Unbeweglich sitzt du mir gegenüber. Dein Körper hält alle Muskeln angespannt, sodass man der Meinung sein könnte, du seist erstarrt. Doch ich weiß, dass dein Inneres arbeitet. Hinter deinen ausdruckslosen Augen, in deren Blau ich mich damals sofort verloren hatte, überschlagen sich die Gedanken. Du wägst Argumentationen, Emotionen und Reaktionen ab. Und selbst in diesem bewegungslosen Zustand bist du unbeschreiblich schön. Deine Hilflosigkeit lässt mich an den gesagten Worten zweifeln, obwohl ich mir zuvor doch so sicher war.
Zu lange habe ich uns analysiert, unsere kleinen Schwachstellen von den Großen getrennt. Zu oft habe ich Auswege gesucht, diese eine Änderung, die uns aus unserem ewigen Kreis befreit. Nun kann ich nicht mehr zurück. Alles wurde vorbereitet, die Worte wurden ausgesprochen, der Kreis durchbrochen.
Und du kannst es nicht fassen. Vielleicht hast du dir, wie ich einst, eingebildet, die Zeit würde es schon richten. Wir würden uns zusammenraufen, unsere großen Probleme im unbeschwerten Beisammensein vergessen. Ein schöner Gedanke war das gewesen. Aber die Zeit hat uns verraten. Hinterrücks hat sie uns ein Messer in den Rücken getrieben, es immer tiefer hineingestoßen und wollte uns ausbluten lassen. Wäre die Zeit nicht gewesen, würdest du nicht hilflos hier sitzen, hättest einfach abgewunken oder mich ohne ein weiteres Wort hinausgejagt. Es hätte uns beiden nur kurz wehgetan, vielleicht auch gar nicht so sehr. Aber wir wissen, wie viel Arbeit und Stunden wir geopfert haben. Und wofür das alles, denkst du nun? Für einen Schmerz, der länger andauern wird, als uns lieb ist? Nein, sage ich dir, für unsere Erlösung. Sie wird nicht sofort kommen, denn Erlösung wartet immer auf Einsicht. Vielleicht habe ich mir ein Stück davon bereits vorher gesichert, als ich den Beschluss gefasst habe, es zu beenden. Das tut mir Leid. Ich wünschte, ich könnte sie dir überlassen. Aber kein Wort von mir wird dich momentan einsichtig stimmen. Du bist vollkommen überwältigt, denkst wohl ich gebe auf.
Nein, es ist kein Aufgeben, es ist eine neue Chance für uns, besser gesagt für dich und für mich, ohne das uns. Du und ich, jeder für sich, kann sich nach dem Schmerz weiterentwickeln, wir werden uns nicht länger gegenseitig aufhalten. Denn das haben wir jahrelang getan, durch faule Kompromisse und emotionaler Abhängigkeit. Aber jetzt gebe ich dir und mir diese einmalige Chance. Du solltest sie ergreifen. Ich werde es tun. Nicht nur für mich, auch für dich. Denn ich bin nicht die, die die Beziehung beendet, der Liebe entsagt: Ich bin die, die den Mut aufgebracht hat, uns beide zu erlösen. Damit du für dich und ich für mich glücklich werden können.