"Diese Gegend wird von Krokodilen bewohnt."
Das Schild steht direkt am Wanderweg.
Der Weg ist ein Fluss.
Er führt in eine Höhle.
Mich gruselst, mein Partner drängt zum Weitergehen.
Okay. Bisher scheinen hier in Nordwestaustralien noch nicht viele Touristen umgekommen zu sein. Also habe ich eine realistische Chance. Zumal gerade vor uns eine kleine Gruppe im Tunnel verschwunden ist.
Wir tasten uns voran, werden von der Dunkelheit verschluckt.
Immerhin hat sie keine Zähne, denke ich.
Während wir uns langsam vorwärts bewegen und schon das gegenüberliegende Ende der Höhle in Sicht kommt, grübele ich, ob die Krokos vielleicht Gruppen verschonen und auf einzelne Wanderer warten? Das würde auch erklären, warum keine Todesstatistiken bekannt sind ... Hat halt nie jemand was von ihnen erfahren.
Ich behalte meine Fantasien für mich, und tue so tapfer, wie möglich.
Mein Herz trommelt laut genug.
Ob Krokos lieber ängstliche Menschen verspeisen?
Raubtiere riechen ja wohl die Ausdünstungen der Emotion.
Gilt das auch für Echsenartige?
Keine Ahnung. Vorsichtshalber bevorzuge ich die trockeneren Stellen.
Obwohl so ein Tierchen kann ja schon mal an Land liegen.
Nützt also alles nichts.
Keine Ahnung, wie lange die Tour dauert. Am anderen Ende des Tunnels jedenfalls verlassen wir erstmal den Fluss, der der Weg war.
Das Aufatmen dauert nicht lange: Der einzige Weg zurück zum Auto und zur Zivilisation führt durch eben diese Kroko-bewohnte, langgezogene Höhle ...
Irgendwie bin ich froh, wieder den Landcruiser zu erreichen.
Einige Tage später begegnen uns auf einer anderen Wanderung tatsächlich Krokodile. Mein Partner will sich unbedingt anschleichen, um sie aus der Nähe zu fotografieren. Ich frage mich, wozu wir die Teleobjektive mitschleppen, aber egal. Die Tiere fangen an, umruhig zu werden. Die einzige, die noch nervöser ist, bin ich. Dann ein plötzlicher Tumult: Die letzten Zentimeter, die sich mein Partner an sie heran gepirscht hat, waren wie der berücktigte Tropfen, der ein Fass zum Überlaufen bringt. In diesem Fall die Krokos: Sie entwickeln ein enormes Tempo. Allerdings entscheiden sie sich für die entgegengesetzte Richtung, hinein in ihre Pfütze, die im ausgetrockneten Flussbett geblieben ist. Puh, gut zu wissen, dass Freshies (Süßwasser-Krokodile) noch mehr Angst haben, als ich!