Wim vermisste den Sommer in den Bergen, wo die Sonne tagsüber heiß brannte, aber die Nächte kühl und der Sternenhimmel klar waren. In Ulstätt hatte er noch keinen einzigen Stern gesehen. Der Nachthimmel schimmerte neblig purpurn, während die Hitze des Tages zwischen den Häusern brodelte.
Vom Balkon aus konnte er den Löschteich für diesen Häuserblock. Er sehnte sich danach zu schwimmen, aber selbst im fünften Stock roch er, dass das Wasser gekippt war.
Als Pelei den Balkon betrat und hastig die Tür hinter sich schloss, wandte Wim sich nicht um, sondern blickte auf die dunkle Wasseroberfläche.
„Hast du eine Idee, wie die Schlangen im Löschteich überleben?“, fragte er.
Pelei stellte ein schweres Glas auf den Tisch, bevor sie ein in Insekt auf ihrer Schulter erschlug. Sie zerrieb die Mücke zwischen ihren Händen und schnippte sie über die Balustrade. „Von den Würmern darin, nehme ich an.“
Wim rieb seufzend einen schwellenden Mückenstich an seinem Hals, als er sich hinabbeugte, um das Konservenglas zu studieren. „Was ist das?“
„Pfirsiche von letztem Jahr.“ Das Glas knackte, als sie es öffnete. „Auf mehr habe ich heute keinen Appetit.“
Er nickte und lehnte sich zurück, zu erschlagen von der Hitze, um mit Worten zu antworten. Seine letzte Mahlzeit lag einige Stunden zurück, aber er fühlte sich wie Pelei.
Sie stocherte mit einer Gabel nach den Pfirsichhälften. Beim dritten Versuch erwischte sie eine, um sie mit großen Happen zu verschlingen. Der Sirup tropfte vom Pfirsich über die Gabel und ihre Hand. Leise fluchend leckte sie die Flüssigkeit von den Federn an ihrem Handrücken.
„Wenn wir nur eine Flasche Sekt hätten, könnte ich uns etwas Wundervolles mischen“, seufzte sie.
Wim kratzte sich am Hals und zuckte mit den Schultern, worauf Pelei kicherte.
„Richtig. Ich könnte trinken, während du mir zusiehst. Aber …“, sagte sie, bevor sie aufsprang und in die Wohnung stampfte.
„Pelei?“ Wim lehnte sich vor und versuchte durch die offen gelassene Balkontür zu spähen, durch die ein Schwarm Mücken eindrang.
Wenige Momente später kehrte Pelei mit zwei Gläsern in einer Hand und einem Krug Wasser in der anderen zurück. Nachdem sie Wim eines der Gläser in die Hand gedrückt hatte, ließ sie eine fingernagelgroße Kugel ins Wasser fallen, das zu sprudeln begann.
„Wir haben noch Blubberkugeln?“, fragte Wim.
„Das war unsere letzte“, erklärte Pelei, während sie Pfirsichsirup in die Gläser goss.
In den Gläsern landete nur unbedeutend mehr Flüssigkeit als am Rand des Konservenglases und Peleis Fingern. Wim füllte auf Peleis Gesten hin die Gläser mit sprudelndem Wasser auf.
Er schnupperte an dem einfachen Mischgetränk, als Pelei — ohne ein weiteres Wort zu sagen — ihr Glas in einem Zug halb leerte. Der Trinkspruch seiner Muttersprache wollte seine Kehle nicht verlassen, weshalb er mit ebenso wenig Zeremonie einen Schluck nahm.
Nach einigen Monaten in Ulstätt hatte er sich noch nicht in sprudelndes Wasser gewöhnt, aber gemischt mit Sirup verstand er den Reiz. Das Getränk war nicht zu süß, die Säure der Blubberkugel abgeschwächt und das Aroma der Pfirsiche deutlich. Es schmeckte nach Sonne und der Zeit, die er mit Tristan verbracht hatte.
„Alles in Ordnung?“, fragte Pelei.
Wim drehte das Glas in seinen Fingern. „Ich musste an jemanden aus meiner Vergangenheit denken.“
Seufzend stellte sie ihr klebriges Glas ab und stand auf, um Wims stoppelige Wange zu küssen. „Vielleicht erinnern dich Pfirsiche ab jetzt an diese Nacht?“
Er lächelte und nahm einen weiteren Schluck.