Th., 16 Jahre, Agender
"Wir haben im Sportunterricht Hochsprung für eine Doppelstunde thematisiert und da natürlich nicht alle Menschen gleich groß sind, gab es eine höhere und eine tiefere Stange. Die Erklärung der Lehrerin dazu war recht logisch und einfach zu verstehen: "Große Menschen nutzen bitte die hohe Stange, die etwas kleineren gehen bitte an die tiefere Stange."
Endresultat war nach der ersten Aufstellung, dass alle Mädchen an die tiefe Stange und alle Jungen an die hohe Stange gegangen sind. Es sollte unnötig zu erwähnen sein, dass diese Aufstellung keinesfalls der Größe entsprach. Wir hatten einige recht große Mädchen in der Klasse, sowie zwei oder drei Verhältnismäßig kleine Jungen.
Ich als Person, die damals schon überdurchschnittlich groß war im Verhältnis zu meiner Klasse -Heute liege ich mit 1,80 noch immer recht weit vorne - wollte mich damals selbstverständlich an die große Stange anstellen. Jedoch kam lautstarke Protest, da ich damals noch ungeoutet war und weiblich gelesen wurde und die Jungen kein >Mädchen< an >ihrer< Stange akzeptieren wollten. Selbst von der "Mädchenseite" aus kamen einige unschöne Kommentare, die ich in diesem Rahmen jetzt nicht unbedingt wiederholen möchte.
Die Lehrerin hat damals nichts unternommen und sich generell sehr außen vor gehalten bei "Meinungsverschiedenheiten", wie sie das jahrelange Mobbing, welches in unserer Klasse stattfand, einst tituliert hatte. Die gesamte Doppelstunde hab ich dann an der niedrigeren Stange verbracht und - wie nicht anders zu erwarten- war ich restlos unterfordert, hätte die gegebene Höhe auch ohne das bereitgestellte Sprungbrett problemlos überwunden. Ich bin mir sicher, dass es auch einigen andere Menschen an dieser Schlange so ging, da ich zwar recht groß, aber keinesfalls am größten war.
Ich würde mir wünschen, dass Lehrkräfte in solchen Situationen aufmerksamer sind und diese strikte Abgrenzung unterbinden, besonders, da es ja auch die Motivation auf Seiten der Unterforderten und die Leistungen auf Seiten der Überforderten verschlechtert, was sich beides auf die Schulnote auswirkt und zwar nicht in positiver Art und Weise. Mal abgesehen davon, dass solche Situationen als Non-Binary Person echt unangenehm und eine psychische Belastung sind, die sich auf die physischen Leistungen auswirkt."