Weihnachten stand vor der Tür und wie jeden Abend lief ein Mann alleine durch die Straßen nach Hause, als er ein kleines Mädchen am Straßenrand stehen sah. Sie mochte vielleicht fünf oder sechs Jahre alt sein und schaute konzentriert in den Himmel hinauf. Obwohl er es eilig hatte, beschloss er das Kind anzusprechen, da weit und breit niemand sonst zu sehen war und es dunkel war und schneite. "Hey du, was machst du denn so ganz alleine hier?", fragte er als, er auf das Mädchen zutrat. Widerwillig wendete es seinen Blick vom Sternenhimmel ab und antwortete mit ihrere glockenhellen Stimme: "Ich bin nicht allein" Diese Reaktion überraschte ihn. Er hatte eher damit gerechnet, dass das Kind auf dem nicht weit entfernten Weihnachtsmarkt seine Eltern verloren und sich bei der Suche nach ihnen verlaufen hatte und nun ihn nun verzweifelt um Hilfe bitten würde. "Naja, ich sehe hier niemanden, der auf dich aufpasst", entgegnete er. Das Mädchen würdigte ihn keines Blickes, sondern richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Sterne. Der Mann spürte, dass er zunehmend ungehaltener wurde. Der Schnee durchnässte seine Jacke und er begann zu frieren, konnte aber nicht weitergehen, da er das kleine Mädchen nicht einfach so stehen lassen wollte. "Willst du mir denn nicht verraten, warum du hier draußen bist und wo deine Eltern sind?" Während sie ihre Augen immer noch auf den Himmel gerichtet hatte, verkündete sie: "Papa ist daheim und ich bin weggelaufen, weil es schneit." "Das verstehe ich nicht", sagte der Mann und bemühte ich um eine sanfte Stimme, "Kannst du mir bitte erklären, wieso du weggelaufen bist?" Das Mädchen seufzte und der Mann dachte schon, dass es ihn einfach ignorieren würde, als er ihre flüsternde Stimme vernahm: "Ich musste weglaufen, weil bald Weihnachten ist und es schneit, aber Papa gesagt hat, dass ich nicht rausgehen darf, weil es schon zu spät ist. Ich hatte aber Angst, dass die Welt morgen nicht mehr weiß ist und deshalb bin ich weggelaufen." "Aber was willst du denn hier draußen?" "Ich wollte schon immer weiße Weihnachten haben und Mama hat mir versprochen, dass wir dann in den Park gehen und einen Schneemann bauen", sprach das Kind mit leiser Stimme, während sein kleiner Körper in der Kälte zitterte, "Ich hab mir das so sehr gewünscht und deshalb hat Mama mir jetzt den Schnee geschenkt. Aber sie war immer so schwach, deshalb weiß ich nicht, ob sie es packt, dass der Schnee morgen nicht schon wieder weg ist und deshalb wollte ich jetzt im Park einen Schneemann bauen. Ich hab aber vergessen wo der Park ist und deshalb warte ich jetzt hier bis es mir wieder einfällt" Das verwirrte den Mann, da er mit der kindlichen Logik, die ihren eigenen Gesetzen zu folgen schien, nichts anfangen konnte. Skeptisch sagte er: "Aber wo ist denn deine Mama? Du hast doch gesagt, dass ihr den Schneemann zusammen bauen wollt." Diese Worte schienen das Mädchen zu treffen, denn es wendete seinen Blick vom Himmel ab und schaute dem Mann direkt ins Gesicht. Eine Träne kullerte über ihre Wange, als sie die Hand hob und nach oben zeigte. Ihre Stimme zitterte. "Siehst du sie denn nicht? Sie war ganz schlimm krank, aber jetzt geht es ihr gut. Ich vermisse sie ganz arg, aber Papa hat gesagt, dass sie jetzt da oben ist und dass sie der Stern ist, der am schönsten aussieht, weil ihre Liebe zu mir so hell strahlt." Wortlos nahm der Mann das Kind in den Arm, während er hart schluckte und ihm Tränen in die Augen stiegen. "Komm, wir holen jetzt deinen Papa und dann bauen wir einen ganz tollen Schneemann für deine Mama", flüsterte er, nahm das Kind an die Hand und so liefen sie gemeinsam durch die Nacht.