Alara POV

*wenig später*

Blauhaar (ich wusste inzwischen, dass sie Finny hieß, klar…) erklomm wieder die Stufen zur Bühne und nahm das Mikro in die Hand.

„Nun ist der Auftritt der Schulband dran- da Chris wie gesagt nicht singen kann, wird der Sänger bei jedem Lied wechseln. Ähnlich wie Karaoke, versteht ihr? Das Singen ist freiwillig, aber es wäre schön, wenn sich wenigstens ein paar von euch melden, denn wenn nicht, darf der Sänger aussuchen.“, erklärte sie ihre Idee.

Ich verschluckte mich und musste vor Schreck husten. Singen? Vor den ganzen Schülern? Alisha bekam diesen panischen Ausdruck in den Augen.

Keine zehn Pferde bringen mich dazu zu singen, flüsterte sie mir zu.

Pferde vielleicht nicht, aber ein gewisser Adler?, neckte ich sie.

Absichtlich ließ ich Farryn und Jack mithören. Jack wurde rot, Farryn grinste. Alisha wollte mir den Ellbogen in die Seite rammen, aber ich wich mit einem gekonnten Satz aus. Blöderweise stand Farryn im Weg… Und ich stolperte über seinen Fuß. Er fing mich zwar gedankenschnell auf, aber es bekam meiner Gesichtsfarbe nicht gut, dass er mich in den Armen hielt. Ich konnte gar nicht anders, als ihm in die Augen zu sehen. So ein schönes Schokoladenbraun… Dunkler als meine, man konnte so gut darin versinken…

Peinlich berührt stellte Farryn mich wieder auf meine eigenen Füße. Auch seine Wangen überzog ein leichtes Rot… Alisha zog mich schnell von ihm weg und konnte gar nicht mehr aufhören, zu kichern. Jack biss sich grinsend auf die Unterlippe. Ja, wir waren vermutlich ziemlich alberne Aufsichtspersonen, na und?

Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder nach vorne, als Tiago die Bühne hochkrabbelte. Offenbar hatte Finny ihn gezwungen, zuerst zu singen, er sah nicht wirklich begeistert aus.

„Kann der Hai singen oder brauchen wir Ohrstöpsel?“, flüsterte ich meiner Schwester zu.

Sie zuckte die Schultern und lauschte. Tiago räusperte sich und begann zu singen. Er traf die Töne, sang aber ziemlich schüchtern. Es war übrigens ausgerechnet Dandelions, was er anstimmte. Ich griff Alisha an den Schultern und schob sie so, dass sie zwischen mir und Jack stand.

Beim Refrain stimmten manche aus dem Publikum ein, ich sang im Kopf mit.

Ein kräftiger Applaus belohnte Tiago, der erleichtert von der Bühne sprang und sich wieder neben Shari stellte.

„Hast du gesehen, dass er sie die ganze Zeit angeschaut hat?“, flüsterte Jack uns zu.

Wie süß. Offenbar waren nicht nur gewisse Lehrer hier an der Schule verliebt.

Die Seekuh Mara wünschte sich auf der Bühne Daphne, und gemeinsam sangen sie „Diamonds“ von Rihanna. Es war nicht sonderlich gut, aber man konnte noch zuhören. Alisha holte uns vier Drinks von der improvisierten Bar- mit Alkohol. Dankbar hielt ich das kalte Getränk an meine immer noch glühenden Wangen. Nach Ralph und Toco meldete sich niemand mehr freiwillig. Toco sah begriffsstutzig in die Runde.

„Wer soll als nächstes singen?“, half Finny ihm.

Er zuckte die Schultern. Blue kam gerade von der Toilette zurück.

„Dann halt Blue?“, sagte er, reichte Finny das Mikro und schlurfte von der Bühne.

Jack seufzte.

Arme Blue. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt singen kann, flüsterte Alisha.

Doch das hübsche Delfinmädchen nahm ohne Scheu eins der beiden Mikros in die Hand.

„Alleine oder mit jemandem? Wenn zusammen, kannst du gerne runter ins Publikum und dir jemanden rausholen.“, leitete Finny sie an.

Blue lief zielstrebig nach hinten.

„Bitte nicht!“, flüsterte Alisha und verdrehte die Augen.

„Juna!“, verkündete Blue dann und umarmte ihre Freundin.

Neben mir stieß meine Schwester die angehaltene Luft aus. Die Klassensprecherin und das Delfinmädchen suchten sich einen Song aus dem Repertoire der Schulband raus, sprachen sich kurz ab (Juna mit ausholenden Gesten) und nickten sich zu. Der Riffhai, der die Beleuchtung managte, richtete zwei Scheinwerfer auf die Mädchen, der Rest war dunkel. Blue begann zu singen. Ich hob erstaunt die Augenbrauen. Ihre Stimme war klar und rein, auch Juna machte ihre Sache richtig super. Sie wechselten sich bei jeder Zeile ab, und das klang sogar richtig gut!

„Fire away, fire away…“, sangen sie gemeinsam.

Beim Refrain begannen sie so eine Art Tanz, während sie weitersangen. Kurz, es war wunderschön.

I‘m bulletproof, nothing to lose, fire away, fire away…

Ich wiegte mich ein bisschen im Takt. Jack und Alisha blieb der Mund offen stehen.

„Blues Hobby ist tanzen- vielleicht hat sie auf den Partys auch singen gelernt?“, flüsterte Farryn mir zu.

Ich nickte- gut möglich. Viel zu schnell war der Song wieder um und ohrenbetäubender Applaus brandete auf. Blue und Juna schalteten das Mikro aus, sprachen sich kurz ab, dann schritt die zierliche Juna feierlich die Treppe nach unten- und überreichte mir das Mikro. Ich bekam einen ziemlichen Schreck und blieb ganz kurz wie versteinert stehen. Dann gab meine Schwester mir feixend einen Schubs und ich fasste mich wieder. Mit dem Mikro in der Hand stolzierte ich nach vorne.

„Wie meine Schwester schaut, alleine.“, antwortete ich auf die Frage, ob ich alleine oder zu zweit singen wollte.

Es waren nur noch drei Songs übrig, einer, den ich nicht kannte, ein trauriges Liebeslied für zwei Stimmen und…

„Ich nehm Confident.“, hörte ich mich sagen.

Das Lied kannte ich leider aus meinem alten Leben nur zu gut, aber was für eine Wahl hatte ich?