Die Valdorae waren die jüngste Rasse der Viae und sehr geheimnisvoll; ihr Schicksal hing maßgeblich ebenso vom Wohl und Wehe unserer Welt ab wie jenes von ihnen. Wie die Sage erzählt, wurden sie von der Hohen Mutter und dem Hohen Vater dereinst, da sich die Waagschale der Kräfte nach dem Emporstieg der Njor zu einer Seite zu neigen drohte, zum Schutze der Natur und des vernunftlosen Lebens als Hüterwesen geschaffen. Aufopferungsvoll gab die Hohe Mutter ihr schweres langes Haar, das Federn gleich zu Boden fiel und die Dryanys schuf, dieweil der Hohe Vater die Haut von seiner starken Rechten schabte und die Bestroj ins Leben brachte. Wo immer Haar und Haut sich zweiten, erwuchsen die Sibulek.
Auf ganz Yrdien waren die Valdorae einstmals anzutreffen; von den eisigen Schneefeldern Reytvells im nördlichsten Norden Elobias bis zu den trostlosen Sanddünen Déon Vikis im südlichsten Süden Inmondias, von den undurchdringlichen Wäldern Viixtriakos im westlichsten Westen Esqvatias bis zu den grenzenlosen Wassern Morgir Tysævis jenseits der östlichen Grenzen Elobias und Inmondias.
Obgleich die drei Völker der Valdorae von sehr unterschiedlicher Gestalt waren, einte sie ihre sehr enge, gar symbiotische Verbundenheit zur Natur. Ferner zählten unerschütterliche Loyalität sowie ein harmoniesuchendes und bewahrendes Wesen zu ihren gemeinsamen Wesensmerkmalen. Als einzige der Viae besaßen sie rotes Blut.
Die Dryanys waren die Hüterinnen der Natur und erschienen in Form vom Dryaden und Nymphen. Ihre grüne oder sandfarbene Haut war bemoost und begrünt, was ihnen Tarnung ohne Fehl und Tadel zuteilwerden ließ. Ihren Stimmen wurde ein betörender Klang von mitunter hypnotischer Wirkung nachgesagt, ihr Antlitz unter all dem Grün als das schöner Maiden beschrieben; wofern sie einem nicht zürnten, denn dann verzerrten sich ihre Gesichtszüge gar furienhaft. Ihr Wesen war launisch, doch friedliebend, indes auf der Natur abträgliche Eingriffe und Handlungen reagierten sie äußerst aggressiv. Sie lebten zurückgezogen in kleinen Gruppen und besaßen die Fähigkeit zur Naturmagie. Wo immer die Natur der Ausbreitung anderer Rassen zum Opfer fiel, litten und kämpften die Dryanys; indes der Emporstieg der Njor und nachfolgender Abkömmlinge läutete ihren Untergang ein.
Die Bestroj waren die Hüter der Tierwelt und des vernunftlosen Lebens. Sie waren klein von Wuchs und besaßen eine rötliche Hautfarbe sowie das Antlitz verwilderter Jünglinge. Ihre Beine waren mit Schuppen besetzt, die Arme trugen Federn und der Rücken war mit einem Haarkleid bedeckt. Zwar glich ihre Muskelkraft der von Knaben, doch waren sie ungemein schnell und wendig. Sie besaßen die Gabe der Tierflüsterer und waren sehr streitbar. Nur selten suchten sie die Nähe anderer Wesen und lebten zumeist als Einzelgänger. Bei Bedrohung der Bestias verteidigten sie diese ebenso kämpferisch wie die Dryanys Wald und Flur. Wann immer eine Herde oder ein Rudel vernichtet wurde, starb ein Bestroj sodann; ihr Niedergang folgte dem der Dryanys auf dem Fuß.
Die Hüter des Gleichgewichts aller Kräfte waren die Sibulek. Ihre Gestalt war prägnant und imposant; blaue Haut, geringe bis fehlende Kopf- und Körperbehaarung, lange und steife Ohren sowie ein großer, stattlicher Körperbau waren ihnen zu Eigen. Ihrer Bestimmung gemäß wiesen sie ein äußerst altruistisches, friedliebendes und schlichtendes Wesen auf. Wo immer ein Sibulek auftauchte, trachtete er danach, Harmonie zu stiften und Unverhältnismäßiges auszugleichen; dabei er im Gegensatz zu den Dryanys und Bestroj stets mit Bedacht und wohlüberlegt handelte. Die Weisheit dieses Volkes war der der Albellyll ebenbürtig und es besaß unermesslich wertvolles Wissen. Die Sibulek lebten in Sippen von drei bis neun Familien und liebten wie alle Valdorae die Abgeschiedenheit einsamer Gegenden. Die Legende erzählt zudem von Kindern mit einem sensiblen Blau, Zeichen magischer Heilungskräfte, die ihnen Segen und Fluch zugleich waren und um derentwillen dies Volk gejagt und schlussendlich ausgelöscht wurde. Die Ordnung aller Kräfte Yrdiens sei seitdem aus dem Gleichgewicht, heißt uns die Überlieferung der Alten, das Äquilibrium unserer Welt unwiederbringlich verloren.
Noch heute sollen letzte Vertreter der Valdorae unerkannt oder zurückgezogen unter uns weilen und über Yrdia wachen, doch zuallermeist wird dies als Hirngespinst der Hoffnung in Zeiten der Not abgetan. Gleichwohl habe ich auf meinen Reisen mancherlei Zeichen und Schriften entdeckt, die auf ihr Überdauern und Fortwirken in entlegenen Gegenden Esqvatias und Inmondias weisen. Allein, die Sibulek können den Albae und Vladka Sangra gleich gewisslich als im Nebel der Zeiten niedergegangen betrachtet werden.