Die Naru oder Naturwesen genannt, glichen mehr den Tieren und Pflanzen denn uns Menschen oder einer der anderen Rassen der Viae, da sie der Legende nach aus eben jenen entstanden. Der Hohen Mutter Huld und des Hohen Vaters Gnade verdankten jene, die diesen in Not beigestanden, sie aus Kümmernis errettet oder ihnen auf andere Weise geholfen hatten, Verstand und Vernunft.
Sieben Wesen ward dieses Geschenk zuteil: Neja, der weisen Regenbogenschlange, Urmutter der Nejaden; Oro, dem stolzen König der Lüfte, Urvater der Aar; Vadshi, dem schnurrigen Kugelfisch, Begründer der Shivada; Anshi, der lieblichen Duftblüte, Begründerin der Angzhu; Grein, dem furchtlosen Wolf, Urvater der Vol; Leju, der stattlichen Laubkönigin, Urmutter der Juulen; und Dargo, dem brummigen Leuchtkäfer, Urvater der Darwen.
Einige der Naru lebten in allen Teilen Yrdiens, hierunter die Aar und die Vol, andere nur in bestimmten Gebieten. So besiedelten die Shivada vor allem das Mijamar sowie die fluss- und seenreichen Gebiete im Herzen Inmondias. Die Juulen traf man vorrangig in den kargen Einöden der westlichsten Lande Elobias und jenseits der grünen Landstriche Esqvatias an, die Darwen dagegen vorrangig im Bergreich Makrai Djuori südlich von Sviath Vernoc, im Waldreich Makrai Djuraic, südlich von Arkantoryia sowie in den öden Landen Makrai Djusan im Süden Inmondias. Ferner gab es zahlreiche Darwenenklaven inmitten der unberührten Wildnis Esqvatias sowie in nahezu allen Reichen der übrigen Viae. Die Nejaden fühlten sich in den Wäldern Elobias ebenso heimisch wie im wilden Esqvatia, wo einst das Reich Myrssy Ylsy gelegen. Die Angzhu indes lebten nahe den Albae und Valdorae und mit deren Wohlwollen in ebenderen Reichen. Einzig inmitten der sanften Wogen des Mijamars soll es dereinst ein isoliertes Reich der Angzhu, Sartuviora genannt, gegeben haben.
Allen Naru war ihre trotz Gang auf zwei Beinen meist tierhafte Erscheinung und rostfarbenes Blut gemein; ferner eine enge Verbundenheit mit der Natur und vergleichsweise lange Lebenszeit.
Die Nejaden waren schlangenähnliche Wesen mit schillernder Hautfarbe und glatten, dichtanliegenden Schuppen; den Tieren gleich unterlagen sie dem Phänomen der Häutung. Ihre Schönheit war verderblich und ihr Kuss giftig wie ein Trunk aus Tollkirsch und Epheu. Von Natur aus sehr feindselig und listig lebten sie zurückgezogen und in kleinen Gruppen, oftmals Familien.
Die Aar waren Flugwesen mit erdiger Hautfarbe, befiederten Körpern und mächtigen Schwingen. Ihre kugelrunden Augen waren unglaublich scharf- und weitsichtig, die Krallen ihrer Füße todbringende Waffen und ihre Schnabelhiebe sollen selbst Rüstungen durchstoßen haben. Ihr enormer Freiheitsdrang machte sie zu Einzelgängern mit wechselndem Hort; nur zeitweise lebten sie im Familienverbund.
Die Shivada waren vornehmlich von ranker, stromlinienförmiger Gestalt, die blaue Haut bedeckt mit dicken, abstehenden Schuppen; blieben jedoch von Häutung verschont. Diese fischartigen Wesen wiesen ein recht naives, einfaches Gemüt auf und waren Kindern gleich überaus von Neugier erfüllt und friedliebend. Ihre Schwäche für alles Glänzende und Blinkende führte zur Anhäufung großer Schätze, heutigentags jedoch allesamt wertlos für Menschen. Sie lebten in großen Sippen und zogen streichend umher.
Der Angzhu Wuchs war vielgestalt, von kleinen Feen und zarten Elfen bis zu den betörenden Wilas. Irisierende Flügel an nahezu durchscheinenden Körpern erschwerten dem Aug, sie zu erblicken; von ihrem stets knie- bis knöchellangen Haar rührte der Irrglauben, es gäbe unter ihnen keine Mannsbilder. Diese Naturgeister waren abhängig vom Licht des Tagsterns und ihre Gesinnung war äußerst friedliebend und zuvorkommend. Sie lebten in großen Sippen, doch scheu und zurückgezogen.
Die Vol waren große wolfsähnliche Wesen. Ihr graue bis schwarze Haut trug dichtes Fell derselben Farbe, ihre Pranken waren mit Krallen bewehrt und scharfe Reißzähne ihre tödlichste Waffe. Einzig der aufrechte Gang und andere Proportionen unterschieden sie von ihren tierischen Verwandten. Wie jene waren sie von äußerst aggressivem Gemüt, verteidigten ihren Lebensraum bis zum Tode und handelten trotz Begabung zur Vernunft zumeist instinktgesteuert. Sie lebten in kleineren Sippen oder Rudeln, zuweilen auch als Einzelgänger.
Der Juuren Wuchs war der höchste aller Viae; ihre riesige Gestalt überragte jeden Baumwipfel. Ihre Haut war dunkel und ledrig, ihr Leib kaum behaart und allesamt wiesen sie schroffe, verwitterte Züge auf. So ungestalt ihr Angesicht, so plump und naiv war ihr Geist; der Verstand eines Kindes im Leib eines Hünen. Wenngleich sie von Natur aus friedliebend waren, reagierten sie sehr feindselig, störte man ihr zurückgezogenes Leben als Einzelgänger.
Die Darwen kann man in vielerlei Hinsicht als verkehrtes Spiegelbild der Juuren bezeichnen, was erklären mag, dass sich Vertreter derselben nicht mochten und bestmöglich aus dem Wege gingen. Klein und stämmig von Wuchs wiesen die Darwen helle Haut mit auffallend reicher Behaarung und grobe Züge auf. Zu ihren vordergründigen Wesenszügen zählten eine gemessen an der niedrigen Körpergröße überraschende Stärke, nahezu grenzenlose Neugier, unverbrüchliche Loyalität sowie ein aufbrausendes und ebenso rauf- wie sinnesfreudiges Gemüt. Dieweil sie sehr gesellig waren, lebten sie in großen Sippen und pflegten rege Kontakte zu anderen Völkern und Rassen.
Wiewohl die Naru auf Elobia und Inmondia den Novae wichen, sollen kleinere Sippen der Angzhu und Darwen sowie einige Eremiten der Juulen unter dem Schutz der letzten Nejaden in der undurchdringlichen Wildnis Esqvatias überdauert haben.