßes Outfit und feuere Matt an. Das braucht er.“
„Ja“, stimmt Amber ihrer Schwester zu. „Anstatt deprimiert herumzuheulen, solltest du endlich mal wieder deinen hübschen Arsch in die Höhe bekommen. Du warst in letzter Zeit schwer zu ertragen.“
Erst machen mich Ambers Worte ein wenig sauer, doch dann knicke ich ein. Sie hat Recht. Ich war unerträglich und es stimmt auch, dass ich mit meiner depressiven Laune allen anderen um mich herum den Tag vermiese. „Ja, ich habe mich gehen lassen. Die letzten Wochen waren nicht meine beste Zeit. Es war alles so schwer und es ist fast unmöglich, wieder auf die Beine zu kommen.“
„Ja und das vollkommen ohne Grund. Sieh dich an. Du bist sexy, du bist süß, du hast einen geilen Mann, der dich anhimmelt und du ziehst ein Gesicht, als wärst du so ein armes Mädchen, dass nichts auf die Reihe bekommt. Nutz dein Privileg und mach endlich was daraus. Sack den Typen ein. Matt kümmert sich um alles, du musst nur noch den Nutzen verstehen und endlich realisieren, dass dir alle Türen offenstehen. Du musst nur noch hingehen und dir eine Tür aussuchen.“
Brooke nickt zustimmend, dann winkt sie einen Kellner herbei und deutet ihm, mir eine neue Mimosa zu bringen. Mit einem Lächeln wendet sie sich wieder an mich. „Ihr habt doch jetzt diese Haushaltshilfe. Du kannst alles, was dich nervt, stehen und liegenlassen und stattdessen malen, shoppen, feiern und dein Leben genießen. Du musst dir nie wieder Sorgen machen, Ilaria.“
„Und wieso mache ich mir dann ständig über irgendetwas Sorgen?“
Brooke antwortet mir: „Weil du mit deinem hübschen Köpfchen viel zu viel nachdenkst.“
Amber lehnt sich in meine Richtung. „Matt ist nett, sieht gut aus und er liebt dich. Er kümmert sich um dich und deine Sorgen. Erzähl ihm, was dich bedrückt und konzentrier dich auf deine Kunst.“ Sie lächelt, dann isst sie ein weiteres Stück Gurke. „Du bist Künstlerin. Nimm deinen Kummer und wirf schwarze Farbe auf die Leinwand, um auszudrücken, wie sehr dich die Dunkelheit verschlingt oder so.“
Erst blinzle ich irritiert, doch dann fange ich herzhaft an zu lachen. Dass Amber kein Interesse an Kunst hat, ist mir nicht neu, aber dass sie es versucht, um zu mir durchzudringen, amüsiert mich. Auf eine seltsame Weise funktioniert es sogar. Vorsichtig wische ich mir eine Träne von meinem unteren Augenlid. Als der Kellner mein neues Glas auf den Tisch stellt, kann ich gleich einen Schluck trinken. „Ja, du hast Recht. Ich werde wohl eher keine schwarze Farbe auf eine Leinwand werfen, aber ich verstehe, was worauf du hinauswillst.“
„Siehst du?“, fragt Amber, dann grinst sie ihre Schwester an. „War doch ganz einfach.“
Brooke zuckt mit den Schultern, dann lächelt sie. „Du hast doch heute bestimmt nichts mehr vor, hm?“
„Nein, ich habe nichts vor“, antworte ich ihr. „Was hast du im Kopf?“
„Du brauchst ein neues Outfit für das nächste Spiel.“
„Ein neues Outfit soll all meine Probleme lösen?“, hake ich amüsiert nach. „Wenn das so einfach wäre, hätte ich nie ein Problem gehabt.“
„Naja, nicht alle Probleme lassen sich mit einem neuen Outfit lösen, aber dieses schon“, berichtigt Brooke mich schnell. „Matt wird sich unterstützt fühlen und dann wird deine Beziehung wieder besser laufen. Manchmal ist es tatsächlich sehr einfach.“
„Ja, Männer sind ja teilweise auch sehr einfach gestrickt“, stimmt ihre Schwester ihr nun zu. „Als Frau muss man wirklich nicht viel machen, schon liegen Männer einem zu Füßen. Meistens reicht es vollkommen aus, dass man anwesend ist. Und bei dir ist es noch einfacher. Du weißt, dass Matt deine Unterstützung will und ihn anzufeuern ist wirklich keine große Sache. Er wird sich bestimmt freuen, wenn du sein kleiner süßer Cheerleader bist. Abgesehen von deinem Gejammere in letzter Zeit hast du ihn ja sowieso immer unterstützt.“
Ich nicke leicht. „Ja, in letzter Zeit war ich ziemlich verloren, aber ich denke, dass ich gerade dabei bin meinen Kurs wiederzufinden.“
„Ein paar schwarze Leinwände und du bist wieder fit“, meint Amber grinsend. Sie zwinkert mir zu, was mich zum Kichern bringt.
„Danke.“ Ich greife nach meinem Glas und lehne mich an meinen bequemen Stuhl. „Den heutigen Tag hatte ich wirklich dringend notwendig.“ Wer hätte gedacht, dass ein Brunch in einem Country Club mir eines Tages dabei helfen könnte, mein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen.
„Na dann gern geschehen“, antwortet Brooke stolz und hebt ihr Glas in meine Richtung.
· • ❀ • ·
Mein neues Outfit landet in der Waschmaschine und ich steige unter die Dusche. Für den kommenden Sonntag habe ich mir ein blaues Kleid ausgesucht. Ich werde noch einige weiße Accessoires und eine Schleife in den Haaren tragen, um tatsächlich ein wenig wie ein Cheerleader der Colts auszusehen. Meine Freundinnen haben Recht. Es ist kein großes Drama, wenn ich Matt unterstütze, denn genau das möchte ich ohnehin tun. Er tut so viel für mich. Und eigentlich ist es selbstverständlich, dass man einander den Rücken stärkt. Dieser Aufgabe bin ich in letzter Zeit nicht besonders gut nachgekommen. Ich war viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt und habe vollkommen vergessen, mich auch um Matts Bedürfnisse zu kümmern.
Müde und ein wenig beschwipst durch die Cocktails, die wir uns nach unserer Shoppingtour noch genehmigt haben, lehne ich mich an die kalte Fliesenwand, während das Wasser über meinen Körper läuft. In den nächsten Monaten wird sich alles in meinem Leben um Football drehen. Matt braucht mich und meine Unterstützung. Er braucht jemanden neben seinem Management, neben der NFL, der für ihn da ist, ohne dafür bezahlt zu werden. Jemand, der aus Liebe und nicht aus Profitgier handelt. So traurig es in meinem angetrunkenen Kopf auch klingt, bin ich mir trotz meiner Liebe zu ihm nicht sicher, ob ich dieser Mensch sein kann. Ich weiß nicht, ob ich genug Energie dafür habe. Matt hat so viel mehr verdient, als ich aktuell geben kann.
Eingekuschelt in meinen pinken Bademantel wandere ich durch das Haus. Ich betrachte die Fotos an den Wänden, die Bilder, die ich gemalt habe, die Erinnerungen, die hinter all diesen Momentaufnahmen des letzten Jahres stehen. Ich war glücklich. Ich bin mir sicher, dass ich glücklich war. Doch warum bin ich es jetzt nicht mehr? Was in meinem Kopf hat sich verändert, dass ich nicht mehr das glückliche Mädchen auf den Fotos sein kann? Und wieso ist die kurzfristige Besserung, an der ich mich so gerne festklammern wollte, wieder außer Sichtweite?
Die Tür zu meinem Atelier steht offen. Ich trete ein und spaziere auch hier ziellos im Kreis. Aus den Regalen ragen Leinwände, Blöcke und Skizzenbücher. Neue, unbenutzte Farben, Pinsel und Spachteln, die niemals eine Leinwand zu Gesicht bekommen haben, stehen einsatzbereit im Raum verteilt herum. In der Mitte des Raumes bleibe ich vor meinem unvollendeten Kuss-Bild stehen. Ich muss mir unbedingt Zeit dafür nehmen, es fertigzustellen.
Ich kann das Auto von Matt hören. Um zu prüfen, ob es sich wirklich um ihn handelt, sehe ich aus dem Fenster. Er fährt in die Garage, also mache ich mich auf den Weg nach unten, um ihn zu empfangen. Matt schließt die Tür hinter sich, dann bemerkt er mich. Ich hebe die Hand, um ihn zu begrüßen.
„Baby, du bist ja noch wach“, stellt er überrascht fest. Er sieht müde, jedoch gut gelaunt aus. Er muss einen schönen Tag gehabt haben.
„Ja, ich komme gerade aus der Dusche und wollte langsam ins Bett.“
„Ich dachte, du schläfst schon, weil du mir nicht geantwortet hast. Ich habe dir geschrieben.“ Um einander richtig zu begrüßen, geben wir uns einen sanften Kuss.
„Tut mir leid, das muss ich übersehen haben. Mein Akku war fast leer, also liegt es oben im Schlafzimmer.“
„Egal, macht nichts. Ich dusche noch schnell und dann können wir kuscheln.“ Er grinst frech. „Und vielleicht auch ein bisschen mehr?“
Kichernd gebe ich Matt einen sanften Schubs. Er rührt sich nicht von der Stelle. „Wenn ich bis dahin nicht eingeschlafen bin, vielleicht.“
„Dann muss ich mich beeilen.“
Wir gehen zusammen die Treppe nach oben. Mein flauschiger Bademantel fällt auf den Boden des Schlafzimmers. Während ich mich im Bett verkrieche und unter meiner Decke einkuschle, betritt Matt das Badezimmer. Mit geschlossenen Augen lausche ich dem Rauschen der Dusche. Jetzt, da ich liege, spüre ich deutlich, dass der Raum sich dank den Cocktails dreht. Schlecht ist mir glücklicherweise jedoch nicht. Ich kuschle mich an mein Kissen und warte darauf, dass Matt zu mir ins Bett kommt. Es ist irgendwie deprimierend zu wissen, dass das restliche Jahr wohl genau so verlaufen wird. Wir werden oft getrennt sein, denn ich kann ihn nicht zu all seinen Terminen begleiten.
„Schläfst du schon?“
„Nein, komm zu mir.“
Matt steigt zu mir ins Bett. Ich werde sofort an seine Seite gezogen und geküsst. Ich kann schmecken, dass er sich gerade die Zähne geputzt hat. Unsere Lippen berühren sich immer und immer wieder. Matt küsst meinen Hals und fasst an meinen Hintern. Ich drücke ihn sanft von mir. „Nicht so stürmisch.“
„Sonst ist es dir nicht stürmisch genug“, entgegnet er mir. Noch bevor ich ihm antworten kann, bekomme ich einen weiteren, sanften Kuss. „Besser?“
„Ja“, antworte ich ihm beinahe lautlos und schließe meine Augen. Wir küssen und berühren uns. Seine große Hand gleitet über meinen Rücken, bis hin zu meinem Oberschenkel. Er zieht mein Bein an sich und legt es um seine Hüfte. Es fühlt sich gut an, dass wir das Vorspiel heute wieder ausdehnen. Dadurch kann ich mich deutlich besser entspannen.
Matt löst unseren Kuss. „Können wir heute etwas Neues probieren?“, fragt er mich leise. Ich öffne meine Augen und sehe ihn an. Die Lampe an seinem Nachttisch ist hell genug, um das Zimmer zu erleuchten. „Ich hab' nachgedacht und weiß, was ich gerne machen würde.“
„Was ist es denn?“
Matt druckst ein wenig herum. Es ist ihm anzusehen, dass es ihm schwerfällt, über seine sexuellen Wünsche zu sprechen. „Könnten wir das Kondom weglassen, wenn du mir einen bläst?“
Ich nehme mir Zeit, um darüber nachzudenken, doch dann frage ich: „Dann soll ich schlucken?“
„Nein, du kannst es auch ausspucken oder wir hören vorher auf und du machst es mit der Hand.“ Matt streichelt meinen Kopf. „Nur wenn du willst. Und beim nächsten Mal machen wir das, was dir gefällt.“
Ich überlege einen Moment. Oralsex ohne Kondom habe ich noch nie ausprobiert. Ich hatte immer ein wenig Angst davor, dass es unangenehm sein könnte oder ich mich vielleicht ekeln und dadurch die Stimmung ruinieren würde. Ich möchte auch Matt nicht das Gefühl geben, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Kondome mit Aroma waren dafür bis jetzt immer ein guter Kompromiss und haben mir dabei geholfen, auch Spaß dabei zu empfinden.
„Und wenn ich dazu keine Lust habe? Verzichten wir dann auch auf die Dinge, die ich ausprobieren will?“
„Es wäre schon fair, wenn jeder von uns etwas vorschlägt, oder nicht?“
„Ja, das stimmt.“
„Muss ja auch nicht heute sein.“ Matt streicht über meinen Arm. „Komm her und lass dich küssen.“ Nachdem ich durchgeatmet habe, lege ich meine Hand an Matts Brust. Wir küssen einander. Er gibt sich große Mühe damit, mich zu berühren, zu streicheln und mir das Gefühl zu geben, geliebt zu werden.
Mir wird klar, dass wir beide unsere Komfortzonen verlassen müssen, wenn wir unser Sexleben wieder neu entfachen wollen. Ich ziehe an Matts Arm und bringe ihn dazu, sich an den Rand des Bettes zu setzen. Nach einem letzten Kuss steige ich aus dem Bett und knie mich vor ihn. Ich beginne damit, ihn mit meiner Hand zu massieren. Als ich mich nach vorne beuge, streichelt er meinen Kopf. Ich öffne meine Lippen und küsse Matts Erektion, bevor ich sie in den Mund nehme. Mein Freund streichelt meinen Kopf und beginnt anschließend damit, meinen Nacken zu kraulen, während ich meinen Kopf auf und ab bewege. Ich denke nicht zu sehr darüber nach, was ich tue, während ich ihn befriedige. Für einige Sekunden lasse ich von ihm ab, um zu ihm nach oben zu sehen. Meine Hand bewegt sich fast von selbst. Ich grinse leicht, als ich sein entspanntes Gesicht betrachte. Matt sieht zufrieden aus und er klingt auch so. Sanft drückt er meinen Kopf wieder zwischen seine Beine und ich lasse mich von ihm leiten. Ich kann Matt stöhnen hören. Motiviert davon, ihm einen seiner Wünsche zu erfüllen, bewege ich mich schneller. Er greift nach meinem Zopf und zieht leicht an meinen Haaren. „Fuck, Baby. Warte, warte.“
Ich hebe meinen Kopf aus seinem Schoß, dann spüre ich schon an meiner Hand, dass er kommt. Ich drehe mich zur Seite und kneife meine Augen zusammen. Als ich etwas Warmes an meinem Gesicht und meinem Hals spüre, kann ich nicht anders, als mich zu ekeln. Obwohl mir klar war, dass Matts Ausdauer ausbaufähig ist, habe ich nicht damit gerechnet, dass er so schnell zu seinem Orgasmus kommt. Er hebt mein Kinn an. Ich bin ziemlich sicher, dass er mich ansieht, also öffne ich mein Auge. Der zufriedene Ausdruck in seinem Gesicht verschwindet, als ich ihn ansehe.
„Matt…“
„Warte, beweg dich nicht.“ Ich hebe meine Hände und leide still vor mich hin, während er aufsteht. „Baby, es tut mir leid.“ Er drückt mir ein Taschentuch in die Hand und wischt mit einem weiteren vorsichtig über meine Wange. „Ist alles okay? Warte, mach das vielleicht selbst, ich will dir nicht wehtun. Tut mir echt leid.“
„Ja“, antworte ich wenig begeistert und wische mir über den Hals und mein Gesicht. „Ich muss ins Badezimmer. Du hast mein Auge getroffen.“
„Tut es weh? Soll ich dir helfen?“
„Nein. Lass mich nur aufstehen“, antworte ich vielleicht etwas zu streng und stehe auf. Mit zusammengekniffenem Auge eile ich ins Badezimmer. Ich wische noch einmal über mein Gesicht und lasse das Taschentuch dann in den Mülleimer fallen. So einfach ist das jedoch nicht, denn es klebt an meiner Haut. „Widerlich.“ Ich wasche mir mein Gesicht. Als ich wieder klarsehen kann, stelle ich die Dusche an und steige hinein.
„Bist du sauer?“, erklingt Matts Stimme hinter mir. Die durchsichtige Glaswand der Dusche trennt uns beide voneinander. Das warme Wasser hat noch nie so gutgetan wie in diesem Moment.
„Nein“, antworte ich ihm und wasche noch einmal mein Gesicht.
Matt spricht sehr laut, damit ich ihn auch gut verstehen kann: „Das war wirklich nicht das, was ich mir gewünscht habe.“
„Was dachtest du, was passiert? Dass ich es toll finde, wenn ich es ohne richtige Vorwarnung ins Gesicht bekomme?“, frage ich nach.
„Keine Ahnung, in Pornos ist das auch scharf. Aber da reagieren die Frauen anders.“
„Oh, wow, jetzt ist es meine Schuld, dass ich deine Fantasie kaputt mache?“
„Nein“, antwortet er etwas lauter. Er öffnet die Duschkabine. „Es gefällt mir bei dir nicht. Das war eine beschissene Idee.“
„Ach, dann liegt es an mir? Bin ich nicht pervers genug? Mach wieder zu. Es ist kalt.“
Matt rollt mit den Augen. „Du hast das falsch verstanden. Es liegt nicht an dir. Du hast nichts falsch gemacht. Ganz im Gegenteil, es hat sich gut angefühlt. Naja, bis auf das Ende eben. Als Fantasie ist es okay, aber als ich dich gerade gesehen habe, tat es mir einfach nur leid. Das war nicht sexy, sondern irgendwie entwürdigend und traurig. Eben nicht das, was ich erwartet habe.“
„Ach, tatsächlich? Geh' weg. Mir ist kalt.“
Matt hebt seine Hände, dann seufzt er und schließt die Kabine. „Baby, es tut mir wirklich leid. So sollte das nicht laufen.“
„Glaub mir, ich habe mir das auch anders vorgestellt. Gib mir bitte ein paar Minuten.“
„Ich warte im Bett auf dich.“
Ich nehme mir lange Zeit, mir die Haare noch einmal zu waschen. Auch mein Gesicht bekommt viel Aufmerksamkeit. Vielleicht sogar etwas zu viel, denn nach und nach brennt mein Auge immer mehr. Die Müdigkeit bricht über mich herein. Ich lasse mich berieseln und genieße das Wasser. Etwas Neues auszuprobieren ist vielleicht doch nicht die Lösung unserer Probleme. Wahrscheinlich sollte ich mir etwas Anderes einfallen lassen, um unsere Leidenschaft neu zu entfachen. Ich stelle das Wasser ab, steige aus der Dusche und sehe in den beschlagenen Spiegel. Mit meiner Hand wische ich darüber. Ich begutachte mein Auge. Es ist ein wenig gerötet, doch sonst scheint alles in Ordnung zu sein. Bevor ich zu Bett gehe, trockne ich meine Haare noch einmal und knete einen Tropfen Öl hinein. Danach putze ich mir noch die Zähne, wobei ich immer wieder in den Spiegel sehe, um mein gerötetes Auge zu betrachten.
Matt schläft bereits, als ich zurück ins Schlafzimmer komme. Ich muss zugeben, dass ich erleichtert bin, dass er eingeschlafen ist und nicht wach im Bett sitzt und darüber reden möchte. Ich wüsste nicht, was ich sagen sollte. Ich schlüpfe in ein Nachthemd und kämme mir die Haare, bevor ich sie noch einmal trockne und dann grob flechte. Jetzt, da ich mich gewaschen habe, finde ich es auch gar nicht mehr schlimm. Manchmal passieren solche Pannen beim Sex. Nichts ist perfekt. Am Fuß des Bettes erblicke ich meinen zusammengeknüllten Bademantel, den ich gleich aufhebe und an den Haken im Badezimmer hänge.
Das Bett ruft nach mir. Vorsichtig streiche ich durch Matts Haar, dann decke ich ihn fester zu. Ich knipse außerdem das Licht an seiner Seite des Bettes aus. Das Zimmer wird augenblicklich vollkommen dunkel. Ich überlege, ob ich mich zu Matt ins Bett legen sollte oder ob ich im Gästezimmer oder lieber auf der Couch schlafen soll. Da ich eigentlich gar nicht wütend auf ihn bin, beschließe ich, hier zu bleiben. Ich lege mich ins Bett und kuschle mich an ihn. Matt duftet gut. Im Schlaf legt er seinen Arm um mich, was mich unweigerlich zum Lächeln bringt. Ich spüre seinen Atem an meiner Schläfe.
Müde schließe ich meine Augen. Es wird Zeit, dass ich endlich Schlaf finde. Es war für uns beide ein langer Tag. Ich atme tief durch. Es liegen noch so viele weitere lange Tage vor uns. Ich wünschte, es wäre einfacher. Hoffentlich geht es bald wieder bergauf.