Du bist Brenna Sundergeer.
Du schlägst Duma die Hacken in die Seite und treibst deine treue Stute zu noch schnelleren Galoppsprüngen. Der Gegenwind peitscht dein kurzes Haar zurück, während du den Imperial ergreifst.
Du konzentrierst dich auf die Zwerge am Tor. Sie zögern mit zitternden Händen, nur für einen Moment, ehe deine Kontrolle erlischt, aber das genügt euch, um die Pferde durch die Öffnung zu treiben.
Hinter euch wütend die Kommandanten, weil ihre Soldaten nicht gehorchen. Ein Bolzenhagel folgt euch hinaus auf die Straße, die zu beiden Seiten von steilen Hängen flankiert wird. Einige Reisende springen an die Seiten, um eurem halsbrecherischen Galopp Platz zu machen. So könnt ihr die Zwerge erst einmal abhängen, doch es dauert nicht lange, und die großen Scheiterhaufen entlang der Straße werden entzündet. Schwarze Krähen erheben sich in die Lüfte, Botenvögel, die euch mit lautem Krächzen vorauseilen. Elred schießt zwar die ersten ab, doch es sind zu viele, selbst mit der Unterstützung des Tigerauges. Außerdem ist der Elf müde, genau wie du. Ihr seid am Ende.
Die Wesen auf den Straßen begreifen natürlich, dass ihr bei dem allen eine Rolle spielt. Reisende Zwerge versuchen, euch aufzuhalten. Händler schieben schlicht ihre Karren als Hindernisse zusammen. Obwohl euch der Großteil ignoriert, ist offensichtlich, dass ihr auf der Straße nicht bleiben könnt.
Ihr sucht nach einem Hang, den ihr erklettern könnt. Schließlich deutet Elred auf einen niedrigen Pass, wo ihr von der Straße abbiegt und euch ins Gebirge schlagt. Einige Reisende sehen euch hinterher, ein paar verfolgen euch sogar zu Fuß, um zu sehen, wohin ihr euch wendet.
„Verdammte Scheiße“, murmelst du keuchend. Du bist noch immer außer Atem, obwohl ihr inzwischen in lockerem Trab reitet. „Warum mögen die alle die Zwerge so sehr?“
„Sie bilden das Handlungszentrum unserer Länder“, sagt Karja. „Selbst früher gab es kaum Länder, die mit Barkan’dor Krieg geführt hätten. Hier kann man Handel treiben, selbst wenn man sich nicht für Gold und Edelsteine interessiert. Und dass die beiden Hauptstraßen so sicher sind, bedeutet, dass man nicht so schnell überfallen wird.“
Na toll. Ihr habt sozusagen den geliebten Onkel der Jenseitslande angegriffen. Das wird sicherlich einiges an Groll nach sich ziehen.
„Da drin ist eine Armee“, murmelst du nervös. „Wenn sie alle auf Kalynor zumarschieren …“
„Ohne ihren Schöpferstein sind die anderen Völker immerhin beträchtlich schwächer“, sagt Elred überzeugt. „Und das Bündnis ist geschwächt.“
„Das stimmt“, sagt Karja. „Aber sie werden nicht vergessen, dass wir es versucht haben. Außerdem wächst die Bedrohung, die sie in Kalynor sehen, mit jedem Schöpferstein, den ihr habt. Denkt nur daran, was wir mit bloß zwei Steinen geschafft haben!“
Das kannst du nachvollziehen. So stark die Steine euch auch machen, sie sind ein Risiko.
Wie viel Karja über die Jenseitslande weiß, ist bewundernswert. Du musst sie irgendwann einmal zu allem befragen. Am besten unter vier Augen und in einem Bett. Sie kann dir viel über die Jenseitslande beibringen …
Wenn ihr bloß den Obsidianspiegel bekommen hättet! Dann würdest du mit einem besseren Gefühl davonreiten, in dem Wissen, das Barkan’dor empfindlich geschwächt wäre.
So musst du einfach verdrängen, wie viele Zwerge in dem Bergreich verblieben sind. Und wie wehrhaft sie waren. Die Zwerge allein könnten Kalynor schon gefährlich werden!
Doch es war die richtige Entscheidung, noch zu warten. So könnt ihr zurückkehren, wenn sie am wenigsten mit euch rechnen. Besser vorbereitet.
Ihr reist weiter durch das Gebirge, orientiert euch an den Sternen und dem Stand der Sonne. Euer Ziel ist es, das Gebirge gleich in westlicher Richtung zu durchqueren, wo ihr irgendwann auf den Dornenwald stoßen müsst. Kalynorisches Gebiet, wo ihr in Sicherheit wärt.
Am Abend des zweiten Tages hört ihr Hörner hinter euch. Ihr brecht euer Lager ab, schwingt euch auf die Pferde und flieht, nur knapp vor einer kleinen Heerschar Zwerge – ein gutes Hundert – die über die Klippen marschiert kommen.
Die Kleinwüchsigen sind zwar langsam, aber ausdauernd. Sie lassen sich einfach nicht abschütteln. Im Gegenteil, wohin ihr euch auch wendet, die Zwerge sind bereits da.
„Sie spielen mit uns“, stellt Elred irgendwann mit finsterer Stimme fest, als ihr erneut vor Hörnerklang flieht.
Ihr habt jedoch keine Chance, eine so große Zwergengruppe zu kontrollieren oder an ihnen vorbeizuschlüpfen. So lasst ihr euch treiben, bis sie euch in ein großes, hochgelegenes Tal gebracht haben. Ringsum auf den Hängen tauchen Zwerge auf, bewaffnet mit Speeren und Äxten.
Sie heben die Hörner in einer fast gleichzeitigen Bewegung und lassen den lautesten Lärm ertönen, den du je gehört hast. Ihr kauert euch auf die Erde, welche zu beben beginnt. Du klammerst dich an Karja, die gleichsam versucht, dich abzuschirmen.
Die Zwerge haben eine Lawine ausgelöst! Ihr könnt nichts weiter tun, als zuzusehen, wie sich die weiße Masse donnernd aus den Flanken löst. Die Zwerge standen in Sicherheit, als wüssten sie genau, wo der Schnee abbrechen würde. Ihr könnt nur zusehen, wie die Lawine herabrast. Fast, als würde euch die so oft durch das Tigerauge verlangsamte Zeit nun aufholen, geht alles rasend schnell. Eisige Kälte und Geröll treffen dich mit brachialer Kraft und reißen dich mit sich. Karja ist von einem Moment auf den anderen fort und du fühlst dich so allein wie ein kleines Kind, das sich im Wald verlaufen hat. Du spürst die Hiebe der Steine von allen Seiten auf dich prasseln. Dann liegst du unter tonnenschwerem Schnee und versuchst, den Mund voller Dreck, nach deinen Freunden zu rufen.
Aber keine Antwort dringt durch die Schneemassen. Und keine Hilfe wird kommen.
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hier keine Fortsetzung.
Um das Canon-Ende für Brennas Teil der Geschichte zu erreichen, musst du versuchen, den Obsidianspiegel zu stehlen.
Vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!