Harry hatte noch nie in seinem Leben eine so schnelle Veränderung der Gefühle im Gesicht eines anderen gesehen. Auf die anfängliche Verwirrung folgte sehr schnell die Erkenntnis und gleich darauf ein Ausdruck großer Überraschung, was ihn schmunzeln ließ. Hatte Severus etwa gedacht, dass er nur auf den Test und eine schnelle Nummer ausgewesen war? „Was?“ Mehr brachte Severus nicht heraus. „Ich glaube du hast mich sehr gut verstanden“, entgegnete Harry und aß in aller Ruhe sein Brötchen auf. „Meinst du das wirklich ernst? Du solltest keine vorschnelle Entscheidung treffen, nur weil dir der Sex gefallen hat“, meinte Severus, was Harry seufzen ließ. „Ich bin aus dem Alter raus, in dem man vorschnelle Entscheidungen trifft. Ich habe diese Entscheidung schon vor langer Zeit getroffen, auch wenn es mir erst gestern klargeworden ist“, erklärte Harry, was Severus dazu veranlasste die Augenbraue zu heben. „Das musst du mir nun genauer erklären“, verlangte dieser. „Ich zeige es dir am besten. Warte kurz“, mit diesen Worten erhob sich Harry, ging zurück ins Schlafzimmer und kletterte zurück in seine Wohnung, wo er das Fotoalbum aus dem Nachtschrank nahm und zurück zu Severus ging.
„Sieh dir das bitte an. Dann ist es leichter zu verstehen“, meinte Harry und reichte Severus das Album, was dieser immer noch verwirrt entgegen nahm. „Was soll das sein?“, wollte Severus wissen. „Ein Fotoalbum“, antwortete Harry und grinste breit. „Das ist mir klar. Aber was für Bilder sind darin und warum machen sie die Erklärung einfacher?“, hakte Severus nach und schob seinen Teller zur Seite, damit er das Album auf den Tisch legen konnte. „Es sind Bilder meiner Weltreise. Von den Orten, die ich besucht habe. Aber auch von den Wesen, die ich auf meiner Reise traf und … die mich darin bestärkt haben, dass ich schwul bin“, sprach Harry ruhig und wurde zum Ende hin nicht nur leiser, sondern auch schon wieder leicht rot. War es wirklich so schwer vor dem Mann, in den man anscheinend schon Jahre verschossen war, über solche Dinge zu sprechen? „Ich weiß nicht so recht, ob ich mir Bilder deiner Liebschaften ansehen möchte“, gab Severus ernst zurück. „Bitte, Sev. Es sind keinerlei intime Bilder drin. Solche habe ich nie gemacht. Du brauchst dir ja nur die Gesichter ansehen. Bitte“, flehte Harry und legte einen bettelnden Blick auf, welchem Severus nichts hätte abschlagen können. Aus diesem Grund schlug er das Album auf und blätterte es langsam durch.
Nachdem er das Album komplett durchgesehen hatte, schlug er es wieder zu und sah Harry musternd an. „Kannst du mir bitte erklären, wie dir DAS nicht aufgefallen ist? Und wie es dazu kam, dass du es gestern bemerkt hast?“, wollte Severus wissen, was Harry wieder rot werden ließ. „Ich habe einfach nicht nachgedacht, sondern bin meinem Bauchgefühl gefolgt. Und das kam eben dabei raus. Und wie ich es gestern gemerkt habe? Gar nicht. Percy hat mich darauf aufmerksam gemacht, da das Album aufgeschlagen auf dem Küchentisch lag und das Bild von Ragnák, dem Mann mit den Federn am ganzen Körper, war aufgeschlagen. Da hat er mich gefragt, wann wir zusammen beim Karneval waren. Aufgrund dieser Frage habe ich das Album durchgesehen und Percy wollte wissen, ob ich auf dich stehe. Und ich glaube die Antwort kannst du dir mittlerweile denken.“ Er musste Severus ja nicht unbedingt sagen, dass er sich erst einmal keine Chancen eingeräumt hatte. „Die Antwort kann ich mir sehr wohl denken. Aber … Bist du dir wirklich sicher?“, wollte Severus wissen und Harry hörte aus dessen Stimme eine gewisse Unsicherheit heraus. „Ich würde gerne mit dir zusammen sein, Severus. Und ich würde auch sehr gerne deinen Nachnamen annehmen, wenn du denn heiraten möchtest“, sagte Harry und lächelte Severus beruhigend an.
Dieser musterte ihn noch einmal ganz genau, ehe sich ein Lächeln auf dessen Lippen stahl und er nickte. „Ich würde auch gerne mit dir zusammen sein und ich hoffe es ist in Ordnung, wenn wir das Ganze etwas beschleunigen. Ich bin nicht mehr der Jüngste, weshalb so etwas wie Dates oder heimliches Herumgeturtel wegfallen werden.“ Die Aussage ließ Harry grinsen. Er hatte auch nicht wirklich erwartet, dass Severus ihn zu einem Date einladen würde. „Du redest gerade so, als wenn du schon fast 100 wärst. Und für das andere wäre es auch schon reichlich spät, nicht wahr? Hat man nicht erst ein Date, danach das heimliche Herumgeturtel und dann erst den ersten Sex?“, wollte Harry feixten wissen, was auch Severus zu einem amüsierten Schnauben veranlasste. „Da hast du auch wieder recht. Aber wann läuft schon mal etwas normal ab, wenn du daran beteiligt bist? Auch wenn ich es eigentlich nicht wissen möchte … Wie viele Ex-Partner habe ich zu befürchten?“, fragte Severus und er sah aus, als wenn er auf eine Zitrone gebissen hätte. „Wenn es mit mir zu tun hat, ist noch nie etwas normal verlaufen. Da gebe ich dir recht. Und keinen. Bei all diesen Personen ging es rein um den Sex. Es waren keinerlei Gefühle vorhanden, dass hatte ich auch gleich von vornherein klar gemacht. Ich wollte meinen Spaß, sie wollten ihren Spaß, mehr war da nicht. Und zumindest bei Ragnák weiß ich, dass er in einer Beziehung ist, da ich mit ihm als einzigen noch in Kontakt stehe“, erklärte Harry und bereute es sofort, da ein dunkler Schatten über Severus’ Gesicht huschte.
„Wie weit geht dieser Kontakt?“, hakte Severus sofort zähneknirschend nach. Es gefiel ihm gar nicht, dass Harry zu einem Ex-Sexpartner noch Kontakt hatte. „Sev, du musst dir keine Gedanken machen. Ragnák ist mittlerweile für mich wie ein großer Bruder, da sind weder romantische, noch sexuelle Gefühle. Und der Kontakt besteht darin, dass wir uns abwechselnd Federn schicken“, antwortete Harry und legte seine Hand auf die von Severus, welche immer noch auf dem Album lag und sich gerade ein wenig verkrampft hatte. „Warum schickt ihr euch Federn?“ Severus verstand den Sinn dahinter nicht, beruhigte sich aber aufgrund der leichten Berührung wieder. „Ragnák kann nicht schreiben. Er kann zwar englisch sprechen, aber er kann weder schreiben noch lesen. Darum schickt er mir eine seiner ausgefallenen Federn, als Zeichen dafür, dass es ihm gut geht. Und ich schicke ihm immer wieder verschiedene Sorten an Federn, damit er sieht, dass es auch mir gut geht. Zudem sammelt er die Federn von Vögeln und anderen magischen Rassen.“ Harry strich leicht über Severus Hand, was diesen lächeln ließ. „Und woher weißt du dann, dass er in einer Beziehung ist?“ Wenn dieser komische Ragnák nicht schreiben konnte, wie kam Harry dann zu dieser Annahme? „Weil er beim letzten Mal zwei Federn geschickt hat“, schmunzelte Harry. „Nun gut, dass heißt, ich muss niemanden hier fürchten, der dich mir wegnehmen möchte?“ Harry tat es irgendwie weh, dass sich Severus solche Sorgen machte und er würde alles daran setzen, diese Sorgen zu beseitigen. „Nur die üblichen Verdächtigen. Das Ministerium, evtl. noch lebende Todesser, die Presse. Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest“, meinte er deshalb grinsend und war froh, als auch Severus grinste. „Mit denen werden wir fertig.“ Daraufhin nickte Harry bestätigend.
„Jetzt hätte ich aber auch noch eine Frage. Du hast vorhin gemeint, dass du mir nicht mehr böse bist. Weshalb hättest du mir böse sein sollen?“, wollte Harry wissen, als sie eine Weile nur schweigend gegenüber gesessen und er die Hand von Severus gestreichelt hatte. „Du hattest mir, nach einer wirklich fantastischen Nummer, auf der Party versprochen, mich in den kommenden Tagen zu besuchen und das ganze zu wiederholen. Also habe ich gewartet und gewartet. Aber du kamst nicht. Es kam auch keine Nachricht von dir. Als du dann anfingst die Apotheke zu beobachten und dann auch noch nebenan mit extrem wenigen Möbelstücken eingezogen bist, hatte ich schon die Befürchtung, dass diese kurze Zeit der Zweisamkeit nichts weiter als ein Teil eines perfiden Spiels, eines bösen Plans wäre. Ich gebe zu, ich war extrem sauer und dachte, du hättest mich nur benutzt und verarscht“, erklärte Severus, was Harry schlucken ließ. „Es tut mir wirklich leid, dass du so ein Gefühl hattest. Ich konnte dafür nichts. Ich kann mich ja jetzt immer noch nicht an diesen Tag erinnern, obwohl mir von mehreren Leuten jetzt schon einzelne Details erzählt wurden“, entschuldigte sich Harry sofort, obwohl er im Grunde genommen ja nichts dafür konnte. „Jetzt weiß ich, dass es nicht deine Schuld ist und du keinen Plan ausgeheckt hast. Doch sollte ich mich irren und selbst das hier ist Teil deines Plans, dann werde ich mich rächen und diese Rache wird sicher mit meinem Aufenthalt in Askaban enden“, sprach Severus bedrohlich aus, doch Harry lächelte nur milde. „Du brauchst dir wirklich keine Sorgen machen. Mein Herz gehört dir und du wirst es nie wieder verlieren. Zudem … Wenn ich schon ermordet werde, dann würde ich am liebsten durch deine Hand sterben, als durch die eines anderen“, gab Harry sanft von sich, was Severus sofort wieder milde stimmte. „Wenn dein Herz wirklich nur mir gehört, muss ich nicht über einen Mord nachdenken“, gab dieser in seiner üblichen Art zurück, die Harry so an dem anderen liebte.
„Dann ist ja alles … Nein, es ist noch nicht alles geklärt“, meinte Harry und wurde etwas nervös. „Was bedrückt dich, Harry?“, wollte Severus sofort wissen und nahm die Hand in seine, welche ihn bisher gestreichelt hatte. „Ich habe deine Reaktion auf das Testergebnis gesehen. Würdest du trotzdem zu dem Kind stehen, auch wenn es nicht das deine ist?“, fragte Harry nach, obwohl er ein wenig Angst vor der Antwort hatte. „Dein Kind kann nichts für seine Entstehung und ich werde ihm ein guter Vater sein“, antwortete Severus, was Harry erleichtert seufzen ließ. Er hatte tatsächlich befürchtet, dass er sich zwischen Severus und seinem Kind entscheiden musste und er war sich ziemlich sicher, dass egal wie die Entscheidung ausgefallen wäre, er daran zerbrochen wäre. „Danke, Sev. Das bedeutet mir wirklich sehr viel.“
„Jetzt bleibt also nur noch zu klären, wer der Vater ist und wie du schwanger werden konntest. Oder besser gesagt, wie der Trank in dich gekommen ist, denn das wie ist ja völlig klar. Mein Trank. Nur die Ursache fehlt eben noch“, meinte Severus, was Harry grinsen ließ. Anscheinend wollte Severus schnell das Thema wechseln, was ihn aber nicht störte. „Du sagtest eben, dass ich auf jeden Fall Ron und Hagrid hätte streichen können. Aber was ist mit Lucius Malfoy? Hermione war der Meinung, dadurch das er verheiratet ist, dass er sich keine jungen Männer angeln würde“, ging Harry auch wieder zu diesem Thema über und schnappte sich die Liste vom Tisch. „Da irrt sich Miss Granger. Obwohl ich ihren Gedankengang verstehen kann. Lucius hat die Trennung nie öffentlich gemacht, aber er ist seit einem Jahr geschieden“, meinte Severus und begann den Tisch abzuräumen. „Das ist aber noch kein Beweis dafür, dass er sich junge Männer angeln würde oder?“, wollte Harry wissen und trank in der Zeit seinen Tee aus. Er konnte Lucius Malfoy verstehen. Die Ehe war sicher arrangiert gewesen und er würde selber auch nicht wollen, dass eine Scheidung groß durch die Presse ging. „Lucius ist bisexuell und hat sich früher gerne mal junge Männer geangelt. Zudem wart ihr zwischenzeitlich auch verschwunden. Und im Grunde kann ich auch keinen mehr von der Liste ausschließen, da du mit allen zwischenzeitlich verschwunden bist. Ob das aber für ein privateres Gespräch oder eine schnelle Nummer war, kann ich dir nicht sagen. Ich bin dir nicht jedes Mal hinterher gelaufen.“ Die letzten Worte ließen Harry aufsehen. „Du bist mir aber auch gefolgt, oder?“, hakte er schmunzelnd nach. „Das bin ich und Lucius hat mich jedes Mal zurück geholt und mir eine Predigt gehalten, dass ich dir deinen Spaß lassen soll und du alt genug wärst“, gab Severus schnaubend von sich. Irgendwie empfand Harry die Vorstellung, dass Severus ihm folgte und für sich beanspruchen wollte, als sehr süß.
„Das ist wirklich sehr süß von dir, nur leider macht das die Liste nicht kleiner. Du weißt nicht zufällig, ob Mr. Malfoy einen neuen Zauberstab haben möchte?“, wollte Harry seufzend wissen und steckte die Liste wieder ein. „Er braucht keinen neuen. Er hat sich, kurz nach seinem Freispruch, einen neuen besorgt und diesen gleich in einen neuen Gehstock einarbeiten lassen. Aber warum willst du das wissen?“ Severus setzte sich wieder an den Tisch und musterte Harry. „Ich verkaufe den Vaterschaftszauber als Testzauber im Rahmen meiner Arbeit. Ich stelle individuelle Zauberstäbe her und brauche dafür das Blut der jeweiligen Person. Da kam mir die Idee, dass ich ihn als Analysezauber ausgebe, um das Blut auf störende Substanzen zu überprüfen. Und da ich den Zauber stumm durchführe, kann ihn auch keiner erkennen“, erklärte Harry. „Ein wirklich gerissener Plan. An dir ist wirklich ein Slytherin verloren gegangen.“ Harry grinste bei der Aussage. „Beschwere dich bei Draco Malfoy. Hätte er sich nicht so schäbig benommen, wäre ich vielleicht nach Slytherin gegangen.“ Severus überraschtes Gesicht brachte Harry zum Lachen. „Du hattest die Wahl zwischen Gryffindor und Slytherin?“, hakte dieser ungläubig nach. „Das hatte ich und vor allem Dracos unmögliches Benehmen hat mich dazu gebracht, da auf keine Fall hin zu wollen. Und die Tatsache, dass alle Anhänger von Voldemort in Slytherin waren. Jedenfalls hatte man mir das so erzählt“, sagte Harry. „Bei Merlin, wir hätten unsere Siegessträhne behalten und jedes Jahr den Quidditch und Hauspokal gewinnen können!“ Harry konnte nicht mehr und lachte nur noch lauter. „Das ist das einzige woran du dabei denkst?“
„Nein, ich hätte dich auch besser schützen können.“ Sofort hörte er auf zu lachen und sah zu Severus rüber, welcher ihn mit ernstem Gesicht ansah. „Du hast mir auch so oft genug das Leben gerettet. Wir sollten vielleicht nicht mehr daran denken, was hätte sein können, sondern was jetzt ist und was noch werden kann. Jetzt haben wir eine Zukunft, eine gemeinsame Zukunft“, sprach Harry, ehe er sich erhob und Severus umarmte. Dieser war von dieser Geste erst überrascht, doch erwiderte sie kurze Zeit später und zog Harry auf seinen Schoss, um seine Arme um diesen zu schlingen. Harry lächelte glücklich und kuschelte sich sofort an die starke Brust. „Hast du nun eine Idee, wie ich die anderen testen kann? Gerade Mr. Malfoy beschert mir Kopfzerbrechen“, murmelte Harry und legte seine Arme um Severus’ Hals. „Da du nicht darüber sprechen möchtest, musst du mit ihm wohl noch etwas warten. Denn wir spielen einmal die Woche Schach und treffen uns dafür immer montags abwechselnd bei mir und bei ihm. Und morgen ist der Besuch in Malfoy Manor dran. Es wäre aber zu auffällig, wenn du eben nichts sagen möchtest. Also würde ich vorschlagen, dass du mit ihm bis nächste Woche Montag wartest und ihn dann heimlich testest, während wir Schach spielen“, schlug Severus vor, was Harry nicken ließ. „Das ist eine gute Idee. Ich werde morgen noch einmal bei Neville vorbei schauen. Wenn ich mich richtig erinnere, dann müsste er eigentlich aus dem Urlaub zurück sein und bei ihm wird die Masche mit einem neuen Zauberstab auf jeden Fall ziehen. Vielleicht auch bei George, denn die Experimente mit den Scherzartikeln sind sicher nicht ohne und da kann ein weiterer Zauberstab sicher nicht schaden“, überlegte Harry und gähnte einmal herzhaft. „Ich glaube über die anderen Verdächtigen machen wir uns nachher noch einmal Gedanken. Du solltest noch ein wenig schlafen“, schmunzelte Severus und strich Harry über die Haare. „Nur wenn du mitkommst“, entgegnete dieser und quietschte überrascht auf, als Severus ihn einfach hochhob und zurück ins Schlafzimmer trug. „Wer könnte dieser Bitte widerstehen?“