(Cerunnos ist ein junger Nachtelf, welcher sich zum Jäger- Waldläufer ausbilden lässt. Sein treuer Begleiter ist eine wunderschöne Raubkatze, namens Spirit. Eines Tages, erlebt er etwas, das sein Leben für immer verändern wird. Er erfährt schon früh, von seiner Berufung als "Juwel von Azeroth" und erhält dann auch einen besonderen Auftrag, direkt von der Obrigkeit seines Volkes: Tyrande Whisperwind, der Hohepriesterin der Mondgöttin Elune und dem Erzdruiden Fandral Hirschhaupt. Auch seine Schwester Ismala erlebt etwas ähnliches und so müssen sich die Geschwister ganz neuen Herauforderungen stellen)
Ein neuer Tag war angebrochen. Cerunnos, der in einem der vielen Häuser, der wundersamen Nachtelfen- Stadt Darnassus lebte, erhob sich von seinem weichen Nachtlager. Es war ein aus rötlichbraunem Holz gefertigtes Bett, verziert mit wunderschönen Schnitzereien, welche Vögel und Ranken darstellten. Die Bettdecke war blaulila, mit einem goldenen Brokatstreifen umrahmt und die Kissen besassen dieselbe Farbe. Cerunnos gähnte und wollte sich an den Bettrand setzen, als er weiches Fell unter seinen Fußsohlen spürte. „Ach, guten Morgen Spirit!“ sprach er und bückte sich zu einer dunkelgrauen Wildkatze, mit strahlend weissen Flecken hinunter, welche auf dem dunkelroten, flauschigen Teppich, neben dem Bett lag. Sie war ein herrliches Tier mit muskulösem Körperbau und bernsteinfarbene Augen. Ihre beiden oberen Fangzähne, waren etwas länger und ragten ihr aus dem Maul. Sofort, als Cerunnos' Fuss sie berührte, erwachte sie und blickte zu ihm hoch. Er streichelte liebevoll, dass weiche Fell und die Raubkatze fuhr mit ihrer rosafarbenen Zuge über seine nackten Beine.
Der junge Nachtelf hatte diese Katze schon lange. Sie gehörte zu den sogenannten „Nachtsäblern“ die es hier in Teldrassil zuhauf gab.
Cerunnos selbst gehörte zu den Jägern- die man teilweise auch Waldläufer nannte. Die meisten der Waldläufer besassen ein eigenes Begleittier. Nicht alles waren Katzen, aber da es besonders viele schöne Wildkatzen im Elfenreich gab, wurden sie auch häufig gezähmt. Die „Grossen Frostsäbler“ mit dem weissen Fell, den dunklen Flecken und Streifen, die es hier auch in allen Varianten gab und die grossen Verwandten von Spirit- die „Grossen Nachtsäbler“ wurden gar zu Reittieren ausgebildet. Die ganze Welt Azeroth beneidete die Nachtelfen dafür.
Cerunnos' Volk, auch genannt die Kaldorei („Kinder der Sterne“), waren das allererste Volk auf diesem Planeten gewesen, dass sich zu einer Hochkultur entwickelt hatte. Einst war der Kontinent Kalimdor der einzige Kontinent auf dem Planeten Azeroth gewesen. Ein glühender See der „Brunnen der Ewigkeit“, befand sich auf diesem einen Kontinent. Der See war das wahre Herz der magischen und natürlichen Kraft dieser Welt. Er bezog seine Energie aus dem unendlichen „Grossen Jenseits“ und diente als mystischer Quell- der seine starken Energien über die ganze Welt sandte und alles Leben nährte und gestaltete. Die Kaldorei, siedelten sich einst an seinen Ufern an und lebten lange in Eintracht mit allem Leben. Sie schlossen sogar Freundschaft mit dem Halbgott Cenarius, der ihnen viele Dinge beibrachte, darunter auch das Druidentum.
Damals war Königin Azshara die Herrscherin über das Nachtelfenreich und der Druide Malfurion Sturmgrimm ihr enger Vertrauter. Doch die sogenannten „Hochgeborenen“ oder „Quel'Dorei“, begannen die Macht des Brunnens der Ewigkeit, zu missbrauchen und erlagen dabei einer verhängnisvollen Magiesucht. Das führte so weit, dass die Brennende Legion auf diese Welt aufmerksam wurde. Durch den darauffolgenden Krieg wurde der Brunnen zerstört und der Kontinent auseinandergerissen.
Nach diesem schlimmen Ereignis, suchten die Vorfahren von Cerunnos, nun angeführt von Malfurion, eine neue Heimat. Sie ruderten mit behelfsmässigen Flössen der nächsten sichtbaren Landmasse entgegen. Mit Freude stellten sie fest, dass ein Teil ihrer alten Heimat noch übriggeblieben war. An den Ufern des neuen Kalimdor, liessen sie sich in den schattigen Wäldern des Eschentals nieder.
Illidan der Zwillingsbruder von Malfurion aber, war ebenfalls der verderblichen Magiesucht der Hochelfen erlegen. Er überlebte den ersten Krieg und konnte sogar einige Phiolen Wasser aus dem alten „Brunnen der Ewigkeit“ retten, bevor dieser explodierte und zum alles vernichtenden Mahlstrohm wurde. Illidan war auch dabei, als die Kaldorei sich am Fusse des Hyjal neu ansiedelten. Vor allen andern kam er dort an und entdeckte einen malerischen Bergsee. Vollkommen überzeugt, etwas Gutes zu tun, schüttete er die Phiolen mit dem Wasser des ersten Brunnens der Ewigkeit hinein. Sofort entstand ein neuer „Brunnen der Ewigkeit“. Allerdings gar nicht zur Freude der Druiden, denn diese wussten um die Bedrohung, eines solch neuen Brunnens. Er war eine ständige Gefahrenquelle, da die Brennende Legion nun wieder die Möglichkeit hatte, zurück zu kommen. Deshalb war es streng verboten, die Kräfte des Brunnens zu nutzen. Doch wieder hatten die noch lebenden Hochgeborenen keine Einsicht und begannen erneut mit dessen Magie herum zu spielen. Schliesslich wurden sie aus dem Land verbannt und angeführt von Dath' Remar- dem Sonnenwanderer, zu den heutigen Blutelfen, welche sich dann auf dem zweiten grossen Kontinent- „Die Östlichen Königreiche“ ansiedelten. Dort aber erwarteten sie viele Drangsale. Durch den Verlust ihrer Unsterblichkeit und auch zum Teil durch ihre Magiesucht, verloren sie ihre Immunität gegenüber einigen Krankheiten und Gebrechen. So veränderten sie sich auch äusserlich. Durch eine weitere Phiole, welche Illidan Sturmgrimm aus dem alten Brunnen der Ewigkeit gerettet hatte, entstand dann jedoch ein weiterer kleiner Brunnen der Ewigkeit, den sie fortan jedoch Sonnenbrunnen nannten, doch seine Wirkung war nicht dieselbe. Auch durch ihre Hinwendung zur Sonne, wurden etwas kleiner und ihre Haut, verlor den charakteristischen Lila-Ton der Kaldorei. Der neue Sonnenbrunnen auf der Insel Quel Danas, verhalf den Blutelfen wenigstens zu einer ordentlichen Dosis Magie und schliesslich entstand das wundersame Reich „Quel'Talas“, unter dem Schirm der rauschenden Bäume, des Immersangwaldes.
Das Reich der Nachtelfen, nun zu einer reinen Druidengesellschaft geworden, expandierte erneut und breitete sich über den ganzen Kontinent Kalimdor aus. Mit der Zeit kamen die Nachtelfen dann auch in Kontakt mit den anderen Völkern von Azeroth und bildeten mit den Menschen, den Zwergen, Gnomen und seit kurzem auch mit den Draenei, aus der Scherbenwelt eine Allianz. Noch heute bestanden enge Freundschaftsbande zwischen diesen Völkern. Allerdings lebten die Nachtelfen sonst eher zurückgezogen.
Nach der grossen Teilung der Welt, begannen sie mit Hilfe der Naturgeister und des Halbgottes Cenarius, ihren geliebten Wald zu heilen und lebten fortan lange in Frieden unter den Sternen.
Die Drachenschwärme, angeführt von den grossen Drachen, kehrten auch wieder zurück und gaben den Nachtelfen ihren Segen. Alextrastza, auch Lebensbinderin genannt, pflanzte einen heiligen Baum über den neuen „Brunnen der Ewigkeit“ und Ysera ihre Schwester, verband diesen mit einer astralen Parallel- Dimension, genannt „Der Smaragdgrüne Traum“. Malfurion, nun zum Erzdruiden geworden, schloss mit den beiden Drachenfürstinnen und Nozdormu- dem Herr der Zeit, einen Pakt, den Brunnen zu schützen und sicherzustellen, dass die Brennende Legion nie mehr Zugang zu dieser Welt finden sollte.
Der Baum den man „Nordrassil“- Krone des Himmels nannte, sollten ein ewiges Symbol der Verbundenheit der Nachtelfen mit der Natur sein. Als Teil des mystischen Paktes, willigten die Druiden ein, Jahrhunderte am Stück zu schlafen, damit ihre Seelen auf den unendlichen Traumpfaden von Yseras Welt- dem Smaragdgrünen Traum, wandeln konnten.
So herrschte lange Frieden im Reich der Mondgöttin Elune. Im zweiten Weltenbaum Teldrassil, entstand schliesslich die Stadt Darnassus, welche jetzt der Hauptsitz der Druiden und der Priesterinnen der Elune geworden war.
Cerunnos rieb sich den Schlaf aus seinen golden leuchtenden, von markanten, dunklen Brauen überschatteten Augen. Diese konnten auch im Dunkeln sehr gut sehen. Er ging zu einem weissen Waschbecken, das mit rötlichen Malereien verziert war. Daneben stand ein Krug mit Wasser. Dieses Wasser, stammte aus dem silbernen Teich, an dessen Ufern man die Hauptstadt der Kaldorei erbaut hatte.
Während Cerunnos sich mit dem Wasser wusch, blickte er aus dem danebenliegenden Fenster. Sein Heim befand sich in einem der mehrstöckigen Gebäude auf der „Terrasse der Händler“. Es lag etwas zurückversetzt, im Südosten. Wie viele Häuser von Darnassus, war es aus Holz gefertigt. Die glatten Wände, wurden durchbrochen von Rankenschnitzereien, denen man mit einer matten Goldfarbe, zusätzlichen Glanz verliehen hatte. Bei diesem Haus, das vier Stockwerke aufwies wurde das Erdgeschoss und der erste Stock mit einem elegant geschwungenen, lilafarbenen Ziegeldach überdeckt. Die zweiteiligen Fenster waren aus gelblichem Glas, was ein angenehmes, goldenes Licht ins Innere zauberte.
Cerunnos blickte hinaus und konnte den silbernen See im Morgenlicht funkeln sehen. Allerdings war es nicht so hell hier, wie an anderen Orten der Welt. Die Kaldorei, einst ein nachtaktives Volk, lebten immer in einer Art schattigem Zwielicht. Alles besass hier einen zauberhaften, lilafarbenen Schimmer. Der Himmel, die Häuser, ja auch die Bäume mit ihren amethystfarbenen und grünen Blättern, bildeten eine harmonische Einheit. Ein jedes Teil, schien Teil eines grossen Ganzen zu sein. Und so erlebte sich auch das Volk der Nachtelfen. Sie liebten die Zurückgezogenheit und ein jeder Kaldorei, spürte eine enge Verbindung mit seinen Brüdern und Schwestern, wozu auch die andern Geschöpfe des Waldes zählten.
Seit dem ersten, grossen Krieg, gab es hier keine wirkliche Monarchie mehr. Die Nachtelfen wurden in erster Linie angeführt, von der Hohepriesterin der Mondgöttin Elune: Tyrande Whisperwind. Und in zweiter Linie vom neuen Erzdruiden Fandral Hirschhaupt.
Cerunnos hatte oft Kontakt mit den Druiden, denn seine Schweste Ismala war Druidin geworden. Damit war sie in die Fussstapfen ihres Vaters, welcher der Druidenlehrer Fylerian Nachtschwinge war, getreten.
Die Mutter von Cerunnos und Ismala, war im „Krieg der Sandstürme“ gefallen. Sie hatte zu den Schildwachen gehört. Die Schildwachen, waren eine von Tyrande Whisperwind, eigens ins Leben gerufene Eliteeinheit, die nur aus Frauen bestand und die die Aufgabe hatte, die Reiche der Nachtelfen, um jeden Preis zu verteidigen.
Cerunnos hatte als Jäger einen anderen Weg eingeschlagen, als der Rest der Familie. Er war für die Druidenkunst völlig unbegabt und liebte die Aufgaben eines Jägers. Anders als seine Schwester, die eine hochbegabte Druidin war, welche ihre Ausbildung bald zu Ende bringen würde.
Durch die vielen Kontakte mit den Druiden, natürlich vor allem auch durch Cerunnos' Vater, erfuhr der junge Elf immer die brisantesten Neuigkeiten.
Auch heute würde er seine Schwester und seinen Vater in der „Enklave des Cenarius“ besuchen. Für ihn war das kein Problem, denn auch seine Ausbildungsstätte lag dort. Das Gebäude der Jäger, war direkt neben dem Gebäude der Druiden. Seine Lehrmeisterin war die Elfin Jocaste, welche eine der besten Jägerinnen ihrer Zeit gewesen war.
Liebevoll blickte Cerunnos über die herrliche Stadt. Links erblickte er die, aus weissem Stein gefertigten Kuppeln, der Tempelgärten. Diese Gärten gehörten zum „Tempel des Mondes“ wo die Hohepriesterin Tyrande ihren Sitz hatte. Die Kuppelbauten, welche es hier in der Hauptstadt auch häufig gab, wurden von grossen, steinernen Säulen getragen. Grüne Ranken wuchsen daran empor. Ihre runden Dächer waren mit blauen und lilafarbenen Ziegeln gedeckt. Es gab auch einige Pavillons in derselben Bauweise, welche aus dem See emporragten und mit steinernen, elegant verzierten Brücken verbunden waren.
Zu seiner Rechten, sah Cerunnos die Dächer der nächsten Nebengebäude, welche alle eine sehr ähnliche Bauweise aufwiesen wie sein Wohnhaus. Da er im obersten Stock wohnte, musste er jeweils zuerst einen hölzernen Brückenbogen überqueren, welcher zum gegenüberliegenden Haus führte. Dort gab es eine Art Rampe, hinunter in die Stadt. Ging man jeweils nach Norden, kam man zur „Terasse der Krieger“, dessen gewaltigen, weissen Säulen ein mondsichelförmiges Dach trugen. Von dort aus, gelangte man auch zum Hauptausgang der Stadt. Wendete man sich jedoch von der „Terasse der Krieger“ nach Westen, musste man eine grosse, majestätische Brücke überqueren, die direkt zur Bank führte. Von dort aus gelangte man dann auch zur „Enklave des Cenarius“ und zum Portal nach Ruth Theran.
Ruth Theran lag an der Küste. Von dort aus, konnten die Nachtelfen aus ihrem verborgenen Reich Teldrassil in andere Gegenden von Azeroth reisen.
Cerunnos stiess einen zufriedenen Seufzer aus, als er seine geliebte Heimat so vor sich liegen sah. Er glaubte, dass es keinen schöneren Ort auf der Welt gab, als diesen hier. Allerdings war er irgendwie schon neugierig, was sich wohl jenseits des Reiches der Mondgöttin befand. Irgendwann würde er eine lange Reise antreten, um Neues zu entdecken.
Zur Zeit allerdings war er noch mit seiner Ausbildung beschäftigt. Seine Lehrmeisterin Jocaste hatte ihm an Herz gelegt, heute zuallererst zu meditieren. „Eine Aufgabe wartet auf dich,“ sprach sie. „Du wirst dafür in den „Tempel des Mondes“ gehen müssen. Darum ist es von grosser Wichtigkeit, dass dein Geist rein ist und du dich mit Elune, unserer geliebten Göttin verbindest. Du sollst würdig sein, wenn du vor die Priesterinnen trittst.“ „Die Priesterinnen haben eine Aufgabe für mich?“ hatte er erstaunt gefragt. „Ja. Dies ist eine grosse Ehre für uns. Darum enttäusche mich nicht!“ „Ich werde mein Bestes tun,“ gab Cerunnos ernst zur Antwort und versuchte sich seine Aufregung nicht anmerken zu lassen.
Diese Aufregung machte sich jetzt wieder in ihm breit, als er an Jocastes Worte dachte.
Er würde unten am See meditieren, dort wo er immer meditierte, am Fuss der Tempelgärten.
Cerunnos zog seine schwarzbraune Lederrüstung über, die an den Rändern mit Fell abgenäht war und kämmte sein langes, blauschwarz glänzendes Haar. Dieses war hinten etwas länger, so dass er die kürzeren Strähnen beidseitig nach vorne kämmen konnte. Das längere Haarteil fiel dann jeweils hinter den grossen, spitzen Elfenohren, über den muskulösen Rücken herab. Er hatte ein ebenmässiges, etwas kantiges Gesicht mit einem gepflegten Schnurrbart und schwarze Kotletten. Sein Mund war schön geschwungen und etwas breiter.
Die Nachtelfenmänner besassen alle sehr kräftige, aber dennoch schlanke Körper mit schmalen Taillen. Im Gegensatz zu den zierlichen Blutelfen aber, waren sie eher stämmig und hatten auch sehr muskulöse Unterarme.
Spirit- die Wildkatze sass neben ihm und schaute ihm bei seiner Morgentoilette zu. Sie strahlte eine angenehme Ruhe und Eleganz aus. Cerunnos gab ihr etwas Fisch zu fressen und streichelte ihr dabei über den samtenen Kopf.
Nachdem beide bereit waren, machten sie sich auf den Weg hinunter in die Stadt. Sie überquerten die hölzerne, mit grünen Ranken und lila Blüten verzierte Brücke, welche die zwei Häuser verband und gingen dann die geschwungene Rampe, an der Aussenwand des Nachbarhauses hinab. Dort begegneten sie Kieran, einem grünhaarigen Elf, der im Erdgeschoss sein Waffengeschäft führte.
„Ishnu- alah!“(Viel Glück!- eine übliche Begrüssung), sprach er und Cerunnos erwiderte:
„Elune- adore!“(Elune sei mit euch), dann ging er weiter. Die Wege waren aus grauem Kopfsteinpflaster und wurden rechts und links immer wieder von Laternen erleuchtet, die ein angenehmes, bläuliches Licht verströmten.
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Der Jäger ging hinunter zum Teich und liess sich im Schatten der weissen Kuppel der Tempelgärten nieder, um zu meditieren. Hier war er schön für sich. Spirit lege sich neben ihn ins weichen Gras, während ihr grossen Kopf auf den kräftigen Tatzen ruhte und musterte ihr Herrchen, mit ihrem unergründlichen, bernsteinfarbenen Blick.
Cerunnos indes, atmete mehrmals tief ein und aus uns liess seinen Blick über das glitzernde Gewässer schweifen. Seerosenblätter schwammen an seiner Oberfläche. Während er auf das Gezwitscher der Vögel und das leise Quaken der Frösche lauschte, beruhigte sich sein Geist immer mehr und sein Herzschlag ging ruhiger und ruhiger. Er schloss seine Augen und konzentrierte sich auf seine geliebte Göttin Elune.
Auf einmal wurde sein Geist losgelöst und er sah sich selbst im endlosen Raum des lilafarbenen Himmels seiner Heimat schweben. Über ihm leuchtete ein Vollmond, wie aus flüssigem Silber. Er bewegte sich auf diesen Mond zu. Immer höher und höher stieg er. Langsam wechselte die Farbe des Himmels um ihn herum von lila, auf samtenes Schwarz. Dieses Schwarz umfing ihn wie ein warmer Mantel der Geborgenheit. Er fühlte sich wunderbar frei und tiefer Frieden erfüllte ihn. Tausende von Sternen funkelten an diesem Firmament und noch immer sah er über sich den glitzernden Mond, zu welchem es ihn magisch hinzog. Auf einmal erblickte er etwas! Aus dem Zentrum des Mondes löste sich eine helle Lichtkugel, die sich nun auf ihn zu bewegte. Plötzlich nahm sie eine Gestalt an. Es war eine wunderschöne Elfenfrau, mit einem langen, weissen Gewand, alabasterfarbener Haut und Augen aus reinstem Mondlicht. Ihr langes, wallendes Haar, sah aus wie frischer Bergschnee und wurde von einem schlichten Platinreif zusammengehalten.
Sie lächelte den jungen Nachtelfen an und begrüsste ihn mit sanfter, glockenheller Stimme. „Sei willkommen! Es freut mich, dass du mich besuchst.“ Cerunnos konnte es kaum fassen. Es war die Göttin Elune selbst, die sich ihm hier offenbarte! So etwas hatte er bisher noch nie erlebt. Tief bewegt sprach er: „Aber wie kann das sein? Womit verdiene ich die grosse Ehre dich, geliebte Mutter, anzutreffen? Ich bin ja nicht mal Druide und von einem Priester, bin ich meilenweit entfernt und doch...kommst du selbst zu mir.“ „Das hat schon seine Richtigkeit Thero'shan,“ meinte die Göttin und ihr Lächeln schien den ganzen Raum auszufüllen. „Thero'shan?!“ flüsterte Cerunnos fassungslos. „Aber...warum nennst du mich so?“ Thero'shan war ein sehr ehrenvoller Ausdruck, für einen besonderen Schüler. Der Jäger verstand die Welt nicht mehr. „Ich verdiene diesen Titel nicht, schon gar nicht aus deinem Munde.“ „Ich würde es dir nicht sagen, wenn du nicht ein Thero'shan wärst,“ erwiderter Elune und lächelte erneut. Das silberne Strahlen, das von ihr ausging, schien in das Innerste der Seele zu leuchten. „Du solltest dich nicht immer geringer achten, als du wirklich bist!“ tadelte sie ihn. „Du musst kein Druide oder Priester sein, um meine Gunst zu erhalten. Denn oft sind die Edelsteine, die nach aussen nicht so hell glitzern, die Wertvollsten. Du wirst einen wichtigen Auftrag bekommen, darum musstest du heute meditieren.
Aber es ist nicht nur ein Auftrag, den du bekommst, eigentlich ist da noch ein anderer, von dem aber noch sehr wenige wissen. Komm ich werde dir etwas zeigen, schau da hinunter!“ Cerunnos folgte mit seinem Blick ihrem in weissen, wallendem Stoff gekleideten Arm, der in eine bestimmte Richtung zeigte. Unter sich sah er nun auf einmal seine Heimat Teldrassil, eine Insel vor der Küste Kalimdors, die eigentlich ein riesiger Baum war. „Der zweite Weltenbaum,“ sinnierte Elune. „Leider nicht von der Natur und der Geisteswelt gesegnet...und doch...so voll wunderbarer Bewohner, mit gewaltigem Potenzial. Du warst noch nie ausserhalb der Grenzen von Teldrassil, nicht wahr?“ „Nein bisher nicht,“ sprach Cerunnos.
„Das wird sich bald ändern Thero'shan. Du wirst deine Heimat verlassen müssen. Eine wichtige Aufgabe wartet auf dich. Siehst du dort, östlich von Kalimdor den andern Kontinent?“ Ja, die Östlichen Königreiche.“ Genau. Von dort werden sie kommen...“ „Wer wird kommen?“ fragte Cerunnos und seine Neugier wuchs. „Jene die dein Leben verändern werden und deren Leben auch du verändern wirst.“ „Wer?“ „Die einen, werden aus dem Reich der Sonne kommen.“ „Reich der Sonne? Was meinst du damit?“ „Schau jenes Licht!“ Cerunnos kniff seine Augen zusammen, um besser sehen zu können. Vom nördlichen Zipfel des zweiten Kontinents, begann sich auf einmal ein helles Licht auszubreiten, es sah aus wie eine wandernde Sonne. „Mein Bruder An'she,“ sprach die Göttin leise. „Sein Segen begleitet diese Reisenden.“ „An'she?“ fragte Cerunnos „wer ist das?“ „Ein uralter Ausdruck für die Sonne“, erklärte Elune. „Mein Bruder kehrt zu mir zurück.“ Der Jäger verstand nicht richtig. „Als sie weggingen, haben die Kinder der Sterne, die Macht der Sonne vollkommen abgelehnt...“ sprach die Göttin nun mehr zu sich selbst, als zu Cerunnos. „Wer sind sie?“ fragte er etwas hilflos. „Die Sin'Dorei, einst Quel' Dorei genannt.“ „Die Hochgeborenen?!“ rief der Nachtelf aus. „Aber sie haben die Macht des Brunnens missbraucht und das Böse in die Welt Azeroth geholt! Ausserdem sind sie nun zu den Blutelfen geworden, die Feinde unseres Volkes sind.“ „Das stimmt, sie waren verblendet. Doch einige von ihnen sind zur Besinnung gekommen. Es ist Zeit, dass sie nach Hause zurückkehren,“ meinte die Göttin voll mütterlicher Liebe.
„Die Sin'Dorei haben mich vergessen, als sie gingen. Doch mein Bruder und ich werden immer eine Einheit bilden. Es geht nicht ohne ihn und es geht nicht ohne mich. Die Herzen aller Völker sollten sich dessen wieder bewusst werden. Eine andere Zeit bricht an und du...wirst einer von jenen sein, die das unmittelbar miterleben werden. Du wirst, wie ich sagte, eine wichtige Reise antreten und viele Dinge erfahren.“ „Aber warum ich? Ich bin doch gar nicht geeignet, um in Kontakt mit den einstigen Hochelfen, oder heutigen Blutelfen zu treten. Ich empfinde tiefe Abneigung gegen sie, genauso wie die meisten meines Volkes.“ „Es wird sich vieles ändern Thero'shan, glaub mir!“ „Also ich weiss nicht recht...“ meinte Cerunnos zweifelnd.
„Bald wirst du mit dieser Situation konfrontiert werden, mein Kind. Du weisst jetzt jedenfalls, dass ein wichtiges Ereignis ins Haus steht. Und nicht nur eins, wie ich dir bereits sagte. „Du wirst auch noch mit anderen Reisenden in Berührung kommen, auch sie werden aus dem Reich im Osten kommen. Doch deren Anliegen wird ein anderes sein.“ „Bitte erzähl mir mehr, grosse Mutter!“ „Das geht leider nicht. Nur so viel: „Tyrande die Hohepriesterin, weiss schon vom Besuch dieser Leute. Schon bald wirst du mehr erfahren. “ Cerunnos platzte fast vor Neugier und wollte etwas erwidern, doch Elune sprach: „Mehr kann ich dir nicht sagen, aber sei dir meines Segens und meines Schutzes stets sicher, bei allem was du tust! Denn ich weiss, dein Herz ist gut und rein und du hast grosses Potenzial, auch wenn du weder Druide, noch Priester bist. Du bist genau an jenem Platz, an dem du sein sollst, denk immer daran! Doch nun muss ich wieder gehen!“ Cerunnos spürte einen Stich im Herzen, als seine geliebte Göttin ihn verlassen wollte. „Nein, bitte bleib noch!“ bat er. „Ich habe irgendwie Angst.“ „Du brauchst keine Angst zu haben, ich werde immer bei dir sein. So leb denn wohl Thero'shan!“
Elune verschmolz wieder mit dem Mond und Cerunnos erwachte aus seiner Meditation, zutiefst aufgewühlt. Spirit schien seine Unruhe zu spüren, denn sie erhob sich und schmiegte sich eng an ihn. Die Wärme und Ausstrahlung seines treuen Begleiters, tröstete den Nachtelfen, denn er war irgendwie sehr traurig. Seine geliebte Göttin war ihm so nahe gewesen, wie noch nie in seinem Leben, doch nun hatte sie ihn wieder verlassen und er stand ganz allein da, über die gewaltige Tragweite der vernommenen Botschaft nachgrübelnd. Was nur würde ihn erwarten? Würde er dem allem wirklich gewachsen sein? Irgendwie kam ihm der Gedanke, dass sich Elune geirrt haben könnte, als sie ihm diese Dinge anvertraut hatte. Denn gerade er war nun wirklich nicht der geeignete Mann für diese Aufgabe. Er wollte nichts mit den Blutelfen zu tun haben und auch der Gedanke so bald eine solch besondere Reise anzutreten, war ihm irgendwie unheimlich.
Er erhob sich und schüttelte seine, während der Meditation eingeschlafenen Glieder. Dann blickte er erneut über den See. Am andern Ufer lag die Pforte nach Ruth Theran- ein aus rosa Licht bestehender Durchgang, eingebettet in den Wurzeln eines mächtigen Baumes. Irgendwie erinnerte ihn diese Pforte immer an den Weltenbaum, in kleiner Ausgabe. Auch der Weltenbaum war verbunden mit der jenseitigen Welt, einer anderen Welt. Ähnlich wie diese Pforte, die in unbekannte Welten, jenseits seiner geborgenen Heimat führte, welche ihm nun auf einmal bedrohlich vorkamen.
Nun, er musste sich wohl einfach zuerst wieder etwas sammeln, bevor er das Ganze objektiver anschauen konnte. Dabei war Objektivität jetzt sehr wichtig. Auf einmal dachte er wieder an die Worte von Elune: Als die Quel'Dorei gingen, haben die Kinder der Sterne, die Macht der Sonne vollkommen abgelehnt. Doch mein Bruder- die Sonne und ich bilden eine Einheit. Es geht nicht ohne ihn und es geht nicht ohne mich... War die Objektivität womöglich eine Sonnenkraft? Cerunnos wusste nicht warum er sich plötzlich solch komplizierte Fragen stellte. Seltsame Gedanken bewegten ihn seit dieser Meditation, wirklich seltsame... Vielleicht tat es ihm gut, wenn er mal zur „Enklave des Cenarius“ ging, womöglich traf er dort seine Schwester, der er dieses Erlebnis erzählen konnte. Ansonsten musste er sowieso mit seiner Lehrmeisterin Jocaste reden. Das würde ihn vielleicht etwas auf andere Gedanken bringen. Was war denn nun eigentlich besser, fragte er sich auf einmal: darüber zu reden, oder sich abzulenken? Aber was machte er sich auch wieder Gedanken darüber? So viele Gedanken hielt ja kein Nachtelf aus...!“ Er riss sich gewaltsam in die Realität zurück und ging dann hinüber zur grossen Hauptbrücke, die über den silbernen See führte...
Bald sah er vor sich, die im Zentrum der Stadt liegende Bank. Diese besass die Form eines grossen Bären, den man aus einem gewaltigen Baum herausgeschnitzt hatte. Unter der Wurzel dieses Baumes, befanden sich die Bankschalter. Hier hatten alle Mitglieder der Allianz Zugriff auf ihre Besitztümer. Zwei Schildwachen waren hier postiert.
Cerunnos ging rechts an der Bank vorbei und überquerte eine weitere der schneeweissen Brücken, die unter einem majestätischen Pavillon hindurch, zur „Enklave des Cenarius“ führte.
Diese bestand aus zwei Gebäuden, welche eigentlich auch Bäume waren. Der Sitz der Druiden befand sich auf der linken Seite. Es war ein gewaltiger Baum, um den herum man eine, elegant geschwungene, Rampe gelegt hatte, von der aus man in die verschiedenen, ebenfalls eng am Stamm angeschmiegten Stockwerke gelangte. Blaue Fenster spendeten Licht. Im obersten Geschoss, an der Spitze des Baumes, war der Sitz des neuen Erzdruiden Fandral Hirschhaupt.
Zur rechten Seite, befand sich der Sitz der Jäger. Dieser recht grosse Gebäudekomplex bestand aus vier Plattformen, welche man auf den Stümpfen eines gewaltigen Baumes angelegt hatte. Auch diese Plattformen, waren durch eine grosse Rampe miteinander verbunden. Runde, von Holzstämmen getragene Dächer, überspannten die Plattformen. Sie waren mit den üblichen, lila-blauen Ziegel gedeckt worden. Ein bogenförmiger Aufgang, mit einem Mondsicheltor, führte auf das unterste Geschoss, wo Jocaste sich meist aufhielt.
Cerunnos kannte sich hier schon sehr gut aus. Während er auf das Jägerquartier zuging, warf er einen kurzen Seitenblick auf die Grossen Nacht- und Frostsäbler, welche hier zum Verkauf angeboten wurden. Irgendwann würde Cerunnos auch so ein Reittier besitzen. Sein Blick fiel auf seinen treuen Begleiter Spirit, der ihm stets dicht auf den Fersen folgte. Er streichelte die Katze erneut liebevoll, dann schaute er sich noch kurz beim Druidenquartier um, ob er seine Schwester irgendwo entdeckte. Doch sie war nirgends zu sehen. Er hatte auch keine Zeit mehr, lange nach ihr zu suchen. Seine Lehrmeisterin, erwartete ihn sicher schon lange.
Tatsächlich wirkte Jocaste etwas ungeduldig, als er sich bei ihr meldete. „Du hast ja heute ziemlich lange gebraucht, um herzukommen Cerunnos,“ meinte sie mit tadelndem Unterton in der Stimme. „Es tut mir leid, aber die Meditation hat etwas länger gedauert Shan' do (Verehrter Lehrer).“ Er überlegte sich, ob er Jocaste sein Erlebnis erzählen sollte, doch er entschied sich dagegen. Es war einfach zu persönlich und er wollte sich auch nicht brüsten, mit dem was er erlebt hatte.
„Dann ist also dein Geist rein?“ fragte seine Lehrerin nun wieder etwas nachsichtiger. „Ja, ich glaube schon.“ „Also gehen wir zusammen zum „Tempel des Mondes“! Die Priesterin A'moora, sagte, sie habe eine sehr wichtige Aufgabe für dich. Du wurdest speziell von der Schwesternschaft der Elune auserwählt. Das ist eine grosse Ehre für die ganze Gesellschaft der Jäger.“ Cerunnos nickte, obwohl er eigentlich ganz und gar nicht verstand, warum ausgerechnet er nun auf einmal eine so wichtige Person geworden war. Er fühlte sich eigentlich eher etwas unwohl dabei. Nun, es galt jetzt einfach abzuwarten.
Er folgte seiner Lehrerin erneut über die Brücke, zurück zur Bank. Sie liessen diese diesmal rechts liegen und nahmen eine weitere breite Brücke, die nach Süden zum „Tempel des Mondes“ führte. Sie erklommen ein paar Treppenstufen und betraten dann einen Aufgang, der in der Mitte von einem breiten, lilablauen, mit goldenem Blattmuster umrahmten Band verziert wurde.
Unmittelbar musste der Jäger an die Worte von Elune zurückdenken. Die golden glänzenden Blattmuster, erinnerten ihn irgendwie an Sonnenlicht. An Sonnenlicht, dass er bisher noch nie wirklich zu Gesicht bekommen hatte, weil die Welt der Nachtelfen, eine Welt des Zwielichts war.
Er schaute nun zum Eingang des Tempels hinauf und sein Herz klopfte auf einmal wild. Was würde ihn wohl erwarten? Was für eine Aufgabe wollten ihm die Schwestern der Elune auferlegen?
Als das riesige Eingangstor, rechts und links flankiert mit gewaltigen, weissen Säulen, unmittelbar vor ihnen aufragte, blieb Cerunnos einen Moment lang stehen. Er wagte kaum weiterzugehen. Jocaste trat neben ihn, legte ihm die Hand auf die Schulter und nickte ihm ermunternd zu. „Das wird schon gut gehen, nur keine Angst!“ schienen ihre Augen zu sagen. Spirit schmiegte sich eng an seine Beine, um ihn ebenfalls zu beruhigen, denn sie hatte ihr Herrchen wohl kaum mal so aufgewühlt erlebt.
Ehrfürchtig blickte der junge Nachtelf nach oben, als er den mit Ranken und Blumen verzierten, oben spitz zulaufenden, Torbogen durchschritt. Die weiblichen Schildwachen rechts und links liessen sie sogleich passieren.
Und dann...bot sich Cerunnos ein wundervoller, unbeschreiblicher Anblick dar! Er trat in einen, von blausilbernem Licht erleuchteten, runden Dom. In dessen Zentrum befand sich ein glitzernder Brunnen, in dessen Mitte eine riesige Elfenstatue mit langem Kleid aufragte, die wohl die Göttin Elune darstellen sollte. Ihre Arme waren hoch erhoben und trugen ein Becken mit Wasser, welches Cerunnos irgendwie an flüssiges Mondlicht erinnerte. Das Wasser stürzte an der Seite der Statue in glitzernden Strömen herab und wurde vom grossen Brunnenbecken darunter aufgefangen, zu welchem einige weisse Treppenstufen führten.
Alles im Innern des Mondtempels war mit weichem Gras überwachsen, es gab Bäume mit grünen und purpurnen Blättern und herrliche Blumen in allen Formen und Farben. Cerunnos blieb beinahe der Atem weg. Er war noch nicht sehr oft hier drin gewesen. Jocaste aber schien sich auszukennen. Sie führte ihn zu einem Aufgang, der zu einer Säulenterrasse hinaufführte. Oben an der runden Decke, spendete ein purpurnes Fenster noch zusätzliches, magisches Licht.
Seine Lehrerin, führte ihn auf der Säulen Terrasse nach rechts, zu einer etwas in die Mitte hin versetzen, von Säulen und zwei Schildwachen flankierten, Plattform. Dort stand eine zierliche Elfin mit blauem, zu einem Pferdeschwanz gebundenem Haar. Sie trug eine braun- blaue Robe mit goldenen Verzierungen an den Rändern.
Jocaste bedeutete Cerunnos, sich der Priesterin ehrfürchtig zu nähern und sich vor ihr zu verneigen. Dann sprach sie: „Verehrte Schwester der Elune. Hier bringe ich dir den Schüler, nach dem du verlangt hast: Cerunnos Nachtschwinge.“ Der junge Jäger neigte seinen Kopf und A'moora meinte freundlich: „Sehr gut. Seid willkommen im Tempel der Göttin!“ Dann gab sie Jocaste mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie allein mit Cerunnos sprechen wolle. Die Lehrerin zog sich darauf ehrerbietig zurück.
A'mooras ausdrucksvolle, silberne Augen, richteten sich nun erneut auf Cerunnos, der etwas gehemmt von einem Fuss auf den andern trat. Er war noch nie so nervös gewesen. Geistesabwesend streichelte er erneut das Fell seines Tieres, das beruhigte ihn immer etwas. A'moora lächelte auf einmal und meinte: „Nur keine Angst, bisher haben wir noch keinem den Kopf abgebissen. Du kannst dich ruhig etwas entspannen, wir sind auch nicht mehr als Elunes ergebene Diener, wie alle Angehörige unseres Volkes.“ Dann fuhr sie ohne Umschweife fort: „Man hat dir gesagt, warum wir nach dir verlangten?“ Nun ja...“ meinte Cerunnos. „Man sagte mir einfach, dass man eine Aufgabe für mich hätte. Obwohl ich mich ehrlich gesagt schon frage, warum gerade ich auserwählt wurde.“ „Wir haben viel Gutes von dir gehört. Ausserdem war es die Göttin selbst, die der Hohepriesterin Tyrande mitteilte, dass du der Richtige für diese Aufgabe bist.“ „Die Göttin selbst...?“ wiederholte Cerunnos und musste an seine heutige Meditation zurück denken.
„Ja, doch auch ich weiss nicht über alles Bescheid. Ich bekam einfach den Auftrag, dich auf eine besondere Mission zu schicken. Es geht um die Spinne „Lady Sathrah“. Hast du schon mal von ihr gehört?“ „Ja, wird sie nicht auch die Heilige Spinne genannt, die das Netz webt, welches das Licht der Elune einfängt?“ „Ja...,“ erwiderte A'moora mit einem traurigen Klang in der Stimme. „Es war so. Nun aber ist Sathrah auch der Verderbnis anheimgefallen, die sich seit dem Erschaffen des zweiten Weltenbaums (Teldrassil), der leider nicht die Zustimmung der Götter und der Natur fand, auszubreiten droht. Einige seltsame Veränderungen an den natürlichen Kreaturen des Waldes, machen sich bemerkbar. Noch sind sie nicht gravierend, aber doch beklagen wir einige Verluste. Sathrah ist dieser Verderbnis anheimgefallen und nun ist sie unsere Feindin geworden, die alles angreift, was ihr zu nahe kommt. Ihre Seele muss wieder Ruhe finden und...wir brauchen ihre magische, silberne Spinndrüse, welche uns den Willen der Elune deutlich macht. Vieles geschieht zur Zeit, seltsame Besucher kündigen sich an. Deine Aufgabe wird es sein, Lady Sathrah zu töten und mir ihre Spinndrüse zu bringen. Du wirst dadurch ihrer gequälten Seele wieder Ruhe geben und uns helfen, Antworten zu erhalten, die wir dringend brauchen. Willst du das tun, Cerunnos Nachtschwinge?“ „Aber natürlich, was immer ihr verlangt,“ gab der junge Jäger zur Antwort. „Du musst dich im Herzen dafür entscheiden, nicht weil wir es dir auftragen,“ sprach A'moora ernst. „Natürlich werde ich das gerne tun. Wenn ich so einer gequälten Seele Ruhe geben und mehr Klarheit in alles bringen kann.“ Die Priesterin lächelte und meinte: „Ich glaube wirklich, wir haben mit dir den Richtigen, für diese Aufgabe gefunden. Deine Seele hat eine besondere Struktur, die man nicht überall findet. So wünsche ich dir viel Glück. Elune- adore Cerunnos! Möge die Göttin dich und dein treues Tier, beschützen! Du findest Lady Sathrah vermutlich in der Nähe des Quellsees, ganz am nördlichen Ende von Teldrassil. Und denk daran: du musst das allein tun, ohne Hilfe, abgesehen natürlich von deinem treuen Tier.“ Cerunnos nickte und deutete erneut eine Verbeugung an, dann verliess er den „Tempel des Mondes“ und trat hinaus, ins lilafarbene Licht von Darnassus, wo Jocaste in bereits erwartete.
Erwartungsvoll schaute ihn diese an: „Und wie lief es Thero'shan?“ Cerunnos horchte auf. Wieder dieser ehrenwerte Titel, den ihm schon Elune gegeben hatte. Bei seiner Lehrerin war es das erste Mal, dass sie ihn so nannte. „Es lief gut,“ sprach er. „Doch man sagte mir, ich müsse diese Aufgabe ganz allein erledigen. Ich darf niemanden dabeihaben, ausser... mein Tier.“ Er streichelte Spirit erneut. Seine Lehrmeisterin, reagierte augenscheinlich gelassen, doch etwas Sorge zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Sie meinte: „Nun, wenn das der Wille der Mondschwestern ist, dann musst du das wohl allein bewältigen. Bestimmt hätten sie dich nicht auserwählt, wenn sie nicht glauben würden, du seist dem gewachsen. Dennoch... ein Bisschen Sorgen, mache ich mir schon um dich.“ Cerunnos war berührt von dieser Aussage. Sonst zeigte Jocaste eigentlich nur wenig Emotionen. Das hatten Mentoren wohl einfach so an sich. „Musst du gleich aufbrechen?“ „Ja, wenn ich vor dem Eindunkeln wieder zurück sein will.“ Eine Frage zeichnete sich auf dem Gesicht der Lehrmeisterin ab, aber sie unterliess es diese zu stellen. „Dann möge Elune dich und dein treues Tier beschützen! Ihr seid ja ein sehr gutes Team ihr beide.“ „Ja das sind wir,“ lächelte Cerunnos „und ich bin sicher, dass Elune bei uns sein wird. Sie schickt mich ja schliesslich auf diese Mission.“ Jocaste nickte wortlos, obwohl sie sicher gerne etwas mehr gesagte hätte.
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Zusammen gingen Cerunnos und seine Lehrmeisterin dann noch zurück ins Zentrum der Stadt. Doch während Jocaste wieder den Weg zur in die „Enklave des Cenarius“ einschlug, schlug er den Weg zur „Terrasse der Krieger“ ein, wo sich auch der Stadtausgang befand. Schon von weitem sah er die hohen Säulen, der ersten Durchgangspforte, wo weitere Schildwachen mit ihren 3-Klingen Schwertern und den violetten Uniformen, standen. Über dem Querbalken des Tores war eine Mondsichel angebracht, die majestätisch über die Elfenstadt blickte. Der letzte Abschnitt des Bodens bis zu diesem Tor, hatte man wie beim „Tempel des Mondes“, mit einem lilagoldenen Zierstreifen, bemalt. Dieser endete in einem Art Kreuzgang, von wo aus man in alle Teile der Stadt kam. Cerunnos ging weiter und verliess die Terrasse auf der hinteren Seite. Vor ihm lag nun eine mit lila und grünem Moos, bedeckte Wiese. Cerunnos machte einen weiten Bogen um einen gewaltigen Baummenschen mit Haaren und Bart, aus grünem Efeu. Dieser besass gewaltigen Stosszähne, die ihm auf beiden Seiten aus den knorrigen Wangen wuchsen. Er war so hoch wie das Dach des Tores, dass der Jäger gerade durchschritten hatte. Diese ziemlich furchteinflössende Kreatur, war ein sogenanntes „Urtum des Krieges“ Im ersten Krieg vor 10'000 Jahren, den die Nachtelfen gegen die brennende Legion geführt hatten, waren es diese Urtume gewesen, die sie unterstützten.
Cerunnos ging weiter auf dem Kopfsteinpfad, der durch die Wiese führte. Schliesslich erreichte er das steinerne Bogen Tor, das in den Wald von Teldrassil führte. Es war überdeckt, mit einem hölzernen Doppeldach, das ihn irgendwie an den Rumpf eines Schiffes erinnerte. Hier stand erneut einer der riesigen Urtume Wache. Allerdings sah dieser etwas gemütlicher aus, als das „Urtum des Krieges“. Es war ein „Urtumsbeschützer“. Sein Körper sah aus, wie ein dicht, mit amethystfarbenen Blättern bewachsener Baum, aus dessen, mit einer breiten Nase bestückten Gesicht, zwei grosse, ausdruckvolle Augen blickten. Die Füsse dieses Urtums waren mit rosa Blüten geschmückt und zwei Äste ragten ihm wie Hörner, aus seinem Hinterkopf.
Cerunnos ging auch an ihm vorbei und betrat den offenen Wald. Über ihm erhoben sich, die dicht ineinander verwobenen Kronen, gewaltiger Bäume. Ihre Blätter schimmerten in lila, purpur, gold und grün. Ihre Stämme waren so gewaltig, dass sie teilweise nicht mal zehn Männer umspannen konnten. Schlingpflanzen hingen teilweise an ihren Ästen und überall gab es knorrige Wurzeln, die die Oberfläche des Erdreiches durchstiessen. Moosbewachsene Findlinge gaben allem eine interessante Struktur.
Hin und wieder sah man den amethystfarbenen Himmel zwischen den Blättern hervorblitzen. Grosse, silberne Strigideulen, mit schwarzen Federspitzen flogen überall herum. Sie waren sehr häufig in diesem Wald anzutreffen. Man konnte sie gut zähmen, wegen ihrer sanften Natur.
Cerunnos kam nun an eine Kreuzung, wo er sich nach rechts wandte.
Er würde an der „Lichtung des Orakels“ vorbeikommen, wenn er zum Quellsee ging. Dort hatte es ebenfalls einen Bärenbaum (wie die Bank), östlich davon befand sich einer der vielen Mondbrunnen, die es im Elfenreich überall gab. Sie waren magische Quellen, die die Kaldorei mit ihrer Göttin verbanden.
Bald kam er dort an. Er begrüsste eine schwarzhaarige Elfe namens Alanna Rabenauge, die hier zwischen den mächtigen Tatzen des Bären- Baumes, ihre magischen Reagenzien verkaufte. Dann ging er rüber zum Brunnen, der umgeben war, von hölzernen, schön verzierten Säulen, welche von Monsicheln gekrönt wurden. Das Wasser in dem weissen Steinbecken, glitzerte wie jenes, das er im „Tempel des Mondes“ gesehen hatte. Die Schildwache Arynia Wolkenbruch hielt hier Wache. Sie war eine sehr schöne Frau mit grünem, langem Haar. Ihre leuchtenden, silbernen Augen, waren mit grünen, fächerförmigen Tätowierungen, untermalt. Viele Nachtelfen, besonders die Frauen, hatten solche Tätowierungen. Sie unterstrichen oft die Persönlichkeit, oder waren Symbol für irgendetwas. Arynia begrüsste Cerunnos freundlich und als dieser seine Arme in das glitzernde Wasser des Brunnens tauchte, liess sie ihn gewähren. Der junge Nachtelf, fühlte sich durch das wundersame Nass sofort vitalisiert und neu gestärkt und er sandte ein leises Gebet an seine Göttin, bevor er sich wieder zum Gehen wandte. „Habt ihr Lady Sathrah die letzte Zeit irgendwo gesehen?“ fragte er die Schildwache. Diese erwiderte: „Nein leider nicht. Seit sie den Verstand verlohr, zog sie sich ganz in die nördlichste Ecke des Waldes zurück, wo der Quellsee in den Quellfluss mündet. Vermutlich werden wir sie bald töten müssen, um ihre Seele zu befreien.“ „Ja ich habe davon gehört,“ erwiderte Cerunnos und benahm sich möglichst ahnungslos. „Sehr schade, eigentlich...“ „Ja, ihr sprecht mir aus der Seele Jäger. Früher besuchte sie mich oft hier, doch nun... werden so viele Kreaturen von dieser Verderbnis befallen, dass mein Posten hier immer gefährlicher wird. Solltet ihr weiter in den Wald vorstossen, seid auf der Hut. Es gibt viele giftige Spinnen hier. Vieles sind Kinder von Lady Sathrah und sie sind sehr aggressiv. Auch die Bäumlinge am See, sind gefährlich geworden und einige der Nachtsäbler ebenfalls.“ „Nun, ich habe ja einen tüchtigen Nachsäbler an meiner Seite,“ sprach Cerunnos und deutete auf Spirit. Er wird mir beistehen.“ Seid einfach etwas mehr auf der Hut! Unsere geliebten Wälder sind wirklich nicht mehr das, was sie einst waren.“ „Ich danke euch für eure Besorgnis. So lebt denn wohl. Elune adore!“
Der junge Nachtelf wandte sich ab und machten sich auf den Weg, Richtung See. Er ging querfeldein, über grüne Hügel, zwischen dicken Wurzeln und gewaltigen, elfenbeinfarbenen Baumstämmen hindurch. Ab und zu sah er eine der vielen, grünen Wandweberspinnen, denen er aber einfach so gut als möglich aus dem Weg ging. Bald tauchte der tiefblaue Quellsee unter ihm auf. Einige Bäumlinge- gelborange, aus Blattwerk bestehende Kreaturen, mit langen Armen, die sich etwas wie Affen fortbewegten, streiften den Ufern entlang. Die Bäumlinge gehörten zu den Elementaren und waren früher Freunde der Nachtelfen gewesen. Nun aber stellten sie sich auf einmal gegen sie. Man war sich immer noch nicht ganz im Klaren darüber, warum. Doch man vermutete eben, dass dies mit dem neuen Weltenbaum zu tun hatte, den die Druiden unter Fandral Hirschhaupt gepflanzt hatten, um den Elfen, die im dritten, grossen Krieg verlorene Unsterblichkeit zurück zu geben. Dieser zweite Weltenbaum- Teldrassil, besass aber nicht den Segen der göttlichen Kräfte und der Natur wie einst der erste Weltenbaum- Nordrassil. Er gab den Kaldorei bisher auch ihre Unsterblichkeit nicht mehr zurück, weil er weder mit dem „Brunnen der Ewigkeit“, noch mit dem „Smaragdgrünen Traum“ verbunden war. Das war vermutlich ein Grund für das Auflehnen der natürlichen Kreaturen. Man schloss auch nicht aus, dass böse Mächte wieder mehr Zugang zur Welt Azeroth erhielten, durch all die Fehler in der Vergangenheit.
Doch Cerunnos hatte keine Zeit lange darüber nachzudenken. Er ging, im sicheren Abstand zu den Bäumlingen, am westlichen Ufer des Sees entlang, Richtung Norden. Schliesslich erreichte er zusammen mit Spirit eine einsame Ecke des Waldes, welche zum grossen Teil von einer hohen Felswand eingeschlossen wurde. Die Bäume standen hier dicht an dicht und es entstand dadurch ein ziemlich schattiger Winkel. Davor, Cerunnos zugewandt, befand sich ein riesiges Netz! Der junge Nachtelf wusste, dass er auf Sathrahs Nest gestossen war. Doch dieses Netz sah ganz anders aus, als er es von den Erzählungen her kannte. Es hatte ein stumpfes, schmutziges Grau. Bestimmt wurde darin nicht mehr das Licht der Elune eingefangen. All das wirkte so traurig und eine depressive Stimmung machte sich breit.
Cerunnos trat etwas näher, um besser sehen zu können. Und dann...ganz hinten in der schattigsten Nische, erblickte er die Spinne! Sie war riesig, viel grösser als die anderen Spinnen des Waldes. Es würde nicht ganz einfach sein sie zu überwältigen.
Cerunnos trat noch näher heran und entdeckte ein menschengrosses Gerippe, das in den Fäden des Netzes hing. Ein anderer Elf, musste hier schon sein Leben gelassen haben. Eine Gänsehaut breitete sich über seinem Körper aus. War es etwa eine Selbstmordmission, auf die man ihn geschickt hatte? Warum musste er das ganz allein, nur mit seinem Tier durchziehen, ohne die Hilfe anderer Elfen?
Er überlegte, wie er es wohl am besten anstellen sollte, um die Spinne zu überwältigen. Eines war klar, er musst sie aus ihrem Nest locken. Zu nahe an das Netz zu gehen, konnte schlimme Folgen haben. Er überprüfte nochmals seine Waffen: den gekrümmten Dolch an seinem Gürtel und seinen hölzernen Jagdbogen, den er über der Schulter trug. Konzentriert nahm er dann einen Pfeil aus dem ledernen, mit reichen Mustern verzierten Köcher und legte an.
Der durch Magie aufgeladene Pfeil, welcher den Gegner etwas betäubte und so sein Reaktionsvermögen verlangsamte, raste wie ein bläulicher Blitz durch die Luft und traf die Spinne direkt in ihren dicken, weiss- silbern gestreiften Leib. Sie stiess ein zorniges, zischendes Geräusch aus und wandte sich Cerunnos zu. Dann schnellte sie vor. Durch die Magie des Pfeiles aber etwas benommen, kam sie nicht so schnell vorwärts wie sonst. „Spirit!“ rief der Nachtelf „Bandu thoribas!“ (Bereit zum Kampf!). Als die Katze diese Aufforderung hörte, lief sie wie von der Sehne geschnellt los und griff die Spinne an. Sie biss und schlug mit ihren scharfen Zähnen und den krallenbewehrten Pranken auf selbige ein. Lady Sathrah, von Cerunnos' Begleiter abgelenkt, griff nun ihrerseits die Katze an. Spirit war sehr stark und sie konnte eine Menge einstecken, mehr als Cerunnos. Dieser schoss pausenlos weiter mit magischen Pfeilen, die immer wieder eine andersfarbige Spur hinter sich herzogen. Die Spinne, war ihm nun sehr nahe und er konnte jetzt ihre, von der Verderbnis getrübten, sechs hellblauen Augen sehen. Ihr elfenbeinfarbener Kopf, mit den braunen, behaarten Spinnentastern zuckte und ihre Giftzähnen versuchten Spirit zu betäuben, doch die Katze reagierte kaum darauf, sie war zäh und schlug ihre langen Reisszähnen immer wieder in den Leib der Spinne, aus dem schon an verschiedensten Stellen Blut quoll. Dazu kamen noch die Pfeile von Cerunnos, die unablässig auf sie einprasselten und sie durchbohrten. Jäger waren wirklich sehr starke Kämpfer. Mit ihrem Begleiter und dem unvergleichlichen Bogengeschick, konnte man ihnen nur sehr schwer beikommen. Cerunnos merkte auch, dass Lady Sathrah langsam schwächer wurde. Ihre behaarten, silbernen Beine, waren mit glänzenden Bändern geschmückt- ein Zeichen ihres einst edlen Daseins. Sie war eine der geliebtesten Kreaturen von Elune gewesen- Die Spinne, die das Mondlicht einfing, die das Netz des Schicksals- der Zukunft und der Vergangenheit webte. Die um alle höhere Weisheit dieser Welt wusste. Nun aber...war sie nur noch eine bösartige Spinne und das machte Cerunnos, der sich sonst tief verbunden mit allem Leben fühlte, irgendwie sehr traurig. Nur der eine Gedanken tröstete ihn: Er würde Sathrah's Seele wieder Frieden schenken, wenn er sie tötete, denn der Tod war nicht das Ende, er war ein Neubeginn. So glaubten es alle Kaldorei.
Schliesslich dann konnte die Spinne sich nicht mehr auf den Beinen halten, sie brach zusammen. „Spirit!“ rief er. „Es ist genug!“ Sofort gehorchte die Wildkatze und kehrte an seine Seite zurück.
Cerunnos tätschelte ihren muskulösen Rücken anerkennend und sprach: „Gut gemacht!“ Dann trat er zu der Spinne, den Dolch in der Hand. Sathrah wollte sich nochmal erheben und ihn angreifen, doch ihr Körper versagte ihr den Dienst. „Es tut mir leid,“ flüsterte der junge Elf und auf einmal traten ihm Tränen in die Augen. „Es ist besser für dich. Möge deine Seele wieder Frieden finden!“ Mit diesen Worten versetzte er Sathrah mit seinem Dolch den endgültigen Todesstoss. Der behaarte Körper erschlaffte. Der erste Teil von Cerunnos Auftrag war erfüllt. Er kauerte sich neben der Spinne nieder und sprach ein Gebet an Elune. Dann strich er kurz über den Rücken von Sathrah. Er war samtig weich und eigentlich war diese Spinne ein sehr schöner Anblick, so empfand er es jedenfalls. Sie war schöner als alle Spinnen, die er jemals gesehen hatte. Langsam ging er um das Tier herum und suchte die Spinndrüse. Mit seinem Dolch schnitt er sie aus dessen Körper. Es war kein schöner Anblick und er verstaute das blutige Etwas in dem kleinen Beutel, den er am Gürtel trug. Es war ihm elend zu Mute, wenn er dachte, dass er die edle Spinne hier einfach so zurücklassen sollte, doch vermutlich würde man sie später holen, um sie würdig zu bestatten. Er wandte sich nun erneut seinem treuen Begleiter zu, der nicht ganz ohne Blessuren davongekommen war. Spirit blutete aus einigen Wunden. Der Jäger legte die Hände auf den Körper der Katze und sprach eine Zauberformel. Ein silberner Schein begann unter seinen Händen zu leuchten und die Wunden des Tieres schlossen sich.
Dies war eins der magischen Talente eines Jägers. Er konnte sein Tier heilen und besass ausserdem die Macht, seine Pfeile und den Bogen zu verzaubern. Ausserdem konnte der Jäger verschiedene Aspekte der Wildtiere annehmen. So z.B. auf grosse Entfernung sehen, wie ein Adler oder so schnell laufen, wie ein Gepard. Das alles hatte man ihm in seiner Ausbildung beigebracht. Ansonsten war sein magisches Potenzial eher gering, gegenüber den Druiden und Priestern, welche viel grössere, gewaltigere Zauber wirken konnten.
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Cerunnos hatte nun seinen Auftrag vollends erfüllt und machte sich auf den Heimweg. Diesmal aber vermied er den Kontakt mit anderen Leuten. Er fühlte sich ziemlich elend.
Bald erreichte er wieder die Stadt und schlug sogleich den Weg zum „Tempel des Mondes“ ein.
Die Wachen erkannten ihn und liessen ihn sogleich vorbei, während sie ihm freundlich zunickten.
Der Jäger ging hinauf auf den Säulengang und suchte Priesterin A'moora auf.
Als er vor ihr stand verneigte er sich ein weiteres Mal und überreichte ihr den Beutel. „Hier, die von euch verlangte Spinndrüse, der Lady Sathrah!“ sprach er. „Nicht gerade ein schöner Anblick zurzeit, ich weiss, aber nun ja...immerhin musste ich sie ihr aus dem... Hinterleib schneiden.“ Sogleich tadelte er sich selbst als unverschämt, sowas zu einer Priesterin der Elune zu sagen. Doch er spürte sowas wie Groll in sich. Die Spinne tat ihm irgendwie doch leid. Es fiel ihm nie leicht andere Geschöpfe zu töten, egal welcher Art. Doch A'moora schien sich von seinen Worten nicht beleidigt zu fühlen. Sie sprach: „Das hast du sehr, sehr gut gemacht Cerunnos Nachtschwinge. Nun lass uns zusammen hinunter zum Mondbrunnen gehen, auf das die grosse Sathrah endlich ihren Frieden finden möge!“
Sie bedeutete ihm zu folgen und ging, den Beutel wie einen wertvollen Schatz vor sich hertragend, hinunter zum Brunnen. Cerunnos folgte ihr. Der Brunnen verströmte sein wundervolles, friedliches Leuchten und es war, als ob die Welt für einen Moment den Atem anhalten würde, als sie die weissen Treppenstufen zum Becken heraufstiegen und sich unter dem Schirm der erhobenen Arme der Elune niederkauerten. Cerunnos stellt auf einmal fest, dass der Tempel nun ganz leer war. Keine Leute waren mehr anwesend, ausser den Priesterinnen. Die Schildwachen standen in der Mitte des Tores, was unmissverständlich zeigte, dass niemand den Tempel betreten durfte.
Auf einmal vernahm der Jäger hinter sich leise Schritte. Er drehte sich um. Vor ihm stand eine wunderschöne Frau, mit langem, leicht gewelltem Haar, das an die Tiefen eines azurblauen Meeres erinnerte. Ein silbernes, schlichtes Diadem zierte ihre Stirn. Sie trug ein schneeweisses Gewand mit goldenem Gürtel und es war, als würde von ihr ein überirdisches Strahlen ausgehen.
Irgendwie erinnerte sie ihn etwas an Elune, wenn auch nicht ganz. Ihre Füsse waren nackt und sie trat nun ganz nahe an den Rand des Brunnens heran. „Habt ihr die Drüse der grossen Sathrah also hier?“ sprach sie mit sanfter Stimme. „Ja, Herrin!“ sprach A'moora. „Cerunnos Nachtschwinge hat sie für uns besorgt.“ Sie reichte ihr den Beutel. Die weissgekleidete Frau nahm ihn ehrfürchtig entgegen und schaute Cerunnos wohlwollend an. „Das hast du sehr gut gemacht! Wir stehen in deiner Schuld.“ „Ihr seid die Hohepriesterin Tyrande Whisperwind,“ sprach der Nachtelf fassungslos „aber...“ „Nur keine falsche Scheu!“ lächelte die Angesprochene und irgendwie war ihre Natürlichkeit sehr einnehmend. „Ich möchte Lady Sathrah selbst wieder den Frieden zurückgeben, indem ich ihre heilige Spinndrüse, dem Wasser der Elune übergebe.
Du sollst das mitansehen, denn du warst es, der uns das ermöglich hat.“
Tyrande nahm nun die Spinndrüse ohne Scheu in die zarte Hand und stieg in das silberne Wasser des Brunnens. Dann legte sie diese in das kühle Nass. Das Blut wurde hinfort gespült und löste sich gänzlich auf. Die Drüse aber begann plötzlich hellsilbern zu strahlen. Sie wirkte nun wie ein Kleinod, das wunderbar glitzerte und funkelte. Und dann...kam er: der durchsichtige Geist der geplagten Spinne! Eine wundervolle Ruhe und ein Frieden, ging von diesem Bild aus und Cerunnos vernahm eine leise Stimme: „Ich habe meinen Frieden endlich gefunden. Nun kann ich zurückkehren in die liebevollen Arme meiner Göttin. Möge meine Drüse euch alles offenbaren, was ihr noch wissen müsst! Ich aber gehe für immer... von dieser Welt!“ Der Geist verschwand und in diesem Moment, begann die silberne Spinndrüse noch mehr zu leuchten. Ein gleissendheller Schein breitete sich aus und...ein riesiges, silbern- weisses Spinnenetz füllte den ganzen Brunnen aus. Tyrande stand mitten darin und der Schein spiegelte sich auf ihrem schönen Gesicht. Cerunnos glaubte kaum, was er da sah. Auf dem Netz erschienen nun plötzlich seltsame Zeichen, etwas wie Runen. Die Hohepriesterin studierte sie eingehend. Ihr Gesicht spiegelten dabei die verschiedensten Emotionen wieder. Die anderen Priesterinnen und er schauten ihr schweigend und zutiefst berührt zu. Dann auf einmal war alles vorbei! Das Netz verschwand wieder und der Brunnen lag wieder so da wie immer.
Tyrande verliess langsam das Becken, der Saum ihres weissen Kleides war nass. Alle Augen richteten sich gebannt auf sie.
„Ich habe nun die meisten Antworten, auf meine Fragen bekommen. Doch erst müssen wir uns zur Beratung zurückziehen.“ Sie wandte sich an Cerunnos: „Du musst uns jetzt leider verlassen. Aber halte dich bereit! Ich denke wir werden dich bald nochmals brauchen. Vermutlich wirst du eine wichtige Reise antreten müssen in nächster Zeit.“ „Das... hat man mir schon mal gesagt,“ erwiderte Cerunnos. „Ich weiss. Elune selbst hat zu dir gesprochen. Das macht dich zu etwas ganz Besonderem. Darum werde ich dich auch bald wieder herrufen. Doch erst ruh dich etwas aus! Du hattest einen anstrengenden Tag.“ „Aber könnt ihr mir denn nicht jetzt schon etwas Näheres sagen?“ „Nein leider nicht. ich muss mich erst mit einigen Leuten beraten. Erst dann weiss ich, wie es genau weitergeht. Übe dich noch etwas in Geduld Cerunnos Nachtschwinge. Bald wirst du alles erfahren. Elune adore!“
So blieb Cerunnos nichts anderes übrig, als erstmal nach Hause zu gehen. Noch lange klangen all die Dinge, die er erlebt hatte, in ihm nach.
Als er zu Hause angelangt war, merkte er aber erst, wie müde und erschlagen er wirklich war. Er fütterte nochmals Spirit und ass selbst etwas Kleines, dann legte er sich sofort ins Bett und schlief ein. Seine Träume waren sehr unruhig.
Am Tag darauf, stand er sehr früh auf, denn er wollte sogleich in die Enklave der Cenarius, um mit seiner Schwester über alles zu sprechen, was er erlebt hatte. Ausserdem musste er Jocaste Bericht über den Ausgang seiner Mission, erstatten. Bestimmt machte sie sich Gedanken darüber, ob er erfolgreich gewesen war.
Tatsächlich hatte er Glück. Er traf seine Schwester am Eingang zum Druidengebäude. „Ismala!“ rief er und lief zu ihr hin. Ismala's schulterlanges Haar, welches sie meist offen trug, hatte dieselbe Farbe, wie jenes von ihrem Bruder. Sie hatte ein sehr schönes, ovales Gesicht und ihre langen, dunklen Wimpern, erinnerten etwas an Schmetterlingsflügel. Ihre silbern leuchtenden Augen, waren mandelförmig, ihre Nase klein und zierlich und die vollen Lippen besassen einen leichten Lilaton. Sie trug einen grünen, körperbetonten Lederwams, der über der Brust geschnürt war und dazu passende Hosen. Tätowierungen hatte sie so wie ihr Bruder, noch keine. Auf dem Rücken trug sie als Waffe einen langen, knorrigen Holzstab, dessen Spitze mit einem lilablauen Stein geschmückt wurde. Ihr schönes Gesicht erhellte sich, als sie Cerunnos sah.
Die beiden hatten ein sehr gutes Verhältnis. „Schön, dass du mal vorbeischaust!“ meinte sie. „Ich habe dich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.“ „Ja ich weiss, man hat mir einen wichtigen Auftrag erteilt.“ „Dir auch? Ich wurde gerade von Fandral Hirschhaupt höchstpersönlich auf eine Mission geschickt. Ich musste ihm den Smaragd seines geliebten Traumfängers wiederbeschaffen. Aus unerfindlichen Gründen ist dieser bei den Knarzklauen Furlbolgs gelandet. Ich musste deren Anführer „Ferocitas den Traumfresser“ töten, um ihn zu erhalten. War nicht gar so einfach, aber ich bin erfolgreich gewesen. Der Erzdruide meinte sein Traumfänger habe eine wichtige Bedeutung. Er gebe ihm Antworten, die er dringend brauche und dass er mich ausgewählt hat, weil ich etwas Besonderes sei.“ „Das ist ja unglaublich!“ rief Cerunnos. „Gerade ist mir auch so etwas passiert. Ich musste für die Schwesternschaft der Elune, die Spinndrüse der Lady Sathrah beschaffen und sie sagten auch, dass diese ihnen wichtige Antworten liefere und ich etwas Besonderes sei. Sag mal... meinst du die sagen das zu allen?“ Ismala grinste leicht:„Keine Ahnung. Jedenfalls sagte Hirschhaupt, dass man sich wieder bei mir melden werde, wenn er mehr wüsste und ich mich vermutlich bald auf eine Reise begebe.“ „Also das wird ja immer seltsamer! Das sagten sie mir genau auch.“ „Da ist irgendwas im Busch. Vater meinte, dass sich wichtige und seltsame Besuche ankündigen, er aber auch noch nichts Näheres wisse.“ „Dann haben unsere beiden Aufträge sicher irgendetwas miteinander zu tun. Ich bin gespannt was weiter geschieht.“ Ich auch. Aber man sagte mir, dass ich mich noch etwas in Geduld üben muss.“ „Mir ebenfalls,“ staunte Cerunnos. Das Ganze wurde immer seltsamer. „Na gut, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als abzuwarten,“ sprach Ismala. „Oh jetzt muss ich aber an die Arbeit! Vielleicht sehen wir uns ja am Abend? Willst du nicht mal zum Essen zu uns kommen?“ „Ja könnte ich natürlich schon. Ich habe auch immer so viel zu tun und es wäre schön wiedermal etwas gemütlich mit der Familie zu plaudern. Vielleicht wissen wir bis dahin schon mehr. Ist eigentlich Vater gerade da?“ „Nein leider nicht. Er musste kurz nach Dolanaar, sie haben da ein Problem mit der Eberpopulation. Irgendetwas ist aus dem Gleichgewicht geraten und sie brauchen dort seine Hilfe. Aber er sagte, er sei am Abend wieder zurück.“ „Okay, dann geh ich also mal zu meiner Lehrmeisterin. Mal sehen was sie heute so für mich hat. Bestimmt platzt sie schon vor Neugier, sie weiss ja noch nicht, wie alles gelaufen ist. Ich war gestern so müde, dass ich gleich heimging, ohne mich nochmals bei ihr zu melden. „Ja dann also bis am Abend. Mach's gut Bruderherz!“ „Du auch, tschüss!“
Cerunnos wandte sich ab und ging, Spirit dich auf dem Fersen, hinauf zum Gebäude der Jäger. Jocaste war wirklich ziemlich aufgeregt. Gleich als sie ihn sah, lief sie auf ihn zu. „Ich hörte du hast deinen Auftrag sehr gut erfüllt!“ sprach sie. „Gratulation Thero'shan! Du kannst dich gleich wieder auf den Weg machen. Tyrande höchstpersönlich, hat nach dir geschickt. „Schon?“ fragte der junge Jäger überrascht. „Ja, sie sagte, sie hätten alles besprochen was nötig war und dass du nun bald deine Reise antrittst. Was für eine Reise auch immer.“ Cerunnos fühlte sich etwas überfallen mit dieser Nachricht, auch wenn er das schon erwartet hatte. Allerdings nicht so bald. Doch er liess sich seine Unsicherheit nicht anmerken und sprach: „Dann mach ich mich also am besten auf den Weg.“ „Viel Glück!“ Cerunnos nickte dankend und schlug den Weg zum „Tempel des Mondes“ ein. Aber als er die erste Brücke überqueren wollte, begegnete ihm erneut seine Schwester. Sie war sehr aufgeregt. „Man hat mich in den Tempel des Mondes geschickt!“ erzählte sie. Waas? Mich gerade auch! Das kann ja wohl kein Zufall mehr sein. Bestimmt haben wir einen gemeinsamen Auftrag. Das wäre natürlich wunderbar. Ich mache lieber mit dir an meiner Seite meine erste, weitere Reise, als allein.“ „Ja von einer Reise haben sie bei mir eben auch gesprochen.“ „Dann kann das wohl kaum nur ein Zufall sein. So begaben sie sich guten Mutes zum "Tempel des Mondes" ohne zu wissen, dass dies auch ihr Leben grundlegend verändern würde.