Leiterwagen Marie, so nennt man sie, doch mit ihr sprechen tut man nie. Sie führt ihren alten Leiterwagen stets neben sich her, ihr Leben ist gerade sehr schwer.
Der Winter ist gekommen und noch immer hat sie kein Heim, ihre ganze Habe legt sie in den Leiterwagen hinein.
Eine Decke, einen grossen Plastiksack, um sich vor dem Wetter zu schützen, ein wenig zu essen und ein paar Nahrungsbüchsen.
Ihr ganzes Leben, hat in diesem Leiterwagen Platz gefunden, sie ist allein und dreht tägliche ihre Runden.
Leiterwagen Marie, ihre Füsse sind zerschunden, ihre Hände nur mit Leinen-fetzen verbunden.
Der Leiterwagen aus Holz, das einzige was ihr noch ist geblieben ist, von ihrem Liebsten, den sie sehr vermisst.
Er hatte diesen einst gebaut, sie nun täglich nach ihm auf dem Friedhof schaut.
Nichts hat sie bekommen, denn sie war verheiratet nie, manchmal sieht leise man weinen sie.
Leiterwagen Marie, niemand scheint ihr Leiden wahrlich zu spüren, selten lässt sich jemand von ihrem Schicksal rühren.
Immer wieder versucht sie kleine Arbeiten zu verrichten, stets in Angst, der Winter werde sie diesmal vernichten.
Sie friert, sie zittert sie ist wie der Leiterwagen alt und verwittert. Ihr Mantel in Fetzen hängt an ihr herab, gar nicht mehr fern, scheint ihr eignes Grab.
Leiterwagen Marie, sie ist krank und hustet gar viel, sie geht dahin ohne wirkliches Ziel.
Die Spuren des Wagens zeichnen sich ab im weissgrauen Schnee, alle Glieder tun ihr weh.
Wohin soll sie gehen, wohin sich wenden, wird ihr Leid denn jemals enden?
Sie versucht ihr Bestes doch nun ist sie krank, sie lässt sich fallen auf eine einsame Bank.
Die Decke um sich geschlungen und doch immer noch kalt, niemand scheint sie zu sehn, weder jung noch alt.
Der Schnee ist kühl, in den Gliedern kaum noch Gefühl. Was wird mit ihr geschehn, sie kann ihre Zukunft schon vor sich sehn: Ein Grab neben ihrem Liebsten wird sie bald beziehen, sie hat genug von all den Mühen.
Was soll es noch, sie gibt jetzt auf, die Winterskälte kriecht an ihr herauf und auf einmal spürt sie kaum mehr etwas, die Welt verschwimmt und alles wird blass.
Dunkelheit umfängt sie, sie sieht den Tod schon von der andren Seite, sie zu sich winken und ihr Bewusstsein, beginnt ins Leere zu sinken…
Starke Arme heben sie auf, ist das der Tod der sie zieht aus dem Leben hinaus?
Doch dann spürt sie den Leiterwagen unter sich, eine Wärme sich über sie breitet, sie nun auf ihrem Leiterwagen ins Jenseits gleitet?
Sie lässt los, alles ist gut, bald wird sie ihren Liebsten sehen, das gibt ihr Mut…
Leiterwagen Marie, sie auf einmal erwacht, vorbei gegangen ist die Nacht. Ist sie tot? Nein, noch ist sie am Leben, liegt in einem weichen Bett, welch wundervoller Segen!
Ein kleines Mädchen steht neben ihr „Leiterwagen Marie, schön bist du hier!
Du kannst nun bei uns bleiben, denn schon lange sehe ich deine Leiden.
Du sollst es endlich besser haben, das sind an dich meine Weihnachtsgaben.“
Leiterwagen Marie, Licht und Wärme hat sie gefunden, ihr Leid scheint weit entschwunden.
Der sanfte Kerzenschein am Weihnachtsbaum, lässt sie erblühen, gibt ihr neuen Raum.
Leiterwagen Marie, ein neues Leben wurde ihr gegeben, neue Liebe und neuen Segen…