Harry schloss für einen Moment die Augen. Sein Plan war ja komplett nach hinten losgegangen. Er hatte angenommen, dass Snape nach einer halben Stunde eingeschlafen sei. Gerade auch, weil kein Licht mehr brannte. Da hatte er sich wohl komplett getäuscht. „Ich will Ihnen nicht schaden“, sprach Harry nach einer Weile, als keiner von ihnen etwas sagte und er nur den leichten Druck des Zauberstabs im Nacken spürte. Das er vielleicht besser nichts hätte sagen sollen merkte er wenige Augenblicke später, als sich die Spitze des Zauberstabs fester in seine Haut bohrte. „Potter! Natürlich, warum war mir das nicht klar? Was wollen Sie hier? Wollen Sie etwa das vollbringen, was diese dumme Schlange nicht geschafft hat?“ Harry musste bei diesen harten Worten schlucken. Er hätte eigentlich mit so einer Reaktion rechnen müssen und konnte es ihm im Grunde auf nicht verübeln. Der Mann war viele Jahre ein Spion unter dem gefährlichsten Zauberer aller Zeiten gewesen. Natürlich erwartete er gleich etwas derartiges, wenn jemand mitten in der Nacht bei ihm einstieg. Vor allem da sie sich doch früher nie wirklich verstanden hatten.
„Wenn ich das gewollt hätte, dann hätte ich das doch schon bei der Party tun können, nicht wahr?“, gab Harry leise von sich. Es war mehr eine Feststellung, als eine ernstgemeinte Frage. Er wollte Snape nicht noch mehr reizen. „Aber natürlich, vor fast fünfzig Zeugen. Verkauf mich nicht für dumm, Potter. Auch wenn du mich nicht gesehen hast, ich habe dich sehr wohl gesehen. Wie du ständig das Gebäude beobachtet hast. Wie du mit verdächtig wenigen Möbeln drüben eingezogen bist. Ich habe alles mitbekommen”, erklärte Severus mit schneidender Stimme, was Harry noch mehr schlucken ließ. Warum war Snape davon überzeugt, dass er ihm schaden wollte? Und warum wechselte er plötzlich zum du? Natürlich nannte er ihn immer noch beim Nachnamen, aber eben mit einem du dabei, was ihm trotz der ernsten Situation einen angenehmen Schauer über den Rücken jagte und ihn noch mehr in der Annahme bestätigte, dass er auf den Älteren stand. Wie sollte er jetzt nur aus der Situation wieder herauskommen? „Professor, ich …“, begann er deshalb zu sprechen, wurde aber sofort wieder von Severus unterbrochen. „Ich bin schon lange nicht mehr dein Professor, Potter.“
Die Aussage ließ Harry ein wenig grinsen. Gerade klang er genau so wie zu seiner Zeit in Hogwarts. Vielleicht konnte er die Situation etwas auflockern. „Gut, Snape … Ich wiederhole mich gerne noch einmal. Ich will dir auf keinen Fall schaden. Glaub mir“, meinte Harry so ruhig wie möglich und wechselte ebenfalls ins du. „Nun, dann hast du sicher nichts dagegen mir deinen Zauberstab auszuhändigen“, kaum hatte Severus zu Ende gesprochen, erschien auch schon dessen Hand neben Harrys Schulter, während die andere immer noch den Zauberstab unnachgiebig in seinen Nacken drückte. „Natürlich habe ich nichts dagegen“, erwiderte Harry und legte Severus seinen neuen Zauberstab in die dargebotene Hand, da er diesen immer noch in der eigenen Hand hielt. „Was soll das bitte sein, Potter? Ich kenne deinen Zauberstab und das ist er nicht.“ Mit der Frage hätte ich auch rechnen können, schoss es Harry durch den Kopf. „Mein alter Zauberstab liegt auf dem Dachboden. Das ist mein neuer“, erklärte Harry und versuchte sich etwas bequemer hinzustellen. So langsam begann sein Körper zu schmerzen, da er so unbeweglich zwischen Severus und dem Fenster stand. Er merkte selbst nicht wirklich, wie er in seinen Gedanken zum Vornamen wechselte.
„Ich sagte keine falsche Bewegung, sonst …“
„Sonst was, Snape? Sectumsempra? Oder doch gleich der Avada? Seien wir doch mal ehrlich. Du würdest mir doch niemals etwas antun.“ Woher Harry den plötzlichen Mut hatte, so mit Severus zu sprechen, wusste er in dem Moment auch nicht. „Bist du dir da wirklich so sicher?“, die Frage wurde so nah an Harrys Ohr gestellt, dass er den warmen Atem von Severus auf seiner Haut spürte, was ihm heiße und kalte Schauer gleichzeitig über den Rücken jagte. Verdammt, wann war Severus bitte so nah an ihn heran getreten? Und wo war dessen Zauberstab? Denn wenn er sich gerade konzentrierte, was ihm immer schwerer fiel, dann spürte er ihn nicht mehr im Nacken. „Natürlich bin ich mir sicher. Zudem könnte ich mich auch sehr gut ohne Zauberstab gegen dich verteidigen“, entgegnete Harry grinsend, auch wenn Severus es natürlich nicht sehen konnte. „Frech wie eh und je. Ich sollte dir dein vorlautes Mundwerk stopfen.“ Die Worte jagten Harry einen erneuten Schauer über den Rücken, denn sie hatten eindeutig etwas zweideutiges an sich. „Vielleicht bin ich auch nur hergekommen, damit du genau das tust“, erwiderte Harry deshalb noch frecher. So kurios die Situation auch war, sie gefiel ihm immer besser.
„Bring mich nicht in Versuchung, Potter.“
„Sind wir jetzt in der Bibel, Snape? Und was ist, wenn ich genau diese Versuchung heraufbeschwören möchte?“ Gerne hätte sich Harry nun umgedreht, um den Gesichtsausdruck von Severus zu sehen, aber dieser stand zu dicht hinter ihm, so dass das leider nicht möglich war. „Du spielst mit dem Feuer, Potter. Pass auf, dass du dich nicht verbrennst.“ Wieder war Severus’ Stimme ganz dicht an seinem Ohr, was ihn schier verrückt machte. „Ich kenne eine gute Methode, um ein Feuer zu löschen“, gab Harry sogleich zurück, was Severus dunkel lachen ließ. „Du legst es wirklich darauf an. Glaube mir, Potter. Du wirst heute Nacht derjenige sein, der mich anflehen wird, dass Feuer zu löschen. Doch den Gefallen werde ich dir so schnell nicht erfüllen. Aber ich bin kein Unmensch. Ich gebe dir jetzt die Chance so heimlich, wie du gekommen bist, wieder zu verschwinden. Ansonsten …“ Severus ließ den Satz offen, ehe er Harry den Zauberstab zurück gab und sich etwas von diesem entfernte. Harry musste unweigerlich noch mehr grinsen, bevor er seine Hände wieder an den Rahmen des Fensters legte und … dieses schloss. Wenn er schon so eine Einladung bekam, wer war er dann, dass er diese nicht annahm? So legte er seinen Zauberstab auf die Fensterbank und wandte sich immer noch grinsend Severus zu.
~*~
Der Morgen und damit seine tägliche Übelkeit kamen für Harry viel zu früh. Jedenfalls kam es ihm so vor, als wenn er nur wenige Stunden Schlaf gehabt hatte, wenn auch mit einem wunderbaren Traum. Gerade wollte er sich aufrichten, um ins Bad zu gehen, als er etwas bemerkte. Ein Arm lag über seinen Brustkorb und ein warmer Körper schmiegte sich an seinen Rücken. Da kam ihm die Erkenntnis. Das war kein Traum gewesen. Er war wirklich bei Severus eingestiegen, von diesem erwischt wurden und hatte eine fantastische Nacht mit diesem verbracht. Doch lange konnte sich Harry über diesen Umstand nicht freuen, denn sein Magen begann stark zu rebellieren, weshalb er sich aus dem Griff des anderen wand und die Augen aufriss. Verdammt, er wusste nicht, wo sich das Bad befand. So hechtete er schnell zum Fenster, riss dieses gerade noch rechtzeitig auf, ehe sich sein Magen vollends entleeren wollte. Natürlich führte die abrupte Bewegung des Bettes und die Geräusche dazu, dass Severus wach wurde, denn Harry spürte dessen Hand erst auf seinem Rücken, bevor seine Haare hochgehalten wurden, während er sein Abendessen weiter in den Spalt zwischen den Häusern beförderte. So hätte Severus ihn niemals sehen dürfen. Merlin schien ihn wirklich zu hassen.
Nach einer Weile hatte sich Harrys Magen wieder beruhigt, so dass er seinen Kopf wieder nach innen zog, seinen Zauberstab von der Fensterbank nahm und einen Reinigungszauber in den Zwischenraum sprach. „Ich glaube so sauber war die Hausfassade noch nie“, hörte er Severus’ Stimme, in der ein amüsierter Unterton mitschwang. „Dann sollten Sie öfters putzen, Mr. Snape“, erwiderte Harry leicht grinsend, auch wenn ihm gerade nicht danach war. Er fühlte sich in diesem Moment einfach nur schlecht. Nicht nur, weil er mal wieder seinen Mageninhalt verloren hatte, sondern auch, weil Severus nun sicher bohren würde, warum er bei diesem eingestiegen war und warum er nach einer fantastischen Nacht ihre Häuser ankotzte. „Und Sie sollten sich lieber wieder aufs Bett setzen, Mr. Potter“, entgegnete Severus in seiner typischen Art und schob Harry zu dem besagten Bett, wo sich dieser gleich drauf fallen ließ, nur um einmal kurz das Gesicht zu verziehen. Heute sollte er besser nicht auf seiner geliebten Holzkiste sitzen. „So viel zu: Ich liebe das Spiel mit dem Feuer. Liegen bleiben und keinen Blödsinn anstellen. Ich bin sofort wieder da“, schnarrte Severus und ging aus dem Schlafzimmer, was Harry dazu veranlasste sich vorsichtig hinzusetzen und ihm grinsend nachzusehen.
Wenn du wüsstest, dachte sich Harry und sah kurz zum Fenster, mit der Überlegung den Moment zu nutzen und einfach zu verschwinden. Aber nein, er war es dem anderen schuldig, dass er diesem die Fragen beantworten würde, die dieser sicher hatte. So bleib er auf dem Bett sitzen und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, während er auf die Rückkehr des anderen wartete. Lange musste er nicht warten, da kam Severus mit zwei dampfenden Tassen wieder und reichte eine davon an Harry, ehe er sich neben diesem auf das Bett setzte. „Das wird deinen Magen beruhigen und jetzt hätte ich gerne einige Erklärungen“, meinte Severus und sah Harry ernst an. Dieser nahm die Tasse an und schnupperte kurz daran, was Severus amüsiert die Augenbraue heben ließ. „Wie sagtest du gestern so schön? Wenn ich dir hätte schaden wollen, hätte ich es gestern jederzeit tun können. Es ist ein einfacher Kräutertee. Und jetzt würde ich gerne einige Fragen beantwortet bekommen. Warum hast du die Apotheke so intensiv beobachtet? Warum bist du gestern Nacht bei mir eingestiegen? Und warum hast du deinen Mageninhalt aus meinem Fenster befördert? War die Nacht etwa so schrecklich, dass du jetzt kotzen musstest?“ Die letzte Frage ließ Harry ebenso schmunzeln. „Du hast wirklich komische Ideen. Und im Grunde genommen gibt es für alle deine Fragen nur eine Antwort“, begann Harry zu sprechen und atmete einmal tief durch. „Ich bin schwanger.“
Mit allem hätte Severus gerechnet, aber nicht mit dieser Antwort und sie erklärte in seinen Augen nur die Kotzattacke, aber nichts anderes. Sie warf eher noch viel mehr Fragen auf. „Das beantwortet eine meiner Fragen. Aber was hat es mit der ständigen Beobachtung zu tun? Und deinem kleinen Einbruch?“, hakte er deshalb sogleich nach und nahm einen Schluck seines Kaffees. Harry gab einen tiefen Seufzer von sich. Er musste wohl doch alles erzählen, sonst würde Severus wohl nicht aufhören zu bohren und vor allem könnte seine Chance, bei diesem zu landen, auf Null sinken, wenn er sich jetzt dem Gespräch verweigern würde. „Es hat alles damit zu tun. Ich muss dafür aber etwas weiter ausholen“, fing Harry an zu erzählen und vermied es dabei Severus anzusehen. „Ich habe Zeit. Es ist Sonntag. Da ist die Apotheke geschlossen“, meinte dieser und war schon sehr gespannt auf die Erklärung. „In Ordnung. Also, wie gesagt, ich bin schwanger. Mir war vor etwas mehr als einem Monat mehrere Tage hintereinander extrem schlecht. Darum bin ich ins St.-Mungo gegangen, da ich dachte, dass der Schmerztrank vielleicht schlecht war, den ich kurz vorher genommen hatte. Da habe ich dann aber erfahren, dass ich schwanger bin. Bei Merlin, ich wusste nicht mal, dass ein Mann schwanger werden kann! Ich habe dann ausgerechnet, dass es am Tag nach meiner Rückkehr passiert sein muss. Also bin ich zu Hermione gegangen und habe sie gefragt, ob sie etwas weiß. Denn ich konnte mich nicht mal daran erinnern, dass ich, seit ich zurück in England war, Sex hatte. Sie hat mir dann von dieser inoffiziellen Party erzählt und hat mir eine Liste von allen männlichen Gästen erstellt. Zudem hat sie mir auch einen Vaterschaftszauber beigebracht. Damit sind wir dann bei gestern Nacht. Niemand soll von der Schwangerschaft wissen, der es nicht unbedingt wissen muss. Bisher wissen es nur Hermione und mein Heiler. Darum bin ich bei dir eingestiegen, um dich heimlich zu testen, da es eben nicht funktioniert hat, als ich den Zauber nur auf die Apotheke gewirkt habe“, erklärte Harry und wurde bei seiner Erzählung immer röter. Irgendwie war es ihm ziemlich peinlich das alles zuzugeben.
„Lass mich noch einmal zusammenfassen. Du hattest Sex, bist schwanger geworden und weißt rein gar nichts mehr?“, fasste Severus das Wichtigste zusammen. „Ganz genau. Ich weiß noch, dass ich am Tag meiner Rückkehr kurz in der Winkelgasse war, um einige Galleonen in Pfund zu tauschen. Dabei hatte ich auch Lucius Malfoy getroffen, dass weiß ich noch. Wahrscheinlich hat er mich bei dieser Gelegenheit gleich zur Party eingeladen, denn Hermione meinte, dass man nur mit seiner Einladung hingehen darf. Aber der nächste Tag? Der ist irgendwie weg. Meine Erinnerung setzt erst einen Tag später wieder ein. Da bin ich mit höllischen Kopfschmerzen in meinem Hotelzimmer in Muggellondon aufgewacht“, meinte Harry und trank langsam seinen Tee. „Und da ist dir nicht der Gedanke gekommen, dass etwas am Vortag passiert ist?“, hakte Severus nach. „Nein, denn neben meinem Bett standen ein paar leere Bierflaschen. Ich hatte angenommen, dass ich etwas zu viel getrunken hatte. So als Freude darüber, dass ich wieder in der Heimat bin“, rechtfertigte sich Harry. „Hast du dich denn bei großer Freude immer betrunken?“ Irgendwie kam Severus das wie eine Ausrede vor. „Ich habe mich nur zweimal so sehr betrunken, dass ich einen Filmriss hatte. Das erste Mal war nach meiner Ausbildung zum Zauberstabsmeister in Japan und das zweite Mal war, als ich in Kanada unterwegs war und dort in einem kleinen, magischen Dörfchen übernachtet habe. Aber ansonsten habe ich das nie getan.“
Die Aussage ließ Severus nachdenklich werden. Es passte irgendwie alles nicht recht zusammen. „Könnte es auch sein, dass die Bierflaschen extra dort platziert wurden? Damit du eben nicht weiter nachforscht, was an dem Abend passiert ist?“, sprach er seine Gedanken aus, was Harry zum Aufsehen brachte. „Ich verstehe nicht ganz, was du mir damit sagen willst“, gab Harry ehrlich zu. „Denk doch mal genau nach. Ein Mann kann nur durch meinen Trank schwanger werden. Den ich übrigens auch per Eulenpost verkaufe. Da du nichts mehr von der Party weißt und auch nichts von der Schwangerschaft, hat man dir den Trank untergeschoben. Und vielleicht auch noch etwas, was dich vergessen hat lassen. Oder das kam wirklich durch den Alkohol, der an dem Abend wirklich reichlich geflossen ist. Oder aber es war ein Unfall und eigentlich sollte jemand anderem der Trank untergeschoben werden und du hast das Glas erwischt. Irgendwann hatte selbst ich den Überblick verloren und mir von einer Hauselfe ein frisches Glas bringen lassen, bevor ich noch die Pickel von Miss Greengrass bekommen hätte, weil ich ihr Glas am Ende erwischt hätte“, meinte Severus. „Dagegen hättest du doch sicher einen Trank gehabt“, erwiderte Harry grinsend. „Natürlich, aber es wäre trotzdem nicht angenehm gewesen. Worauf ich hinaus will. Es kann sein, dass dich jemand nach Hause gebracht hat und die Flaschen dann so platziert hat, damit du dich nicht wunderst, warum du einen Filmriss hast“, vollendete Severus seine Überlegung.
Und diese ließ auch Harry wieder nachdenklich werden. War es geplant gewesen, dass er schwanger wurde? Oder war es tatsächlich ein versehen? „Das werde ich hoffentlich noch herausfinden. Bis dahin soll aber niemand etwas von der Schwangerschaft erfahren. Also jedenfalls so lange, bis ich den Vater kenne und mit diesem gesprochen habe“, sagte Harry, was Severus nur nicken ließ. „Du hast vorhin erwähnt, dass du mich auch testen wolltest. Dann tu das“, verlangte dieser. „Hatten wir denn bei der Party …?“, wollte Harry wissen, wobei ihm wieder die Röte ins Gesicht stieg. Bei Merlin, er war doch keine verfluchte Jungfrau mehr! „Und wie wir das hatten. Und nachdem du mir das jetzt alles erzählt hast, bin ich dir auch nicht mehr böse. Und jetzt bitte ich um den Zauber.“ Da musste Harry auf jeden Fall noch einmal nachfragen, was Severus meinte. Doch er wollte ihn auch nicht verärgern, weshalb er aufstand, seinen Zauberstab holte und auf den Älteren zauberte. „Negativ“, sagte er, als nach wenigen Sekunden die Spitze rot leuchtete und wenn er sich nicht schwer täuschte, dann huschte für einen Moment ein Ausdruck der Traurigkeit über das Gesicht von Severus. Doch der hatte sich schnell wieder gefangen und seinen üblichen Gesichtsausdruck aufgelegt. „Du hast auch eine Liste erwähnt. Zeigst du sie mir?“, wollte Severus wissen und stellte seine Tasse auf den Nachttisch.
„Kann ich gerne machen. Ich habe sie nur drüben bei mir und müsste sie erst holen.“ Wenn Harry ehrlich war, dann hätte er auch lieber gehabt, wenn das Ergebnis positiv gewesen wäre. „Dann würde ich sagen, gehst du rüber und holst die Liste und ich bereite uns ein kleines Frühstück vor. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier im Schlafzimmer“, mit diesen Worten erhob sich Severus und verschwand wieder aus dem Zimmer, was Harry irgendwie traurig machte. Anscheinend nahm es Severus sehr mit, dass das Kind nicht das seine war. Konnte es also sein, dass er Gefühle für ihn hatte? Harrys Herz machte einen kleinen Hüpfer bei dem Gedanken, ehe er sich schnell anzog und zurück in sein Haus kletterte.
~*~
Eine Stunde später stand er ordentlich angezogen und mit der Liste in der Hand wieder in Severus’ Schlafzimmer und wartete auf diesen. „Du hast anscheinend gelernt die Uhr zu lesen. Das freut mich.“ Harry musste unweigerlich grinsen. Anscheinend hatte sich Severus wieder beruhigt und war in seine übliche Art gewechselt. „Das habe ich, nachdem mir Professor McGonagall im ersten Jahr gedroht hatte, mich in eine Uhr zu verwandeln“, entgegnete Harry und drehte sich dem anderen zu. Jetzt konnte er ihn auch endlich im Tageslicht in aller Ruhe betrachten. Severus trug eine schwarze Hose und ein schwarzes Hemd, welches locker über der Hose hing. Seine Haare waren etwas länger als früher und mit einer Spange zu einem lockeren Zopf nach hinten gelegt, so dass man das große Narbengewebe am Hals gut erkennen konnte. Die meisten wären sicher abgeschreckt oder sogar angeekelt von diesem Anblick, aber Harry störte es nicht. Er wusste, was diese Narbe bedeutete und er hatte großen Respekt davor. „Wenn du fertig mit starren bist, dann können wir zum Frühstück gehen“, riss ihn Severus’ Stimme aus den Gedanken, was ihn gleich wieder rot werden ließ. „Gerne, ich habe Hunger“, meinte Harry und folgte dem anderen aus dem Schlafzimmer und in einen Raum, der wohl gleichzeitig Küche, Esszimmer und Wohnzimmer war. „Das glaube ich dir aufs Wort. Setz dich. Willst du eine heiße Schokolade oder noch einen Tee?“, wollte Severus wissen, während sich Harry auf den angebotenen Platz setzte. „Einen Tee bitte. Schokolade trinke ich erst zum Kuchen“, grinste Harry, was Severus schmunzeln ließ.
Ein paar Minuten später stand eine dampfende Tasse Früchtetee vor ihm und er begann sein Brötchen mit Marmelade zu essen, während Severus eher auf herzhaften Belag zurückgriff. „Hast du die Liste dabei?“, unterbrach Severus nach einer Weile die Stille, woraufhin ihm Harry die Liste reichte. „Die Namen, die abgehakt sind, habe ich schon überprüft“, fügte er mit vollem Mund hinzu. „Bei zweien hätte ich dir von vornherein sagen können, dass du sie ausschließen kannst“, murmelte Severus und las sich die Liste ganz genau durch. „Wen denn? Und kannst du mir helfen? Bei manchen habe ich keine Idee, wie ich an sie herankommen soll“, wollte Harry neugierig wissen. „Natürlich helfe ich dir. Denn dieses Rätsel hätte ich auch gerne gelöst. Denn ich habe den Trank nicht erfunden, damit jemand ungewollt schwanger wird. Du hättest Mr. Ron Weasley und Hagrid gleich ausschließen können. Mr. Weasley ist zusammen mit Miss Granger schon recht früh nach Hause gegangen. Soweit ich mich richtig erinnere, hat Mr. Weasley den ganzen Abend versucht Miss Granger vom Cocktail zu überzeugen, so dass diese nach nur knapp zwei Stunden so genervt war, dass sie ihn förmlich aus dem Manor geschleift hat“, grinste Severus, was Harry zum Kichern brachte. Wie gerne würde er sich an diese Szene erinnern. Aber er konnte Hermione auch verstehen. Diese war sicher zu dem Zeitpunkt schon schwanger, was Alkohol ja vollkommen ausschloss. Etwas was Ron wohl nicht kapiert hatte. „Und Hagrid hat deine Avancen mit einem Lächeln abgewehrt. Denn du hattest es tatsächlich bei ihm versucht, als du eindeutig schon einige Gläser intus hattest. Und ich sehe gerade, du kannst noch jemanden von der Liste streichen. Mr. Macmillan ist nicht mehr zeugungsfähig“, erklärte Severus, was Harry die Braue heben ließ.
„Will ich wissen, woher gerade du das weißt?“, wollte er wissen. „Ich habe damit nichts zu tun. Mr. Macmillan hatte sich den Carrows widersetzt, was eine schwere Strafe nach sich zog. Um was es genau dabei ging weiß ich auch nicht, nur das es beinahe mit seinem Tod geendet hätte und er froh sein kann, dass er nur seine Zeugungsfähigkeit verloren hat.“ Harry musste bei dieser Erklärung hart schlucken. Das letzte Schuljahr unter der Führung der Todesser musste wirklich schrecklich gewesen sein. „Also wieder eine Familie die Aussterben wird“, murmelte er. „Nicht unbedingt. Er kann immer noch ein Kind adoptieren, um den Familiennamen fortzuführen oder seine Eltern bekommen noch einmal einen Jungen, der dies tun kann. Denn ich glaube nicht, dass er deinen Weg gehen und selber schwanger werden wird.“ Das ließ Harry lächeln. „Da irrst du dich. Ich werde meinen Namen nicht fortführen“, meinte er und aß sein Brötchen auf. „Was meinst du damit?“, hakte Severus sogleich nach. „Wenn ich eines Tages heiraten sollte, dann werde ich den Namen meines Ehemannes annehmen. Denn du weißt so gut wie ich, dass ich nicht der Mann in der Beziehung sein werde“, grinste Harry breit, was Severus’ Mundwinkel zucken ließ. „Das weiß ich sehr genau, da hast du recht. Und hast du schon jemandem im Auge? Willst du es beim Vater deines Kindes versuchen?“ Harry konnte deutlich den missfallenden Ton heraushören, was in ihm noch mehr die Hoffnung steigern ließ, dass es etwas mit Severus werden könnte.
„Ich habe tatsächlich jemanden im Auge und nein, es ist nicht der Vater meines Kindes. Bevor wir jetzt aber bei der Liste weiter machen und den Vater meines Kindes suchen, hätte ich noch eine Frage an dich. Wie klingt in deinen Ohren Harry James Snape?“