Geneviève verbrachte die nächste Stunde damit, sich den Schmutz ihrer abenteuerlichen Flucht abzuwaschen, ihre Haare zu säubern und diese - zu guter Letzt - vor dem prasselnden Kaminfeuer trocknen zu lassen.
Nun fühlte sie sich wieder ein Mensch. Sie betätigte die Klingelschnur. Umgehend tauchte Marie mit einem Kleid wie auch den dazugehörigen Accessoires auf.
Das Mädchen half ihr in die Unterkleidung und den mit Fischbein verstärkten Reifrock. Anschließend schnürte sie ihr das Mieder, das mit Schleifen und Spangen überzogen war. In dessen Mitte brachte sie einen mit Spitzenborten verzierten Einsatz an, der das Dekolleté bedeckte. Die halblangen Ärmel des Oberteiles waren ebenfalls mit Spitzen und Schleifen bestückt. Der vorn geöffnete und nach hinten geraffte Oberrock aus dunkelblauem Samt lief in einer langen Schleppe aus. Der hinten an der Taille angesetzte Cul betonte ihre zierliche Figur noch mehr. Unter dem vorn offenen Oberrock kam der Jupe, ein aufwendig bestickter Seidenrock, zum Vorschein, der aus kostbarem Stoff gefertigt und mit cremefarbenen Spitzenborten, Fransen und Bordüren besetzt war.
Auf eine aufwendige Hochsteckfrisur verzichtete Geneviève. Sie ließ sich stattdessen von der Zofe, ihr von Natur aus gelocktes Haar in Form eines Dutts am Hinterkopf befestigen.
Marie, die sehr geschickt war, zog einige Strähnen heraus, so dass einzelne Locken das Gesicht umrahmten. Zum Abschluss flocht sie mehrere mit Perlen versehene Schnüre in das Haar ein.
Komplettiert wurde Genevièves Aufzug durch ein Paar Handschuhe, eine Brosche und Perlenohrringe. An ihren Füßen trug sie mit kostbaren Stickereien überzogene, aus Glacéleder gefertigte Pantoffel.
„Ihr seht wunderschön aus, Mademoiselle. Wie eine Prinzessin. Seht selbst.“
Sie geleitete Geneviève zu dem großen Spiegel hinüber, der in der Nähe des Fensters stand.
„Seine Majestät und auch Monsieur Le ombre werden begeistert sein.“
„Kannst du mir sagen, was hier gespielt wird, Marie?“
„Ich habe mich der Verschwiegenheit verpflichtet, Mademoiselle Geneviève. Nun kommt. Ich werde Euch zum Roten Salon bringen, wo Ihr erwartet werdet.“
Sie knickste, wendete sich der Tür zu und führte Geneviève durch unzählige Gänge, um nur wenige Minuten später an eine Tür zu klopfen.
Jean Pierre, der Kammerdiener des Königs, öffnete diese und meldete: „Mademoiselle Bellier, Eure Majestät!“
Nach einer Verbeugung verließ er das Zimmer.
Geneviève wartete indes darauf, dass der König ihr seine Aufmerksamkeit zukommen ließ.
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