(Diese Geschichte handelt von dem, anfangs ziemlich arroganten Blutelfen Hexenmeister Gwydyon. Er lebt mit seiner Schwester in Silbermond, der Hauptstadt der Blutelfen im Immersangwald. Ihre Eltern sind gestorben. Seine grosse, allerdings bisher unerfüllte Liebe, ist die Waldläuferin Tyrande, welche einst nach der Hohepriesterin der Nachtelfen, Tyrande Whisperwind benannt wurde. Gwydyon ist eigentlich ganz zufrieden mit seinem Leben in Silbermond. Er ist sehr begabt und bekommt eine Menge Anerkennung dafür. Doch dann zwingen neue Umstände ihn dazu seine geliebte Heimat zu verlassen und so beginnt seine Reise, als noch ziemlich ungeschliffenes "Juwel von Azeroth")
Die helle Sonne über dem Immersangwald, hatte gerade ihren höchsten Stand erreicht und warf ihr strahlendes, goldenes Licht über die, wie ein schimmernder Diamant, leuchtende Stadt Silbermond. Deren weissen, mit goldenen und roten Reliefs verzierten Mauern und die geschwungenen Säulen, waren harmonisch in den märchenhaft anmutenden Immersangwald eingebettet worden. Ein Wunderwerk ihrer stolzen, aussergewöhnlich magiebegabten Einwohner: Den Blutelfen, auch genannt die Sin' Dorei.
Ursprünglich vom Volke der Kaldorei- den Nachtelfen abstammend, hatten sich die einstmaligen Hochelfen hier eine neue Heimat geschaffen. Im Laufe vieler zermürbenden Schlachten, gegen die Brennende Legion, die einst hier herrschenden Macht der Amani Trolle und in jüngster Zeit sogar gegen die Menschen, die einst ihre Verbündeten gegen selbige gewesen waren, hatten sie eine einzigartige Zähigkeit erlangt und ihre magischen Fähigkeiten, bis zum Äussersten perfektioniert. Die Magie durchdrang jeden Bereich ihres Lebens und das schon Jahrhunderte und hatte in den Blutelfen einen unstillbaren Durst nach Magie geweckt, der nicht selten für das Unglück dieses stolzen Volkes verantwortlich gewesen war.
Gwydyon, ein Blutelf in den besten Jahren, nutzte seine kurze Mittagspause dazu, sich am Stillwispertümpel, nahe seiner Heimatstadt Silbermond etwas niederzulassen. Er sass auf einer der edel geschwungenen, goldenen Banken, die zum Verweilen einluden. Der betörende Duft unzähliger, bunter Blumen, die an Einzigartigkeit und Schönheit alles zu übertreffen schienen, was die Natur jemals von allein hervorbringen konnte, lag in der lichtdurchtränkten Luft, des stetig rauschenden Immersangwaldes.
Rund um den kleinen, kristallklaren Teich, der von einem malerischen Wasserfall gespeist wurde, standen eindrucksvolle Baumriesen mit elfenbeinfarbenen Stämmen. Ihre Äste waren auf einzigartige Weise geschwungen und aus ihnen heraus, sprossen goldene und purpurne Blätter, die dichte Kronen bildeten. Man konnte nirgendwo hier gerade Formen finden, alles war irgendwie fliessend, was eine wunderbar friedvolle Atmosphäre schuf. Allerding waren hier in der Blutelfen-Welt die Farben Gold und Rot vorherrschend, was sie wiederum auch ausserordentlich lichterfüllt und lebendig erscheinen liess.
Die einstigen Hochelfen, die vor vielen Jahrhunderten von ihrem Anführer Dath'Remar, dem „Sonnenwanderer“ hierher geführt worden waren, huldigten, nach ihrem Bruch mit den, die Mondgöttin Elune verehrenden Nachtelfen, nur noch der Sonne. Ihr Leben unterschied sich deshalb grundlegend von dem ihrer Vettern. Ausserdem gehörten die Nachtelfen nun der Allianz an, welche sonst noch aus den Menschen, den Zwergen, den Gnomen und neuerdings den Draenei bestand, welche von jenseits des „Dunklen Portals“ hierhergekommen waren. Auch die Blutelfen hatten schon begonnen die Welt, jenseits des Tores zu erforschen. Man nannte sie die Scherbenwelt, einst ein wunderbarer Planet namens Draenor.
Dort tobte nun der grösste aller Krieg gegen die Brennende Legion und so kam es, dass die stolzen, ziemlich überheblichen Blutelfen, sich der Horde anschlossen, die aus Orcs, Trollen, Tauren und Untoten bestand. Trotz dieses Bündnisses aber, waren die Blutelfen stets Eigenbrötler geblieben, denn oft wurde der übermässige Gebrauch von Magie, ihnen vorgeworfen. Schliesslich hatte das unbedachte Einsetzten der Magie, der einstigen Hochelfen unter Königin Azshara, die Brennende Legion erst auf diese Welt hier aufmerksam gemacht.
Gwydyon kannte diese Geschichten nur vom Hörensagen und sie präsentierten sich meist in einem schöneren Kleide, als sie wirklich waren. Sie hielten den jungen Hexenmeister auch nicht davon ab, stolz auf sein Volk und vor allem dessen magische Kräfte zu sein.
Er wusste, dass man durch die Runensteine einen unsichtbaren Schutzwall um das Reich Quel Talas errichtet hatte und die Grossmagier der Elfen, stets auf der Hut waren, dass ihre magischen Aktivitäten nicht zu grosses Aufsehen bei der Brennenden Legion erregten. Allerdings mussten die Elfen sich stets in Acht vor den Überbleibseln der Geissel, die Arthas der Lichking einst über die Welt gesandt hatte, nehmen. Diese Geissel bestand aus willenlosen Untoten. In den angrenzenden, von der Geissel verwüsteten und verseuchten Geisterlande, befand sich ein Bollwerk eben dieser Geissel: „Die Todesfestung“. Die Verderbnis des von Untoten und bösen Geistern bevölkerten Ortes, war bis hierher zu spüren, denn quer durch das strahlende Land der Blutelfen, zog sich als schwarzes, verbranntes Band, die sogenannte Todesschneise, die immer wieder von Angehörigen der Geissel durchstreift wurden. Diese Todesschneise, hatte ihren Ursprung tatsächlich in der Todesfestung. Stets von neuem mussten die Krieger, Waldläufer, Paladine und anderen Zauberkundigen von Silbermond, sich dieser Verderbnis stellen. Zwar hielt der magische Schutz, den man errichtet hatte, die Geissel davon ab sich ganz auszudehnen, aber es war ein stetiger Kampf ums Überleben. Denn auch der Schutz der Runensteine begann langsam zu bröckeln.
Gwydyon war ein besonders begabter Hexenmeister. Er lernte in seiner Ausbildung, die noch nicht ganz abgeschlossen war, die Mächte des Bösen zu unterwerfen und sie dazu zu bringen, seinem Volke und der Horde zu dienen. Es war eine anstrengende, kraftraubende Ausbildung. Er musste vor allem lernen, Selbstkontrolle zu üben, damit ihn die dämonischen Mächte nicht selbst übermannten. Doch Gwydyon hatte bisher alle Prüfungen bestanden und er besass eine grosse Selbstsicherheit, wie sie den meisten Blutelfen eigen war. So zweifelte er keinen Moment daran, dass er allem was die Hexenmeisterausbildung mit sich brachte, gewachsen sein würde.
Er trat nun näher an den Stillwispertümpel heran und schaute hinab in dessen glasklares Wasser. Hier etwas entfernt vom Wasserfall, war dessen Oberfläche kaum mehr in Bewegung und wirkte wie ein Spiegel. Er sah etwas verschwommen sein Spiegelbild und musste selbst sagen, dass er wirklich ein gutaussehender Mann war. Nun ja...alle Blutelfen waren sehr gutaussehend! Was nicht von der Natur gegeben war (das meiste war es natürlich), wurde eben noch etwas mit Magie wettgemacht. Die starke Ley Energie, in diesem Teil der Welt, wirkte dabei sehr unterstützend.
Gwydyon besass ein ebenmässiges Gesicht, mit dem typischen, leicht arroganten Ausdruck der Blutelfen. Sein Profil war wie aus Stein gemeisselt, vollkommen makellos, seine Ohren spitz und die, etwas nach hinten gezogenen Augen, leuchteten grünlich, was für die Sin'Dorei typisch war. Die Augen hatten durch den stetigen Einfluss des hellen Sonnenlichtes, den ursprünglichen, gelben Schein der Kaldorei verloren, welcher sie in Dunkelheit besonders gut hatte sehen lassen. Die Augen der Blutelfen waren darum nicht viel besser als die der Menschen.
Gwydyon besass dunkelrotes, glänzendes Haar, von dem man einen Teil am Hinterkopf mit zwei breiten Bändern, zu einem kunstvollen Pferdeschwanz, aufgetürmt hatte. Der Rest seines langen Haares, war seitlich nach vorne gekämmt worden und umschmeichelte das schöne Gesicht des Hexenmeisters. Er trug die purpurne, mit goldenen Brokat- Bändern verzierte Robe, der Hexenmeister- Lehrlinge, die wiederum sehr gut zu seinem Haar passte.
Das eher selbstverliebte Betrachten seines Äusseren, wich auf einmal einem nachdenklichen Sich-nach-innen- wenden. Es wurde Gwydyon plötzlich klar, dass alles was sich die Blutelfen erarbeitet hatten, stets der Gefahr der Verderbnis ausgesetzt war. Die Verderbnis ging nicht nur von der brennenden Legion, der Geissel, oder den verfeindeten Völkern aus, sondern auch von der unstillbaren Sucht der Blutelfen nach Magie. Alle Mitglieder seines Volkes, besassen diesen Hunger und auch der einfachste Bürger hier, hatte eine natürliche Affinität für Magie und konnte etwas zaubern.
Immer wieder gab es Momente, da fühlte Gwydyon sich leer und ausgelaugt, dann ging er jeweils zu einem der vielen grün-schimmernden, magischen Kristalle, von denen es hier in der Stadt einige gab. Sie füllten seine Speicher wieder auf. Einst, so wusste er, hatte der legendäre „Sonnenbrunnen“, den Magiedurst der Hochelfen genährt. Der Brunnen, früher „Brunnen der Ewigkeit“ genannt, war die Verbindung gewesen, zur jenseitigen Welt und so auch Spender allen Lebens auf dem ersten, einzelnen Kontinent Kalimdor. In der Mitte dieses Kontinents, hatten die einst mächtigen Titanen- Ordner der Welten, diesen See aus glühender Energie geschaffen. Schliesslich entdeckten die Kaldorei (Nachtelfen) -das erste humanoide Volk Kalimdors, diesen See und liessen sich an seinen Ufern nieder. Sie entwickelten sich durch den Einfluss desselbigen weiter und es entstand eine wundersame Hochkultur. Doch die damalige Königin Azshara und ihre Vertrauten, wollten die Mächte des Brunnens, noch mehr für sich erschliessen.
Die Druidengesellschaft der Nachtelfen, welche eben die Mondgöttin verehrten, wurden laut der Geschichten, die man Gwydyon erzählte, neidisch auf die Hochgeborenen- seine Vorfahren und wollten ihre magischen Aktivitäten unterbinden. Doch die Hochelfen wollten es sich nicht nehmen lassen, ihre Kräfte zu perfektionieren. Dummerweise wurde dann auch Sargeras, der oberste Dämonengott, welche in der chaotischen Netherwelt jenseits lebte und der ebenfalls vom Volke der Titanen abstammte, aufmerksam auf die grosse, magische Macht der Hochelfen und es gelang ihm beinahe die materielle Welt durch den „Brunnen der Ewigkeit“ zu betreten. Noch rechtzeitig wurde dieser zerstört, was sich aber verheerend auf den ganzen Kontinent auswirkte, der dadurch auseinandergerissen wurde. Zwar konnte durch eine Phiole Wasser des alten Brunnens ein neuer „Brunnen der Ewigkeit“ entstehen, aber die Druiden, erbost über die Hochgeborenen, denen sie die Schuld an diesem Elend gaben, verbannten selbige schliesslich aus ihrem Land.
Ganz im Norden eines, durch die Explosion entstandenen, neuen Kontinents (Die östlichen Königreiche), fanden die Sin'Dorei dann ein Land, dass ihrem alten sehr ähnlich war. Durch den, auf der nahen Insel Quel Danas liegenden Sonnenbrunnen, konnten sie dann erneut ihren Magiedurst stillen, bis...dieser durch die Untoten- Geissel, angeführt vom mächtigen Todesritter Arthas, vernichtet wurde. Seither suchten die Blutelfen, die sich zum Andenken, an die vielen in den Kriegen Gefallenen, so nannten, immer nach neuen Quellen der Magie.
Als Gwydyon so hinunter ins Wasser blickte, sein Geist weit entrückt, wurde ihm mit aller Deutlichkeit bewusst, dass diese Leere, die sich manchmal wieder in ihm breit machte, mit dem Verlust des Sonnenbrunnens zu tun hatte. Er war zerstört worden und mit ihm eigentlich auch die Verbindung mit der gütigen, jenseitigen Welt.
Auf einmal musste er an seine Schwester Balduraya denken. Sie gehörte der Gemeinschaft der Paladine an, die man auch „Heilige Krieger“ nannte. Sie hatte damit einen ganz anderen Weg eingeschlagen, als er. Sie wollte nur mit den heiligen Mächten des Lichts kämpfen und obwohl sie eine sehr begabte Zauberin gewesen wäre, setzten sie und die anderen Paladine, ihre magischen Kräfte nur sehr begrenzt ein. Meist dienten sie dazu, über die Ihren einen schützenden, oder heilenden Segen zu sprechen. Doch waren die Paladine auch in der Kampfesführung, den normalen Kriegern, mehr als ebenbürtig.
Sie hatten einen ganz anderen Kodex als die Hexenmeister, zu denen Gwydyon gehörte. Das führte manchmal zu heftigen Debatten zwischen den Geschwistern. Dennoch aber war Gwydyons Verbindung zu seiner etwas jüngeren Schwester sehr eng und insgeheim...bewunderte der Hexenmeister Balduraya für ihren unerschütterlichen Idealismus.
Seine Schwester war auch felsenfest davon überzeugt, dass die Kultur der Blutelfen viel zu sehr von den Männern dominiert wurde und der Verstand, dadurch oft einen zu hohen Stellenwert in ihrem Volke inne hatte. Unrecht hatte sie damit nicht. Beinahe alle führenden Positionen, waren den Männern vorbehalten, auch in Silbermond gab es nur männliche Stadt- Wachen.
Gwydyon musste innerlich etwas lächeln, als er an die starr dastehenden Wachen dachte. Allesamt trugen sie blutrote Roben, reich mit Goldstickereien verziert, dazu passende Schilde, gewaltige Schwerter mit zwei Klingen und ein jeder von ihnen hatte genau dasselbe blonde, einheitlich frisierte Haar. Frauen gab es darunter keine Einzige.
Die Frauen waren eher noch unter den Waldläufern vertreten. Die Waldläufer waren die besten Bogenschützen des Reiches und ein sehr wichtiger Bestandteil aller Schlachten. Die Elfenfrauen, besassen ein angeborenes Talent für diese Art der Kampfesführung, wohl noch ein altes Erbe der Kaldorei. Sylvanas Windläufer, welche nun leider von Arthas zu einer Bangee gemacht wurde, war einst Waldläufergeneral gewesen. Heute führte sie das Volk der Verlassenen- der Untoten an.
Eine der jetzigen Waldläuferinnen, kannte Gwydyon schon von Kindesbeinen an. Ihr Name war Tyrande. Schon von ganz klein auf, hatte der Hexenmeister sich zu ihr hingezogen gefühlt. Mittlerweile war sie zu einer wunderschönen, jungen Frau herangewachsen. Sie war eine gute Freundin von Balduraya, obwohl sonst zwischen Waldläufern und Paladinen, ein eher frostiges Verhältnis herrschte. Balduraya und Tyrande scherten sich jedoch wenig darum und Gwydyon war es nur recht so, so konnte er Tyrande öfters sehen. Er glaubte, dass sie ihn auch mochte, aber bisher hatte er es noch nicht fertig gebracht, ihr seine wahren Gefühle zu offenbaren. Er fiel ihm überhaupt schwer das zu tun und er war doch sehr eitel und wollte keinen Korb riskieren. Ausserdem, genoss er doch ziemlich seine Freiheit und es fehlte ihm auch nicht an Verehrerinnen.
Tyrande war sehr stolz und eigenwillig. Sie kam ihm manchmal vor, wie eine wilde Katze, die man erst zähmen musste. Sie besass sogar eine eigene Wildkatze, die sie auf Schritt und Tritt begleitete. Es war einer der Bachtatzenluchse, die im Immersangwald oft anzutreffen waren. Tyrande hatte diesen einst gezähmt und nannte ihn Gleska. Baldurayas Freundin hatte sowieso eine ausserordenlich enge Verbindung zur Natur und all ihren Geschöpfen, weshalb sie auch der Enge der Stadt entflohen war und sich in der Nähe des naheliegenden Dorfes Morgenluft niedergelassen hatte. Sie kam jeweils nur zum Trainieren nach Silbermond.
Die Waldläufer hatten ihr Trainingscamp auf dem „Platz der Weltenwanderer“, unmittelbar neben dem Hauptquartier der Paladine. Gwydyon besuchte sie da öfters und schaute ihr beim Training zu. Ihr treuer Begleiter Gleska, war stets an ihrer Seite. Geduldig lag der Bachtazenluchs auf dem, meistens von der Sonne gewärmten, hellroten Steinboden am Rand des Trainingsgeländes, schlief oder schaute seinem Frauchen zu, das einen magischen Pfeil nach dem andern ins Ziel schoss. Gwydyon bewunderte Tyrande wirklich sehr und sie war auch etwas ganz Besonderes mit ihrer zahmen Wildkatze. Nur wenige besassen so ein Tier, auch wenn die alten Geschichten der Kaldorei davon berichteten, dass es schon einige solche Beastmaster, man nannte sie auch manchmal auch „Jäger“ gegeben hatte und noch immer gab. Die enge Verbindung zur Natur, war bedauerlicherweise im Volke der Sin'Dorei schon etwas abgeschwächt, auch wenn sie noch immer ausgeprägter war, als bei vielen der anderen Völker.
Gwydyon erhob sich nun und machte sich wieder auf den Weg in die Stadt. Er kam an einer weiteren Sitzecke vorbei, die umgeben war mit grünen Büschen. In ihrem Zentrum befand sich ein wunderschönes Blumenbeet, mit süss duftenden Blüten in allen Farben. Eine grosse, aus Stein gemeisselte, leicht bekleidete Tänzerin ragte daraus empor. Gwydyon hiel sich auch hier oft auf, doch heute, hatte es ihn ans Wasser gezogen. Irgendwie besass das Wasser eine reinigende Wirkung und das Rauschen des Wasserfalls beruhigte seinen manchmal unruhigen Geist.
Der Hexenmeister überquerte, eine aus weissem Steinen gefertigte Brücke, die rechts und links mit goldenen Banken flankiert wurde und trat durch das, von einer riesigen, männlichen Blutelfenstatue bewachte, „Hirtentor“, hinein in die Stadt. Er nickte Torwächter Aendor, der jeweils Neuankömmlinge begrüsste, kurz zu und machte einen vorsichtigen Bogen, um den daneben stehenden, mächtigen Arkanwächter. Diese Arkanwächter waren Bestandteil der Stadt. Sie sahen aus wie aus mehreren Steinbrocken zusammengefügte Statuen, waren aber höchst lebendig. Sie gehörten vermutlich zur Familie der Elementare, mit denen sich die Blutelfen einst verbündet hatten. Gwydyon bog nun in die „Strasse der Urahnen“ ein. Die Hauptwege waren hier absichtlich aus weissem Gestein, während der Rest des Stadtbodens eine hellpurpurne Farbe besass. Die hohen, geschwungenen Gebäude waren auch weiss, meist verziert mit rotgoldenen Reliefen und überall gab es immer wieder Nischen, in denen man sich gemütlich niederlassen konnte. Riesige Banner, ebenfalls purpurfarben, mit Gold umrandet, wehten über den Strassen. Auch gab es immer wieder kleine, grüne, mit Blumen und Bäumen bewachsene Flecken.
An der taurischen Druidenlehrerin Harene Ebenlauf vorbei, kam der junge Hexenmeister zu einem weiteren Tor, diesmal bewacht von einer weiblichen Elfenstatue.
Der Durchgang führte ihn in die schattige „Mördergasse“. Man nannte diese so, weil hier die „Schüler des Schattens“ ihre Ausbildungsstätte hatten. Die „Schüler des Schattens“, waren eine Eliteeinheit von Attentätern, die jeweils für besonders delikate Mordaufträge engagiert wurden. Niemand kannte ihre Auftraggeber, aber sie dienten auf ihre Weise der Obrigkeit der Blutelfen. Manchmal nahmen sie auch andere Aufträge an, wie man munkelte und dienten teilweise als Söldner, bei anderen Völkern.
Man wusste um ihr Dasein, aber man sprach nicht gerne darüber, ähnlich war es auch bei den Hexenmeistern. Darum hatten diese ebenfalls in der stillen Mördergasse, ihr Hauptquartier.
Dieses lag in einer Art unterirdischem Gewölbe, ein paar hundert Meter weit weg, vom Quartier der „Schüler des Schattens“ und man nannte es „Das Sanktum“.
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Gwydyon trat durch den Eingang und ging, die grosszügig geschwungene Treppe, hinab in das Gewölbe. Ein grünlichgelber Schein leuchtete von unten herauf. Dieser stammte von den magischen Kristallen, die es hier gab. Die Hexenmeister luden jeweils an ihnen, ihre magischen Speicher auf.
Er konnte es kaum erwarten, das endlich auch wieder zu tun, denn irgendwie fühlte er sich gerade wieder so ausgelaugt und leer, wie es öfters mal der Fall war.
Es war auch ein anstrengender Tag. Gerade lernte er einen sehr mächtigen Dämonen- den „Sukkubus“ zu beschwören und ihn zu unterwerfen. Der Sukkubus war ein weiblicher Dämon. Sie war ausserordentlich verführerisch und konnte einen Zauber über ihre Feinde werfen, welcher diese vollkommen den Verstand verlieren liess. Besonders Männer waren gefährdet, denn die Sukkubus war äusserst attraktiv, mit drallen Formen, laszivem Gebaren, einem schönen Gesicht und schwarzen, langen Locken. Mit ihrer sogenannten Schmerzenspeitsche, konnte sie unerträgliche Leiden zufügen. Wenn einer dieser Dämonen den Hexer übermannte, war seine Seele ernsthaft gefährdet. Noch hatte Gwydyon allerdings Unterstützung, von seiner Mentorin Taliona. Sie war ebenfalls eine sehr schöne Frau mit derselben Haarfarbe wie er. Sie trug meist eine rotblaue, mit Gold bestickte Robe und war eine erstklassige Lehrmeisterin. Unter den wachsamen Augen des Oberhexers Zanien, brachte sie Gwydyon alles bei, was er wissen musste.
Das Sanktum war ein runder Raum, in dessen Mitte eine grüne Kristallkugel mit einem gelben Wirbel im Innern hing. Sie war umspannt mit einem goldenen Ring, der mit alten Runen beschriftet war. Von diesem Ring gingen drei goldene, magische Ketten aus, die mit drei weiteren, oben und unten spitz zulaufenden Kristallen verbunden waren. Gerade lud sich einer der Hexenmeister Lehrlinge an der Kugel auf. Ein hellgrüner Strahl verband dabei sein drittes Auge- in der Mitte der Stirn, mit dem Kristallgebilde. Gwydyon wusste, dass man sich nach so einer Aufladung erst sehr müde fühlte und in einen Art magischen, traumlosen Tiefschlaf fiel, der einem zu neuer Kraft verhalf und alle Sinne schärfte. Er würde wohl auch schlafen müssen, bevor er sich erneut der Unterwerfung der Sukkubus zuwandte.
„Es wird Zeit, dass du kommst!“ rief ihm Taliona ungeduldig zu, als er eintrat. „Wir haben noch einiges zu tun und du musst erst schlafen. Du weisst dass dies Zeit brauchst, wo warst du nur so lange?“ „Ich habe an den Sonnenbrunnen gedacht,“ erwiderte er respektvoll, „dabei habe ich wohl etwas die Zeit vergessen. Vergib mir Meisterin!“ Es war auch etwas Berechnung, dass Gwydyon das sagte, denn er wusste, dass die Blutelfen sehr empfänglich für alles waren, was mit dem Sonnenbrunnen zusammenhing. Ein jeder von ihnen teilten den gleichen Schmerz, über dessen schrecklichen Verlust, durch Arthas' Geissel.
So wurde auch der Ausdruck von Gwydyons sonst strengen Lehrmeisterin, einen Augenblick lang sanft und sie meinte leise: „Ja, ich fühle mit dir. Ohne den Sonnenbrunnen ist es sehr schwer. Ich weiss noch wie es war, als es ihn noch gab. Wie endlos lange ist das schon her...endlos lange. Nichts wird ihn jemals ersetzen, auch... diese Kristalle hier nicht,“ sie deutete auf das Kristallgebilde. „Aber...wir müssen das Beste daraus machen.“ Ihr Ausdruck wurde wieder kühl und sie meinte entschlossen: „Einst werden unsere Feinde fallen! Dafür sorgen wir!! Wir werden die Brennende Legion für immer aus dieser Welt verbannen...eines Tages! Sei es mit den Mächten des Lichtes oder der Schatten. Wir werden die Schatten unter unseren Willen zwingen und sie müssen uns dienen! Darum mach dich bereit Gwydyon, eine grosse Herausforderung wartet auf dich! Heute sollst du lernen den Sukkubus endgültig zu unterwerfen und danach ist der Teufelsjäger dran. Wenn du diesen erst beherrschst, dann wirst du praktisch unbesiegbar sein und bald... wirst du mit deinen Brüdern und Schwestern, in den Krieg gegen unsere Feinde ziehen!
Doch jetzt wird es Zeit für dich zu schlafen!“ Gwydyon nickte und setzte sich in freudiger Erwartung in den magischen Ring, der die Kristalle umgab. Das Schlafen, war immer eine schöne Sache. Als er es sich bequem gemacht hatte, begann er in elfischer Sprache leise eine Zauberformel zu rezitieren. Ganz am Anfang seiner Ausbildung, hatte er noch bei allem die Unterstützung von Taliona gebraucht, aber nun konnte er schon sehr Vieles allein und wusste um die wichtigsten Grundbegriffe der Hexenmeistermagie. Er konnte nun auch bereits ein paar Dämonen beherrschen, darunter auch den blauen, geisterhaften Leerwandler. Dieser kam, wie die meisten Dämonen aus den unendlichen Weiten, der dämonischen „Netherwelt“, war aber eine willige, ziemlich schnell zu beherrschende, Kreatur. Die Sukkubus war da schon viel gefährlicher, besonders eben... für Männer. Frauen konnten ihrem Zauber etwas besser widerstehen, aber auch sie konnten von der manipulativen, aussergewöhnlich bösen Art dieses Dämons, übermannt werden, wenn sie unvorsichtig waren.
Erst einmal beherrscht aber, war diese eine grosse Unterstützung im Kampf, denn sie konnte mit ihrer Peitsche sehr viel Schaden anrichten. Der Leerwandler konnte nicht ganz so gut austeilen, aber er konnte sehr viel Schaden einstecken und war ausserhalb des Kampfes, wegen seiner eher gefügigen Art, auch für andere alltägliche Aufgaben, gut zu gebrauchen. Trotzdem musste ein Hexenmeister, wenn er einen Dämon beschworen hatte, immer auf der Hut sein. Denn verlor er die Kontrolle, dann konnte das gravierende Folgen für seine und auch die Seelen anderer haben.
Nachdem Gwydyon die Zauberformeln gesprochen hatte, wurde urplötzlich ein grüner, leuchtenden Strahl von dem runden Kristall abgegeben, der in die Stirn der Hexenmeisters eindrang. Erst war er sehr heiss und der junge Mann zuckte etwas zusammen. Doch dann breitete sich eine wunderbare, friedvolle Wärme in seinem ganzen Körper aus. Auf einmal kam es ihm vor, als ob er die ganze Welt in einem viel klareren Licht sehen würde, als ob ihm alle magische Weisheit auf einen Schlag zuteilwerden würde. Und dann...kam der Schlaf: tief und traumlos.
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Etwa zwei Stunden später, erwachte Gwydyon wieder. Taliona kauerte neben ihm und musterte ihn mit prüfendem Blick. Der junge Hexenmeister war noch etwas benommen, doch das dauerte nicht lange an. Nachdem ihm seine Meisterin wieder auf die Füsse geholfen hatte, fühlte er sich wie neu geboren. Er hatte nun das Gefühl, allem gewachsen zu sein, was noch auf ihn zukommen würde.
„Ich denke, du bist bereit,“ sprach Taliona. „So wollen wir beginnen den Sukkubus zu beschwören!“ Sie führte ihn vom Sanktum aus, noch weiter hinab, in eine tiefe Gruft. Rechts und links erhellten ein paar Feuer, die in grossen Kesseln brannten, die sonst undurchdringliche Dunkelheit.
Dann führte sie eine Wendeltreppe, nur noch von ein paar Fackeln erleuchtet, noch tiefer hinab in den Bauch der Stadt.
Schliesslich kam zum spärliche, goldenen Licht der Fackeln noch ein seltsamer, lilafarbener Schein dazu. Und dann... tief in einem verliesähnlichen Kellergewölbe, sah Gwydyon, den ihm bereits wohlbekannten, „Beschwörungskreis“. Dieser war mit einer seltsamen, phosphoreszierenden Farbe auf den Steinboden gemalt worden. Ein Kreis mit einem Dreieck darüber, von dem gegen oben zwei Strahlen abgingen. Seltsame Symbole, die nur Eingeweihte kannten, schmückten das magische Bildnis.
Immer wieder ergriff Gwydyon Ehrfurcht bei dem Anblick dieses sakralen Platzes. Hier musste er alle Dämonen beschwören, sie unterwerfen und sie unter Kontrolle bringen. Es würde diesmal ein harter Kampf werden, das wusste er, denn er hatte schon erste Erfahrungen mit der Sukkubus gemacht und heute war es Ziel, sie endgültig zu beherrschen. Danach konnte er sie immer wieder beschwören, wenn er sie brauchte. Nun, er würde es schon schaffen.
„Gibt es irgendjemanden, den du besonders liebst?“ fragte ihn seine Meisterin. Das fragte sie ihn stets, wenn er sich einem neuen Dämon stellen musste. „Wenn ja, dann denke ganz fest an diese Person, so hat die Sukkubus viel weniger Macht über dich. Sie ist, wie du weisst, für Männer gefährlicher, als jeder andere Dämon.“ Gwydyon nickte. Ja, da war tatsächlich jemand an den er denken konnte. Das strahlendschöne Gesicht der dunkelhaarigen Tyrande, erschien vor seinem inneren Auge. Er dachte stets an sie, wenn er sich den Dämonen stellen musste. Natürlich konnte man auch an einen andern geliebten Menschen denken. Aber Tyrande war sein schönster Gedanke. Sie gab ihm in allem Kraft, auch wenn sie das vielleicht gar nicht wusste. Dank der Liebe zu ihr, war Gwydyon stark und auch die verführerischen Sukkubs konnte ihn nur begrenzt beeindrucken. Allerding war deren Zauber stark... unterschätzen durfte man sie auf keinen Fall.
Er stellte sich in den Beschwörungskreis, dessen magische Energie einzigartig war. Er war...wie eine Art Portal, das in Welten, jenseits dieser hier führte. In diesem Fall öffnete man ein Tor in den dämonischen Nether. Das an sich war schon eine grosse Herausforderung, denn man musste darauf achten, dass man wirklich nur einen Dämon herbeirief und zwar genau den, den man beabsichtigte. Das machten den Hexenmeisterberuf ebenfalls sehr gefährlich. Doch diesmal war ja auch noch Taliona dabei. Sie würde jedoch nur eingreifen, wenn es wirklich nötig war. Wenn Gwydyon es heute nicht schaffte, dann einfach nächstes Mal. Seine Lehrmeisterin war mächtig genug ihm zu helfen, wenn es riskant wurde. Aber Gwydyon war erstaunlich ruhig und er hatte keine Angst. Vielleicht war er leicht nervös, aber das war immer so, bei solch neuen Herausforderungen.
„Dann beschwöre jetzt die Dämonin!“ befahl die Lehrmeisterin. Gwydyon breite seine Arme aus und begann jene Zauberformel zu sprechen, die das Tor in die Netherwelt öffnen sollte. Die Energie des Beschwörungskreises, kroch durch seine Füsse, die Beine hoch und breitete sich nach und nach in seinem ganzen Körper aus, ähnlich wie das Licht des Kristalles im Sanktum und doch ganz anders. Es gab Gwydyon ein Gefühl von Macht und all seine Sinne, waren bis zum Äussersten geschärft. Das Licht des Kreises, begann ihn immer mehr einzuhüllen. Lila und purpurne Strahlen drangen aus seinen Händen und Füssen und ballten sich über seinem Kopf zu einer strahlenden Kugel zusammen. Die Wirbel der Netherwelt empfingen ihn! ....
Die Gruft um Gwydyon herum verschwamm und er stand allein in einem wild wirbelnden Chaos. Wäre er noch unerfahrener gewesen, hätte ihn dieses Chaos allein, schon zu Tode geängstigt und ihn die Orientierung verlieren lassen, doch so blieb er einfach still stehen und rief gebieterisch in elfischer Sprache: „ Die Eine, mir vorbestimmte Sukkubus, zeige Dich! Ich befehle dir mir zu dienen! Hier ist dein Gebieter!“
Es dauerte einen Moment, dann erschien aus dem Dunkel des wirbelnden Chaos eine Gestalt. Sie wirkte überaus anmutig und ihre leichtbekleideten Kurven, liessen besonders einsame Männerherzen, höher schlagen. Gwydyon dachte sofort an Tyrande und seiner anfänglich kurzen Verwirrung, wich einer gefassten Ruhe.
Die Sukkubus war eine sehr schöne Frau. Ihr langes Haar fiel ihr in schwarzen Wellen über die Schultern. Sie trug einen knappen, schwarzen Brustpanzer aus Leder, mit sehr tiefem Ausschnitt, ihre Brüste waren gross und prall. Ihr hochgeschnittenes Lederhöschen, bedeckten nur das Nötigste. Die blauen Augen leuchteten hell im Zwielicht. Sie hatte ein schönes Gesicht mit sinnlichen, vollen Lippen, spitze Ohren, wie die der Elfen und zwei dunkle Hörner. Fledermausartige Flügel wuchsen aus ihrem Rücken heraus und ihre langen Beine endeten in hufähnlichen Füssen.
„Konntet ihr also nicht widerstehen?“ sprach sie mit lasziver Stimme und schlug kurz mit ihrer Peitsche, die ein schnalzendes Geräusch verursachte. Gwydyon war sich der Bedrohung bewusst, welche vom Gebaren der Sukkubus ausging. Die Schmerzenspeitsche konnte schreckliche Pein zufügen und das nicht nur dem Körper, sondern vor allem der Seele.
„Ich bin hier, um dich zu unterwerfen!“ sprach Gwydyon still, während er jede Regung der Dämonin verfolgte. „Nana, da habt ihr ja grosse Pläne, mein schöner, junger Hexenmeister,“ erwiderte die Sukkubus mit ihrer bedrohlich, verführerischer Stimme. Gwydyon begann eine weitere Beschwörung- die „Beschwörung der Unterwerfung“ zu murmeln, die er mittlerweile inn- und auswendig kannte und auch schon tausendmal geübt hatte.
Das Gesicht der Dämonin nahm nun einen boshaften Ausdruck an und sie wirkte ihren ersten Zauber. Es war jener Zauber, der den Gegner ganz an den Anblick der Dämonin fesselte, eine Art Hypnose, die es zum Ziel hatte, jemanden ausser Gefecht zu setzen, um ihn zu einem willenlosen Etwas, oder einem liebestrunkenen Sklaven der Sukkubus zu machen.
Je nach dem, wie es der Dämonenlady beliebte, konnte das mit dem Tod des Körpers enden, oder dem vollkommenen Umnachten des Geistes, das den endgültigen Verlust der Seele zur Folge haben konnte. Gwydyon war sich all dieser schrecklichen Gefahren bewusst und er verstand, warum sich seine Schwester und auch Tyrande, oft Sorgen um ihn machten. Er war stets einer Gefahr ausgesetzt, durch seine Arbeit mit den Dämonen, aber es konnte ihm auch zu gewaltiger Kraft und einen eisernen Willen verhelfen. Und das war es auch was ihn daran so reizte. Er liebte das Risiko, liebte es seine Kräfte immer wieder von neuem auf die Probe zu stellen. Er besass auch wahrlich das Potenzial ein ausgezeichneter Hexenmeister zu werden.
Als die Sukkubus ihren Verführungszauber wirkte, merkte er es sofort. Er hatte damit bei seinen anfänglichen Begegnungen mit der Dämonin Erfahrung gemacht. Der Verführungszauber lullte einem richtig ein, es weckte in einem intensive Gefühle, der Leidenschaft und Hingabe und die Sukkubus erschien einem wie eine wundervolle Liebesgöttin. Talionia hatte Gwydyon beistehen müssen, als er sich einst zu sehr hatte davon beeinflussen lassen, doch das würde ihm bestimmt kein zweites Mal passieren. Er kannte diesen Zauber und wenn er nur ganz fest an seine geliebte Tyrande dachte...Das Gesicht der wunderschönen Waldläuferin, trat erneut vor sein inneres Auge. So liebevoll, so strahlend und noch so unverdorben. Die Sukkubus aber war die Verderbnis in Person. Dieses Bewusstsein sich vor Augen haltend, hob er seine Hände. Er war bereit zu kämpfen, denn er beherrschte schon viele, starke Zauber. „Unterwirf dich, oder ich werde dich dazu zwingen!“ rief er mit fest entschlossener Stimme. Die Dämonin, lachte verächtlich auf, erhob ihre Schmerzenspeitsche und schnellte urplötzlich auf ihn los! Gwydyon wusste bereits von der Schnelligkeit der Dämonin. Die vielen Erfahrungen, hatten ihn alles über diese Kreatur gelehrt und er verstand es sein Wissen sinnbringend einzusetzen.
Gerade als die Dämonenlady ihn angriff, errichtete er einen violetten Schutzschild um sich herum. Der Schlag der Schmerzenspeitsche prallte daran ab. Die Sukkubs stiess ein lautes, zorniges Kreischen aus und begann auf den Schild einzuschlagen, dabei sandte sie immer wieder magische Schockwellen gegen den Hexenmeister, die ihn bis ins Innerste erschütterten und es erschwerten, den Schild aufrecht zu erhalten. Er hielt den Schild tapfer aufrecht, während er den ersten Schwächungszauber gegen die Sukkubus schleuderte. Es war ein Zauber, der dem Gegner magische Energie entzog. Danach entfesselte er gleich zwei offensive Zauber. Einer fügte ihr Schattenschaden, der andere Feuerschaden, zu. Rote und blaue Blitze, zuckten wild durch das, ihn umgebende, Chaos. Die Sukkubus aber, gab sich nicht so schnell geschlagen, sie versuchte weiter Gwydyons Schutzschild zu schwächen und wehrte einige seiner Zauber bravourös ab. Allerdings wurde sie bereits etwas schwächer.
Als sein Schild langsam zu bröckeln begann, fuhr Gwydyon all seine erlernten Fähigkeiten auf. Er erinnerte sich ganz klar an alles, sein Geist war geschärft^, wie nie und er liess eine Salve magischer Feuerenergie auf die Sukkubus herabregnen. Diese konnte zu spät abwehren und wurde davon mit voller Wucht getroffen. Sie sank in die Kniee.
Gwydyon schien den richtigen Moment nun für gekommen, trat auf die Dämonin zu und während er mit eisiger Kälte auf sie herabblickte, wirkte er einen letzten Zauber. Es war jener der dem Feind langsam, aber sicher die Lebensenergie entzog. Ein grausamer Zauber, der dazu noch recht schmerzvoll war und den man eigentlich nur in ganz seltenen Fällen gegen andere Lebewesen einsetzen durfte.
Doch diese Sukkubus, war ein Dämon und es war dieser Zauber, der sie willig machen würde, davon war Gwydyon überzeugt. Tatsächlich tat er dann auch seine Wirkung. Die Dämonin stöhnte schmerzerfüllt und sank immer mehr in sich zusammen, die Peitsche entglitt ihren, mit langen Nägeln bewehrten Händen und fiel zu Boden.
Gwydyon hatte sich als stark genug erwiesen. „Unterwirfst du dich nun?“ fragte er und verstärkte seinen Zauber noch. Der quälende Strahl, der der Sukkubs immer mehr das Leben aussaugte, liess diese noch lauter aufstöhnen. „Ja,“ sprach sie. „Ich unterwerfe mich dir, du hast gesiegt!“ „Dann wirst du mir also in Zukunft dienen?“ „Ja, ich werde dir dienen, wann immer du mich rufst, werde ich kommen. Mein Name ist Vilevere.“ „Nun gut...Vilevere, dann wirst du mir also in die materielle Welt folgen, damit alles sehen, dass ich den Sukkubus tatsächlich bezwungen habe!“ „So sei es,“ erwiderter die Dämonin tonlos und in diesem Augenblick, verschwanden die wilden Wirbel der Netherwelt und Gwydyon stand wieder in dem dunklen Kellergewölbe, an seiner Seite Vilevere. Talonia sprach, sichtlich zufrieden mit ihrem Schüler.: „Gut, sehr gut. „Wieder ist ein wichtiger Schritt getan...“
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Als es Abend wurde, machte sich Gwydyon, müde, aber doch sehr zufrieden mit sich, auf den Heimweg. Die Sonne warf ihren rosagoldenen Abendschein auf die Stadt und besonders deren Goldverzierungen, bekamen dadurch einen ganz besonderen Glanz.
Gwydyon lebte im obersten Geschoss eines Hauses, zwischen der Mördergasse und dem Sonnenhof. Der Sonnenhof, war das Herzstück der Stadt. Der junge Hexenmeister hatte grosses Glück mit dieser Wohnlage. Er besass einen herrlichen Blick auf den wunderschönen Brunnen des Sonnenhofes. Dieser bestand aus zwei Becken. Vom oberen, grösseren Becken, floss ein Wasserfall in das untere. In der Mitte des grossen Beckens, befand sich ein riesiger Springbrunnen. Drei wunderschöne, aus Stein gemeisselte, weibliche Statuen, trugen eine Art Plattform auf ihren, gen Himmel gereckten Armen. Über diese Plattform herab fiel das Wasser, das zuerst als Fontäne in die Höhe schoss, wie ein silbern-blauer Vorhang, wieder herab. Gwydyon sah den Brunnen gerade noch von seinem Fenster aus, doch er merkte sonst kaum etwas von dem wahren Trubel, der im Sonnenhof herrschte. Denn an dessen Nordseite, war der Sonnenzornturm, der den Teleporter nach Unterstadt beherbergte. Dieser war eine rosafarbene, magische Kugel, die einem auf direktem Weg zu den Untoten, den seit neuestem Verbündeten der Blutelfen, brachte.
Natürlich wurde dieser Teleporter sehr oft benutzt und darum herrschte auf dem legendären Sonnenhof auch immer reges Treiben.
Gwydyon genoss deshalb die Nähe zur stillen Mördergasse, wo sich ja schliesslich auch seine Ausbildungsstätte befand.
Bevor er jedoch ganz nach Hause ging an diesem Abend, wollte er noch kurz beim „Platz der Weltenwanderer“ vorbeischauen, vielleicht traf er dort seine Schwester an und..., wenn er Glück hatte, vielleicht auch noch Tyrande, welche allerding immer etwas früher nach Hause ging, wegen des weiten Heimweges. Doch Gwydyon war guter Hoffnung. Da er die Unterwerfung der Sukkubus diesmal auf Anhieb geschafft hatte, liess ihn seine Meisterin Taliona etwas früher gehen, als sonst. Immerhin war es auch ein anstrengender Kampf gewesen, den er da ausgefochten hatte. Er brannte darauf es Balduraya und Tyrande zu erzählen.
So machte er also noch einen Umweg. Tatsächlich hatte er Glück, die Waldläuferin war noch am Trainieren. Wie immer lag Gleska etwas abseits und beobachtete wie sein Frauchen sich gerade im Dolchkampf übte. Tyrande beherrschte, neben dem Bogenschiessen auch noch das Kämpfen mit zwei Dolchen. Sie bewegte sich überaus schnell und anmutig und Gwydyon war immer von neuem gefesselt, von dieser jungen Frau. Sie trug einen grünen, mit Gold verzierten Lederharnisch und dazu passende Hosen. Ihre Haut besass einen etwas olivfarbenen Ton, was eher selten war bei den Blutelfen, die meist sehr helle Haut hatten. Ihr glänzendschwarzes, langes Haar, fiel ihr offen über Rücken und Schultern. Es war vorne etwas zur Mitte hin frisiert und umrahmte so ihr ovales Gesicht, mit den elfischen Wangenknochen, den leuchtendgrünen Augen und den vollen Lippen. Tyrande besass einen weichen, liebenswürdigen, wenn auch selbstbewussten Gesichtsausdruck. Gwydyon musste erneut an die Sukkubus denken, Tyrande war wirklich viel ansprechender, als jene. Er wusste, dass man sie nach der berühmten Hohepriesterin der Nachtelfen, Tyrande Whistperwind benannt hatte, welche eine wichtiger Rolle in der ganzen Geschichte von Azeroth gespielt hatte. Der Name Tyrande war auch eine besondere Huldigung, an das naturverbundene Volk der Kaldorei.
Als Tyrande eine kleine Pause machte, trat Gwydyon zu ihr hin. Sie war etwas verschwitzt, aber ein warmes Lächeln, erhellte ihre Züge, als sie ihn erblickte. Er war sicher, dass sie ihn auch sehr mochte. Wenn sie gewusst hätte, dass er so oft und intensiv an sie dachte... Wieder überlegte er sich, ob es vielleicht doch nicht an der Zeit war, ihr seine Gefühle zu gestehen, aber irgendetwas, hielt ihn immer noch davon ab. Er war wohl einfach zu stolz und irgendwie hatte er auch Angst sich fest zu binden, denn er wusste, wenn er Tyrande seine Liebe gestand und sie ihn erhörte, dann würde er für immer an sie gebunden sein und ob er das schon wollte?...
„Hallo, wie geht's!“ rief sie ihm heiter zu, als er zu ihr trat. „Bestens!“ lachte er. „Ich habe heute einen neuen Dämonen unterworfen, den Sukkubus!“ Die Blicke der umstehende Waldläufer musterten ihn argwöhnisch, als er das sagte. Die Hexenmeister waren nicht sonderlich beliebt bei ihnen. Doch er scherte sich wenig darum und Tyrande ebenso nicht, denn sie meinte anerkennend: „Tatsächlich? Ist das diese weibliche Dämonin mit der Peitsche?“ „Ja genau,“ lächelte er. „Ausserordentlich gefährlich, besonders für Männer. Sagt man zumindest.“
Er liebte es, etwas mit seinen Taten zu prahlen. „Aber für dich war er natürlich kein Problem, was?“ scherzte sie. „Nun ja...gar keines, könnte man auch nicht gerade sagen, aber es war gut zu bewältigen. Was hast denn du alles so gemacht heute?“ „Nun ja, ich war die zweite Hälfte des Tages hier am Trainieren, aber am Morgen war ich noch beim „Versengten Hain“. Larianna Flusswind brauchte Unterstützung. Die Waldbehüter wollen einfach nicht einsehen, dass sie den Wald, den wir ja wegen einer möglichen Expansion der Geissel niederbrannten, nicht wieder aufforsten sollten. Ich verstehe sie ja, es ist sehr schwierig für die Naturgeister, die Vernichtung ihres Lebensraumes mitanzusehen, ohne etwas zu tun, aber die Umstände zwingen uns dazu, diese Massnahmen zu ergreifen. Deshalb haben Larianna und ich versucht noch einmal mit den Waldbehütern zu sprechen. Doch ihr Anführer Weissborke scheint durch all dieses Elend den Verstand verloren zu haben und greift nun, zusammen mit seinem Volke, all jene an, die sich ihnen in den Weg stellen wollen. Ich musste heute schon einige der armen Kreaturen töten. Ich finde das schrecklich! Was ist nur mit unserer Welt passiert? Wie konnte es nur so weit kommen? Einst lebten wir in vollkommenem Einklang mit der Natur, doch nun...treiben uns unsere eigenen, uralten Fehler dazu, solch schreckliche Massnahmen zu ergreifen.“ Tränen stiegen Tyrande in die Augen, aber sie wischte sie sogleich beschämt weg. Sie wollte hier keine Schwäche zeigen.
Gwydyon wusste wovon sie sprach, der Immersangwald war bevölkert von Waldbehütern, die sich um die Natur kümmerten. Sie sahen selbst aus wie Bäume und man konnte sie wegen ihrer guten Tarnung, nur sehr schlecht ausmachen. Aber langsam begannen die Baummenschen sich gegen die Blutelfen zu stellen, das war schon länger ein Problem, denn sie waren der Überzeugung, dass ihre einstigen Verbündeten, Eingriffe in die Natur vornahmen, die sie nicht gut hiessen. Ein richtiger Krieg war deswegen noch nicht ausgebrochen, allerding sprachen viele Anzeichen dafür, besonders jetzt da Bleichborke sich auf diese Weise auflehnte.
„Dabei dürfen wir uns wirklich nicht noch mehr Feinde schaffen,“ meinte Gwydyon nachdenklich., während er Tyrande etwas aus der Reichweite der Ohren, der umstehenden Waldläufer zog. Er wusste, dass das was sie jetzt besprachen, heikle Themen waren.
„Ja das denke ich eben auch,“ seufzte Tyrande, während sie ihm ohne Widerstand in eine etwas ruhigere Ecke der Stadt folgte, die Wildkatze Gleska dicht auf ihren Fersen. „Ich habe einfach das Gefühl unser Volk manövriert sich immer mehr und mehr ins Unglück. Doch was soll man dagegen tun? Wir haben wie gesagt zu viele Fehler in der Vergangenheit gemacht. Durch unsere Vorfahren kam die Brennende Legion erst nach Azeroth.“ „Aber wir versuchen es heute doch wieder gut zu machen,“ wendete Gwydyon ein, der irgendwie das Gefühl hatte, er müsse sein Volk verteidigen.
„Ja aber einige Dinge sind einfach schon lange aus dem Ruder gelaufen. Dazu kommt noch die unstillbare Sucht von uns allen nach Magie. Eigentlich ist doch die Magie der Ursprung allen Übels!“ stiess sie verbittert hervor. „Aber so kann man das jetzt auch wieder nicht sehen,“ wandte Gwydyon ein. „Die Magie ist schon uralt und auch unsere Vettern die Nachtelfen, machen noch immer von ihr Gebrauch. Die andern Völker ebenfalls. Es kommt doch immer drauf an, mit welcher Gesinnung man Magie ausübt und ob man das richtige Mass findet.“ „Und das sagt mir jetzt ausgerechnet ein Hexenmeister,“ meinte Tyrande etwas ironisch.
„Warum?“ gab er etwas verärgert zurück. „Wir Hexenmeister dienen auch unserem Volke und haben auch unseren Ehrenkodex“. „Du kennst doch meine Meinung über diese Art der Magie. Es ist einfach eine sehr gefährliche, riskante Art. Immerhin setzt man sich ständig mit dämonischen Mächten auseinander, anstatt mit denen des Lichts. Doch wir müssen mit dem Licht arbeiten, wenn wir unsere Probleme wahrlich in den Griff kriegen wollen. Wir müssen wieder ein harmonisches Gleichgewicht, auch mit der Natur finden. Sieh nur unser Land! Es ist zerfressen von den Wunden der Geissel und Kriege zersetzen es immer mehr.
Die Nachtelfen haben sich den Frieden in ihrem Reich bewahrt und sie haben eine entscheidende Schlacht gegen die Brennende Legion, mit Hilfe der andern Allianzvölker und der Naturgeister gewonnen. Wir haben alles verloren und doch sind wir so starrköpfig und schaffen uns immer wieder neue Feinde.“ „Aber es geht bei uns auch um das nackte Überleben!“ wandte Gwydyon erneut ein. „Unser Volk tut das Beste was es kann.“ „Ach Gwydyon,“ sprach Tyrande und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ich weiss wie stolz du auf unser Volk und dessen Errungenschaften bist. Ich weiss auch, dass du ein guter Mensch bist, aber ich glaube du unterschätzt manchmal einfach, was wirklich in unserem Reich passiert. Wir sollten erstmal lernen, wieder unser Erbe zu entdecken, uns mit den anderen Völkern, auch denen der Allianz verbünden, anstatt gegen sie zu kämpfen.
Das wir heute im Krieg mit unseren Nachtelfen- Vettern liegen, ist doch ein Anzeichen dafür, dass wir die Vergangenheit und unsere Ahnen nicht achten...“
„Ja der Meinung bin ich auch!“ erklang hinter ihnen auf einmal eine wohlbekannte Stimme. Sie wandten sich um. Vor ihnen stand eine junge Blutelfin, mit sehr ähnlichen Gesichtszügen wie Gwydyon.“ „Balduraya hallo!“ riefen sie erfreut aus. „Hast du auch Feierabend?“ Die Angesprochene lächelte. „Ja, obwohl uns Champion Vranesh am liebsten auch noch über Nacht dabehalten würde. Ich weiss echt nicht, ob der selbst jemals schläft!“ „Vermutlich lastet sein Amt schwer auf ihm,“ gab Gwydyon zu bedenken und fügte dann leicht ironisch hinzu „Wenn man Tyrandes Ausführungen über den nahenden Untergang unseres Volkes hört, wäre das ja auch kein Wunder.“ Er wusste nicht, warum er das sagte. Auch wenn er Tyrande liebte und irgendwie sehr bewunderter, konnte sie ihn manchmal richtig ärgern, mit ihrer Einstellung. Da waren sie schon sehr verschieden.
Natürlich blies Balduraya dann meist noch ins selbe Horn. Seine Schwester war drei Jahre jünger als Gwydyon. Sie war auch sehr schön. Ihr Haar war etwas weniger dunkelrot, als das ihres Bruders, etwas mehr ins Blonde und auch nur schulterlang. Es war etwas gelockter, als jenes von Tyrande und umschmeichelte ihr makelloses Gesicht in weichen Strähnen. Ihre schön geschwungenen Lippen und auch ihre Haut, hatten einen etwas helleren Ton, als jene der Waldläuferin, welche allgemein eher ein dunkler Typ war.
Balduraya trug ein Drachenschuppen- Harnisch, der grünlichgolden schimmerte und auf dem Rücken ein grosses Zweihandschwert, mit dem sie sehr gut umzugehen wusste.
Sie schaute ihren Bruder etwas tadelnd an und meinte: „Tyrande hat aber mit dem meisten was sie sagt absolut recht! Unser Volk manövriert sich mit seiner Unnachgiebigkeit und Magiesucht, immer mehr selbst ins Abseits. Dass wir uns jetzt wenigstens mit den Hordenvölkern verbündet haben, war schon ein wichtiger Schritt, aber eigentlich sind wir doch Elfen.Wir haben uns einst von unseren Wurzeln abgewandt und ich bin der festen Überzeugung, dass wir wieder zu unseren Wurzeln zurückfinden müssen, wenn wir weiter existieren wollen.
Unsere Kultur ist zu einer einseitig verstandesmässigen und zudem noch überheblichen Gesellschaft, geworden. Wir glauben so viel erreicht zu haben, sind so stolz auf unsere Paläste, unser luxuriöses, von Magie strotzendes Reich. Dabei droht dieses Reich immer mehr zu zerfallen.
Wir huldigen heute nur noch der Sonne und die einstige Religion der Mondgöttin Elune gibt es bei uns nicht mehr. Die Intuition, das Leben im wirklich natürlichen Einklang mit allem, ist uns doch eigentlich abhandengekommen. Wir sind eine von Männern dominierte Gesellschaft. Die Nachtelfen aber haben fast nur weibliche Wachen und die Druiden regieren weise und gerecht. Ich will nicht bestreiten das Kael‘Thas und die seinen nicht ihr Bestes geben, aber ich glaube einfach, dass wir wie gesagt unsere Wurzeln nicht einfach vergessen, ja gar ablehnen dürfen. Alles sollte im Einklang sein. So sollten wir dem Mond und die Sonne gleichermassen in unser Leben integrieren und nur den Kräften des heiligen Lichts dienen!“
Irgendwie fühlte sich Gwydyon durch den letzten Satz erneut angegriffen und er protestierte ärgerlich: „Wenn das jetzt wieder eine Andeutung auf die schlechte Magie der Hexenmeister sein soll, lass dir eins gesagt sein Schwesterchen: Auch ich und die meinen, dienen dem Licht. Wir unterwerfen die Schatten, damit sie uns dienen.“ „Du kennst meine Meinung dazu,“ gab Balduraya ruhig zurück. „Aber ich will damit nicht sagen, dass das was ihr tut schlecht ist. Es sind einfach unberechenbare Mächte, mit denen ihr euch auseinandersetzt. Wenn man aber mit dem Licht arbeitet und es mit der Magie nicht übertreibt, ist man stets auf der sicheren Seite, davon bin ich überzeugt.“
„Dennoch ist die Gemeinschaft der Paladine, auch nicht die hochheilige Gesellschaft, als die sie sich so gerne sieht,“ erwiderte Gwydyon angriffslustig. „Sieh nur wie arrogant sie sich allen andern gegenüber verhalten, unter anderem auch gegenüber den Waldläufern, wie ihr wisst. Sie reden die ganze Zeit schlecht über andere, fühlen sich ja so besonders! Aber sie sind es nicht! Natürlich mal von dir abgesehen, Schwesterchen. Aber du kennst das ja selbst.“ „Ja, ich bin mir dessen auch bewusst und ich heisse es nicht gut.“
„Das ist ja eben das Schlimme,“ mischte Tyrande sich ins Gespräch „wir können nicht mal den unseren mit wahrem Respekt begegnen. Es gibt hier so viel Arroganz und Überheblichkeit. Darum...“ Ihre Stimme wurde plötzlich nachdenklich „...will ich auch ins Nachtelfen- Land pilgern, sobald als möglich. Ich hoffe dort eine Antwort auf all meine Fragen und...meinen inneren Frieden zu finden. Ich fühle mich einfach nicht mehr wohl hier.“ Gwydyon erschrak zutiefst, als sie das sagte und er meinte entsetzt: „Du willst weggehen?! Etwa für immer?“ „Ich weiss nicht...all das steht noch in den Sternen. Vielleicht fange ich dort ein neues Leben an, vielleicht komm ich auch zurück, wer weiss... Jedenfalls weiss ich einfach, dass ich gehen muss. Etwas in mir drängt mich dazu. Ich fühle mich hier manchmal so leer und ausgepumpt.“ „Aber man braucht dich doch hier!“ rief Gwydyon aus. „Wozu denn? Um immer weitere Kriege zu führen, sogar gegen die Natur, die uns alle am Leben erhält. Nein! Das kann und will ich nicht mehr! Es ist mir egal, was andere über mein Weggehen denken. Ich muss meinen eigenen Weg finden. Das hier ist...einfach nicht mehr meine Welt.“
„Aber, du würdest dich in Feindesland begeben. Ich glaube kaum, dass die Nachtelfen und die anderen Allianzvölker, dich mit offenen Armen empfangen würden.“
„Ich werde zu den Tauren reisen, dort gibt es noch eine Druidengesellschaft und sie arbeiten eng mit den Nachtelfendruiden zusammen. Dort gibt es keine Unterschiede zwischen den Völkern der Allianz und der Horde.
Es gibt den sogenannten „Zirkel des Cenarius“, benannt nach Cenarius dem Halbgott, der die ersten Völker von Kalimdor auf ihren anfänglich wackligen Schritten, zu ihrer Hochkultur, begleitet hat- unser einstiges Volk...Gwydyon,“ meinte sie und ihre Gedanken schienen dabei weit entrückt in die Vergangenheit.
„Ich werde versuchten mit diesem Zirkel Verbindung aufzunehmen. Ich kenn da einen Taurendruiden, namens Varunna. Er ist zwar auch noch jung und noch immer in der Ausbildung, wie wir, aber er hat als Druide Zugang zu den neutralen Gebieten des Cenarius- Zirkels. Er versprach mir, mir zu helfen wo er nur kann, denn wie ihr wisst sind die Tauren eigentlich auch sehr friedfertig und mögen diese Kriege nicht. Ich glaube, dass, wenn ich mich als Pilgerin ins Nachtelfenland aufmache, man es mir nicht verwehren wird, dorthin zu gelangen...“
Sie legte ihm mit einer seltsamen Zärtlichkeit die Hand auf den Arm. „Es tut mir leid Gwydyon, aber ich muss das tun. Ich muss die Welt sehen, die einst unsere Heimat war. Bitte versteh das!“
„Ja und ich werde sie begleiten,“ sprach Balduraya still. „Waas! Du auch noch! Aber das geht doch nicht, ihr könnt mich doch nicht einfach ganz allein hier zurück lassen!“ „Du bist doch nicht allein, du hast doch hier dein geliebtes Volk, du bist zufrieden mit dem Leben, das du führst,“ gab seine Schwester etwas bitter zur Antwort.
„Aber, was soll ich denn ohne euch machen!? Ihr seid unersetzlich für mich! Seit unsere Eltern
und Tyrandes Mutter starben und sie ja auch nie einen Vater hatte, der für sie da war, waren wir stets ein verschworenes Team! Das könnt ihr einfach nicht machen!“
„Wir müssen aber,“ antwortete Balduraya entschlossener denn je. „Wir wollen unsere Wurzeln suchen und widerfinden und...vielleicht werden wir dann endlich endgültig von all unseren Flüchen befreit. Ausserdem interessiert es mich auch sehr, die Paladine der Allianz kennenzulernen. Schliesslich waren es ja auch die Menschen, die die ersten Paladine hervorbrachten und einst die Gefängnisse unserer alten Feinde, aber heutigen Freunde der Orcs bewachten. Die Orcs die ursprünglich von Draenor stammten, wie die Dreanei wurden damals zum grössten Teil, durch das giftige Blut des grossen Dämonen „Manoroth des Zerstörers“ verderbt und einst versuchten sie ganz Azeroth zu unterwerfen. Dann aber führte der heutige Herrscher Thrall, sein Volk durch den neu entdeckten Schamanismus, zur spirituellen Heilung.
„Du weisst ja wirklich eine Menge,“ musste Gwydyon anerkennend feststellen.“ „Man muss nur wissen, wo man die Informationen herkriegt. Es gibt zwei besondere Kristalle hier in der Stadt und zwar, beim „Königlichen Markt“. Die Magister speichern alle Arten von Informationen in ihnen, darunter auch all die alten Geschichten. Viele wissen gar nichts davon, oder machen davon nur begrenzt Gebrauch, aber Magister Normaro, ist ein guter Freund von mir geworden und er hat mir erklärt, wie man den Kristallen die nötigen Informationen entzieht. Unsere Geschichte, hat wirklich viele dunkle Kapitel, mein lieber Bruder. Du kannst dir das gar nicht vorstellen! Deswegen muss ich wissen, ob es irgendwo auf dieser Welt einen besseren Ort gibt als hier.“ Willst du für immer gehen?“ „Das vielleicht nicht, aber man weiss ja nie.“ Auf einmal fühlte Gwydyon eine wilde Entschlossenheit in sich. Und dann sprach er jene Worte, die er selbst nie für möglich gehalten hätte, die aber tief aus seinem Herzen kamen:
„Wenn ihr geht, dann komme ich mit euch! Denn was soll ich hier ohne euch, dann macht das alles für mich auch keine Sinn mehr...“
Ein Strahlen erschien auf den Gesichtern der beiden Frauen. „Du kommst tatsächlich mit? Aber was ist mit deiner Ausbildung?“ „Bestimmt gibt es auch in den anderen Ländern Hexenmeister- Lehrer,“ lächelte er. „Ich kann euch einfach nicht allein gehen lassen und bestimmt kann ich euch eine Hilfe sein.“ „Ja ganz bestimmt, das wirst du sein!“ riefen die Frauen freudig und umarmten ihn gleichzeitig stürmisch. Ein wichtiger Abschnitt ihres Lebens begann hier. Einer der sie für immer verändern würde...