In Orknang trug sich Seltsames zu. Dort, in dieser beschaulichen, kleinen Ortschaft verschwand das Geld. Nicht etwa unter mysteriösen Umständen, kein böser Zauber oder münzenfressendes Monster trieb hier sein Unwesen. Es waren die Bewohner selbst, die es verschwinden ließen. Wie Eichhörnchen ihre Nüsse zur Herbstzeit zusammenlasen, horteten die Orknanger all die Scheine, Münzen und Wechsel in sicheren Verstecken ihrer Häuser und holten diese nur unter größter Missmutigkeit hervor. Den Banken würden sie bei der Verwahrung niemals Vertrauen schenken, verlangten diese doch Gebühren für dieses und jenes. Wer den Pfennig nicht ehrt, pflegten sie stets zu sagen. Dabei fühlten sie sich wie listigste Füchse, wenn sie mit reisenden Händlern und ihren Mägden um jedes Kupferstück feilschten. Selbst die Bettler des Orts wurden in lange Verhandlungen verstrickt.
„Aber guter Herr“, sagten sie dann.
„Was wollen denn Sie mit materiellen Gut?
Ist Ihnen der Sonnenschein nicht genug?
Bewahren Sie doch ihre Würde,
und verfallen Sie nicht dieser Bürde.
Ach, dass mit dem Geld ist doch ein müßiges Verfahren,
das könnten Sie niemals ertragen.
Ständig rinnt es dahin,
und wo bleibt da der Gewinn?“
Von den ständigen Belehrungen ermüdet, gaben sich die Bettler mit wenig oder gar nichts zufrieden und die Händler kehrten dem Ort ihren Rücken zu.
Und so horteten die Leute weiter, bis die Häuser überquollen von Geld und Geiz. Keiner wagte es, auch nur einen unnötigen Pfennig auszugeben, sei es für neue Kamine oder neuer Kleidung. In einem Winter dann, es mag einer der kältesten gewesen sein, ging eine Krankheit um. Keuchend und hustend schleppten sich die Leute durch die maroden Straßen und verfallenen Häuser zum Ortsarzt. Doch der hatte seine Sachen gepackt und sich davon gemacht. Ein Zettel an der Tür verlautete „Der miesen Bezahlung wegen davongebraust“. Und auch das Brot beim Bäcker gab es nicht länger, dieser war ebenfalls erkrankt und hatte von seinem hageren Lohn keinen Weiteren einstellen können. Einzig der Gemüsehändler blieb übrig, der einer der Fuchser war und mehr Geld als Gemüse gehortet hatte. Diese Raritäten verkaufte er nun zum zehnfachen Preis. Sehnlichst warteten die Menschen auf die reisenden Händler, mit Wagenladungen voller Geld, das nicht mehr taugte als zum Befeuern. Doch sie würden in Orknang niemals wieder einziehen.
So verkrochen sich die Bewohner in ihren Häusern, harrten auf den Bergen aus Scheinen und Münzen aus. Bis einige aus Verzweiflung begannen, das ehrenwerte Zeug zu verspeisen, bevor die Krankheit sie niederstreckte oder ihre baufälligen Wohnungen über ihnen einstürzten.
Unter den Trümmern ihrer ausgehauchten Existenz blieb das Geld mit ihnen begraben. Und wartete darauf neue Herrn zu finden, die es ehren und verschwinden lassen würden.