"Du bist der Nicht-Auserwählte."
Ihre Schultern sackten nach vorne und ihre Schritte klangen plötzlich seltsam dumpf, während sie durch die endlosen Gänge des Raumschiffes liefen.
Früher hatte sie das Metall der Wände, die vielen blinkenden Lichter, die vom Leben der Maschinen zeugten und das leise Zischen, wenn sich Türen öffneten und schlossen, geliebt. Inzwischen kam ihr dieses Raumschiff aber kalt vor und eine Gänsehaut, die sich ihre Arme hinaufgekämpft hatte, war zu ihrem ständigen Begleiter geworden. Nicht einmal das Lächeln der Nicht auf diesem Schiff, berührte sie noch.
Und nun auch noch diese Eröffnung!
Wäre sie diese Auserwählte gewesen... Sie hätte alles dafür gegeben diese metallene Kälte hinter sich zu lassen, um zurück auf einen grün bewachsenen Planeten zu kommen. Wie sie die Pflanzen doch vermisste, die schier überall einen Weg zu finden schienen, zu wachsen und zu gedeihen! Nur hier oben irgendwie nicht.
Sie seufzte und ließ sich zurückfallen, bis sie einige Schritte hinter dem Mann herlief, der ihr diese dämliche Offenbarung mitgeteilt hatte.
Weiterhin hier oben gefangen zwischen den Sternen... ein Schauer jagte über ihren Rücken.
Ob sie das aushalten würde? Ihr Blick glitt über die blinkenden Wände, bis er an einer großen Scheibe hängen blieb. Schwarze Leere breitete sich dahinter aus. Gespickt hier und da mit hellen Lichtpunkten, runden Monden und diesem grünbewachsenem Planeten, den sie am frühen Nachmittag passieren würden und zu dem ein einzelner Auserwählter würde reisen dürfen. Für Diplomatie - es wäre ein langer Aufenhalt dort - aber für sie wäre es so viel mehr. Und sie hatte so sehr gehofft, dass sich für diesen nur wenige freiwillig melden würden, da er technologisch so weit hinter den Nicht herhinkte. Mittelalterlich, aber gerade das lockte sie, bot es doch so viel Abwechslung zu ihrem momentanem Leben!
Nein, sie würde es nur schwerlich schaffen, darüber hinweg zu kommen.
"Warum ziehst du so ein Gesicht? Du bist der Nicht-Auserwählte!"
Und darüber sollte sie jetzt auch noch glücklich sein?
Nur schwer gelang es ihr, den Blick vom Planeten abzuwenden. Die blauen Wolken waren zu faszinierend in ihrer Fremdartigkeit.
Sie seufzte abermals und zuckte mit den Schultern.
"Ich hoffe trotzdem, dass du mit unserer Entscheidung zufrieden bist und sie vielleicht irgendwann einmal nachvollziehen kannst. Eignung steht über persönlichen Wünschen. Das ist der Pfad der Nicht."
Sie presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und zwang sich zu einem Nicken. Sie war mit dieser Philosophie aufgewachsen, wenngleich sie selbst nur ein Mensch und kein Nicht war, hatte sie mit jeder Ader ihres Körpers zu leben gelernt - warum brannten da trotzdem Tränen hinter ihren Lidern?
"Ja, Sir", antwortete sie knapp. Ihre Stimme klang selbst in ihren eigenen Worten belegt und viel zu matt.
Der Mann sagte nichts dazu, er wandte sich lediglich um, um ihren Weg durch die Korridore fortzusetzen. Die Hose seiner Uniform raschelte leise und er verbarg die rechte Hand in einer Tasche seines Oberteils.
Sie folgte seinem eiligen Gang, bis sie vor dem Tor zum Hangar stehen blieben, dass sich langsam öffnete.
"Gut", sagte er und wandte sich zu ihr um "Denn das Nicht-Schiff zum Planeten steht bereits bereit und wartet nur noch darauf, dass du dich als Nicht-Auserwählte an Bord begibst und Befehl zum Anflug auf den Planeten erteilst."
Seine viel zu helle Stimme dröhnte in ihrem Kopf und die drei Finger seiner linken Hand schlossen sich um ihre Schulter. Er musterte sie aus großen, runden Augen und sie erkannte ein Zucken um seinen Mund.
Ihr Blick huschte von ihm zum Raumschiff und hinüber zum Kraftfeld, dass den luftleeren Raum zurückhielt. Und langsam dämmerte es ihr.
Sie hatte sich erneut vom Nicht verwirren lassen! Verdammt, wie oft war ihr das schon passiert?