"Was genau soll das werden, wenn du fertig bist?"
Neugierig beobachtete ich meinen Bruder bei seinem Tagwerk. Er pflanzte nun bereits seit Tagen kleine Eichensetzlinge in der Nähe unseres Hofs. Wir wohnten ohnehin schon ein wenig außerhalb des Dorfes, weswegen sich eher weniger Leute zufällig hierher verirrten.
"Ich möchte einfach nur ein paar Bäume pflanzen", erwiderte er bockig, bevor er sich samt des Korbs der gesammelten Setzlinge auf den Weg zum nächsten Loch machte: "Wenn du mir helfen magst: es war sehr trocken in letzter Zeit, du könntest schonmal die Gießkannen auffüllen."
Ich dachte daran, wie wütend Mutter sein würde, dass er zum wiederholten Male vollkommen verdreckt am Esstisch erscheinen würde, während ich die gußeisernen Kannen in das alte Regenfass tauchte...
Drei Generationen später
"Was Uropa sich damals wohl gedacht hat?"
Unschlüssig standen wir zu viert vor den starken Eichen, deren zarte Zweige im Herbstwind schwankten. Für einen Moment sprach niemand, bis das Glucksen meines jüngsten Sohns ertönte: "Mama, da!" Sein Finger deutete auf ein Eichhörnchen, das flink durch die Baumkronen huschte.
"Ja Spatz, ich sehe es. Vielleicht war es doch gut, die Bäume hier zu pflanzen."
Während die beiden älteren Jungen losliefen, um Eicheln zu sammeln, blieb ich auf dem Weg zum Dorf stehen und blickte in den Himmel. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er uns von da oben beobachtete, wann immer wir uns den Bäumen näherten oder die Jungs darunter spielten. Je länger ich darüber nachdachte, desto schöner erschien mir das Geschenk, welches er uns hinterlassen hatte. Ich hatte ihn immer nur als grantigen alten Greis gekannt, doch wenn ich und meine Geschwister im Schatten der Eichen lachten und herumtollten, lächelte er. Mal davon ab, dass die Bäume als wunderbarer Windfang fungierten: selbst wenn die Herbststürme alle anderen Felder des Dorfes verwüsteten, so lebten wir im Vergleich dazu in einer Oase der Ruhe.
Wenige Stunden später saß die Familie beim Abendessen zusammen, keiner von ihnen hatte je bemerkt, dass die Eichen einen perfekten, schützenden Ring um den gesamten Hof bildeten...