Die Beichte
Betreten blickte ich ihm entgegen und mir wurde schmerzlich bewusst, dass er mir eine Frage gestellt hatte. Ich hatte es eigentlich nicht vergessen, aber die Scham, die ich fühlte, war so groß, dass mir die Antwort schwerfiel. Ja, wirklich sehr schwer.
„Warum hast du es getan? Du weißt doch, dass du das nicht sollst?“
Ich konnte nicht glauben, dass ich das wirklich getan hatte. Denn wir vertrauten einander doch. Oder etwa doch nicht? Doch, ich vertraute ihm. Dass hatte ich immer getan. Aber tat er es jetzt noch?
Schwer seufzend musterte ich meine Schuhspitzen und nuschelte ein kaum zu verstehendes „Es tut mir leid“.
Schmollend saß er da und blickte mich voller Enttäuschung an. Ja, ich konnte es verstehen. Denn ich hätte mein Verlangen zügeln und mir hätte klarwerden sollen, was mir gehörte und was nicht. Aber nun war es passiert und keine Macht der Welt konnte es rückgängig machen.
Normalerweise wusste ich das sehr gut – was ich tun konnte und was nicht. Aber dieses Mal war es zu verlockend gewesen. Ehe ich meinen Körper bremsen konnte, war es schon passiert. Die Entzückung und die Befriedigung in diesem Moment waren so groß gewesen, dass ich nicht einmal einen Gedanken an ihn verschwendet hatte. Ich hatte es ausgekostet bis zum letzten Moment. Ja, ich hätte mich am liebsten noch in seinen Resten gesuhlt.
Ohja, ich war haltlos! Vollkommen außer Kontrolle!
Aber es war nun mal so gut gewesen. Und wer würde mir sagen, dass er nicht schwach geworden wäre an meiner Stelle? Jedoch war es egal, ob er schwach geworden wäre. Ich hatte den Fehler begangen, nicht er. Und das Schlimme war, es würde nicht lange halten und das Verlangen würde wieder da sein. Es kam immer zurück und dass in den unpassendsten Momenten. Mitten in der Nacht riss es mich aus dem Bett. Wenn ich spazieren ging begleitete es mich oft. Ja sogar in der Vorlesung hatte ich nie Ruhe und musste es tun!
Die anderen starrten mich dann missbilligend an, aber es war nun mal ein Bedürfnis, das befriedigt werden wollte. Ja, es war vollkommen natürlich! Und jeder der mir sagte, er hatte es nicht, war ein Lügner. Wahrscheinlich waren das jetzt alles nur Argumente um mich zu rechtfertigen, aber ich sah nicht ein mich jetzt so negativ darstellen zu lassen. Immerhin hatte ich selbst es ihm gebeichtet. Da konnte er mir doch sicher verzeihen. Oder?
„Ich würde gerne noch mal“, gab ich zu und machte mich auf ein Donnerwetter gefasst. Aber ich erntete nur ein müdes Kopfschütteln, bevor er seufzend an den Kühlschrank trat.
„Das war aber der letzte Joghurt!“, meinte er schnippisch. „Und es stand mein Name drauf!“
Schwer seufzend setzte ich mich auf die Anrichte und starrte trübsinnig vor mich hin. Ich hatte aber immer noch Hunger! „Das würde eine harte Nacht werden“, dachte ich, als plötzlich etwas vor mir klimperte.
Breit grinsend saß er neben mir auf der Anrichte und hielt zwei große Löffel in die Luft. „Aber wir haben noch Eis!“, sagte er triumphierend und küsste mich innig.